Bundesrat verabschiedet enttäuschende NAF-Botschaft ans Parlament


Der Bundesrat hat heute die Botschaft zum Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) ans Parlament überwiesen. Aus Sicht von swisscleantech ist die überarbeitete Vorlage eine Enttäuschung. Der Bundesrat schwächt im Vergleich zur Vernehmlassungsvariante das Verursacherprinzip auf Kosten der Allgemeinheit und senkt damit Anreize für eine effizientere Mobilität.

Verursacherprinzip stärken statt Allgemeinheit belasten
Die Schweizer Strassenfinanzierung läuft auf eine Finanzierungslücke zu. Grund dafür ist, dass die Tarife der Mineralölsteuern seit Jahrzehnten nicht mehr der Teuerung angepasst wurden, während Ausgaben für Unterhalt, Betrieb und Ausbau des Strassennetzes stets ansteigen. In der Vernehmlassungsvorlage schlug der Bundesrat noch vor, die drohende Lücke durch eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags um 12 – 15 Rp./l zu decken – eine verursachergerechte Lösung, die angesichts der fehlenden Teuerungsanpassung seit mehr als 40 Jahren gerechtfertigt und verkraftbar ist. Konsumpreise haben sich in dieser Zeit verdoppelt, die Einkommen sogar verdreifacht. Nun krebst er jedoch zurück: Die Erhöhung soll nur 6 Rp./l betragen, dafür soll die Automobilsteuer, heute Teil der allgemeinen Bundeseinnahmen, vollständig zweckgebunden werden. Wo und wie die damit verbundenen Ausfälle im Bundeshaushalt von jährlich rund 375 Mio CHF kompensiert werden, ist unklar – klar ist bloss, dass sie auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. In Anbetracht der externen Kosten des Strassenverkehrs von rund 7.6 Mia CHF, die schon von der Allgemeinheit getragen werden, ist dies eine unnötige Schonbehandlung.

Intelligente Verkehrslenkung und -finanzierung statt Pauschalabgabe auf Elektrofahrzeuge
Weiterhin hält der Bundesrat daran fest, ab 2020 eine Pauschalsteuer auf alternative Antriebe wie Elektrofahrzeuge erheben zu können. Für swisscleantech ist es richtig, auch alternative Antriebe längerfristig stärker in die Verkehrsfinanzierung einzubinden. Eine Pauschalabgabe ist dafür jedoch das falsche Instrument: Sie belohnt Vielfahrer und bestraft Wenigfahrer und setzt so in Anbetracht der knappen Verkehrsinfrastrukturen auch für emissionsarme Fahrzeuge falsche Anreize. swisscleantech fordert stattdessen eine streckenabhängige Abgabe und schlägt vor, Elektrofahrzeuge im Rahmen eines Pilotprojekts für zeitlich und örtlich differenziertes Mobility Pricing in die Verkehrsfinanzierung einzubinden. Damit kann ein wichtiger Schritt in Richtung einer modernen, fairen und zukunftsfähigen Verkehrslenkung und -finanzierung gemacht werden.
Die Abgabe ist zudem zu früh geplant. 2020 werden gemäss Bundesprognosen (WWB-Szenario) erst rund 1% der Fahrzeugflotte elektrisch unterwegs sein – zu tief, um für die Strassenkasse wirklich relevant zu sein, und zu früh, um der Marktentwicklung umweltfreundlicher Antriebstechnologien schon Steine in den Weg zu legen. Stattdessen soll der Bundesrat erst im Rahmen des Masterplans Elektromobilität eine überzeugende Politik zur wirksamen Förderung emissionsarmer Antriebe vorlegen. 

Finanzierung der Agglomerationsprogramme sichern
In der neuen NAF-Vorlage möchte der Bund keine Gelder auf Vorrat beschaffen. Konkret heisst dies, dass die Mittel schon bald wieder knapp und die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Aufgaben des neuen Fonds verschärft wird. Dies darf nicht zulasten der Agglomerationsprogramme gehen, die in den Brennpunkten der heutigen Verkehrsprobleme – in den Agglomerationen – verkehrsträgerübergreifend zu einer gezielten Entlastung beitragen. Als Paradebeispiele einer koordinierten Verkehrs- und Siedlungspolitik sind diese Programme zudem ein Vorbild dafür, wie eine Gesamtverkehrspolitik auch auf nationaler Ebene aussehen sollte. swisscleantech fordert, dass die Finanzierung dieser Programme in ähnlichem Mass wie bisher gesichert und nicht hinter Nationalstrassen-Projekte zurückgestellt wird. Ein Mindestanteil der Fonds-Einnahmen soll daher für diesen Zweck reserviert werden.

Kohärenz zwischen Klima- und Verkehrspolitik schaffen
Schliesslich zeigt die NAF-Botschaft ein weiteres Mal die fehlende Kohärenz zwischen Klima- und Verkehrspolitik auf: Der Bundesrat rechnet mit einer Treibstoffverbrauchsentwicklung, die mit den Klimazielen der Schweiz inkompatibel ist. Diese Inkohärenz gilt es zu beheben: swisscleantech fordert eine Gesamtverkehrspolitik, die mit dem internationalen 2°C-Ziel der Schweiz im Einklang steht.