swisscleantech begrüsst die allgemeine Stossrichtung der revidierten Technischen Verordnung über Abfälle (TVA) und bedankt sich beim BAFU für die geleistete Arbeit. Die Anpassung der TVA an den technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel der letzten 20 Jahre in Richtung einer modernen Ressourcenpolitik ist eine Notwendigkeit. Das BAFU erkennt zu recht, dass die zukünftige Abfallpolitik der Schweiz Schritt für Schritt in eine übergreifende Ressourcenpolitik übergehen sollte, der eine gesamtheitliche Lebensbetrachtug von Materialien und Produkten zugrunde liegt. Letztlich geht es nicht nur um die nachhaltige Entsorgung von Abfällen, sondern um die Entkoppelung des Ressourceneinsatzes vom Wirtschaftswachstum. In diesem Sinne unterstützt swisscleantech die massgebenden Ziele der Totalrevision:
- Nachhaltige Nutzung von Rohstoffen
- Umweltverträgliche Abfallentsorgung?
- Gewährleistung der Entsorgungssicherheit
Diesen drei Grundzügen wird für swisscleantech im vorliegenden Entwurf noch zu wenig Rechnung getragen. Die aktuelle Abfallwirtschaft wird zwar gut abgebildet, doch mangelt es der Vorlage an innovativen Ansätzen und konkreten Zielsetzungen. Dies beginnt bereits beim unveränderten Verordnungstitel, der weiterhin nur Abfälle und keine sekundären Rohstoffe erwähnt. Ein möglicher Titel, den swisscleantech begrüssen wurde, wäre: «Technische Verodnung über Rohstoffe im Kreislauf und Abfälle». Der Kreislaufwirtschaft wird zwar in den Art. 11 und Art. 12 teils Rechnung getragen, dennoch wird der Begriff in keinem der Verordnungsartikel verwendet. In Anbetracht dessen, dass Deutschland 2012 ein eigenes Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) erlassen hat, ist dies bedenktlich.
Problematisch ist zudem die heterogene Regulierungstiefe der verschiedenen Themenbereiche, welche einer einfachen Strukturierung und Verständlichkeit der Verordnung entgegenwirkt. ??Einleitend werden in den nachfolgenden Abschnitten die Hauptanliegen von swisscleantech zusammengefasst, welche im Rahmen eines Workshops der swisscleantech Fokusgruppe «Kreislaufwirtschaft & Produktdesign» mit rund 30 relevanten Verbands- und Firmenvertreterinnen und -vertretern ausgearbeitet wurden. Die daraus abgeleiteten Änderungsanträge zu den verschiedenen Verordnungsartikel sind in der eingereichten Stellungnahme vorzufinden.
Allgemeine Grundsätze: Zweck, Geltungsbereich und Begriffe
1. Geltungsbereich: Wenn die Schweizer Abfallpolitik schrittweise in eine Ressourcenpolitik übergeleitet werden soll, dann ist der Geltungsbereich in Art. 2. zu eng gefasst. Es wird ausschliesslich die Entsorgung von Abfällen erwähnt, wohingegen Kapitel 3 auch die Vermeidung und Ablagerung anspricht. Der Geltungsbereich sollte daher erweitert werden.
2. Begriffsdefinition Abfall: In den Begriffsdefinitionen von Art. 3 sollte auch der Begriff Abfall klar definiert werden. Im Sinne der stofflichen Verwertung ist die Unterscheidung zwischen Abfällen und Sekundärrohstoffen zentral. Diese Unterscheidung fehlt im aktuellen Entwurf weitgehend.3. Begriff Stand der Technik: Der Stand der Technik wird in vielen Artikeln der TVA zitiert, aber nicht konkretisiert. Es muss bestimmt werden, wer den Stand der Technik für die verschiedenen Entsorgungstätigkeiten/ Behandlungsarten definiert. Gewünscht wird, dass der Stand der Technik vom BAFU in Zusammenarbeit mit den Kantonen und unter Einbezug der Wirtschaft (Branchen) oder auch unter Federführung von einzelnen Kantonen festgelegt wird. Zu prüfen ist zudem, ob die Einführung von Lenkungsabgaben auf Emissionen im Sinne einer höheren Investitionstransparenz für die Betreiber von Abfallanlagen besser geeignet wären, als die laufende Anpassung von Vorschriften zum Stand der Technik.
Planung und Berichterstattung
Die Einführung einer Abfallplanung, einer einheitlichen Abfallstatistik sowie die Koordination mit der Raumplanung wird grundsätzliche begrüsst. Die Optimierung von Einzugsgebieten oder von einzelnen Abfallanlagen wird durch eine transparente Datenlage gefördert. Der Umfang der Berichterstattungen ist jedoch verbindlich festzulegen und sollte stets in einem vertretbaren Verhältnis zum daraus resultierenden administrativen Aufwand stehen.
Abfallvermeidung
Die Verankerung des Grundsatzes der Abfallvermeidung in der TVA ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Hier liegen die grossen Potentiale für die Entkoppelung von BIP und Materialeinsatz. Es ist jedoch fraglich, ob der Artikel in der heutigen Form überhaupt eine Wirkung erzeugen würde. Der Geltungsbereich von Art. 11 zur Vermeidung von Abfällen sollte nicht nur Produktionsprozesse, sondern auch die Produktentwicklung (z.B. Ecodesign), die Nutzungsphase von Produkten und die Trennung von Materialien am Lebensnde im Sinne eines Gesamtproduktlebenszyklus umfassen.
