CO2-Gesetz: Die Vorschläge des Ständerats reichen nicht


Es ist erfreulich, dass die Umweltkommission des Ständerats die Ziele des Pariser Klimaabkommens im Gesetz verankern will. Doch damit diese auch tatsächlich realisiert werden können, braucht es einen ambitionierteren Massnahmenkatalog.

Nach monatelangen Beratungen hat die Umweltkommission des Ständerats (UREK-S) am 16. August zur Totalrevision des CO2-Gesetzes kommuniziert. Mit ihren Anträgen stärkt die Umweltkommission den Klimaschutz an ein paar Stellen, vielerorts bleibt allerdings Verbesserungsbedarf bestehen. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, braucht es einen ambitionierteren Massnahmenkatalog. 

Ungenügendes Inlandziel

Die Kommission schlägt ein Inlandziel von minus 30% bis 2030 vor (60% der Halbierung der Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030). Das ist ungenügend. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, welches die Schweiz ratifiziert hat, braucht es ein deutlich höheres Inlandziel. Wie eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Ein ambitioniertes Inlandziel schafft Innovationsanreize und stärkt den Werkplatz Schweiz. In diesem Punkt muss entweder die Kommission selbst in ihrer Gesamtabstimmung am 2. Sept oder dann der Ständerat korrigieren.

Flugticketabgabe begrüssenswert

swisscleantech befürwortet die Einführung einer Flugticketabgabe. Der Flugverkehr wächst rasant, ist steuerbefreit und bisher zeigen internationale Massnahmen keine Wirkung. Eine Flugticketabgabe kann den Flugverkehr noch nicht auf einen Paris-kompatiblen Weg lenken, ist aber trotzdem ein wichtiger Schritt und sendet ein Signal: Preiserhöhungen haben grundsätzlich eine Lenkungswirkung. Sie können KonsumentInnen dazu anregen, auf klimafreundlichere Verkehrsalternativen umzusteigen. Weitere Informationen im Positionspapier von swisscleantech.

Neuer Klimafonds

Es ist grundsätzlich zu begrüssen, dass ein umfassender Klimafonds geschaffen werden soll für Massnahmen im Bereich der Gebäudemodernisierung und Energieeffizienz, der beschleunigten Umstellung auf eine CO2-freie Wärmeproduktion, der Unterstützung von Projekten zur nachhaltigen Verminderung von Treibhausgasemissionen und der Verminderung von Klimaschäden. Ein solcher Fonds kann Innovationsanreize für die Entwicklung von klimafreundlichen Lösungsansätzen bieten. Bei der Speisung des Fonds ist allerdings darauf zu achten, dass Zweckbindungen (z.B. durch die CO2-Abgabe oder die Flugticketabgabe) effizient und wirksam ausgestaltet werden.

CO2-Grenzwerte für Gebäude braucht es frühzeitig

Gebäude sind für 26% der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Die Sanierungsrate ist zu tief, grosse Effizienzpotenziale liegen brach. Um die Emissionen im Gebäudebereich ohne Verzug zu reduzieren, muss ein Emissionsgrenzwert pro m2 Energiebezugsfläche verbindlich und frühzeitig – d.h. nicht später als 2023 – eingeführt und danach kontinuierlich abgesenkt werden. Solch einen Emissionsgrenzwert erst 2029 einzuführen, wie es einer der Ansätze der Kommission vorsieht, ist absolut ungenügend. Damit lassen sich die Pariser Klimaziele im Gebäudesektor nicht erreichen.

Massnahmen im Verkehr sind zentral

Es ist erfreulich, dass die Umweltkommission mit den Flottenzielen der Schweiz nicht hinter die EU-Regelungen zurückfallen und auch den Schwerverkehr einbeziehen möchte, denn der Strassenverkehr ist mit einem Anteil von einem Drittel nach wie vor die grösste Emissionsquelle von CO2 in der Schweiz. Die Emissionen sind seit 1990 sogar gestiegen. Mit der Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe tragen Autoimporteure zwar nicht direkt zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors, dafür aber zum Klimaschutz im Inland bei. Es macht deshalb Sinn, den im Inland zu kompensierenden Anteil, wie es die Kommission vorschlägt, auf 20% zu erhöhen. swisscleantech begrüsst es zudem, dass ein kleiner Teil der über den Treibstoffpreis finanzierten Klimaschutzmassnahmen für die Förderung der Elektromobilität reserviert werden soll. Damit wird sichergestellt, dass auch Kompensationsprojekte im Bereich des Verkehrs durchgeführt und die Wertschöpfung in der Schweiz gestärkt werden.

Weiter ist es grundsätzlich begrüssenswert, dass die Kommission mit einem Postulat konkrete Vorschläge für eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe sowie für die Einführung eines Mobility Pricings prüfen möchte. Im Verkehrswesen muss dringend Kostentransparenz hergestellt werden. Deshalb ist es wichtig, diese Lösungsansätze schnell voranzutreiben: Sie sind essentiell, damit der Verkehr der Zukunft klimafreundlich, kostendeckend und effizient organisiert werde kann.

Klimaverträglicher Finanzsektor ist essentiell

swisscleantech begrüsst, dass die Umweltkommission die Bedeutung der Finanzflüsse für das Einhalten des Pariser Klimaabkommens anerkennt. Denn durch den Schweizer Finanzsektor werden rund zwanzigmal mehr CO2-Emissionen verursacht als im Inland. Die Kommission hat dazu vier Postulate eingereicht. In der EU ist zurzeit eine tiefgreifende Reform zur Nachhaltigkeit der Finanzindustrie im Gange. Auch die Schweiz ist hier gefordert. Es ist deshalb wichtig, dass dazu konkrete Massnahmen für die CO2-Gesetzesrevision ausgearbeitet werden.

Am 2. September 2019 wird die Umweltkommission des Ständerats die Vorlage einer letzten Überprüfung unterziehen und die Gesamtabstimmung vornehmen. Das Plenum des Ständerats berät folglich in der Herbstsession darüber.