CO2-Gesetz bis 2030 – Die Politik ignoriert den Auftrag des Klimaschutzgesetzes


Heute hat das Parlament die Beratung der Revision des CO2-Gesetzes bis 2030 abgeschlossen. Damit ist die Vorlage bereit für die morgige Schlussabstimmung. Das Resultat ist enttäuschend. Weder wurde ein Inlandziel festgelegt noch ist vorgesehen, die Kostenwahrheit über eine Erhöhung der Lenkungsabgaben zu stärken. Damit ist definitiv klar, dass die Schweiz ihr Ziel – die Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 – nur mit vielen Auslandkompensationen erreichen wird. Dies widerspricht dem deutlichen Ja zum Klimaschutzgesetz. Immerhin erhält die klimataugliche Wirtschaft mit dieser Vorlage nun mehr Planungs- und Investitionssicherheit für die Periode bis 2030. swisscleantech wird sich dafür einsetzen, dass nun rasch ambitioniertere Massnahmen in der Klimapolitik für die Zeit nach 2030 aufgegleist werden.

Fotografie: Andreas Fischinger

Die Stimmbevölkerung hat im Sommer 2023 mit fast 60% dem Klimaschutzgesetz (KIG) zugestimmt. Damit ist das Ziel klar: Netto-Null bis 2050 mit einem linearem CO2-Absenkpfad – ein eindeutiger Auftrag für Wirtschaft und Politik. Damit dieses Ziel nicht bloss ein Lippenbekenntnis bleibt, braucht es auch wirksame Massnahmen. Das nun verabschiedete CO2-Gesetz wird diesem Auftrag nicht gerecht.

Die Analyse des swisscleantech Co-Geschäftsführers Michael Mandl am Ende der Beratung fällt darum kritisch aus: «Das Parlament hat es verpasst, die Grundlage für die CO2-Reduktion im Inland gemäss den Zielen des Klimaschutzgesetzes zu schaffen. Stattdessen wird noch stärker auf Klimamassnahmen im Ausland gesetzt. Dieser Ansatz ist mit Unsicherheiten bezüglich Wirkung und Kosten verbunden. Das ist nicht im Interesse der klimatauglichen Wirtschaft.».

Geringere Inlandwirkung führt zu Unsicherheiten

swisscleantech ist enttäuscht, dass sich die beiden Kammern bis zum Schluss nicht darauf einigen konnten, ein Inlandziel einzufügen. Damit wird der Auftrag der Bevölkerung aus dem angenommenen Klimaschutzgesetz nicht umgesetzt. Denn nur mit einer klaren Zielsetzung und den entsprechenden Massnahmen im Inland werden wir das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen. Stattdessen setzt das Parlament noch stärker als der Bundesrat auf den Kauf von Emissionszertifikaten über Projekte im Ausland. Wie wir in einem Gastbeitrag in der NZZ darstellen, ist eine solche Strategie für die Schweiz aber mit diversen Risiken und Unsicherheiten verbunden.

Schwächung der Lenkungswirkung

Enttäuschend ist auch der Verzicht auf eine Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen. Das Parlament schwächt damit eines der effektivsten Instrumente der Schweizer Klimapolitik und verschlechtert die Finanzierungsgrundlage des Gebäudeprogrammes. swisscleantech hat sich im parlamentarischen Prozess für eine Erhöhung eingesetzt, da Lenkungsabgaben in der Wirtschaft breit akzeptiert sind und dazu beitragen, dass stärker in klimafreundliche Technologien investiert wird.

Erfreulich ist immerhin, dass das Parlament die Rückverteilung der Lenkungsabgabe bei zwei Dritteln belässt und somit einen Grossteil der Einnahmen an Bevölkerung und Wirtschaft zurückverteilt. Das ist ein wichtiger Beschluss, um die Akzeptanz von Lenkungsabgaben zu gewährleisten. In diesem Kontext wurde erfreulicherweise ein von swisscleantech lancierter Vorstoss zur Neuregelung der Rückverteilung angenommen. Ein wichtiger Schritt, um die Akzeptanz dieses Instruments zu vergrössern.

