Neue Kernkraftwerke: Positivkriterien statt Technologieverbote


Technologieverbote sind Denkverbote. Klüger ist es, drüber nachzudenken, welche Bedingungen eine Technologie erfüllen sollte, um einen sinnvollen Beitrag zu unserer Energieversorgung zu leisten. swisscleantech hat diese Überlegung für Kernkraftwerke durchgespielt.

Fotografie: Patrick Federi

Das Resultat, welches wir als «Positivkriterien» bezeichnen, lässt sich auch auf andere Technologien übertragen. In letzter Zeit wird vor allem von den Gegnern der Energiewende argumentiert, man dürfe kein Technologieverbot für Kernkraftwerke aussprechen, weil deren kommende Generationen vielleicht eine Option für die Energieerzeugung in der Schweiz darstellen könnten.

 

Konzepte wenig weit fortgeschritten

Wer sich über die Entwicklung dieser sogenannten Generation-IV-Reaktoren kundig macht, stellt aber sehr schnell fest, dass keines dieser Konzepte sehr weit gediehen ist. Mindestens 30 Jahre werden vergehen, bevor ein solcher Reaktor – als Standard und in jeder Hinsicht geprüft – zur Verfügung steht.

Probleme von heutigen Reaktoren geerbt

Es stellt sich aber auch die Frage, ob die neuen Anlagendesigns die notwendigen Verbesserungen auch wirklich mit sich bringen. Viele der heute bekannten möglichen Anlagendesigns erben Eigenschaften, welche an aktuellen Generation-III-Reaktoren kritisiert werden. Es stellt sich also die Frage, welche Anforderungen an neue Reaktoren gestellt werden müssten, damit diese eine sinnvolle Ergänzung des Kraftwerksparks darstellen.

Kriterienkatalog notwendig

Auch swisscleantech ist aus prinzipiellen Überlegungen gegen ein Technologieverbot. Denkverbote sind einem innovativen Klima nicht zuträglich. Der Weg führt deshalb über Zulassungskriterien. swisscleantech hat die aktuellen wie auch die heute bekannten, zukünftigen Reaktortypen analysiert. Auf der Basis dieser Arbeit haben wir Positivkriterien erarbeitet. Erfüllt eine Anlage diese Kriterien, kann sie als sicher eingestuft werden. Keines der aktuellen Entwicklungsprojekte kann allen Kriterien gerecht werden.

Die acht Positivkriterien sind:

  1. Die Anlagen müssen wirtschaftlich sein. Die Kosten der erzeugten Energie müssen voll durch den Erlös getragen werden. Als Kosten gelten:a Laufende oder Marginale Kosten, inklusive Kosten für die Entsorgung von Abfällen

    b Amortisations- und Fianzierungskosten

    c Rückstellungen für nachgelagerte Kosten wie Abbruch und Rückbau

    d Risikokosten bzw. Versicherungsprämien auf das volle Risiko und Umweltkosten

  2. Für den Betrieb ist eine breite Rohstoffbasis vorhanden. Es lohnt sich nicht in eine Technologie zu investieren, deren Ressourcen bei weltweiter, breiter Anwendung schnell verbraucht sein werden.
  3. Der Betrieb der Anlagen stellt keine direkte Bedrohung für die Umwelt dar. Dies gilt für die Bereitstellung der Rohstoffe genau so wie für die Behandlung der Abfälle.
  4. Die Produktionsanlagen haben keinen oder nur geringen Einfluss auf die Biodiversität.
  5. Die Anlagen produzieren ausschliesslich Abfälle, die nach spätestens 5 Generationen inert und ungiftig sind.
  6. Die Anlagen garantieren im Betrieb jederzeit den Einschluss aller radioaktiven und/oder toxischen Materialien.
  7. Der Betrieb der Anlagen ist reaktionsträge. Eine Kettenreaktion ist von selber nicht möglich.
  8. Es besteht keine Gefahr, dass Abfälle, die in falsche Hände geraten, zu grossen Schäden führen.

Die Positivkriterien wurden so verallgemeinert, dass sie für alle Technologien zur Bereitstellung von Energie verwendet werden können. Eine detailliertere Darstellung findet sich unter nachfolgendem Link. swisscleantech versteht die Positivkriterien als Diskussionsgrundlage und möchte damit helfen, die Auseinandersetzung um neue Technologien zu versachlichen.