Warum wir ein Stromabkommen mit der EU brauchen

Diese Woche jährt sich der Abschluss der bilateralen Abkommen mit der EU zum 25. Mal. Während für viele Sektoren separate Verträge ausgehandelt und unterzeichnet wurden, besteht im Strombereich noch kein Abkommen. Die Verhandlungen über ein Stromabkommen starteten im Jahr 2007. Ausgelöst wurden die Gespräche durch einen grossflächigen Blackout in Italien und der Erkenntnis, dass mangelhafte Koordination und das Abseitsstehen der Schweiz ein grosses Risiko für das europäische Stromsystem darstellen. In den siebzehn Jahren seit der ersten Verhandlungsrunde hat sich der europäische Strombinnenmarkt laufend weiterentwickelt und mit jedem Vertiefungsschritt ist der Graben zwischen der Schweiz und der EU grösser geworden.

Gefährliche Diskrepanz zwischen den Strommärkten

Die wachsende Diskrepanz zwischen den beiden Strommärkten birgt Risiken und ist kostspielig. Unsere Strominfrastruktur ist seit den 1960er Jahren auf die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit ausgerichtet. Das Schweizer Übertragungsnetz ist über mehr als vierzig Stromleitungen mit dem Ausland verbunden und unsere flexiblen Wasserkraftwerke sind auf den grenzüberschreitenden Handel ausgelegt. Dank dieser Einbindung in den europäische Strommarkt ist unsere Stromversorgung sicherer und günstiger geworden, aber auch abhängiger von den Entwicklungen in der EU. Finden diese Entwicklungen ohne Berücksichtigung unserer Interessen statt, kann das System in der Schweiz nicht mehr optimal betrieben werden.

Die Schweiz ist heute als Drittstaat von praktisch allen Marktmechanismen und Massnahmen für die Versorgungssicherheit ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere den internationalen Stromhandel, der seit 2015 ständig weiterentwickelt und verbessert wird. Seit 2018 findet der grenzüberschreitende Kurzfristhandel ohne die Schweiz statt. Besonders schmerzhaft ist der Ausschluss der Schweiz aus gewissen europäischen Handelsplattformen, welche dazu dienen, die Stabilität des Übertragungsnetzes sicherzustellen. Und weiteres Ungemach droht bald, wenn 2025 in der EU die sog. „70-Prozent-Regel“ in Kraft tritt. Diese besagt, dass Mitgliedstaaten mindestens 70% ihrer grenzüberschreitenden Leitungskapazitäten für den Handel im Binnenmarkt reservieren müssen. Die Auswirkungen auf die Schweiz sind unklar, könnten aber im schlimmsten Fall zu Einschränkungen beim Export und Import führen. Die schweizerische Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid warnt deshalb immer eindringlicher vor den Risiken, welchen das Schweizer Stromnetz ohne Koordination mit den europäischen Nachbarn ausgesetzt ist.

Risiken und Kosten verringern

Mit einem Stromabkommen würden die Risiken und Kosten deutlich verringert. Die Einbindung der Schweizer Strominfrastruktur in das europäische Verbundnetz wäre auf eine solide rechtliche Basis gestellt und eine sichere und effiziente Nutzung gewährleistet. Der grenzüberschreitende Stromhandel würde erleichtert und die Zusammenarbeit von Behörden und Organen geregelt. Nach langen Jahren des Verhandelns ist die politische Bereitschaft für einen raschen Abschluss vorhanden und die Dringlichkeit eines Abkommens ist unter Expert*innen kaum bestritten. Innerhalb der Europäischen Union gibt es allerdings niemanden, der dafür grundlegende Prinzipien der Gemeinschaft opfern würde. Für die Europäische Kommission gilt dies gleichermassen wie für die direkt betroffenen Mitgliedstaaten – allen voran Italien und Deutschland. Darum braucht es rasch Klarheit über die institutionellen Fragen bei der Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU.

Strommarktöffnung als Grundvoraussetzung

Unabhängig davon, wie die Schweiz in dieser wichtigen Frage voranschreitet, müssen wir im Inland politische Mehrheiten für die vollständige Strommarktöffnung finden. Ohne diesen Schritt fehlt eine Grundvoraussetzung für ein Stromabkommen. swisscleantech fordert deshalb seit langem, dass der Zugang zum freien Strommarkt für alle Stromkonsumierenden geöffnet und damit eine langjährige Diskriminierung aufgehoben wird. Damit wäre der Weg frei für ein Stromabkommen, welches für die Versorgungssicherheit unseres Landes von höchster Wichtigkeit ist.

swisscleantech Dialog 2024 – das war das Jahrestreffen der klimatauglichen Wirtschaft

Weitere Fotografien finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Gerne denken wir an das Ja zum Klimaschutzgesetz im letzten Sommer zurück, als die Schweiz das Netto-Null-Ziel bis 2050 gesetzlich verankert hatte – eine Weltpremiere. Die UN-Klimakonferenz in Dubai von Ende 2023 oder die enttäuschende Beratung des CO2-Gesetzes bis 2030 im März 2024 verdeutlichten aber einmal mehr, dass in der Klimapolitik die Einigung auf eine Zielsetzung deutlich einfacher ist als die Einigung auf entsprechende Massnahmen. In der Politik fehlt es auch deshalb in der Schweiz wie weltweit weiterhin an ambitionierten Massnahmen, um Netto-Null rechtzeitig zu erreichen.

