1.
Stromeffizienz steigern
Wer die Stromversorgungslage verbessern will, muss in erster Linie die Stromeffizienz fördern – das ist die unbestritten effektivste Massnahme. Weil die Versorgung im Winter besonders kritisch ist, muss vor allem auch dafür gesorgt werden, dass Widerstandsheizungen mit Strom möglichst schnell durch erneuerbare Heizungen ersetzt werden.
2.
Ausbau der erneuerbaren Energie beschleunigen
Sämtliche nicht-erneuerbaren Energietechnologien sind vom Ausland abhängig und mit erheblichen Umweltrisiken verbunden. Eine Diversifizierung der Energieversorgung ist notwendig, die den Schwerpunkt auf die erneuerbaren Energien legt und diese flexibel ergänzt. Die Herausforderung liegt in der Übergangszeit, während der das Angebot an erneuerbaren Energien noch knapp ist. Gerade deswegen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt vorangetrieben werden. Nur so gelingt es, die Schweizer Energieversorgung langfristig sicherzustellen.
Effiziente Fördermechanismen mit Schwerpunkt auf der Winterstromversorgung und beschleunigte Bewilligungsverfahren sind zwingende Voraussetzungen für eine klimataugliche und verlässliche Stromversorgung. Dies gilt insbesondere für die Windenergie, aber auch für Wasserkraftprojekte mit grossem Potential.
3.
Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt so lange am Netz behalten, wie sie sicher sind
Die Kernkraftwerke in Gösgen und Leibstadt verfügen über ein Doppelcontainment und damit über das wichtigste passive System für einen langfristig sicheren Betrieb. Sollten sich Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit aufdrängen, sind diese von den Betreibern einzufordern. Eine finanzielle Unterstützung vom Staat kann in der Form einer Versicherung für nicht amortisierte Investitionen angeboten werden. Dafür ist eine geeignete Prämie einzuziehen. Eine solche Versicherung würde Restkosten übernehmen, die entstehen, wenn die Anlage aus anderen Sicherheitsbedenken vor geplanter Abschreibung ausser Betrieb genommen werden müsste.
4.
Paralleles Backup-System aufbauen: Dezentrale Wärme-Kraft-Kopplung als Lösung
Es ist absehbar, dass die Kernkraftwerke spätestens Ende der 40er Jahre vom Netz genommen werden müssen. swisscleantech geht davon aus, dass bis dahin das Angebot an erneuerbaren Energien zwar gross, aber noch nicht ausreichend sein wird, um diese Lücke zu schliessen. Als Backup-Lösung empfiehlt sich der Bau von dezentralen Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) genauer zu studieren. Entsprechende Überlegungen hat Powerloop kürzlich veröffentlicht. Auch swisscleantech hat dieser Technologie in der Energiestrategie von 2014 eine grössere Bedeutung zugemessen. WKK erzeugen neben Strom auch Abwärme, die zum Heizen genutzt werden kann. Es bietet sich deshalb an, diese Anlagen in der Nähe von Fernwärmenetzen zu realisieren. Ob dann noch Gaskraftwerke notwendig sind, wird sich weisen. Sicher ist: Der Widerstand gegen dezentrale Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen wird deutlich geringer sein als gegen ein reines Gaskraftwerk.
Zum Schutz des Klimas muss der CO2-Ausstoss dieser Anlagen kompensiert oder mit einer CO2-Abgabe belegt werden. Das wird den Preis erhöhen und dazu führen, dass die Anlagen wirklich nur dann laufen, wenn der Strom nicht anderweitig produziert werden kann. Wegen der dadurch kurzen Laufzeiten pro Jahr müssen die Kapitalkosten der Anlagen über einen separaten Mechanismus aufgebracht werden.
Parallel gilt es, sicherzustellen, dass möglichst viel Biogas und später synthetisches Gas für diese Anlagen zur Verfügung steht – so können die CO2-Emissionen reduziert werden. Daher sollten Biogasanlagen in dieses Gasnetz einspeisen. Ausserdem gilt es, einen grenzüberschreitenden Zertifikatehandel für erneuerbares Gas zu etablieren.
Da wir nicht wissen, wie lange die Kernkraftwerke mit ausreichender Sicherheit am Netz bleiben können, lohnt es sich, frühzeitig einen Teil dieser Infrastruktur aufzubauen. Ebenfalls macht es Sinn, die bereits existierenden Notstromgruppen in das System einzubinden.
5.
Kapazitätsreserve einführen
Die vom Bund vorgeschlagene Kapazitätsreserve in Speicherkraftwerken ist ein sinnvoller, wesentlicher Teil der Lösung. Sie stellt sicher, dass die Speicherseen soweit gefüllt bleiben, damit eine Versorgungsreserve besteht.
6.
Fähigkeiten zum Demand Side Management – den angebotsgesteuerten Verbrauch – aufbauen
Die Volatilität der Strompreise wird deutlich ansteigen. Eine gezielte Steuerung der Stromnachfrage durch aktives Demand Side Management und durch Stromangebote mit Abschaltoptionen werden eine wichtige Rolle spielen. Beim Demand Side Management steuert die Verbraucher*in ihr Angebot aktiv in Abhängigkeit des Preises, mit Abschaltoptionen verzichtet die Bezüger*in auf eine permanent gesicherte Lieferbereitschaft, erhält dafür den Strom zu günstigeren Preisen. Die Potentiale, die durch solche Angebote erschlossen werden können, sind deutlich grösser als bisher angenommen, wie auch eine Studie des Bundesamts für Energie bestätigt.
7.
Stromspeicher ausbauen
Solaranlagen und Windturbinen produzieren günstigen Strom – aber nicht immer dann, wenn er gebraucht wird. Das wird sich auf die Schnelle nicht ändern. Phasen von Überschuss werden sich in schneller Folge abwechseln mit Phasen mit knappem Angebot. Stromspeicher werden daher im Stromsystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Besonders wichtig sind Kurzzeitspeicher, die von Tag zu Tag arbeiten. Damit diese auch gebaut werden, müssen sie gute Rahmenbedingungen erhalten. Speicher, die netzdienlich betrieben werden, müssen vom Netzentgelt befreit werden.
8.
Technologie-offen bleiben
Wie bei jeder Technologie muss auch der Entscheid, auf welche Technologien zur Bereitstellung von Energie gesetzt werden soll, klar definierten Kriterien abseits von Ideologien folgen. swisscleantech hat daher acht Positivkriterien für Energietechnologien ausgebearbeitet. Diese erlauben es auch, rationale Entscheide über zukünftige Generationen von Kernkraftwerken zu fällen. Allerdings gilt es festzuhalten: Die heute bekannten technischen Eckdaten dieser Anlagen lassen noch keine abschliessende Analyse zu. Es ist zu erwarten, dass diese Anlagen zu spät kommen, um Teil der mittelfristigen Lösung zu sein. Wer sich heute für Kernkraftwerke der aktuellen Generation engagiert, setzt auf den falschen Lösungsansatz.
Und nicht zuletzt: Die Schweiz ist und bleibt Teil des europäischen Gesamtsystems. Auch die EU hat kein Interesse an einem Strom-Blackout in der Schweiz. Deshalb muss mit Nachdruck daran gearbeitet werden, dass zumindest minimale technische Absprachen zur Nutzung der Leistungskapazitäten vereinbart werden können.