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Aufgaben:

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  • Mitarbeit in der Akquise: Entwicklung neuer Ideen, Planung und Durchführung von Akquise-Massnahmen (z.B. Branchen-Versände) und Follow-up-Massnahmen
  • Mitarbeit im Fundraising: Prospect Research, Mitarbeit bei der Erstellung von Anträgen und Berichten, Organisation und Durchführung von Follow-up-Massnahmen
  • Mitarbeit in der Kommunikation: Content Creation, Unterstützung bei Videoprojekten für Social Media, Lektorat (z.B. Website, Newsletter u.ä.), Analyse der Zielgenauigkeit von Kommunikationsmassnahmen
  • Unterstützung bei den allgemeinen Sekretariatsarbeiten

Profil:

  • Du suchst denBerufseinstieg nach dem Bachelor-Studium (Uni, ETH oder Fachhochschule) oder möchtest als Grundlage für ein Masterstudium Erfahrungen in der Praxis sammeln
  • Du zeichnest dich durch organisatorisches und administratives Flair aus
  • Du arbeitest gerne selbstständig und strukturiert, denkst vernetzt und verfügst über eine schnelle Auffassungsgabe
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  • Du interessierst dich für ökologisches und sozial verantwortungsvolles Wirtschaften

Wir bieten Dir eine interessante Aufgabe mit grosser Wirkung und hohem Handlungsspielraum. Dabei erwartet Dich u.a.:

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Warum die SVP-Forderung nach neuen KKWs keine Alternative zum Ausbau der erneuerbaren Energien ist

Die Anerkennung des Problems ist richtig, der Lösungsansatz falsch.
Natürlich begrüsst swisscleantech, dass die SVP das Sommerloch dazu verwendet, die Winterversorgung der Schweiz mit Strom zu thematisieren. Tatsächlich zeigen auch unsere Berechnungen, dass Angebot und Nachfrage im Strom im Winterhalbjahr spätestens dann auseinanderklaffen werden, wenn die alternden Kernkraftwerke vom Netz genommen werden.

Mit dem aktuellen, zu langsamen Ausbau der erneuerbaren Energien könnte im Winterhalbjahr eine Differenz zwischen Angebot und Nachfrage von rund 20 Terawattstunden entstehen. Dieser Engpass kann vermieden werden, wenn die Schweizer Energiepolitik zwei Stossrichtungen verfolgt: Den konsequenten Ausbau von Produktionskapazitäten für den Winter und gleichzeitig die Förderung des Demand-Side-Managements, bei dem es darum geht, Nachfrage und Angebot besser aufeinander abzustimmen.

Die Kernkraftwerke sind Anlagen, die im Winter produzieren können, das ist richtig. Trotzdem ist der Bau von Kernkraftwerken der falsche Lösungsvorschlag – zumindest für die Schweiz. Dafür gibt es drei Gründe, die eng miteinander verbunden sind.

Der Weg hin zur Inbetriebnahme eines Kernkraftwerks dauert zu lange.
Würde man heute mit der Planung beginnen können, würde es rund 25 Jahre dauern, bis die Anlagen in Betrieb gehen könnten. Unter anderen Politik- und Arbeitsbedingungen wie etwa mit geringerer Mitbestimmung wie in China könnte dieser Prozess leicht verkürzt werden, würde aber immer noch mehr als 20 Jahre dauern.

Schon seit einigen Jahrzehnten werden Diskussionen zu modularen Konzepten geführt, die diesen Ablauf von ersten Plänen bis zum Betrieb des Kernkraftwerks beschleunigen könnten. Tatsache ist, dass diese Konzepte bis heute keine Marktreife erlangt haben.