Positive politische Bilanz – der Handlungsbedarf bleibt aber gross

«Immer mehr Unternehmen sehen die vielen wirtschaftlichen Chancen, die mit der Umsetzung des Netto-Null-Ziels und mit einer ambitionierten Klimapolitik verbunden sind. Unsere Anzahl Mitglieder hat sich in den letzten Jahren mehr als verdreifacht – führende Unternehmen aus allen Branchen wirken bei uns mit. Diese Firmen müssen in der Politik noch mehr Gehör erhalten.» Mit diesen Worten eröffnete Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech den Jahresanlass. Die politischen Rahmenbedingungen seit dem Ja zum Klimaschutzgesetz sind auf der Massnahmen-Ebene unter anderem aufgrund der enttäuschenden Beratung des CO2-Gesetzes schwieriger geworden, auch weil sich im Parlament nach den Wahlen im Oktober 2023 die Prioritäten verschoben haben. Mit der deutlichen Annahme des Stromgesetzes am 9. Juni zieht swisscleantech aus den letzten 12 Monaten dennoch eine positive Bilanz.
 

Sechs Handlungsempfehlungen für Wirtschaft und Politik

Dass es der Politik trotz offenkundiger Krisen und ambitionierter Ziele in der Umsetzung an Tatkraft fehlt, bildete einen Ausgangspunkt des Impulses von Maren Urner (Professorin, Neurowissenschaftlerin und Autorin). Veralteten politischen Machtstrategien und Denkweisen setzte sie ein neues «dynamisches» Denkmuster entgegen, das uns vom blossen Denken in die Problemlösung bringt. Diesen Ball nahm Christian Zeyer (Co-Geschäftsführer von swisscleantech) auf und formulierte sechs Handlungsempfehlungen an die Schweizer Wirtschaft und Politik:

  1. CO2 braucht den richtigen Preis
    Dieser ist deutlich höher als heute und benötigt eine bessere und vor allem transparentere Rückerstattung, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.
     
  2. Gleichgewicht zwischen Schutz & Nutzen der Biodiversität
    Die Nutzung von Landflächen für die Energiegewinnung muss mit dem Schutz der Biodiversität in einem optimalen Verhältnis stehen.
     
  3. CO2-freie Mobilität ermöglichen
    Bessere Rahmenbedingungen für den Ausbau von Ladestationen sind der Schlüssel für eine CO2-freie Mobilität. Die kürzlich im Nationalrat beschlossene Vereinfachung des Zugangs zu Heimladestationen für Mieter*innen und Stockwerkeigentümer*innen ist eine wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
     
  4. Attraktivere Bedingungen für die CO2-Enfernung
    Sie sind zentral für die Erreichung unseres Netto-Null-Ziels. Vorreiterfirmen, die heute investieren, tragen zur Skalierung dieser Industrie bei.
     
  5. Kreislauffähige Geschäftsmodelle
    Eine Vielzahl von Businessmodellen werden in Zukunft kreislauffähig. Zugunsten der Planungs- & Investitionssicherheit braucht es eine rasche Umsetzung der Revision des Umweltschutzgesetzes.
     
  6. Nachhaltige Lieferketten
    Für nachhaltige Lieferketten braucht es Standards rund um den Carbon Product Footprint und eine öffentliche Hand, die bei der Beschaffung vorangeht.
     

Mit Kooperationen zum Netto-Null-Ziel

In neun Breakout-Sessions wurde der hohe Stellenwert von Kooperationen als Hebel für Netto-Null anhand Praxis-Beispielen vertieft. Über mögliche Lösungen wurde in diversen Schwerpunkt-Dossiers von swisscleantech wie Klimastrategien für Unternehmen, Kreislaufwirtschaft, Biodiversität oder die CO2-Entfernung diskutiert. Die Schlussfolgerungen vieler Breakout Sessions zeigten in die gleiche Richtung: Unkonventionelle Partnerschaften, parteiübergreifende Allianzen und die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und NGOs beschleunigen die Erreichung des Netto-Null-Ziels entscheidend.

Wie solche Partnerschaften in der Schweiz konkret aussehen zeigten drei Pionierprojekte von swisscleantech-Mitgliedern anschaulich: Die branchenübergreifenden Partnerschaften der Zürcher Kantonalbank & neustark zur CO2-Entfernung, V-ZUG & der Thommen Group im Bereich der Kreislaufwirtschaft oder Green und Energie 360° im Thema der Abwärmenutzung zeigten eindrücklich auf, dass die Wirtschaft bei der Dekarbonisierung neue, innovative Wege geht. Ein Denken in alten, oft linearen Denkmustern wird nicht reichen, wenn die Schweiz Netto-Null rechtzeitig erreichen will.

Ohne sichere Stromversorgung keine Dekarbonisierung

Abschliessend diskutierte Bundesrat Albert Rösti mit uns die Zukunft der Schweizer Energieversorgung – ohne Scheuklappen, aber mit Diplomatie und Schalk. Im Zentrum standen der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien in der Schweiz, um die Stromversorgung sicherzustellen, Investitionssicherheit für die Elektrifizierung zu schaffen und unser Netto-Null-Ziel zu erreichen. Für swisscleantech ist klar, dass es neben umfassenden und innovativen Kooperationen, verbesserten regulatorischen Rahmenbedingungen und den richtigen Handlungsanreizen auch deutlich mehr erneuerbaren Strom im Inland benötigt, damit die Dekarbonisierung der Wirtschaft und Gesellschaft vorangetrieben werden kann. Mit dem Ja zum Stromgesetz wurde dafür ein wichtiger Meilenstein gelegt.