Verwertungspflicht
swisscleantech begrüsst, dass die Verwertungspflicht neu zwischen energetischer und stofflicher Verwertung deffirenziert. Es wird ebenfalls bergrüsst, dass keine allgemeine Abfallhierarchie vorgeschlagen wird, die sich systematisch über alle Abfallfraktionen ohne Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit, technischer Machbarkeit und Ökologie erstreckt (Art. 12). Der Grundsatz der stofflichen Verwertung im Sinne der Kreislaufwirtschaft der energetischen Verwertung vorzuziehen. Die Entscheidung aber, ob eine Fraktion energetisch oder stofflich zu verwerten ist, muss situativ auf der Grundlage der genannten Kriterien 1. Umweltbelastung, 2. technische Machbarkeit und 3. Wirtschaftlichkeit erfolgen. Letzteres Kriterium, ob eine Verwertungsart wirtschaftlich tragbar ist und ein entsprechender Markt existiert, auf dem das Produkt abgesetzt werden kann, wird von Art. 12 aber nicht aufgenommen. Zudem wäre auch eine Unterscheidung zwischen unterschiedliche Arten der energetischen Verwertung sinnvoll, da die energetische Abfallverwertung im Zementwerk derjenigen in einer KVA aufgrund unterschiedlicher Wirkungsgrade kaum gleichgesetzt werden kann.
Biogene Abfälle
Im Zusammenhang mit der Verwertung von biogenen Abfällen bitten wir das BAFU die am 27. November 2014 angenommen Motion Lustenberger zur sachgerechten Verwendung von Biomasse-Reststoffen und gegen Technologieverbote zu berücksichtigen. Sofern Technologien zur energetischen Verwertung von biogenen Abfällen die stoffliche Verwertung von Wertstoffen (z.B. in der Asche) gewährleisten und deren Anwendung aus einer ökologischen Betrachtung sinnvoll ist, sollten sie stofflichen Verwertungstechnologien gleichgesetzt werden. Der vom BAFU vorgeschlagene Art. 14 muss unter Berücksichtigung der Motion Lustenberger also so angepasst werden, dass unabhängig der Technologie, diejenige Verwertung zum Einsatz kommt, die den grössten ökologischen Nutzen aufweist und zudem auch wirtschaftlich tragbar ist.
Phosphorreiche Abfälle
Die Rückgewinnung von Phosphor aus Abwasser, Klärschlamm und aus Tier- und Knochenmehl wird begrüsst. Die Übergangszeit von 5 Jahrens zur Rückgewinnung von Phosphor ist jedoch umstritten. Zurzeit existiert unseres Wissens kein industriell angewandtes Verfahren, das betriebswirtschaftlich umgesetzt werden könnte.
Kunsstoffabfälle
Aus Sicht von swisscleantech muss für Kunststoffabfälle mehr Klarheit geschaffen werden. Die fehlende Einigkeit über die ökologischen Vor- und Nachteile der stofflichen/energetischen Verwertung der unterschiedlichen Kunstofffraktionen führen in der praktischen Umsetzung zu sehr heterogener Lösungen zwischen den Kantonen und Gemeinden (z.B. Separatsammlungen) und erschweren die Planung und Investitionen der in diesem Sektor tätigen Privatfirmen. swisscleantech sieht es ein, dass die Verwertung von Kunstoffen auf Gesetzes- und Verordnungstufe aufgrund der Einzelfallabhängigkeit kaum reglementiert werden kann. Dennoch sollten mit Vertreterinnen und Vertreter der Kunsstoffbranche, des Detailshandels, produzierender Betrieben, von Kehrichtsverbrennungsanlagen, von Zementhersteller und der Kantone allegemeine Standards definiert werden. Art. 21 zu den Kunsstofffolien wird begrüsst, reicht aber bei weitem nicht aus, um den Umgang mit Kunsstoffabfällen vollständig abzudecken.
Bauabfälle
Bei Bauabfällen besteht hinsichtlich der Verwertung viel Handlungspotential. Es wird daher begrüsst , dass der Umgang mit Bauabfällen präziser geregelt wird. Die Revision geht alledingst in einigen Belangen nicht weit genug, insbesondere hinsichtich der Ablagerung, der effizienten Trennung und dem Vollzug. Entsprechende Änderungsvorschläge sind unten aufgeführt.
Abfallanlagen
swisscleantech begrüsst, dass der Betrieb der Abfallanlagen nach dem aktuellsten Stand der Technik erfolgen muss. Für die praktische Umsetzung ist der Begriff «Stand der Technik» aber ziemlich unklar. Im Sinne der Planungstransparenz und Investitionssicherheit muss es für den Betreiber klar sein, nach welchem Mechanismus, in welchen Zeitintervallen und durch wen der Stand der Technik angepasst wird. Die Einführung von Lenkungsabgaben auf Emissionen als Mechanismus wäre in diesem Sinne geeigneter als die laufende Anpassung der Vorschriften zum aktuellsten Stand der Technik.?Die neuen Anforderungen an den Betrieb werden generell begrüsst (insb. Anforderungen an das Pesonal und Mengenverzeichnisse). Einzig beim Emissionsverzeichnis gilt es eine Ausnahme für offene Anlagen zu machen, da diese ihre Emissionen nicht messen können. Auch sollte die Forderung nach einem Betriebsreglement an eine Mengenschwelle gekoppelt werden (z.B. ab einem Umsatz von 10’000 t pro Jahr, was der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung entspricht). Ein Verzeichnis über Menge, Art und Herkunft der angenommenen Abfälle wäre erst ab einem Umsatz von 1’000 t pro Jahr sinnvoll.