Die grösste Herausforderung hier: Diese Standardprodukte müssen vollständig neu homologiert und international freigegeben werden, sobald erste Pilotanlagen realisiert sind. Das alleine dauert mindestens zehn weitere Jahre. Anschliessend müssen die notwendigen Produktionskapazitäten für die Serienherstellung aufgebaut werden. Erst dann kann damit gerechnet werden, dass eine Beschleunigung im Anlagenbau möglich wird.

Ausserdem darf nicht vergessen gehen: Es ist nur die mechanische Ausrüstung inklusive Reaktor, die serienmässig gefertigt wird. Die Gebäude inklusive doppeltem Containment, welches dafür sorgt, dass bei einem Unfall die Radioaktivität eingeschlossen bleibt, müssen zwingend vor Ort gebaut werden. Der Bau eines neuen Kraftwerkes wird daher auch in Zukunft aufwändig bleiben.

Unsere Herausforderungen in der Winterstromversorgung lösen damit auch modulare Reaktoren nicht.

Der «NIMBY»-Effekt: «Kein KKW in meinem Hinterhof.»
Wer sich näher mit der Frage auseinandersetzt, warum der Zubau von Anlagen zur Produktion von Strom nicht schnell genug vorankommt, stösst auf zwei wesentliche Gründe: Erstens die schwierigen Finanzierungsbedingungen und zweitens der «Not In My BackYard»-Effekt («NIMBY»). Unter diesen beiden Effekten leiden alle Technologien, wobei der NIMBY-Effekt bei Kernkrafttechnologien besonders schwer wiegt. Die Vorbehalte gegenüber dem Bau neuer Kraftwerke – unabhängig ihrer Technologie – sind in der Schweizer Politik und Bevölkerung zumindest stellenweise gross. Erneuerbare Energien haben aber im Unterschied zu Kernkraftwerken keine historische Risikobehaftung – und sie überzeugen auch wirtschaftlich.

Auch neue Kernkraftwerke sind unflexibel und zu teuer.
Kernkraftwerke sind klassische Bandlastkraftwerke – das heisst, sie sollten in einem Jahr während mindestens 7000 Stunden bei Volllast produzieren können. Auch wenn neuere Kernkraftwerkstypen besser modulieren können, sind sie auf viele Volllaststunden angewiesen, damit sie übers Jahr genügend Ertrag für die notwenigen Abschreibungen und Zinsen erwirtschaften können.

Sie stehen in direkter Konkurrenz zu einem steigenden Anteil an erneuerbaren Energien, die in Europa in den nächsten zwei Jahrzehnten gebaut werden. Schon heute ist Strom aus Windturbinen und Solaranlagen unschlagbar günstig, erneuerbare Energiequellen werden damit den Strompreis zunehmend definieren. Europa hat beschlossen, die dazu notwendigen Anlagen schnell zu bauen.

Oft – und besonders im Sommer – wird es sogar ein grosses Überangebot an Strom geben. Können die Kernkraftwerke nur dann produzieren, wenn der Bedarf nicht gedeckt ist, wird ihr Betrieb wirtschaftlich unattraktiv. Gesucht sind eigentlich Kraftwerke, die billig anzuschaffen sind und nur dann produzieren sollen, wenn Nachfrage und Angebot auseinanderklaffen. Dank der Speicherkraftwerke mit flexibler Winterproduktion von etwa 10 Terawattstunden und einer Leistung von 10 Gigawatt hat die Schweiz hier bereits gute Karten. Als Ergänzung bieten sich an Stelle von KKWs eher Anlagen an, die in einer ersten Phase mit Erdgas und in einer zweiten Phase wohl mit synthetischem Gas betrieben werden. Wird dabei die Abwärme genutzt, ist eine solche Strategie auch mit dem Klimaschutz vereinbar. Für einen zügigen Ausbau erneuerbarer Energien ist ein Kernkraftwerk nur ein teurer Klotz am Bein. 