Stellungnahme zu Anforderungen an systemrelevante Unternehmen

Das Ziel dieser Bestrebung muss es sein, die Stromversorgung auch im Fall ausserordentlicher Marktentwicklungen sicherzustellen und Dominoeffekte zu vermeiden, welche durch den unkontrollierten Ausfall eines Stromversorgungsunternehmens entstehen könnten. Die vorliegende Vorlage wird diesem Anspruch nicht gerecht und schiesst weit über das Ziel hinaus.

Unverhältnismässiger Aufwand

Die Vorgaben zum Risikomanagement, zur Liquidität und zum Eigenkapital der als systemrelevant eingestuften Unternehmen greifen tief in die unternehmerischen Freiheiten ein. Im Verhältnis zur möglichen Stärkung der Versorgungssicherheit ist weder dieser Eingriff noch der hohe administrative Aufwand zur Erfüllung der Vorgaben gerechtfertigt. Auch müsste bei sehr starren Liquiditäts- und Eigenkapitalvorgaben allenfalls zusätzliches Kapital beschafft und vorgehalten werden. Dieses Kapital kostet und kann beispielsweise nicht in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden. Die umfangreichen Berichterstattungspflichten und Prüfungen würden ausserdem zu hohem Kontrollaufwand und Kosten bei der Elcom führen. Entsprechend kommt swisscleantech zum Schluss, dass der Aufwand und die Kosten für die Umsetzung der vorgeschlagenen Vorgaben unverhältnismässig sind.

Keine Vorgaben zum Eigenkapital

Vorgaben für das Eigenkapital erachten wir als unnötig. Die Energiebranche ist nicht mit dem Bankensektor vergleichbar. Stromproduzenten und -versorger haben andere Geschäftsaktivitäten und Risiken, insbesondere sind sie durch das Eigentum z.B. von Stromproduktionsanlagen einem deutlich geringeren Risiko eines unvorhersehbaren und schnellen Abflusses von Eigenkapital ausgesetzt. Wie in den letzten Jahren gesehen, bestehen die grösseren Risiken bei der Liquidität im Zusammenhang mit dem Stromhandel. Ein allfälliger Liquiditätsengpass ist aber ein temporäres Problem und kann nicht mit einem hohen Eigenkapital behoben werden. Würden dauerhaft tiefe Strompreise zu einer Überschuldung führen, würde genügend Zeit für eine geordnete Abwicklung und Übertragung der Produktionsanlagen bleiben. Die Stromversorgung der Schweiz wäre bei einer Überschuldung einzelner Unternehmen nicht gefährdet. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen sich darum die Anforderungen an systemrelevante Unternehmen auf Vorgaben an die Liquidität beschränken.

Zweifelhafter Nutzen für die Volkswirtschaft

Aus volkswirtschaftlicher Perspektive muss der Fokus auf einer stabilen Stromversorgung liegen. Die vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich Governance und Überprüfung der Geschäftsrisiken fokussieren jedoch primär darauf, einzelne Unternehmen vor dem Konkurs zu bewahren. Hinzu kommt, dass die Vorlage zu einer Schweizer Spezialregulierung führen würde. Keines der Nachbarländer kennt vergleichbare Vorgaben. Auch die Kompatibilität mit einem Stromabkommen mit der EU erscheint zweifelhaft. Deshalb zweifeln wir insgesamt am Nutzen der vorliegenden Gesetzesänderung und fordern den Bundesrat auf, die Vorlage grundlegend zu überarbeiten.

Fokus auf die Business Continuity

Den bestehenden kurzfristigen Risiken ist mit einem geeigneten Business Continuity Management entgegenzuwirken. Dieses muss insbesondere den Betrieb systemrelevanter Kraftwerke sicherstellen, die für die Versorgungssicherheit der Endverbraucher tatsächlich von Bedeutung sind. Eine entsprechende Vorlage ist zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehen. Wie von den direkt betroffenen Unternehmen gefordert, empfiehlt auch swisscleantech, diese Massnahmen ins Zentrum der Bestrebungen des Bundesrates zu stellen.

Ohne Stromgesetz kein Netto-Null

Die Abstimmungsumfragen der letzten Wochen haben gezeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Stimmbevölkerung die hohe Relevanz des Stromgesetzes für die Versorgungssicherheit der Schweiz anerkennt. Wie uns aber die Vergangenheit lehrt, dürfen wir uns nicht auf den guten Umfrageresultaten ausruhen und müssen nun bis zum Schluss alle Befürworter*innen des Stromgesetzes dazu motivieren, bis am 9. Juni abzustimmen!

Ausgewogener Kompromiss

Das Stromgesetz ist ein ausgewogener Kompromiss, bei dem der Nutzen für die Energiegewinnung mit dem Schutz der Biodiversität in einem optimalen Verhältnis steht. Mit dem neuen Stromgesetz schaffen wir die richtigen Rahmenbedingungen, um mit dem Schweizer Ausbau der erneuerbaren Energien rascher und umfassender voranzuschreiten. Zudem schaffen wir die richtigen Anreize, um das grosse Potenzial der Energieeffizienz auszuschöpfen sowie Innovation und Flexibilität im Stromnetz zu fördern – ein zentraler Schlüssel, um die erneuerbaren Energien möglichst kosteneffizient und problemlos in das bestehende Stromnetz zu integrieren. Alle diese Massnahmen führen dazu, dass wir unsere Versorgungssicherheit im Inland erhöhen und gleichzeitig unsere Abhängigkeit von fossilen Energien aus dem Ausland reduzieren.

