Klima: Nach der Ratifizierung ist vor der Umsetzung


Die Referendumsfrist gegen die Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens läuft morgen, dem 6. Oktober, aus und ist dem Vernehmen nach ungenutzt geblieben. Nun gilt es, die Umsetzung zu planen. Hier steht die Schweiz vor grossen, aber machbaren Aufgaben.

Gemäss dem Wirtschaftsverband swisscleantech muss der Schwerpunkt dabei auf Massnahmen im Inland liegen. Denn sowohl bei den Gebäuden als auch beim Verkehr sind die Emissionen, die wir pro Kopf ausstossen, gross – nicht zuletzt wegen unseres Wohlstandes.

„Wir wollen diesen Wohlstand langfristig erhalten. Also müssen wir unsere Infrastrukturen schrittweise so umbauen, dass sie klimafreundlich sind“, ist Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech, überzeugt.

Dabei sind vor allem zwei Stossrichtungen entscheidend: Einerseits müssen wir vermehrt auf effiziente und klimafreundliche Fahrzeuge setzen. Möglichkeiten dazu gibt es viele – vom Elektrofahrzeug über (Bio)gas-betriebene Fahrzeugen bis hin zu günstigsten Massnahmen, wie dem Kauf von kleineren Vehikeln. Ausserdem verfügt die Schweiz über einen ausgezeichneten öffentlichen Verkehr und dessen Nutzung ist die effizienteste Methode, um Treibhausgase einzusparen.

Andererseits muss die Modernisierungsrate der Gebäude erhöht werden: „Rechnet man über eine durchschnittliche Lebensdauer hinweg, sind diese Investitionen rentabel – insbesondere, wenn der Komfortgewinn mitberücksichtigt wird“, betont Zeyer. Natürlich gelte dies nicht für jedes Gebäude, aber grundsätzlich bestehe grosses Potenzial.

Gerade der Gebäudebereich wird eine Schlüsselrolle spielen. „Gebäude heissen aus gutem Grund Immobilien. Niemand wird die Aufgabe übernehmen, diese klimafreundlich umzubauen“, sagt Zeyer. Das Pariser Klimaabkommen und die Klimaforschung, auf der das Abkommen basiert, sind relativ klar: Etwa 2060 müsste die Schweiz Treibhausgas-neutral unterwegs sein. Bis dann müssten alle Gebäude fossilfrei beheizt werden. Das ist zwar erreichbar, aber die aktuellen Sanierungsraten reichen nicht aus dafür.

Auf Zertifikate zu setzen, die Emissionsreduktionen im Ausland bescheinigen, ist aus der Sicht von swisscleantech hingegen wenig zielführend. Erstens wisse man noch nicht, ob und wie der Zertifikatehandel künftig ausgestaltet sein werde. Zweitens würde – selbst wenn der Zertifikatehandel aufrechterhalten bliebe – die Verfügbarkeit qualitativ hochstehender Zertifikate im Ausland laufend abnehmen: Gemäss dem Pariser Klimaabkommen streben alle Vertragsstaaten ein Emissionsniveau von netto-null an. Drittens hätten Zertifikate keine positiven Effekte auf die Innovation in der Schweiz selbst. „Von einer ambitionierten Inlandpolitik versprechen wir uns Innovationen im Bereich klimafreundlicher Technologien und damit Marktchancen in der Zukunft“, betont Zeyer.

Damit die oben erwähnten Potenziale optimal ausgeschöpft und die Massnahmen gut aufeinander abgestimmt werden können, braucht es insbesondere eines: Ein angemessenes Reduktionsziel für inländische Emissionen. Gemäss den Berechnungen von swisscleantech wäre demnach eine Reduktion von minus 40% aller Treibhausgase im Inland bis 2030 gefordert. Die Definition dieses Ziels und die Diskussion der Massnahmen wird Gegenstand der Totalrevision des CO2-Gesetzes sein, über die das Parlament voraussichtlich ab Frühsommer 2017 berät.

Zum Pariser Klimaabkommen
Mit dem Abschluss des Pariser Klimaabkommens hat sich im Dezember 2015 fast die gesamte internationale Staatengemeinschaft zu mehr Klimaschutz verpflichtet. Die Vertragsparteien beschlossen, die weltweite Erderwärmung gemeinsam auf deutlich unter 2 Grad – wenn möglich 1.5 Grad – zu begrenzen und die Bilanz der globalen Treibhausgasemissionen in der zweiten Jahrhunderthälfte auszugleichen. Das Abkommen trat knapp ein Jahr nach der Verabschiedung in Rekordzeit in Kraft. Bislang wurde es von 166 der 197 Vertragsstaaten ratifiziert.