Am Ende sind die Mehrheiten klar gewesen. Der Nationalrat stimmte der Energiestrategie am Freitag laut dem Wortprotokoll mit 120 gegen 72 Stimmen bei sechs Enthaltungen zu, der Ständerat laut Protokoll mit 35 gegen sechs Stimmen bei drei Enthaltungen. Die SVP hat als einzige Partei geschlossen dagegen gestimmt, über ihre 65 Sitze im National- und ihre fünf Sitze im Ständerat hinaus aber kaum Unterstützung bekommen. Für ihren Parteipräsidenten Albert Rösti ist die Energiestrategie „zu einer reinen Geldumverteilungsstrategie geworden“, und das auf dem Rücken der Haushalte und der KMU. Seine Partei wolle nächste Woche entscheiden, ob sie das Referendum ergreift.
Röstis Argumente überzeugten nicht einmal die Mehrheit der FDP, wie ihr Fraktionschef Ignazio Cassis erklärte. Zwar stören sich die Liberalen an der Notwendigkeit eines zweiten Massnahmenpakets und an der sofortigen Erhöhung des Netzzuschlags von 1,5 Rappen pro Kilowattstunde auf 2,3 Rappen. Aber die Befristung der kostendeckenden Einspeisevergütung auf weitere sechs Jahre und der „Systemveränderung hin zu einem marktwirtschaftlichen Modell“ seien für die Partei ausschlaggebend.
SP-Fraktionschef Roger Nordmann gibt zu, dass in der Debatte alle Seiten Kompromisse machen mussten. Aber die Richtung stimme: „Die Schweiz orientiert sich zunehmend auf eine vollständig erneuerbare energetische Versorgung und verabschiedet sich nicht nur von der Kernkraft, sondern auch von der fossilen Energie.“
Der Zürcher Grüne Bastien Girod warnt vor Euphorie. „Bezüglich Energiewende sind wir Schlusslicht in Europa, und wir werden auch mit dieser Reform höchstens ins Mittelfeld vorstossen.“ Die Schweiz habe den ältesten Kernkraftpark der Welt. Aber das könne die Bevölkerung in der Abstimmung vom 27. November mit einem Ja zur Initiative über einen Atomausstieg korrigieren.
Der Wirtschaftsverband swisscleantech begrüsst die Annahme des Pakets. Damit seien „wichtige Pflöcke für eine verlässliche, wirtschaftsfreundliche und saubere Energieversorgung eingeschlagen“ worden, heisst es in einer Mitteilung. In einer zweiten Etappe müsse geklärt werden, wie künftig Anreize für eine spätere Finanzierung der Energiewende gestaltet werden sollten. Zudem müssten die Mobilität einbezogen und die CO2-Abgabe erhöht werden. stk