Voraussetzung für die erfolgreiche Dekarbonisierung

Mit der Annahme des Klimaschutzgesetzes hat die Schweiz als erstes Land überhaupt in einer Volksabstimmung beschlossen, ein Netto-Null-Ziel auf Gesetzesebene zu verankern. Für swisscleantech wurde damit ein zentraler Meilenstein erreicht: Dieses Ziel steht bereits seit 2015 in der Vision des Verbandes. Nun geht es darum, dass die Schweiz dieses Netto-Null-Ziel rechtzeitig bis 2050 erreicht und die entsprechenden Massnahmen vorantreibt.

Ein zentraler Bestandteil dieser Massnahmen ist die konsequente und rasche Dekarbonisierung der Wirtschaft, der Gebäude oder der Mobilität. Speziell im Bereich der Gebäude und der Mobilität wird dies primär über die Elektrifizierung geschehen – dafür benötigen wir zwingend mehr Strom. Je nach Szenario ist davon auszugehen, dass sich der Strombedarf der Schweiz von heute ca. 65 TWh bis 2050 auf 90 TWh erhöhen wird. Das Stromgesetz ist dabei der entscheidende Hebel, um diesen zusätzlichen Strombedarf zu decken. Mit den im Gesetz verankerten Ausbauzielen der neuen erneuerbaren Energien von 45 TWh bis 2050 sowie der definierten Massnahmen kommen wir diesen Szenarien einen bedeutenden Schritt näher. swisscleantech hat sich deshalb über die Allianz für eine sichere Stromversorgung hinaus mit eigenen Webinaren, Mailings, Social Media und tatkräftigen Mitgliedern für eine erfolgreiche Abstimmung engagiert.

Wer das Netto-Null-Ziel ernst nimmt und eine ebenso erneuerbare wie sichere Energieversorgung erreichen will, stimmt am 9. Juni Ja zum Stromgesetz!

Umweltverantwortungs­­­initiative: swisscleantech fordert Product Carbon Footprint statt neuer Ziele­­­­­­­­

Eine nachhaltigere Wirtschaft – das war das Ziel einiger Volksinitiativen wie der «Konzernverantwortungsinitiative» und der Initiative «Grüne Wirtschaft», die in den letzten Jahren in der Schweiz mit unters­­­­chiedlichem Erfolg zur Abstimmung kamen. Die Herausforderung bei diesem Anliegen: Während die nationale Gesetzgebung territoriale Gültigkeit hat, reichen die Auswirkungen der Schweizer Wirtschaft weit über die Landesgrenzen hinaus – Import, Export und Konsum der Schweiz haben globalen Einfluss auf Klima, Umwelt oder Menschenrechte . Die Schweiz steht mit dieser Diskussion nicht allein da. Erst kürzlich hat die EU ihr Lieferkettengesetz verabschiedet, welches die gleiche Frage adressieren will.

Die im Februar 2023 erfolgreich eingereichte «Umweltverantwortungsinitiative» (UVI) der Jungen Grünen und verbündeter NGOs stellt die wichtige Grundsatzfrage der Verantwortung der Schweizer Volkswirtschaft ausserhalb ihrer nationalen Grenzen erneut. Konkret fordert die Initiative, dass die Schweiz nach dem Ablauf einer Frist von zehn Jahren so produziert und importiert, dass nur so viele Ressourcen verbraucht und Schadstoffe freigesetzt werden, wie das unsere Umwelt verkraftet. Laut Initiative soll so sichergestellt werden, dass die planetaren Grenzen[1] in den fünf Bereichen «Klimaveränderung», «Biodiversitätsverlust», «Wasserverbrauch», «Bodennutzung» sowie «Stickstoff- und Phosphoreintrag» wieder eingehalten werden.

Mangelnde Messbarkeit & zu kurze Umsetzungsfrist

Fakt ist, dass heute weltweit mindestens vier planetare Grenzen überschritten werden (Klima, Biodiversität, Stickstoff- & Phosphorkreislauf sowie Landnutzung). Fakt ist auch, dass über 70% unserer Umweltbelastung bei der Produktion von Gütern entsteht, die in die Schweiz importiert werden. Dafür gilt es Verantwortung zu übernehmen und Massnahmen zu definieren. Die Frage nach der gesetzlichen Umsetzung bleibt aber weitgehend ungelöst, so auch bei der Umweltverantwortungsinitiative: Gerade der Weg über planetare Grenzen erweist sich als sehr schwierig. Er erfordert eine anerkannte Messmethode und ein internationales Vertragswerk zur Umsetzung. In den meisten der fünf oben genannten Bereiche fehlt diese Grundlage; eine Zielerreichung innert zehn Jahren ist daher unrealistisch. Die Umsetzung würde ausserdem weit über die Bemühungen in der EU hinausgehen und die schweizerische Volkswirtschaft überfordern. Aus diesen Gründen lehnt swisscleantech diese Initiative ab.

