Energiekrise und Versorgungssicherheit: Was auf die Wirtschaft zukommt – Rückblick zum Webinar


Vergangene Woche lud swisscleantech seine Mitglieder sowie Unterzeichnende von CEO4Climate zur Diskussion der aktuellen Energiekrise und der Stromversorgungssicherheit. Die Frage «Was kommt auf die Wirtschaft zu?» treibt Unternehmen, Verbände wie weitere Partner gleichermassen um, wie die grosse Resonanz auf das Webinar bestätigt.

Unternehmen sind bereits aktiv

Die Tragweite der Energiekrise wurde bereits zu Beginn mit einer Umfrage verdeutlicht: Rund 65% der Teilnehmenden gaben an, dass sie zusätzliche Effizienz- und Sparmassnahmen im Bereich der Energieversorgung geplant oder bereits umgesetzt haben. Rund 20% hatten auch bereits klare Pläne für den Fall einer Kontingentierung, den es aber unbedingt gemeinsam zu verhindern gelte, wie swisscleantech Co-Präsident Fabian Etter ausführte. Es diskutierten:

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Urs Meister
Geschäftsführer
Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom
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Michael Schmid
Leiter Public Affairs
Verband der Schweizerischen Gasindustrie
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Patrick Kutschera
Leiter Energie Schweiz
Bundesamt für Energie
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Cornelia Luchsinger
Key Account Managerin Energiewirtschaft Zürcher Kantonalbank
Vorstandsmitglied swisscleantech
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Stefan Dörig
Leiter Politik
swisscleantech
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Fabian Etter
Co-Präsident
swisscleantech

Zahlreiche Massnahmen im Strombereich in Vorbereitung

Urs Meister, Geschäftsführer der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom), vermittelte einen Überblick zur aktuellen Lage der Schweizer Stromversorgungssicherheit und den zugehörigen Massnahmen.

Zu den kurzfristigen Massnahmen gehören unter anderem die Energieparkampagne des Bundesamtes für Energie, die Wasserkraftreserve, die Kontrahierung von fossilen Grosskraftwerken und von Notstrom-Aggregaten – sowie der Rettungsschirm für systemrelevante Stromunternehmen, der unlängst bei der Axpo zum Einsatz kam. Die hohen Strompreise müssten als «Vorbote möglicher Knappheit» verstanden werden führte Meister aus. Einzelne Entwicklungen hätten punktuell zu einer leichten Entspannung der Lage geführt, beispielweise die Diskussionen um das europäische Marktdesign oder die Ankündigung Frankreichs, bis im Winter alle Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. In der Debatte zum Strommarktdesign der EU wird oft das «spanische Modell» zitiert, bei dem der Gaspreis vom Strompreis entkoppelt wird – was bei einer europaweiten Einführung des Modells zu einer Entlastung der Schweizer Strompreise führen könnte.

Auch stellte Meister klar, dass die Wasserkraftreserve für die Überbrückung einer kritischen Situation am Winterende wichtig sei. So veranschaulichte er anhand verschiedener Szenarien, dass theoretisch selbst bei einem Ausfall des Kernkraftwerks in Leibstadt, stark reduzierten Importen und einem erhöhten Verbrauch, die Schweiz sich dank erhöhten Wasserkraftreserven rund 11 Tage mit Strom versorgen könnte. Die umfassende Sicherung der Winterstromversorgung könne die Wasserkraftreserve dagegen nicht gewährleisten – dazu brauche es die weiteren Massnahmen.

Fortschritte in der Gasbeschaffung

Michael Schmid, Leiter Public Affairs vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie, zeigte auf, dass die Füllung der europäischen Gasspeicher gut vorankomme. Er betonte jedoch, dass volle Speicher «notwendig, aber nicht hinreichend» seien, um eine Mangellage im kommenden Winter zu verhindern. Entscheidend werden auch die Dauer und die Intensität der Kältephasen sein.