Ausweitung der Zielvereinbarungen für Unternehmen

Positiv ist ebenfalls, dass mit der Revision die Rahmenbedingungen für die Weiterführung des Emissionshandels und der Zielvereinbarungen verbessert werden. Neu können alle Unternehmen individuelle Verminderungsverpflichtungen abschliessen und so einen effektiven Beitrag zugunsten der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu leisten. Damit erhält die Wirtschaft zumindest bis 2030 mehr Planungs- und Investitionssicherheit.

Keine Ambition im Strassenverkehr

Ein gemischtes Bild ergibt sich im Strassenverkehr. Bei den Zielwerten für die Neuwagenflotten hat sich das Parlament stark an der EU-Regulierung orientiert. Damit wird ein Schweizer Alleingang verhindert, aber auch eine wenig ambitionierte Lösung gewählt. Immerhin wurde sichergestellt, dass mit der fokussierten Anrechnung von synthetischen Treibstoffen an die Flottenziele ein Anreiz geschaffen wird, in den Import beziehungsweise die Produktion solcher alternativen Treibstoffe zu investieren.

Enttäuschend ist der Beschluss des Parlaments, die Unterstützung der Basisinfrastruktur für die Elektromobilität von 20 Millionen Franken pro Jahr aus der Vorlage zu streichen. Damit wird eine Chance verpasst, eine wichtige Grundlage für die Dekarbonisierung des Strassenverkehrs zu schaffen. Speziell in Mehrparteiengebäuden und Büroräumlichkeiten besteht Handlungsbedarf. Nun sind die Kantone am Zug und müssen entsprechende Anreize schaffen sowie Investitionen tätigen.

Keine Investitionssicherheit im Güterstrassenverkehr

Während der gesamten Revision des CO2-Gesetzes hat sich swisscleantech intensiv für die Investitionssicherheit und Technologieoffenheit im Güterstrassenverkehr engagiert. Unser Ziel war es, dass Fahrzeuge mit elektrischem oder mit erneuerbaren Treibstoffen betriebenem Antrieb befristet von der LSVA entlastet werden. Leider hat das Parlament entschieden, am Status Quo festzuhalten. Die LSVA-Befreiung für E- und H2-LKW bleibt somit auf Verordnungsstufe geregelt. Die Rechtsunsicherheit für die grüne Logistik bleibt damit bestehen. Wir werden daher das Thema im Rahmen Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der LSVA ab 2031 wieder aufnehmen.

International abgestimmte Lösungen im Luftverkehr

Klimapolitische Massnahmen im Luftverkehr brauchen eine internationale Einbindung. Darum ist es auch richtig, dass das Parlament eine Beimischquote für erneuerbare Flugtreibstoffe in der Schweiz gemäss der EU festlegt. Wichtig ist aber, dass sich die Schweiz in der Umsetzung an technologisch innovativen Ländern wie zum Beispiel Deutschland orientiert, wie dies auch im Nationalrat gefordert wurde.

Frühzeitig ambitionierte Massnahmen nach 2030 aufgleisen

Es ist jetzt schon klar, dass wir mit diesem Gesetz 2030 nicht auf Zielpfad gemäss der Netto-Null-Zielsetzung sein werden. Umso wichtiger ist es, dass frühzeitig mit den Arbeiten für die Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Periode von 2030 bis 2040 begonnen wird. swisscleantech wird sich dafür einsetzen, dass für diese Etappe rasch ambitioniertere Massnahmen aufgegleist werden und dabei die Kostenwahrheit – beispielsweise über eine Ausweitung der Lenkungsabgabe – sowie der Fokus auf Massnahmen im Inland im Zentrum stehen.