Konkrete Massnahmen – Einführung eines Product Carbon Footprints

Obwohl wir die Initiative ablehnen, sind die Anliegen der Initiative berechtigt. Besonders im Verantwortungsbereich Klima ist eine Umsetzung dank des Klimaabkommens von Paris möglich – die Anstrengungen im internationalen Kontext können und sollen aber verstärkt werden. Ein Schritt in diese Richtung ist die Bestimmung des Product Carbon Footprints (PCFP). Dieses Instrument fasst die gesamten Treibhausgasemissionen zusammen, die ein Produkt in den verschiedenen Phasen seines Lebenszyklus verursacht. Initiativen zur Einführung eines solchen PCFP sind bereits bei diversen Unternehmen im Gang. Ziel muss es sein, dass die PCFP-Daten nahtlos in die Unternehmenssoftware integriert werden und unternehmerisch ähnlich hoch gewichtet werden wie Finanzdaten.

Damit dieses unternehmerische Engagement mehr Wirkung erzielt und sich in der Breite durchsetzt, benötigt es aber einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen und klare Standards. Darum hat sich swisscleantech in der parlamentarischen Beratung zur Umweltverantwortungsinitiative aktiv dafür eingesetzt, dass konkrete Massnahmen wie zum Beispiel der PCFP vorangetrieben werden und dass der Staat dabei eine aktive Rolle einnimmt. Für die Umsetzung des PCFP wird sich swisscleantech auch unabhängig vom Ausgang der Beratungen zur Umweltverantwortungsinitiative einsetzen. Denn die breitflächige Einführung eines PCFP ist eine Grundvoraussetzung, damit viele Unternehmen ihre Netto-Null-Ziele überhaupt erst definieren und danach erreichen können.


[1] Das Konzept der planetaren Grenzen kurz erläutert: https://www.one-planet-lab.ch/post/die-planetaren-grenzen-und-ihre-bedeutung

Stellungnahme zur Umsetzung des Stromgesetzes

Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen

Für den raschen und massiven Ausbau der erneuerbaren Energien braucht es die richtigen Anreize, wie sie in den Gesetzesanpassungen vorgesehen sind. Es bestehen jedoch berechtigte Zweifel, ob diese durch die vorliegende Umsetzung auf Verordnungsebene geschaffen werden. Wie die Solar- und die Windenergiebranche schätzt swisscleantech die Förderwirkung als gering ein. Wir bitten den Bundesrat, diese Bedenken ernst zu nehmen und die Höhe sowie Umsetzung der Förderung zu überdenken, damit die eingesetzten Mittel einen grösstmöglichen Effekt auf den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion haben.

Ungenügende Bedingungen für lokale Elektrizitätsgemeinschaften

Wir begrüssen die Verordnungsentwürfe für die Bereiche, welche die Innovation in den Verteilnetzen betreffen (Flexibilitätsregulierung, Messwesen, Gleichstellung von kleinen Speichern). Einzige Ausnahme bilden die Bedingungen für lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG). Es ist zu befürchten, dass mit den vorgeschlagenen Rahmenbedingungen kaum LEG entstehen werden. Das würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen. Wir fordern darum entsprechende Verbesserungen, damit LEG zahlreich gebildet und systemdienlich betrieben werden können.

Mehr Spielraum bei der Umsetzung

Die Verordnungen sind in vielen Fällen zu detailliert formuliert und bieten kaum Spielraum bei der Umsetzung. Insbesondere bei den Verteilnetzbetreibern zieht dies beträchtlichen Aufwand nach sich. Wir beobachten diese Entwicklung mit Sorge, weil dadurch Ressourcen gebunden werden, welche für die Modernisierung der Verteilnetze fehlen. Wir fordern den Bundesrat auf, diesem Anliegen die notwenige Aufmerksamkeit zu widmen.

Erarbeitung von Richtlinien

In der Schweiz ist es Usus, dass für die Ausarbeitung von Richtlinien die «Branchenverbände» zuständig sind. Im Strombereich fiel diese Rolle bisher dem VSE zu. Die weiteren betroffenen Kreise sind einzubeziehen, haben aber kein Mitspracherecht. Diese bewährte Praxis soll grundsätzlich beibehalten, aber angepasst werden. Die Energiewelt verändert sich rasant, neue Akteure treten auf den Plan und neues Knowhow ist gefragt. Deshalb schlagen wir vor, dass die Richtlinien neu vom VSE gemeinsam mit den betroffenen Kreisen erarbeitet werden. Wir haben diese Forderung in der nachfolgenden Tabelle exemplarisch für Art. 18g StromVV eingebracht. Sie ist aber für alle Artikel anzuwenden, in denen von der Ausarbeitung von Richtlinien die Rede ist.

Mit SAP und swisscleantech zur klimatauglichen Wirtschaft

Mit Transparenz in der Wertschöpfungskette zum Netto-Null-Ziel

SAP ist weltweit führend in der Entwicklung von ERP-Systemen («Enterprise Resource Planning»), welche Geschäftsprozesse abbilden und gestalten. Unternehmen können so die gesamte Wertschöpfungskette – von der Rohstoffbeschaffung bis hin zur Kundenzufriedenheit – analysieren und optimieren. Aufgrund ihres grossen Marktanteils und dem damit verbundenen Netzwerk an Kund*innen und Partner*innen in der Schweiz besitzen sie eine grosse Hebelwirkung und können einen wertvollen Beitrag an die Erreichung des Netto-Null-Ziels in der Schweiz leisten.