Fazit: Erneuerbare Energien sind günstiger, breiter akzeptiert und schneller in Betrieb
Wirtschaftlich wie auch technologisch spricht damit vieles für einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien und auch der Weg des geringeren Widerstandes führt eher über den Ausbau der erneuerbaren Energien als über Projekte für Kernkraftwerke. Nicht ohne Grund macht sich auch die Elektrizitätswirtschaft heute nicht mehr stark für neue Kernkraftwerke wie früher.

Es bleibt damit, der SVP zu empfehlen, sich mindestens so stark für den Ausbau der erneuerbaren Energien einzusetzen, wie sie es aktuell für Kernkraftwerke tut – die Aufmerksamkeit wäre ihr auch so sicher, Sommerloch hin oder her. Denn zur Sicherstellung einer zeitnahen, wirtschaftlich attraktiven und gesellschaftlich wie politisch akzeptierten Stromversorgung in der Schweiz führt kein Weg an einem Ausbau erneuerbaren Energien vorbei.

Die Stossrichtung der Revision des Europäischen Emissionshandelsystems (EU ETS) stimmt, ist stellenweise mutig, birgt aber auch Risiken

Allerdings bleiben auch einige Fragen offen, darunter die Frage, was längerfristig mit der Gratisvergabe von Emissionsrechten geschieht. Zur Frage nach der Gratisvergabe von Emissionsrechten: Ein zielorientiertes ‘Cap and Trade’-System ist nur möglich, wenn die freien Emissionsrechte schnell genug reduziert werden. Diese Reduktion ist bis heute nicht ausreichend vollzogen, was wesentlich dazu beigetragen hat, dass das EU ETS bisher nicht wirklich funktioniert. Entscheidend ist darüber hinaus, dass es der EU gelingt, die überschüssigen Zertifikate möglichst schnell aus dem System herauszuholen, weil diese die Preise tief halten.

Man muss sich im Klaren sein, dass die freie Vergabe von Zertifikaten dazu führt, dass die Firmen nur gerade ein Minimum an Anstrengung zur Reduktion ihrer Emissionen unternehmen. Es ist allerdings nachvollziehbar, dass die EU diese freie Vergabe der Zertifikate nach wie vor beibehält, solange das System der Grenzausgleichsmassnahmen (‘Carbon Border Adjustment Mechanism’) nicht greift. Darum ist es zwingend notwendig, dass die EU in diesem Bereich vorwärts macht. Es ist schade, dass dazu im Moment noch nicht alle Details bekannt sind. Die vorhandenen Informationen deuten aber darauf hin, dass es in die richtige Richtung geht –sollte die EU ein solches System einführen, ist davon auszugehen, dass die Schweiz nicht daran teilnehmen kann, solange die Beziehungen zur EU nicht geklärt sind. Dies ist bedauerlich.

Ein stufenweises Einstellen der freien Vergabe würde auch dazu führen, dass ein ETS deutlich einfacher umzusetzen ist. Auch hier liegt der Teufel bei der Umsetzung aber im Detail.

Für die Schweizer Industrie stellen sich damit viele offene Fragen. Grundsätzlich gesehen ist die Schweizer Industrie über den gekoppelten CH ETS mit dem EU ETS bezüglich der Preise verbunden. Die Ziele werden aber nicht automatisch angepasst; dies hätte in der Schweiz im CO2Gesetz gemacht werden müssen, welches in der Volksabstimmung abgelehnt wurde. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die EU Druck zur Zielanpassung ausüben wird, um in der EU gegenüber der Schweiz gleich langen Spiesse sicher zu stellen. Hier muss ein politischer Prozess in der Schweiz folgen. Generell gilt festzuhalten, dass die Frage der detaillierten Umsetzung natürlich noch unter den EU-Ländern abgesprochen werden muss und einige offene Fragen zu klären sind.

