swisscleantech Dialog 2024 – das war das Jahrestreffen der klimatauglichen Wirtschaft


Heute hat sich die klimataugliche Wirtschaft mit rund 450 Vertreter*innen aus allen Branchen zum Jahresanlass des Wirtschaftsverbandes swisscleantech getroffen –ein Besucher*innenrekord. Bei dieser dritten Ausgabe standen Kooperationen als Schlüssel zum Netto-Null-Ziel im Zentrum. Ein Jahr nach der Annahme des Klimaschutzgesetzes und kurz nach der Annahme des Stromgesetzes wurde in neun Breakout Sessions und im Plenum über die entscheidende Rolle der Unternehmen für eine erfolgreiche Dekarbonisierung diskutiert. Einig waren sich alle: Ohne Kooperationen werden wir das Ziel nicht erreichen!

Fotografie: Patrik Fuchs

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Gerne denken wir an das Ja zum Klimaschutzgesetz im letzten Sommer zurück, als die Schweiz das Netto-Null-Ziel bis 2050 gesetzlich verankert hatte – eine Weltpremiere. Die UN-Klimakonferenz in Dubai von Ende 2023 oder die enttäuschende Beratung des CO2-Gesetzes bis 2030 im März 2024 verdeutlichten aber einmal mehr, dass in der Klimapolitik die Einigung auf eine Zielsetzung deutlich einfacher ist als die Einigung auf entsprechende Massnahmen. In der Politik fehlt es auch deshalb in der Schweiz wie weltweit weiterhin an ambitionierten Massnahmen, um Netto-Null rechtzeitig zu erreichen.

Positive politische Bilanz – der Handlungsbedarf bleibt aber gross

«Immer mehr Unternehmen sehen die vielen wirtschaftlichen Chancen, die mit der Umsetzung des Netto-Null-Ziels und mit einer ambitionierten Klimapolitik verbunden sind. Unsere Anzahl Mitglieder hat sich in den letzten Jahren mehr als verdreifacht – führende Unternehmen aus allen Branchen wirken bei uns mit. Diese Firmen müssen in der Politik noch mehr Gehör erhalten.» Mit diesen Worten eröffnete Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech den Jahresanlass. Die politischen Rahmenbedingungen seit dem Ja zum Klimaschutzgesetz sind auf der Massnahmen-Ebene unter anderem aufgrund der enttäuschenden Beratung des CO2-Gesetzes schwieriger geworden, auch weil sich im Parlament nach den Wahlen im Oktober 2023 die Prioritäten verschoben haben. Mit der deutlichen Annahme des Stromgesetzes am 9. Juni zieht swisscleantech aus den letzten 12 Monaten dennoch eine positive Bilanz.
 

Sechs Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik

Dass es der Politik trotz offenkundiger Krisen und ambitionierter Ziele in der Umsetzung an Tatkraft fehlt, bildete einen Ausgangspunkt des Impulses von Maren Urner (Professorin, Neurowissenschaftlerin und Autorin). Veralteten politischen Machtstrategien und Denkweisen setzte sie ein neues «dynamisches» Denkmuster entgegen, das uns vom blossen Denken in die Problemlösung bringt. Diesen Ball nahm Christian Zeyer (Co-Geschäftsführer von swisscleantech) auf und formulierte sechs Handlungsempfehlungen an die Schweizer Wirtschaft und Politik:

  1. CO2 braucht den richtigen Preis
    Dieser ist deutlich höher als heute und benötigt eine bessere und vor allem transparentere Rückerstattung, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.
     
  2. Gleichgewicht zwischen Schutz & Nutzen der Biodiversität
    Die Nutzung von Landflächen für die Energiegewinnung muss mit dem Schutz der Biodiversität in einem optimalen Verhältnis stehen.
     
  3. CO2-freie Mobilität ermöglichen
    Bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau von Ladestationen sind der Schlüssel für eine CO2-freie Mobilität. Die kürzlich im Nationalrat beschlossene Vereinfachung des Zugangs zu Heimladestationen für Mieter*innen und Stockwerkeigentümer*innen ist eine wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
     
  4. Attraktivere Bedingungen für die CO2-Enfernung
    Sie sind zentral für die Erreichung unseres Netto-Null-Ziels. Vorreiterfirmen, die heute investieren, tragen zur Skalierung dieser Industrie bei.
     
  5. Kreislauffähige Geschäftsmodelle
    Eine Vielzahl von Businessmodellen werden in Zukunft kreislauffähig. Zugunsten der Planungs- & Investitionssicherheit braucht es eine rasche Umsetzung der Revision des Umweltschutzgesetzes.
     
  6. Nachhaltige Lieferketten
    Für nachhaltige Lieferketten braucht es Standards rund um den Carbon Product Footprint und eine öffentliche Hand, die bei der Beschaffung vorangeht.
     

Mit Kooperationen zum Netto-Null-Ziel

In neun Breakout-Sessions wurde der hohe Stellenwert von Kooperationen als Hebel für Netto-Null anhand Praxis-Beispielen vertieft. Über mögliche Lösungen wurde in diversen Schwerpunkt-Dossiers von swisscleantech wie Klimastrategien für Unternehmen, Kreislaufwirtschaft, Biodiversität oder die CO2-Entfernung diskutiert. Die Schlussfolgerungen vieler Breakout Sessions zeigten in die gleiche Richtung: Unkonventionelle Partnerschaften, parteiübergreifende Allianzen und die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und NGOs beschleunigen die Erreichung des Netto-Null-Ziels entscheidend.

Wie solche Partnerschaften in der Schweiz konkret aussehen zeigten drei Pionierprojekte von swisscleantech-Mitgliedern anschaulich: Die branchenübergreifenden Partnerschaften der Zürcher Kantonalbank & neustark zur CO2-Entfernung, V-ZUG & der Thommen Group im Bereich der Kreislaufwirtschaft oder Green und Energie 360° im Thema der Abwärmenutzung zeigten eindrücklich auf, dass die Wirtschaft bei der Dekarbonisierung neue, innovative Wege geht. Ein Denken in alten, oft linearen Denkmustern wird nicht reichen, wenn die Schweiz Netto-Null rechtzeitig erreichen will.

Ohne sichere Stromversorgung keine Dekarbonisierung

Abschliessend diskutierte Bundesrat Albert Rösti mit uns die Zukunft der Schweizer Energieversorgung – ohne Scheuklappen, aber mit Diplomatie und Schalk. Im Zentrum standen der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien in der Schweiz, um die Stromversorgung sicherzustellen, Investitionssicherheit für die Elektrifizierung zu schaffen und unser Netto-Null-Ziel zu erreichen. Für swisscleantech ist klar, dass es neben umfassenden und innovativen Kooperationen, verbesserten regulatorischen Rahmenbedingungen und den richtigen Handlungsanreizen auch deutlich mehr erneuerbaren Strom im Inland benötigt, damit die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft vorangetrieben werden kann. Mit dem Ja zum Stromgesetz wurde dafür ein wichtiger Meilenstein gelegt.