Um Klimaziele zu erreichen, ist es entscheidend Nachhaltigkeitsergebnisse in der gesamten Wertschöpfungskette messen und steuern zu können. Und zwar nicht nur auf Unternehmensebene mit dem “Corporate Carbon Footprint”, sondern auch in Form des “Product Carbon Footprint”. Durch die SAP-Nachhaltigkeitslösungen wird die Erfassung des Product Carbon Footprint überhaupt erst ermöglicht – ein entscheidender Schlüssel für die Dekarbonisierung der Lieferketten (Scope 3) und unerlässlich für die Realisierung einer klimatauglichen Wirtschaft. Die Grundlagen dafür bietet der Datenaustausch mit Lieferanten und die Transparenz über die CO2-Emissionen in der gesamten Wertschöpfungskette.

SAP als Fördermitglied für den neuen Nachhaltigkeitszirkel

Nachhaltigkeit – und damit konkreter die Erreichung unternehmerischer Netto-Null-Ziele – hat sich zunehmend als integraler Bestandteil moderner Unternehmensführung etabliert.  Nachhaltigkeitsverantwortliche leisten eine ebenso wichtige wie anspruchsvolle Arbeit, die viel Wissen und Wandel in Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Stakeholdern und Geschäftsbereichen mit sich bringt. Der Bedarf nach Vernetzung und Austausch unter diesen Nachhaltigkeitsspezialist*innen ist entsprechend hoch. SAP wird als Fördermitglied des neuen Nachhaltigkeitszirkels den zielgerichteten Erfahrungsaustausch unter Fachkolleg*innen unterstützen.

Klimaschutz als unternehmerische Chance

SAP und swisscleantech wissen, wie Klimaschutz nicht nur als Herausforderung verstanden, sondern als Chance für die Schweizer Wirtschaft genutzt wird. Mit der Fördermitgliedschaft von SAP Schweiz verstärken wir unser gemeinsames Engagement für eine klimaneutrale Wirtschaft – wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!

Wir freuen uns über die Partnerschaft mit swisscleantech und damit verbunden die Möglichkeit, Chancen innovativer Nachhaltigkeitslösungen für Unternehmen der Schweizer Wirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette greifbar zu machen. Genau diese branchenübergreifende Zusammenarbeit ist für uns der Schlüssel für die Realisierung einer klimatauglichen Wirtschaft.

Sabrina Storck
Co-Managing Director, SAP Schweiz

SAP zeigt eindrücklich auf, wie man als Unternehmen nicht nur intern im Klimaschutz vorangeht, sondern vor allem auch über die passenden Angebote bei den Kunden viel bewegt. Gemeinsam werden wir uns für mehr Transparenz über die gesamten Lieferketten einsetzen und die klimataugliche Wirtschaft voranbringen.

Fabian Etter
Co-Präsident, swisscleantech

swisscleantech und SAP laden am 1. Juli zur Erstausgabe unter dem Titel Gemeinsam das Netto-Null-Ziel erreichen – Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg:

Über SAP

Die SAP-Strategie soll dabei helfen, jedes Unternehmen in ein intelligentes nachhaltiges Unternehmen zu verwandeln. Als ein Marktführer für Geschäftssoftware unterstützen wir Unternehmen jeder Größe und Branche dabei, ihre Ziele bestmöglich zu erreichen: SAP-Kunden generieren 87 % des gesamten weltweiten Handels. Unsere Technologien für maschinelles Lernen, das Internet der Dinge und fortschrittliche Analyseverfahren helfen unseren Kunden auf dem Weg zum intelligenten Unternehmen. SAP unterstützt Menschen und Unternehmen dabei, fundiertes Wissen über ihre Organisationen zu gewinnen, fördert die Zusammenarbeit und hilft so, dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. Wir vereinfachen Technologie für Unternehmen, damit sie unsere Software nach ihren eigenen Vorstellungen einfach und reibungslos nutzen können. Unsere End-to-End-Suite aus Anwendungen und Services ermöglicht es Kunden in 26 Branchen weltweit, profitabel zu sein, sich stets neu und flexibel anzupassen und etwas zu bewegen. Mit einem globalen Netzwerk aus Kunden, Partnern, Mitarbeitern und Vordenkern hilft SAP, die Abläufe der weltweiten Wirtschaft und das Leben von Menschen zu verbessern.

Über swisscleantech

swisscleantech vereint klimabewusste Unternehmen. Gemeinsam bewegen wir Politik und Gesellschaft für eine CO2-neutrale Schweiz. Wir sind Themenführer in Energie- und Klimapolitik und zeigen Lösungen für eine klimataugliche Wirtschaft auf. Der Verband zählt über 600 Mitglieder aus allen Branchen, darunter über 40 Verbände. Zusammen mit den angeschlossenen Verbänden vertritt swisscleantech über 24‘000 Schweizer Unternehmen und rund 400‘000 Mitarbeitende.

Für Rückfragen

Stephanie Freise
Leitung Unternehmenskommunikation
SAP (Schweiz) AG
stephanie.freise@sap.com

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Michael Mandl
Co-Geschäftsführer
swisscleantech
michael.mandl@swisscleantech.ch

Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA

Mit einem Drittel der Gesamtemissionen der Schweiz ist der Verkehr aktuell der emissionsintensivste Sektor. Mehr als ein Fünftel dieser Emissionen sind wiederum auf den Güterverkehr auf der Strasse zurückzuführen. Mit 7% der Gesamtemissionen trägt der Güterverkehr demnach eine grosse Verantwortung auf dem Weg Richtung Netto-Null. Nebst der Verlagerung auf die Schiene stellt die Umstellung auf alternative Antriebe eine zentrale Massnahme in der Dekarbonisierung dar.

