Eine nachhaltigere Wirtschaft – das war das Ziel einiger Volksinitiativen wie der «Konzernverantwortungsinitiative» und der Initiative «Grüne Wirtschaft», die in den letzten Jahren in der Schweiz mit unterschiedlichem Erfolg zur Abstimmung kamen. Die Herausforderung bei diesem Anliegen: Während die nationale Gesetzgebung territoriale Gültigkeit hat, reichen die Auswirkungen der Schweizer Wirtschaft weit über die Landesgrenzen hinaus – Import, Export und Konsum der Schweiz haben globalen Einfluss auf Klima, Umwelt oder Menschenrechte . Die Schweiz steht mit dieser Diskussion nicht allein da. Erst kürzlich hat die EU ihr Lieferkettengesetz verabschiedet, welches die gleiche Frage adressieren will.
Die im Februar 2023 erfolgreich eingereichte «Umweltverantwortungsinitiative» (UVI) der Jungen Grünen und verbündeter NGOs stellt die wichtige Grundsatzfrage der Verantwortung der Schweizer Volkswirtschaft ausserhalb ihrer nationalen Grenzen erneut. Konkret fordert die Initiative, dass die Schweiz nach dem Ablauf einer Frist von zehn Jahren so produziert und importiert, dass nur so viele Ressourcen verbraucht und Schadstoffe freigesetzt werden, wie das unsere Umwelt verkraftet. Laut Initiative soll so sichergestellt werden, dass die planetaren Grenzen[1] in den fünf Bereichen «Klimaveränderung», «Biodiversitätsverlust», «Wasserverbrauch», «Bodennutzung» sowie «Stickstoff- und Phosphoreintrag» wieder eingehalten werden.
Mangelnde Messbarkeit & zu kurze Umsetzungsfrist
Fakt ist, dass heute weltweit mindestens vier planetare Grenzen überschritten werden (Klima, Biodiversität, Stickstoff- & Phosphorkreislauf sowie Landnutzung). Fakt ist auch, dass über 70% unserer Umweltbelastung bei der Produktion von Gütern entsteht, die in die Schweiz importiert werden. Dafür gilt es Verantwortung zu übernehmen und Massnahmen zu definieren. Die Frage nach der gesetzlichen Umsetzung bleibt aber weitgehend ungelöst, so auch bei der Umweltverantwortungsinitiative: Gerade der Weg über planetare Grenzen erweist sich als sehr schwierig. Er erfordert eine anerkannte Messmethode und ein internationales Vertragswerk zur Umsetzung. In den meisten der fünf oben genannten Bereiche fehlt diese Grundlage; eine Zielerreichung innert zehn Jahren ist daher unrealistisch. Die Umsetzung würde ausserdem weit über die Bemühungen in der EU hinausgehen und die schweizerische Volkswirtschaft überfordern. Aus diesen Gründen lehnt swisscleantech diese Initiative ab.
Konkrete Massnahmen – Einführung eines Product Carbon Footprints
Obwohl wir die Initiative ablehnen, sind die Anliegen der Initiative berechtigt. Besonders im Verantwortungsbereich Klima ist eine Umsetzung dank des Klimaabkommens von Paris möglich – die Anstrengungen im internationalen Kontext können und sollen aber verstärkt werden. Ein Schritt in diese Richtung ist die Bestimmung des Product Carbon Footprints (PCFP). Dieses Instrument fasst die gesamten Treibhausgasemissionen zusammen, die ein Produkt in den verschiedenen Phasen seines Lebenszyklus verursacht. Initiativen zur Einführung eines solchen PCFP sind bereits bei diversen Unternehmen im Gang. Ziel muss es sein, dass die PCFP-Daten nahtlos in die Unternehmenssoftware integriert werden und unternehmerisch ähnlich hoch gewichtet werden wie Finanzdaten.
Damit dieses unternehmerische Engagement mehr Wirkung erzielt und sich in der Breite durchsetzt, benötigt es aber einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen und klare Standards. Darum hat sich swisscleantech in der parlamentarischen Beratung zur Umweltverantwortungsinitiative aktiv dafür eingesetzt, dass konkrete Massnahmen wie zum Beispiel der PCFP vorangetrieben werden und dass der Staat dabei eine aktive Rolle einnimmt. Für die Umsetzung des PCFP wird sich swisscleantech auch unabhängig vom Ausgang der Beratungen zur Umweltverantwortungsinitiative einsetzen. Denn die breitflächige Einführung eines PCFP ist eine Grundvoraussetzung, damit viele Unternehmen ihre Netto-Null-Ziele überhaupt erst definieren und danach erreichen können.
[1] Das Konzept der planetaren Grenzen kurz erläutert: https://www.one-planet-lab.ch/post/die-planetaren-grenzen-und-ihre-bedeutung