Engagierte Klimapolitik ist in der Mitte angekommen


Das Ja zum indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative bestätigt: Engagierte Klimapolitik ist mehrheitsfähig geworden. Natürlich trägt die Energiekrise zum Mut zu diesen Entscheiden bei – mit gutem Grund: Die Lösungen zur Energie- und Klimakrise gehen Hand in Hand. Vielerorts fehlt aber eine schlüssige Gewichtung: Die Biodiversität ist wesentlich wichtiger als das Landschaftsbild, die Lenkungsabgabe das griffigere Instrument als die Subvention.

Klimaschutz als Anliegen der bürgerlichen Mitte

Die vergangene Woche ist ein Zeichen dafür, dass die Strategie, welche swisscleantech vorantreibt, Früchte trägt: Wir wollen, dass ambitionierter Klimaschutz auch ein Anliegen der bürgerlichen Mitte wird. Dies ist Voraussetzung für eine engagierte Klimapolitik in der Schweiz. Die Entscheide, welche der Ständerat diese Woche gefällt hat, bringen die Schweiz im Kampf gegen die Klimakrise einen guten Schritt voran. Der breite Konsens dieser Entscheide stimmt uns weiter zuversichtlich, dass die Schweiz die klimapolitische Blockade nach dem Nein zum CO2-Gesetz endgültig hinter sich lässt. Leider war der Bundesrat mit dem neu aufgelegten CO2-Gesetz deutlich weniger mutig. Hier wird das Parlament nachbessern müssen.

Ja zu nicht-fossilen Heizungen und alpinen Solaranlagen

Bereits die Beratungen der Umweltkommission des Ständerats liessen es erahnen, dass ein guter Schritt Richtung Klimaschutz möglich wäre. Im Frühjahr hat der Nationalrat einen ambitionierten indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative vorbereitet – ein Vorschlag, den swisscleantech von Beginn an mitgetragen hat. Im Sommer kam dieser indirekte Gegenvorschlag in die vorbereitende Kommission des Ständerates, wo er wegen finanzpolitischer Bedenken leicht abgeschwächt wurde. Etwas überraschend kehrte der Ständerat selbst nun aber zur ursprünglichen Version des Nationalrates zurück – damit werden in den nächsten zehn Jahren 200 Millionen Franken jährlich frei, um Gebäude mit erneuerbaren Heizsystemen auszurüsten. Parallel dazu hat der Ständerat den indirekten Gegenvorschlag um zwei weitere Elemente erweitert: Eine Solarpflicht für Neubauten und besonders wichtig: Verbesserte Rahmenbedingungen für den Bau von alpinen Solaranlagen. Das vierte Element der Vorlage bildet ein Unterstützungsfond für Unternehmen mit ambitionierten Netto-Null-Zielen.

Die Lösungen zur Energie- und Klimakrise gehen Hand in Hand

Der Entscheid des traditionell eher zurückhaltenden Ständerates zeigt: Engagierte Klimapolitik ist mehrheitsfähig geworden. Natürlich stellen wir fest, dass die aktuelle Energiekrise wesentlich zu diesen mutigen Entscheiden beigetragen hat – mit gutem Grund: Die Lösungen für die Energiekrise und für die Klimakrise tragen beide den gleichen inhaltlichen Kern. Denn für beide Lösungen sind Energieeffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidend. Die Winterstromversorgung spielt dabei eine besonders wichtige Rolle; gerade alpine Solaranlagen haben dafür viel Potenzial, ist deren Winterstromproduktion doch deutlich grösser als bei Photovoltaik-Anlagen im Mittelland. Es gibt aber weiterhin viel zu tun: Auch für Windkraftwerke braucht es Rahmenbedingungen, die es erlauben, Projekte innert nützlicher Frist zu realisieren. Denn die Windkraft ergänzt die Sonnenenergie optimal: Während Solaranlagen im Mittelland rund 70 % ihrer Leistung in den Sommermonaten erbringen, erzeugen Windturbinen mehr als zwei Drittel ihrer Leistung im Winter.