Dank der Befreiung von der LSVA hat der Gesamtkostenvergleich mit herkömmlichen Diesel-LKW dazu geführt, dass in den letzten Jahren eine steigende Anzahl an Transportunternehmen in elektrisch angetriebene Fahrzeuge investiert haben – allen voran in E-LKW. So waren 2023 bereits 4.2% der neu zugelassenen LKW batterieelektrisch. Doch mit der steigenden Diffusion der Fahrzeuge hat die Befreiung zunehmende Mindereinnahmen für die LSVA zur Folge.

Ziel der präsentierten Vorlage muss sein, die Integration der klimafreundlichen Fahrzeuge so zu gestalten, dass die Diffusion der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge nicht ausgebremst wird. In diesem Sinne swisscleantech begrüsst zahlreiche Aspekte der Vorlage. Jedoch besteht bei verschiedenen Aspekten Bedarf an entscheidenden Nachbesserungen.

CO2-Entfernung – das Wichtigste in Kürze

Bei der CO -Entfernung (Engl. Carbon Dioxide Removal (CDR) – oft auch Negativemissions­ technologien (NET)) wird CO2 aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft im Untergrund, im Boden, in Ozeanen oder in Produkten gespeichert. Damit vermindern sie den CO2-Gehalt der Atmosphäre.

Emissions-Kompensationen zählen nicht zur CO2-Entfernung:

Klassische Kompensationen sind Projekte, in denen der CO2-Ausstoss an einer anderen Quelle vermindert bzw. verhindert wird. Kompensationen reichen zur Erreichung des Netto-Null­-Zieles nicht aus, da immer Restemissionen übrigbleiben.

Ein neuer globaler Milliarden-Markt entsteht

Momentan steckt der Markt für CO2­-Entfernung noch in den Kinderschuhen. Es braucht ein exponentielles Wachstum, damit die benötigten Kapazitäten rechtzeitig zur Verfügung stehen werden.1

Je nach Methode und Anbieter bezahlt man heute für eine Tonne entferntes CO2 100 bis über 1000 Dollar – deutlich mehr als bei konventionellen Kompensations­zertifikaten. Bei einem langfristigen Preis von durchschnittlich 200 USD/t CO2 entspräche dies einem Umsatz von 1300 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Welche Rolle spielen Unternehmen im Markt für CO2-Entfernung?

  1. Bei schwer vermeidbaren Emissionen verhilft nur CO2­-Entfernung zu netto null.
  2. Qualitativ hochwertige Entfernungsprojekte halten Reputationsrisiken klein.
  3. Eine Firma kann sogar beschliessen, netto negativ zu werden und so die Emissionen aus der Vergangenheit zu entfernen.

Wie kann das Engagement eines Unternehmens aussehen?

Damit die Skalierung von CO2­-Entfernung gelingt, müssen auch die Preise sinken. Dazu braucht es mehr Kunden und grössere Investitionssicherheit für die Anbieter. Private Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag sowohl als Anbieter als auch als Abnehmer von CO2­-Entfernung.

Wo CO2 aus Biomasse in der Produktion anfällt, kann dies künftig abgeschieden, gespeichert und die Zertifikate dafür verkauft werden. Es können aber auch unabhängig vom Geschäftsmodell eigene Projekte aufgebaut werden. Wer Zertifikate kauft, tut dies heute meist mithilfe externer Beratung oder schliesst sich einem der bestehenden Käufer­klubs an (NextGen, Frontier).

Wie Firmen sich bereits heute für NET engagieren2

«Bis 2030 werden die bisherigen CO2-Vermeidungszertifikate schrittweise durch CO2-Entfernungszertifikate ersetzt, finanziert mittels eines internen CO2-Preises. Die Zertifikate bezieht Swiss Re von strategischen Partnern via langfristige Abnahmeverträge, oder vom Käuferklub NextGen, welcher von Swiss Re mitgegründet wurde.»

«Mit dem Ziel des Aufbaus eines Neutralisationsportfolios wurde im August 2022 die Post CDR AG gegründet. Die Post hat sich für eine ‹MakeStrategie› mit vorläufigem Fokus auf Nature Based Solutions (NBS) entschieden (…). Gleichzeitig nimmt die Post auch technologiebasierte CDR-Lösungen im Portfolio auf, um deren Entwicklung und Verbreitung – insbesondere auch in der Schweiz – zu fördern.»

«(…) Darüber hinaus neutralisieren wir aktuell und zukünftig unsere verbleibenden Emissionen (…). Ab 2030 wechseln wir zu 100% ‹carbon removal›-Projekten und haben dafür in der Schweiz bereits einen Dienstleistungsvertrag mit Climeworks unterzeichnet, mit dem wir bereits bis 2030 Emissionen aus der Atmosphäre entfernen lassen.»