Die Erweiterung des EU ETS auf den Gebäude- und Verkehrsbereich beziehungsweise die Schaffung eines ähnlichen Systems ist in den ökonomischen Grundzügen vergleichbar mit der Lenkungsabgabe in der Schweiz – auch die Preise werden vergleichbar sein. Der Unterschied liegt in der Preisfestsetzung. Bei einer Lenkungsabgabe wird der Preis erhöht, wenn Ziele nicht erreicht werden. Bei einem ‘Cap and Trade’-System wird die Obergrenze (‘Cap’) gesetzt und der Preis entsteht durch die Knappheit. Das heisst: die Zielfestsetzung ist genauso verantwortlich für die Preisbildung wie das bei der Lenkungsabgabe Fall ist.

Das europäische Verbot von Verbrenner-Fahrzeugen bis zum Jahr 2035 ist vermutlich eine sinnvolle Massnahme. Ein schweizerisches Forschungsprojekt innerhalb des Nationalen Forschungsprogramms ‘Nachhaltige Wirtschaft’ (NFP 73), weist nach, dass eine Dekarbonisierung des Verkehrs alleine mit Lenkungsabgaben wohl nicht möglich ist, und so spätestens in den frühen dreissiger Jahren ein Verbot von Verbrennungsmotoren bei Neuwagen notwendig wird. Angesichts der zu erwartenden Preissenkungen dürfte dieses Verbot allerdings auch kein wirkliches Problem sein. Im Gegenteil sind die erwarteten Preisreduktionen bei den Kosten von Elektrofahrzeugen so stark, dass Verbrennerfahrzeuge schon vorher nicht mehr konkurrenzfähig sein dürften.

Der Einbezug der Flugzeugtreibstoffe in ein ETS ist ein mutiger Schritt, dessen Umsetzung aber einige Fragen aufwirft. Mit der maximalen Ausdehnung auf innereuropäische Flugbewegungen könnten zusätzliche Flüge über aussereuropäische Umsteigeknoten entstehen. Dies bedarf einer dringenden Abklärung. Es bleibt festzuhalten, dass der Flugverkehr weltweit die am schnellsten wachsende Quelle von Emissionen ist und gleichzeitig bei keiner Quelle die Reduktion der Emissionen so aufwendig und kompliziert ist. Bedauerlicherweise lässt sich hier wohl nur mit einem gewissen Verzicht eine Lösung realisieren, die dem Übereinkommen von Paris entspricht. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob in Sachen Flugzeugtreibstoff nicht eine übereuropäische, globale Lösung notwendig ist. Das aktuell gültige Abkommen welches auf den Namen Corsia hört reicht jedoch bei weitem nicht aus, um den Flugverkehr Paris-kompatibel zu gestalten.

Die Erhöhung der Ziele für erneuerbare Energien begrüssen wir, allerdings mit einer gewissen Zurückhaltung bezüglich der Förderung von Biokraftstoff. Hier muss sichergestellt werden, dass negative Effekte auf die Biodiversität vermieden werden. Entsprechende Richtlinien sind zwar seit 2018 in Kraft, Biodiversität ist aber – neben dem Klimawandel – eine der grössten globalen Herausforderungen. Gleichzeitig ist die Einführung eines Zertifikatssystems für sämtliche nicht fossilen Treibstoffe ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend ist auch, dass dafür ein Handelssystem realisiert wird. Für die Schweiz besonders wichtig: Solche Brenn- und Treibstoffe müssen in den nationalen Treibhausgasbuchhaltungen sauber ein- und ausgebucht werden können.

Berücksichtigt werden muss ausserdem, dass es einen engen Zusammenhang zwischen EU ETS und anderen Massnahmen wie der Förderung von erneuerbaren Energien oder Effizienzvorschriften gibt. Ein Beispiel: Fördert man erneuerbare Energien, reduziert man den Anteil an fossilem Strom, was dazu führen kann, dass die Nachfrage nach Zertifikaten im Stromsektor sinkt und es ein Überangebot im ETS gibt.

