Der jüngste Uno-Klimabericht lässt keinen Zweifel: Um die Risiken des Klimawandels zu begrenzen, müssen die Treibhausgase drastisch gesenkt werden, und zwar schnell. Die Emissionen wachsen aber noch immer. Ändert sich daran nichts, ist das verbleibende CO2- Budget, um die Erwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen, bereits in weniger als zehn Jahren aufgebraucht.
Mit dem CO2-Gesetz stellt die Schweiz die Weichen, ob und wie die Ziele des Paris Klimaabkommens erreicht werden und das Land bis 2050 klimaneutral wird. In der bisherigen parlamentarischen Beratung setzt sich die Mehrheit für ein Reduktionsziel ein, das nicht Paris kompatibel ist: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Inland nur um 30% reduziert werden (gegenüber 1990).
economiesuisse will Klimaschutz lockern
Doch selbst die ungenügenden Vorgaben des Parlaments gehen economiesuisse zu weit. Lange Zeit hat sich der Dachverband grundsätzlich gegen jedes Inlandziel gestemmt. Im Herbst, wenige Tage vor der Ständeratsdebatte, wurde eine Reduktion von 25% vorgeschlagen. Weil die Schweiz bis 2020 bereits 20% der CO2-Emissionen reduzieren will, entspricht bis 2030 einer Reduktion von gerade einmal 0.5% pro Jahr. Um das Ziel von economiesuisse nicht zu übertreffen, müssten bestehende Klimaschutzinstrumente sogar noch gelockert werden.
Genau das strebt der Verband an. In einem Interview mit der NZZ stellt economiesuisse-Präsident Hein Karrer die bestehende CO2-Lenkungsabgabe auf Brennstoffe in Frage. Zur Erinnerung: Bei der CO2-Abgabe handelt es sich um eines der wirksamsten Instrumente im Klimabereich. Sie wird zum Grossteil an die Bevölkerung und die Wirtschaft rückverteilt, ein Teil wird für die Finanzierung von Gebäudesanierungen eingesetzt. Dank diesen Massnahmen erreichen Gebäudesektor und Industrie bisher die gesetzten Ziele. Derzeit beträgt der Aufschlag CHF 96 pro Tonne; nach dem Willen von Bundes- und Ständerat soll der Preis auf CHF 210 angehoben werden können, falls Ziele nicht eingehalten werden.
Eine globale CO2-Steuer kommt zu spät
Die Lösung sieht economiesuisse in einer globalen CO2-Steuer. «Wir müssen uns schrittweise und synchron an dieses neue System herantasten», heisst es dazu in einem Beitrag auf der Website, der im Vorfeld der Klimakonferenz (COP 25) in Madrid aufgeschaltet wurde.
Obwohl eine globale CO2-Bepreisung wichtig ist, erscheint dieser Vorschlag wie ein Ablenkungsmanöver. Denn eine globale CO2-Steuer ist politisch unrealistisch. Das Instrument wird zwar immer wieder von Ökonomen gefordert, aber es wird international von Politikern nicht in Betracht gezogen, auch nicht an der COP25. Ob sich die Staatschefs je auf ein solches Instrument einigen können, bleibt ungewiss. In der Theorie klingt der Vorschlag einer globalen CO2-Besteuerung gut, um negative externe Effekte zu berücksichtigen und Kostenwahrheit herzustellen. Doch das Instrument ist kein Allerheilsmittel und wegen zahlreicher Marktversagen und politischer Widerstände oft nicht sehr effektiv. Das ist angesichts des Zeitdrucks im Klimaschutz besonders gravierend.
Economiesuisse will unter dem Deckmantel einer internationalen CO2-Steuer den Schweizer Klimaschutz schwächen. Das ist fahrlässig. Will die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein, muss die Infrastruktur umfassend erneuert werden. Angesichts der langen Lebensdauer dieser Investitionen muss möglichst früh damit begonnen werden, das gilt im Gebäudesektor ebenso wie beim Verkehr.
Keine Alternative zu nationaler Klimapolitik
Verfolgt die Schweiz eine griffige nationale Klimapolitik, bietet dies Chancen. Es schafft Innovationsanreize und Planungssicherheit für die Unternehmen. Damit wird der Werkplatz Schweiz gestärkt. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Die dafür im CO2-Gesetz erforderlichen Massnahmen sind sozialverträglich, wie eine Studie von INFRAS deutlich macht.