Die wichtigsten Methoden

CO2-­Entfernung besteht aus den Schrit­ten Abscheidung aus der Luft, Ver­arbeitung, Transport und Lagerung. Für alle Schritte sind heute technische Lösungen vorhanden, es bestehen aber auch Herausforderungen. In der Schweiz sind die Möglichkeiten für die Lagerung von CO2 begrenzt. Darum ist die Zusammenarbeit mit dem Aus­land wichtig.

Vier wichtige Schritte für die Zukunft

Regulatorische Hürden vermindern

  • Die regulatorischen Anforderungen müssen geklärt werden. Es braucht klare, international abgestimmte Qualitätsanforderungen über die ganze Produktionskette.

Förderung der heimischen CO2-Entfernungswirtschaft auf zwei Schwerpunkten

  • Naturbasierte Lösungen aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung wie Pflanzenkohle oder langlebige holzbasierte Produkte.
  • Abfallverbrennung und Zementproduktion sind wichtige Punktquellen für CO2. Dieses CO2 abzusondern und zu lagern, erzeugt dank des biogenen Brennstoffanteils negative Emissionen und fördert die notwendige Infrastruktur für die CO2­-Entfernung.

Anbindung an die internationale Transport- und Speicherinfrastruktur

  • Dazu sind konkrete Projekte wie auch inter­nationale Abkommen und klare Regelungen zur Anrechenbarkeit notwendig.

Anreize für die Wirtschaft schaffen: Einführung des Verursacherprinzips

  • Der CO2­-Preis muss die externen Kosten widerspiegeln.
  • CO2­-Entfernung muss im Emissionshandel anrechenbar werden.

1 2050: Berechnungen gemäss IPCC 1.5 Grad Szenario, 2021: vgl. cdr.fy

2 Alle aufgeführten Unternehmen haben Netto­-Null-Ziele sowie Zwischenziele und entfernen lediglich die schwer verhinderbaren Restemissionen mit CO2-Entfernung – die genannten Partner/Unternehmen werden hiermit nicht beworben.

3 Carbon Capture & Storage

4 vgl. cdr.fy. Die Datenlage ist aktuell jedoch noch ungenügend und die Spannbreite der Kosten entsprechend hoch.

Stellungnahme zur Klimaschutzverordnung

Rechtsunsicherheit

Wir stellen fest, dass die Formulierungen für eine Verordnungsebene insgesamt sehr generisch sind. Daraus ergibt sich eine Definitionsmacht auf der Stufe von Weisungen, die durch die Verwaltung noch zu verfassen sind. Da solche Weisungen ohne Einbezug der Stakeholder erstellt werden, ergibt sich aus der aktuell vorliegenden Verordnung eine erhebliche Rechts- und Planungsunsicherheit. Da die KIV insgesamt CHF 2.4 Mia. an Fördermittel verteilt, ist dieser Umstand bedenklich und muss korrigiert werden.

Rechtsunsicherheiten ergeben sich bezüglich

  • Technologien, welche für Fördermittel angemeldet werden können
  • Reifegraden von Technologien und deren Einschätzung
  • Aufteilung der Mittel zwischen CO2-Entfernung und Emissionsreduktionen

Wirkungsabschätzung vs. Zugang zu Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen und Datenschutz

Es ist nachvollziehbar, dass es für die beurteilenden Behörden wichtig ist, eine korrekte Wirkungsabschätzung vorzunehmen. Gleichzeitig ist es verständlich, dass Firmen die Gewissheit haben müssen, dass ihre Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse trotz der Eingabe gewahrt bleiben. Wir regen an, dass das Thema Datenschutz in der Verordnung adressiert wird.

Zugang für KMU zu Finanzmitteln

Verschiedentlich hat die verantwortliche Behörde dargelegt, dass sie darauf abzielt, möglichst wenige, dafür grossen Projekteingaben zu erhalten. Entsprechend ist die Verordnung so aufgebaut, dass der Zugang zu Fördergeldern für KMU erschwert ist. Anders als der Bundesrat sehen wir die Grundlage dafür nicht durch die parlamentarischen Verhandlungen gegeben. Wir verstehen, dass das BAFU in Bezug auf die Behandlung der Gesuche beschränkte Möglichkeiten hat. Der faktische Ausschluss der KMU darf aber nicht durch mangelnde Kapazitäten für die Verarbeitung begründet werden.

Wir regen an, dass das BAFU eine separate Möglichkeit schafft, wie KMU unbürokratisch Zugang zu Finanzmitteln erhalten. Um die Administration zu vereinfachen, könnte für diesen Prozess ein Rahmenvertrag an die beiden Effizienzagenturen ACT und ENAW oder andere geeignete Körperschaften vergeben werden.

Umsetzung Art. 9 und 10 des Klimaschutzgesetzes (KlG)

Mit Erstaunen stellen wir fest, dass die Umsetzungen von Art. 9 und 10 gar nicht oder nur sehr rudimentär vorgenommen werden. Wir halten fest, dass sowohl die Ausgestaltung der Finanzflüsse wie auch die Vorbildwirkung des Bundes wichtige Hebel darstellen. Es ist deshalb wichtig, dass ambitionierte Vorgaben verabschiedet werden. Wir werden die Ausgestaltung der Richtlinien zu den Finanzflüssen im Rahmen anderer Gesetze gerne begleiten. Bezüglich der Verordnung zu Art. 10 erwarten wir Ihre Ausführungen so bald wie möglich. Das Ziel, die CO2-Neutralität bis 2040 zu erreichen, ist ambitioniert und erlaubt keine Verzögerungen.