Effektive Alternativen zur Umweltverantwortungsinitiative


Die Umweltverantwortungsinitiative (UVI) kommt am 9. Februar zur Abstimmung und stellt erneut die Grundsatzfrage der Verantwortung der Schweizer Volkswirtschaft im Ausland, ähnlich wie dies die kürzlich lancierte Neuauflage der Konzernveranwortungsinitiative verlangt. Auch wenn diese Fragestellung wichtig und richtig ist, unterstützt swisscleantech die UVI nicht. Es gibt bessere Alternativen, als nicht umsetzbare Ziele in der Verfassung zu verankern. Wir fordern stattdessen konkrete Massnahmen wie beispielsweise regulatorische Grundlagen für die Einführung eines «Product Carbon Footprints», welche die Schweizer Wirtschaft auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel effektiv voranbringen.

Fotografie: Aline Andersen

Eine nachhaltigere Wirtschaft – das war bereits das Ziel vergangener Schweizer Volksinitiativen wie der Konzernverantwortungsinitiative 2020 und der Initiative Grüne Wirtschaft 2016, die in den letzten Jahren abgelehnt wurden. Die entscheidende Herausforderung bei diesem Anliegen: Während die nationale Gesetzgebung territoriale Gültigkeit hat, reichen die Auswirkungen der Schweizer Wirtschaft weit über die Landesgrenzen hinaus – Import, Export und Konsum der Schweiz haben Einfluss auf Klima, Umwelt oder Menschenrechte im Ausland. Die Schweiz steht mit dieser Diskussion nicht allein da: Erst kürzlich hat die EU die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (EU-Lieferkettengesetz oder Corporate Sustainability Due Diligence Directive CSDDD) verabschiedet, welche ähnliche Frage adressieren will.

Die im Februar 2023 eingereichte Umweltverantwortungsinitiative (UVI) der Jungen Grünen und verbündeter NGOs stellt erneut die wichtige Grundsatzfrage der Verantwortung der Schweizer Volkswirtschaft ausserhalb ihrer nationalen Grenzen. Konkret fordert die Initiative, dass die Schweiz nach dem Ablauf einer Frist von zehn Jahren so produziert und importiert, dass nur so viele Ressourcen verbraucht und Schadstoffe freigesetzt werden, wie das unsere Umwelt verkraftet. Laut Initiative soll so sichergestellt werden, dass die planetaren Grenzen[1] in den fünf Bereichen Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag wieder eingehalten werden.

Mangelnde Messbarkeit und zu kurze Umsetzungsfrist

Fakt ist, dass heute weltweit mindestens vier planetare Grenzen überschritten werden (Klima, Biodiversität, Stickstoff- & Phosphorkreislauf sowie Landnutzung). Fakt ist auch, dass über 70% unserer Umweltbelastung bei der Produktion von Gütern entsteht, die in die Schweiz importiert werden. Dafür gilt es Verantwortung zu übernehmen und Massnahmen zu definieren.

Die Frage nach der gesetzlichen Umsetzung bleibt aber weitgehend ungelöst, so auch bei der Umweltverantwortungsinitiative: Gerade der Weg über das Konzept der planetaren Grenzen erweist sich als sehr schwierig. Er erfordert eine anerkannte Messmethode und ein internationales Vertragswerk zur Umsetzung. In den meisten der fünf oben genannten Bereiche fehlt diese Grundlage. Eine Zielerreichung innert zehn Jahren wäre auch im Fall eines vorhandenen Vertragswerks herausfordernd – ohne dieses ist das Unterfangen aber schlicht unrealistisch. Die Umsetzung würde ausserdem weit über die Bemühungen in der EU hinausgehen und die Schweizer Volkswirtschaft überfordern.

Aus diesen Gründen unterstützt swisscleantech die Initiative nicht. Auch der Bundesrat und das Parlament haben im September 2024 mit grosser Mehrheit die Ablehnung beschlossen und dabei auf einen Gegenvorschlag verzichtet. Darum stimmt die Schweiz nun am 9. Februar über die Umweltverantwortungsinitiative ab.

Alternative Massnahmen: Einführung eines Product Carbon Footprints

Obwohl wir die Initiative ablehnen, sind die grundlegenden Anliegen der Initiative berechtigt. Besonders im Verantwortungsbereich Klima ist eine Umsetzung dank des Klimaabkommens von Paris möglich und wird mit der Netto-Null-Zielsetzung bis 2050 auch bereits angestrebt. Wir sind aber überzeugt, dass die Massnahmen im internationalen Kontext verstärkt werden können – ein Schritt in diese Richtung ist die Bestimmung des «Product Carbon Footprints» (PCFP): Dieses Instrument fasst die gesamten Treibhausgasemissionen zusammen, die ein Produkt in den verschiedenen Phasen seines Lebenszyklus verursacht. Initiativen zur Einführung eines solchen PCFP sind bereits bei diversen Unternehmen im Gang. Ziel muss es sein, dass die PCFP-Daten nahtlos in die Unternehmenssoftware integriert werden und unternehmerisch ähnlich hoch gewichtet werden wie Finanzdaten.

Damit dieses unternehmerische Engagement mehr Wirkung erzielt und sich in der Breite durchsetzt, benötigt es aber einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen und klare Standards. swisscleantech hat sich deshalb im Rahmen der parlamentarischen Beratung zur Umweltverantwortungsinitiative dafür eingesetzt, dass konkrete Massnahmen wie der PCFP vorangetrieben werden. Unser Vorstandsmitglied Susanne Vincenz-Stauffacher hat im letzten Sommer ein entsprechendes Postulat (24.3757) eingereicht, das den Bundesrat auffordert, in einem Bericht eine Auslegeordnung über die mögliche Einführung oder Förderung eines Product Carbon Footprints in der Schweiz zu erarbeiten. Darin sollen Vorschläge für eine sektor- oder branchenspezifische sowie stufenweise Umsetzung dargelegt werden, welche die Entwicklungen in der EU eng miteinbeziehen.


[1] Das Konzept der planetaren Grenzen kurz erläutert: https://www.one-planet-lab.ch/post/die-planetaren-grenzen-und-ihre-bedeutung