Man muss also sicherstellen, dass die vorhandenen Zertifikate des EU ETS in einer sinnvollen Weise reduziert werden. Sonst ist der Effekt der, dass die Förderung der erneuerbaren Energien dazu führt, dass in anderen Bereichen weniger gemacht wird, weil die Preise für die Zertifikate wegen zu grossem Angebot zu tief sind.

Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative: Güterabwägung wichtiger als Landschafts- und Denkmalschutz

Dass zusammenhängende Ökosysteme – insbesondere entlang von Flüssen und Bächen – zu den wichtigsten Biodiversität Hotspots der Schweiz gehören, ist hinlänglich bekannt. Gleichzeitig verspricht der Ausbau der Wasserkraft zusätzliche klimataugliche Stromquellen. Um eine Güterabwägung kommen wir damit nicht herum.

Es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass Kilowattstunden aus Wasserkraft längst nicht mehr die günstigsten Kilowattstunden sind. In den meisten Fällen ist die Stromproduktion mit Solaranlagen auf Dächern günstiger als das Errichten eines neuen Wasserkraftwerks. Und genau wie Solaranlagen produzieren auch Wasserkraftwerke im Sommer wesentlich mehr Strom. Das ist – neben dem wachsenden Strombedarf – einer der Gründe, weshalb zu erwarten ist, dass Produktion und Nachfrage in Zukunft im Winter auseinanderklaffen werden.

Gerade diese Ausgangslage bietet aber auch das Potenzial für einen Lösungsansatz. Wir müssen für jedes einzelne Wasserkraftprojekt eine Güterabwägung vornehmen. Wir müssen die Frage stellen, inwiefern das konkrete Projekt innerhalb des Ökosystems eine vernetzende Funktion aufweist und inwiefern die Produktionsanlage im Winter zur Verfügung steht. Je isolierter ein Standard ist und je besser die Produktionsfähigkeit im Winter ist, umso eher macht es Sinn, ein solches Projekt auch zu realisieren. Einen einzelnen Gebirgsbach zu turbinieren ist aber in diesem Fall weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Ein Stauprojekt wie der Triftsee hingegen kann durchaus seine Berechtigung haben und soll gefördert werden.

Dezidiert anderer Meinung sind wir bezüglich des Landschaftsschutzes und des Denkmalschutzes. Natürlich müssen auch hier die Grundsätze der Verhältnismässigkeit gelten. Auch hier müssen neue Anlagen zu günstigen Preisen Strom produzieren können und vor allem auch die Winterversorgung stärken, um als sinnvoll und förderungswürdig betrachtet zu werden. Gleichzeitig sind wir jedoch überzeugt, dass die Wahrnehmung von Landschaft wandelbar ist und Kulturgüter in veränderten Zeiten immer wieder neu interpretiert werden müssen. Deshalb gilt es in diesen beiden Bereichen Gesetze und Verordnungen so zu entschlacken, dass es möglich wird, Windturbinen und Solaranlagen zu bauen.

Zur detaillierten Stellungnahme zum Gegenvorschlag des Bundesrates zur Biodiversitätinitiative

Laufzeitverlängerung KKW: Kluger Schachzug oder Irrweg?

Auch wenn es gelänge, mit der EU ein Abkommen zur Stromversorgung abzuschliessen, wäre es aufgrund der zunehmenden Stromflüsse und der zu erwartenden Differenz zwischen Angebot und Nachfrage nicht sicher, dass genügend Strom in die Schweiz importiert werden könnte. Die aktuelle Diskussion bestätigt die damalige Erwartung von swisscleantech: Die Schweiz wird kaum darum herum kommen, die Kernkraftwerke so lange zu betreiben, wie sie sicher sind.