Biodiversität vor Landschaftsschutz

swisscleantech regt deshalb an, dass weitere runde Tische einberufen werden, so wie sie im letzten Herbst für die Wasserkraft erfolgreich stattfanden. Dabei muss die Bereitschaft zu Kompromissen im Landschaftsbild steigen: Die Wahrnehmung von Landschaft ist kulturell bedingt. Eine neue, positive und damit fortschrittliche Bewertung von Windturbinen und Solaranlagen auf Freiflächen sind überfällig und entscheidend für eine nachhaltige Zukunft.

Bei allen diesen erfreulichen Fortschritten finden sich aber auch einige Wermutstropfen, die zeigen, dass unsere Arbeit weiter wichtig bleibt. Die neue Bereitschaft, erneuerbare Energien beschleunigt auszubauen, kann auch eine überschwängliche Goldgräberstimmung auf Kosten wichtiger Schutzbestimmungen erzeugen – die Biodiversität ist auch in der Schweiz in Gefahr: Die Restwassermengen – wie vom Ständerat im Mantelerlass vorgeschlagen – zu reduzieren, statt gezielt auszubauen, bringt nur eine verschwindende Menge an zusätzlicher Produktion im Winter, bedroht jedoch die Biodiversität und treibt die Umweltverbände in die Opposition. Besonders störend daran ist, dass der Ständerat auch hier den Krieg in der Ukraine zur Begründung heranzieht. Er versucht an dieser Stelle Massnahmen zu rechtfertigen, die weder zur heutigen Stromversorgung beitragen noch für die zukünftige Stromversorgung wichtig sind: Restwassermengen, welche die Biodiversität fördern, sind vor allem in der Vegetationsphase wichtig. Dann jedoch werden wir kaum je mit Versorgungsengpässen rechnen müssen.

Mehr Gebäudeenergieeffizienz für eine sichere Winterstromversorgung

Ähnliches gilt auch für den Gebäudebereich. Auch wenn wir es voll unterstützen, dass zusätzliche Gelder für den Ersatz von fossilen Heizungen zur Verfügung stehen: Die Gebäudeeffizienz muss parallel dazu vorangetrieben werden, um mittelfristig Stromversorgungsengpässe im Winter zu vermeiden. Wir halten deshalb weiterhin an unserem Konzept für staatliche Bürgschaften zur energetischen Gebäudemodernisierung von Gebäuden fest. Solche Finanzierungen im Gebäudebereich können ein wichtiges und vor allem kosteneffizientes Element einer umfassenden Klimapolitik bilden – wir werden diese deshalb im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes wieder aufnehmen.

Das neue CO2-Gesetz setzt mit Subventionen auf das falsche Pferd

Diesem heute vom Bundesrat verabschiedeten neuen Gesetz gilt nun unser Hauptaugenmerk – etwas konsterniert stellen wir fest: Der Bundesrat setzt auf einen grundsätzlichen Ausbau der Subventionen und damit auf das falsche Pferd. Eine langfristig erfolgreiche Klimapolitik muss vor allem auch dem Verursacherprinzip Rechnung tragen: Wer Treibhausgase verursacht, trägt ihre Kosten. Andernfalls entstehen ausufernde Kosten und unbefriedigende Mitnahmeeffekte. Deshalb sind Subventionen vor allem ergänzende Massnahmen.

Die ökonomisch effizientesten Instrumente sind nach wie vor Lenkungsabgaben, die möglichst vollständig an die Bevölkerung zurück verteilt werden. Eine Klimapolitik, die auf diese Massnahmen setzt, ist letztlich sozialverträglich, weil der grösste Teil der Emissionen auch durch Menschen mit hohen Einkommen und Vermögen verursacht werden. Einkommensschwächere Bevölkerungsteile erhalten daher mehr zurück, als sie einzahlen.

Der Bundesrat will den anderen Weg gehen: Er lässt die CO2-Abgabe bei 120 Franken pro Tonne CO2 stehen und erhöht dafür die Zweckbindung. Sollte er damit einen Kurswechsel – weg von der Lenkung, hin zur Subvention – einleiten wollen, wäre dies weder volkswirtschaftlich noch politisch angebracht. Einen solchen Kurswechsel gilt es zu verhindern – für eine nachhaltige und effektive Klimapolitik.

Wir bleiben dran.