Weiter erklärte Schmid, wieviel Sparpotenzial hinter dem Massnahmenplan des Bundes steckt: Privathaushalte könnten bereits 6% an Heizungskosten sparen, wenn sie die Heizungstemperatur um 1 Grad senken (Phase 1). Auch durch die Umschaltung der Zweistoffanlagen von Gas auf Öl wären Einsparungen von bis zu 20% des nationalen Gasverbrauchs möglich (Phase 2). In Bezug auf das Bewusstsein zum Ernst der Lage stellt Schmid bei den Netzbetreibern ein hohes Bewusstsein über den Ernst der Lage fest, während es bei den Endverbraucher*innen (Unternehmen und Private) noch grosse Unterschiede gäbe.

Unternehmen und Haushalte mit Energiesparmassnahmen können zur Lösung beitragen

Patrick Kutschera, Leiter Energie Schweiz, gab Einblicke in die Energiespar-Initiative des Bundesamts für Energie. Teil davon ist die Kampagne «nicht verschwenden», welche Ende August lanciert wurde und Bevölkerung und Wirtschaft aufzeigt, wie der Energieverbrauch mit einfachen Massnahmen reduziert werden kann. Ebenfalls teil der Initiative ist die Energiespar-Alliance, die begleitend zur Kampagne lanciert wurde und bei Unternehmen, Verbänden und NGOs auf grosse Resonanz gestossen ist. Ziel der Alliance sei es, eine möglichst breite Bewegung auszulösen und zahlreiche Unternehmen und Haushalte fürs Energiesparen zu mobilisieren. swisscleantech ist als Gründungsmitglied der breiten Energiespar-Alliance engagiert.

Mit welchen Massnahmen und Forderungen swisscleantech zur Lösung beiträgt

Stefan Dörig, Leiter Politik swisscleantech, zeigte abschliessend auf, wie sich der Verband in der aktuellen Debatte engagiert: swisscleantech bringt sich mit Vorschlägen aktiv in die Politik ein (zum Beispiel zur Nutzung von Notstromaggregaten), stehen den Mitgliedern beratend und unterstützend zur Seite, und investiert in die Medienarbeit.

 

Für swisscleantech ist klar: Die Krise ist da, das spüren auch unsere Mitglieder – insbesondere in energieintensiven Branchen. Ein Lieferunterbruch von Gas etwa kann gravierende Folgen für direktbetroffene Unternehmen und die Schweizer Wirtschaft haben. swisscleantech begrüsst deshalb die Fortschritte bei der Diversifizierung der Gasbeschaffung. Gleichzeitig gilt es, schnell Klarheit rund um allfällige Kontingentierungen zu schaffen und Einsparmassnahmen umzusetzen. In der mittleren und langen Frist gilt es jedoch, den Gasverbrauch massiv reduzieren, um Abhängigkeiten zu reduzieren und um unsere Klimaziele zu erreichen. Im Bereich Stromversorgungssicherheit stehen für swisscleantech Einparmassnahmen in Wirtschaft und Haushalten, aber auch das Demand-Side-Management und die Nutzung von Notstromaggregaten sowie der deutliche Ausbau der Erneuerbaren im Vordergrund.

Mehr zur Energiekrise und zur Stromversorgungssicherheit

 

Fabian Etter, Co-Präsident swisscleantech, rief die Teilnehmenden nicht nur dazu auf, die ausgeführten Energiesparmassnahmen umzusetzen, sondern darüber hinaus Energiespartipps und weitere Kampagneninhalte aktiv zu streuen. Darüber hinaus bietet sich neben swisscleantech insbesondere die  act Cleantech Agentur Schweiz an, um Sparpotenziale zu analysieren und Energieeffizienzmassnahmen umzusetzen. Des weiteren wies er darauf hin, dass swisscleantech sich auch in der aktuellen Situation für eine ambitionierte Klimapolitik einsetze.