Stromabkommen: Geht uns der Strom aus?


Die Verzögerungstaktik des Bundesrats beim institutionellen Rahmenabkommen führt dazu, dass das Stromabkommen mit Europa nicht zustande kommt. Was bedeutet es für die Schweiz?

Artikel
von Christian Zeyer
10.04.2019

Geht uns tatsächlich der Strom aus, wenn kein Stromabkommen zustande kommt? Um es kurz zu machen: Nein. Aber sicher ist, dass sich bei einem isolationistischen Kurs die Dinge für die Schweiz nicht vereinfachen.

Unabhängig vom Stromabkommen verfügen die Schweizer Kraftwerke – selbst nach dem Ausstieg aus der Kernkraft – über genügend Produktionsleistung, um jederzeit genügend grosse Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dank unseren Speicherseen können wir Schwankungen jederzeit ausgleichen. Damit wir aber über den ganzen Winter genügend nachhaltig erzeugten Strom haben, ist es wichtig, dass in der die Schweiz und Europa weiterhin Anlagen für erneuerbare Energien zu gebaut werden.

Ganz auf Stromimporte aus den Nachbarländern zu verzichten, macht wenig Sinn – auch wenn wir theoretisch genug Anlagen bauen könnten, um unseren Strombedarf zu decken. Effizient ist es, nachhaltigen Strom dort zu beziehen, wo er am einfachsten und günstigsten produziert werden kann – solange der Transport auch gewährleistet ist.

Autarkie ist nicht sinnvoll

Dies ist auch das Hauptargument für ein Stromabkommen mit Europa. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Kosten für die Stromversorgung sinken, je besser die Koordination unter den Märkten ist. Das bedeutet idealerweise einen europäisch koordinierten Zubau von Leitungen und erneuerbaren Produktionskapazitäten sowie eine nahtlose Integration von allen Strommärkten.

An dieser Koordination sollte die Schweiz teilhaben können, denn dann würde sie in den Modellen zur Lastflussberechnung und Kapazitätsvergabe und hätte bessere Kenntnisse über die geplanten Lastflüsse durch die Schweiz. Heute ist unser Land vom Market Coupling, der gleichzeitigen Vermarktung von Stromproduktion und -transport ausgeschlossen. Dieser Ausschluss führt dazu, dass die Strompreise hierzulande höher sind als sie sein müssten.

Ohne Stromabkommen wird auch die Mitsprache beim Weiterausbau der Infrastruktur wegfallen. Beispielsweise könnte die Schweiz nächstens aus dem Verbund der europäischer Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E ausgeschlossen werden. Dies würde die Mitbestimmungsrechte der Schweiz auf dem Europäischen Strommarkt massiv einschränken.

Fazit: Die internationale Vernetzung hat die Schweiz bereits in der Vergangenheit stark gemacht: wirtschaftlich, politisch, wissenschaftlich und kulturell. Eine gute Vernetzung und enge Zusammenarbeit mit Europa ist sinnvoll – nicht nur beim Strommarkt. swisscleantech ist deshalb auch Teil des Wirtschaftskomitees von stark+vernetzt, das sich für eine konstruktive Europapolitik einsetzt. Wir sind überzeugt: Nur wenn wir für eine solide Partnerschaft mit unseren Nachbarn einstehen, können wir etwas bewegen. Heute und in Zukunft.