Graustromabgabe – Rechtliche Machbarkeit und Umsetzungsbedingungen


Lenkungsabgaben sind die effizienteste Art, die gesetzten Klima- und Energieziele zu erreichen.

Publikation
von swisscleantech
11.06.2015
Abstract
Ergebnisse der Studie des World Trade Institutes, Universität Bern und Ausführungsvorschlag swisscleantech mit Analyse der Auswirkungen.

Durch eine Graustromabgabe soll Strom aus nicht erneuerbaren Quellen selektiv verteuert werden. Damit soll verhindert werden, dass immer mehr Strom aus Kohlekraftwerken oder Kernkraftwerken importiert wird, während es aufgrund tiefer Strommarktpreise kaum noch möglich ist, mit der Produktion aus Wasserkraftwerken genügend Deckungsbeiträge zu erwirtschaften.

Der Bericht zeigt auf, dass für eine effektive differenzierte Graustromabgabe, die keinem «Greenwashing » Vorschub leistet, mindestens eine, mit Vorzug beide der folgenden Bedingungen erfüllt sein müssen:

  • Europa führt und bewirtschaftet eine umfassende Buchhaltung der erneuerbaren Energien mit ambitionierten Zielen, die nicht nur die neu zugebauten, sondern auch auf die bereits bestehenden Anlagen einschliesst.
  • Auf den Strommärkten wird Strom in der Form eines differenzierten Produktes gehandelt, wobei auch die Eigenschaft der Herkunft mitgehandelt wird.

Für den vorliegenden Bericht über die Machbarkeit einer differenzierten Graustrombesteuerung zur Unterstützung der Wasserkraft und anderer erneuerbarer Energien werden vier Varianten vertieft analysiert.

Davon ist aufgrund internationaler, handelsrechtlicher Bestimmungen nur eine Lenkungsabgabe auf allem Strom mit Rückerstattung bei Einreichen eines «Tax Exemption Certificate» nach Vorbild von Grossbritannien umsetzbar. Dabei wird eine neue Schweizer Zertifizierungsstelle geschaffen, bei der sich alle inländischen und europäischen Produzenten und Lieferanten von erneuerbarem Strom zertifizieren lassen können, vorausgesetzt, sie tragen sich in der nationalen Buchhaltung des Standortlandes aus.

Die Effekte eines solchen Vorgehens wurden ebenfalls untersucht. Auf Grund der Angebotssituation an Grünstrom in Europa würde sich voraussichtlich ein tiefer Zertifikatspreis einspielen. Die Lenkungsabgabe würde deshalb fast vollständig rückerstattet. Es ist davon auszugehen, dass der Strom aus Schweizer Kernkraftwerken mittels Umgehungsgeschäfte durch Zertifikate aus dem Ausland zu 100% grün gewaschen würde. Dies würde einen Mittelabfluss an ausländische Produzenten von mehreren hundert Millionen Franken erzeugen, während die Risikokosten unverändert in der Schweiz blieben.

Insgesamt muss das Verfahren im Vergleich zum Effekt bezüglich Unterstützung der Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energien in der Schweiz als relativ aufwändig angesehen werden. Solange in einigen Ländern mehr Strom aus erneuerbaren Energien – meist aus älteren Grosswasserkraftwerken – vorhanden ist, als für die Erreichung der nationalen Ziele der RES-Direktive 2009/28/EC nötig ist und zudem der CO2-Preis sehr tief liegt, wird tendenziell ein Überangebot an Zertifikaten im Schweizer System vorhanden sein. Dies senkt den Preis der Zertifikate stark. Deshalb ist der Fördereffekt für Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarer Energie in der Schweiz relativ klein.

Anfänglich wäre somit eine Versorgung mit erneuerbarem Strom relativ günstig realisierbar. Sie würde aber nicht zu einem Zubau von weiteren erneuerbaren Anlagen in der Schweiz führen, weshalb eine Förderung zur Erreichung dieses Ziels weiterhin notwendig bliebe. Mit steigenden Zielen in Europa könnte der Zertifikatspreis ansteigen und dann auch die Förderung überflüssig machen. In diesem Fall könnte der Einkauf von grösseren Mengen Grünstrom respektive des ökologischen Mehrwertes durch die Schweiz mit Herkunft aus der EU zu einem Reputationsrisiko für die Schweiz werden.