Subventionen und Verbote – politisches Timing entscheidet über den Erfolg
Anthony Patt, Professor für Klimapolitik an der ETH Zürich argumentierte, dass der Wandel zur klimaneutralen Gesellschaft für jedes Land bedeute, fossile Energien vollständig mit erneuerbaren zu ersetzen. Die Entwicklung und Einführung erneuerbarer Energietechnologien muss demnach im Fokus der politischen Instrumente stehen. Am geeignetsten sei eine Kombination von Subventionen und Verboten.
In einem ersten Schritt geht es darum, mit Investitionen in Forschung und Entwicklung den technologischen Fortschritt voranzutreiben. Bewährt sich eine Technologie, so gilt es im nächsten Schritt, den Markteintritt und die Marktdiffusion zu unterstützen. Subventionen ermöglichen dabei eine preisliche Wettbewerbsfähigkeit mit bestehenden fossilen Energietechnologien. Hier sind Investitionen in die Infrastruktur nötig, damit die neuen Energien in breiter Form für die Konsument*innen zur Verfügung stehen.
Erst im letzten Schritt – in der Stabilisierung – wird die finanzielle Unterstützung zurückgefahren und mit Hilfe eines Verbotes der fossilen Energietechnologie die komplette Marktdominanz der erneuerbaren Energietechnologie sichergestellt. In diesem Ansatz ist die Kosteneffizienz sekundär, da der Fokus auf Grund der Dringlichkeit auf der schnellen Wirkung der politischen Massnahmen liegt.
Lenkungsmassnahmen – die Wirksamkeit entscheidet über die Wahl des politischen Instruments
Patrick Dümmler, Senior Fellow bei Avenir Suisse, folgte mit einer gegensätzlichen Einschätzung. Er analysierte die Wirksamkeit von bestehenden Klimaschutzmassnahmen anhand von vier Kriterien: Effektivität, Effizienz, Technologieneutralität sowie Erreichung von Kostenwahrheit. Dabei stellte er fest, dass bestehende Lenkungsmassnahmen wie die CO2-Abgabe oder das Emissionshandelssystem verglichen mit anderen Massnahmen eine höhere Leistung aufweisen. Sie seien effizienter und kommen den wahren Kosten näher als andere Instrumente. Zudem sind sie komplett technologieneutral.
Damit stellt die Lenkungsabgabe seiner Meinung nach die wirtschaftlich und gesellschaftlich effizienteste Massnahme zur Erreichung der Klimaziele dar, jedoch wird nicht berücksichtigt, dass eine ausschliesslich über Preismechanismen gesteuerte Transition wohl zu langsam von statten ginge, wenn es nicht gelingt, deutlich höhere Preise politisch durchzusetzen.
Klimapolitischer Pragmatismus – die Instrumente richtig kombinieren
Abschliessend führte Christian Zeyer, Geschäftsführer swisscleantech, die beiden Pole näher zusammen. Er forderte einen klimapolitischen Pragmatismus, welcher der Dringlichkeit des Klimawandels gerecht wird und mehrheitsfähig ist. Lenkungsabgaben sind für ihn das Mittel erster Wahl; gleichwohl wies er auch auf Nachteile von Lenkungsabgaben hin, die insbesondere bei einer (vor-)schnellen Umsetzung zu tragen kommen: Investitionen können hohe Folgekosten haben.
Wer beispielsweise vor kurzem in eine fossile Heizung investiert hat muss entweder während langer Zeit hohe CO2-Abgaben berappen oder seine Heizung verfrüht abschreiben. Sind viele Stakeholder in dieser Situation, oder können sie ihre Betroffenheit laut genug politisch artikulieren, kann dies dazu führen, dass die Akzeptanz der Massnahme sinkt. Hinzu kommt, dass viele Betroffene die Funktion von Lenkungsabgaben unzureichend verstehen. Auch das geht auf Kosten der politischen Akzeptanz.
Zeyer plädierte daher für eine kluge Kombination von Lenkungsmassnahmen mit anderen Instrumenten wie Subventionen, Bürgschaften, Ge- und Verboten sowie Nudging-Kampagnen. So können nicht nur die Netto-Null-Ziele erreicht, sondern auch die Bezahlbarkeit und Akzeptanz der Klimaschutzmassnahmen gewährleistet werden.
Beschleunigung und Kompromisse statt Perfektionismus
In der nachfolgenden Diskussion war man sich einig, dass jedes Instrument sowohl Vor- wie auch Nachteile aufweist. Subventionen haben Mitnahmeeffekte, welche aber bei gemässigten Subventionsbeträgen tragbar sind. Verbote können nötig sein, um Lock-In Effekte im Gebäudebereich zu vermeiden, sind jedoch äusserst unbeliebt. Der aktuell hohe Preis von fossilen Treib- und Brennstoffen beweist zwar, dass hohe Preise volkswirtschaftlich absorbiert werden können; eine schnelle Preissteigerung führe jedoch nur langfristig zu einer Anpassung. Die effektiv notwendige Höhe von etwa 400 CHF/Tonne CO2 (was etwa einem Aufschlag von 1 CHF/Liter entspricht) wäre aber politisch nicht mehrheitsfähig.
Kurz wurde auch über Sinn und Zweck von Auslandskompensationen gesprochen. Mit diesen können zwar heute mehr Emissionen pro investierten Franken vermindert werden als im Inland, dies führt jedoch dazu, dass inländische Massnahmen nicht schnell genug ergriffen werden und später beschleunigt und zu hohen Kosten erfolgen müssen. Denn es ist offensichtlich: In einer CO2-neutralen Welt sind Kompensationen gar nicht mehr möglich – jede Emission muss mit negativen Emissionen kompensiert werden. Verpasste Potentiale für Emissionsreduktionen müssen in der Zukunft teuer erkauft werden.
Kurzum, eine perfekte Klimapolitik wird es kaum geben. Dafür drängt die Zeit zu sehr – und die Erwartungen der entscheidenden Akteure sind zu divers. Es wird, wie so oft in der Schweiz, ein politischer Kompromiss von Nöten sein, um ganz im Sinne der Konkordanz alle mit ins Boot zu holen und die Schweiz möglichst effizient und zielstrebig in eine CO2-neutrale Zukunft zu führen.