Credit Suisse sucht nach Alternativen zum BIP


Zürich - Das Bruttoinlandprodukt ist die gängige Messgrösse für das Einkommen eines Landes. Doch es kann den Wohlstand nur unvollständig abbilden, so das Forschungsinstitut der Credit Suisse. Es gebe bereits gute Ergänzungen, aber ein echter Ersatz sei noch nicht in Sicht.

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von swisscleantech
16.06.2018

Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wurzelt als Messgrösse in den 30er Jahren. Es spiegelt daher die Werte seiner Entstehungszeit: Wert hat, was bezahlt wird; Ressourcen sind praktisch unendlich. Damit sind unbezahlte Arbeit etwa im Haushalt ebenso wenig vertreten wie die Knappheit natürlicher Ressourcen oder derjenige Teil von Qualitätssteigerungen, der sich nicht in Geld messen lässt. Das Forschungsinstitut der Credit Suisse (CSRI) hat nun einen Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Wohlstandsmessung vorgelegt. In „The Future of GDP“ diskutiert es, wie das BIP ergänzt werden kann. 

So zeige das Nachhaltige Nationaleinkommen, um wieviel das Einkommen steigen dürfe, wenn der bisherige Wohlstand erhalten bleiben solle. Dieser Indikator könne zwar die Umweltbelastungen abbilden, setze aber ein klares Verständnis voraus, was als nachhaltig angesehen werde. Zudem gehe er von statischen Technologien aus. Der sogenannte Echte Fortschrittsindikator dagegen gehe vom Konsumniveau aus, ziehe aber die destruktiven Elemente einer Gesellschaft wie Ungleichheit und Kriminalität ab und füge konstruktive Elemente wie Qualitätssteigerungen und Infrastruktur hinzu. Das sogenannte Angepasste Nettosparguthaben beschreibt den Wohlstand, wie er sich in geldwerten Vermögen, aber auch im Humankapital und den natürlichen Ressourcen – und ihrer Zerstörung – spiegelt. Der Menschliche Entwicklungsindex (HDI), wie er 1990 vom UN-Entwicklungsprogramm UNDPlanciert wurde, misst den Entwicklungsstand der Gesellschaften auch nach den Fähigkeiten der Menschen, ihrer Gesundheit und ihrer Lebensqualität. Der Inklusive Entwicklungsindex verfeinert den HDI um die Gleichheit etwa der Geschlechter. Der Glücksindex wiederum, im seit 2012 erscheinenden „World Happiness Report“ verwendet, misst das Wohlbefinden der Menschen.

Die Herausforderung dieser und anderer Indikatoren: Sie setzen voraus, dass sich ökologische, soziale und technologische Faktoren in Geld messen lassen, wie die Autoren im Bericht schreiben. Bisher jedenfalls sehen sie noch keine perfekte Alternative zum Bruttoinlandprodukt. So sieht es auch Urs Rohner: „Trotz aller Mängel des BIP gibt es noch keinen Konsens über eine international akzeptable Alternative“, schreibt der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse im Vorwort der Studie. „Es gibt aber schon ermutigenden Fortschritt auf dem Weg zu einem ganzheitlicheren Denken über die wirtschaftlichen Tätigkeiten.“ stk