Das Risiko einer Strommangellage bleibt bestehen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens sehr gering ist. Es ist deshalb gut, dass das Parlament sich über die Revision des Stromversorgungsgesetzes für eine Stromreserve beugt. Im Interesse der Wirtschaft muss es sein, dafür zu sorgen, dass die notwendige Stromversorgungssicherheit zu möglichst geringen Kosten realisiert werden kann. Denn tiefe Stromkosten sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive muss beachtet werden, dass die Kosten für die Stromversorgungssicherheit direkt auf den Strompreis umgelegt werden und daher den Strom auch zu Zeiten mit guter Versorgung verteuern. Kosteneffiziente Strategien sind deshalb wichtig. Swisscleantech setzt sich im Parlament dafür ein, dass zwei Stossrichtungen deutlich gestärkt werden, die in der aktuellen Vorlage bisher noch zu wenig intensiv einbezogen werden.
Schaffung einer Verbrauchsreserve
Als Erstes engagieren wir uns für die Schaffung einer Verbrauchsreserve. Diese funktioniert so, dass energieintensive Unternehmungen im Fall einer Strommangellage ihren Betrieb einschränken und dadurch die Stromnachfrage deutlich sinkt. Unternehmen, die sich dazu bereit erklären, gehen damit das Risiko eines Produktionsausfalls und entgangener Einnahmen ein. Es ist daher gerechtfertigt, sie für diese Risikobereitschaft zu entschädigen.
Erlässt man Unternehmen, die sich an einer solchen Verbrauchsreserve beteiligen, die Kosten für die so nicht benötigte Reserveleistung, ergibt sich für die Betriebe wie für die Volkswirtschaft ein attraktives Angebot. Hat das Unternehmen seinen Strom langfristig über Power Purchase Agreements (PPAs) abgesichert, kann es diesen Strom mit Gewinn weiterreichen, da der Strompreis während der Mangellage deutlich erhöht ist.
Insgesamt ist deshalb davon auszugehen, dass ein garantierter Betriebsverzicht für die Unternehmungen attraktiv ist und nur noch geringfügig weiter entschädigt werden muss. Eine vertragliche Sicherung des Verzichts ist aber notwendig. Wird diese Massnahme ohne Verpflichtung einseitig von den Unternehmungen umgesetzt, kann sie nicht in die Berechnung der notwendigen Kapazität für Reservekraftwerke miteinbezogen werden.
Verpflichtender Einsatz bestehender Notstromgruppen
Als zweites Element schlagen wir eine subsidiäre Verpflichtung zum Einsatz von Notstromgruppen vor. Deren Eigentümerschaft wird verpflichtet, bei Mangellagen Strom für ihren eigenen Bedarf zu erzeugen. Im Gegenzug würde der Bund zur Lieferung der notwendigen Betriebsmittel verpflichtet. Bereits heute gibt es für Eigentümerinnen und Eigentümer von Notstromgruppen die Möglichkeit, ihre Aggregate für die Stromreserve zur Verfügung zu stellen. Mit den freiwillig eingesetzten Aggregaten wird das Potenzial der Notstromgruppen aber nur zu rund einem Zehntel ausgenutzt. Eine Verpflichtung erschliesst somit ein grosses Potenzial zu günstigen Preisen, weil bereits vorhandene Infrastrukturen dafür genutzt werden.
Im Rahmen der Verpflichtung registrieren sie sich bei einem sogenannten "Pooler", der den Einsatz koordiniert. Dies stellt sicher, dass Aggregate in einer Krisensituation nutzbringend eingesetzt werden können. Denn selbst in einer ausgeweiteten Mangellage müsste nur ein Teil der Notstromgruppen - vielleicht maximal 30 Prozent - wirklich eingesetzt werden. Ein unkoordinierter Einsatz der Aggregate könnte hingegen für den stabilen Betrieb des Stromnetzes gefährlich werden. Und dank der garantierten Versorgung mit Betriebsmitteln durch den Bund würde sich die Versorgungslage der betroffenen Unternehmen sogar verbessern.
Dieser Eingriff in die Verfügungsfreiheit der Notstromgruppen ist vertretbar - führt er doch zu zehnmal tieferen Kosten, als wenn die gleiche Reserve über den Neubau von Reservekraftwerken geschaffen würde.
Beide Elemente, die Verbrauchsreserve wie die Verpflichtung zur Eigenproduktion durch Notstromgruppen, schliessen an eine alte Tradition an: In schwierigen Zeiten müssen alle zusammenstehen und etwas zur Lösung der Herausforderungen beitragen - auch die Wirtschaft soll und kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Der Originalbeitrag ist am 7. Oktober 2024 bei energate erschienen.