Allerdings darf diese Aussage nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz damit ein erhebliches Risiko eingeht. Wie lange die alternden Atomkraftwerke sicher am Netz bleiben können, ist nicht vorausbestimmbar. Auch wenn sehr viel Geld in die Modernisierung der Anlagen gesteckt wird: Die Alterung – insbesondere die Versprödung des Reaktorkessels – kann nicht aufgehalten werden. Wie lange die Reaktoren also im Betrieb sein können, ist weniger eine politische als eine technische Frage. Müssen sie unverhofft vom Netz genommen werden, ergibt sich sofort eine zusätzliche Deckungslücke, die sehr schwer zu schliessen ist.

Vorwärts machen mit erneuerbarer Energie
Die Schweiz tut also gut daran, endlich mit dem Zubau der erneuerbaren Energien vorwärts zu machen. Wir erinnern uns: Das Potenzial der Wasserkraft in der Schweiz ist nahezu ausgequetscht, Windkraftanlagen werden kaum zugebaut und auch in der Solarenergie stockt der Ausbau: Grosse Anlagen ohne Eigenverbrauch können heute kaum finanziert werden. Mindestens so wichtig wie die Diskussion, ob die Kernanlagen länger betrieben werden können, ist daher nun die parlamentarische Initiative Girod, welche den Zubau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie finanzieren soll.

Ein Punkt wird in der Diskussion um den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke leider völlig ignoriert: Es besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den Kernkraftwerken Leibstadt und Gösgen einerseits, und den Altreaktoren in Beznau andererseits. Die erstgenannten sind deutlich sicherer gegenüber Störungen und – falls dennoch eine Störung eintreten sollte – schützen sie die Umwelt durch doppeltes Containment deutlich besser.
Weitsichtig wäre es also, die Kernkraftwerke in Beznau so schnell wie möglich auszuschalten und dies zum Anlass nehmen, mit dem Ausbau von Sonnenenergie und Windkraft vorwärts zu machen. Denn auf die alternden Kernkraftwerke zu setzen ist eine gefährliche Wette.

Artikel in der NZZ am Sonntag vom 4. Juli 2021 zum Thema

Mit sechs mutigen Initiativen aus der Blockade der Klimapolitik

Gleichzeitig – davon ist swisscleantech überzeugt – stellt ein richtiger Umgang mit den Herausforderungen der Klimakrise für unsere Wirtschaft eine Riesenchance dar. Gemeinsam können wir heute die Produkte schaffen, die die klimataugliche Zukunft prägen. Dafür benötigt die Wirtschaft die richtigen Rahmenbedingungen.

Wer einen Schritt zurücktritt, stellt fest: Die Schweizer Klimapolitik braucht mehr Markt. Vor allem braucht es aber auch besser funktionierende Märkte. Die Ablehnung des Gesetzes hatte nichts damit zu tun, dass die Bevölkerung etwas dagegen hätte, den Klimaschutz auch mit Hilfe von Marktmechanismen voranzubringen, sondern damit, dass wir von der Pro-Seite die Funktion der Lenkungsabgaben für den Markt nicht gut genug erklärt und vermittelt haben.

Fallen von Lenkungsabgaben
Das Verursacherprinzip muss auch in Zukunft im Vordergrund stehen, Subventionen sind nicht die richtige Lösung. Subventionen haben dann eine Bedeutung, wenn es darum geht, einen Markt erst zu ermöglichen oder ein vielversprechendes Produkt in den Markt zu bringen. Die Subventionierung von Wohlverhalten muss aber die absolute Ausnahme bleiben. Niemandem würde es in den Sinn kommen, Autofahrer*innen dafür zu bezahlen, dass sie die Tempolimite respektieren oder bei Rotlicht anhalten.

Wir haben aber auch zu wenig gegen verschiedene Marktversagen getan, die dafür sorgen, dass Märkte nicht richtig funktionieren können. swisscleantech nennt sie «Fallen». Wollen wir, dass Lenkungsabgaben wirken, müssen wir die damit verbundenen Marktversagen entschlossen angehen.
Nachfolgend finden sich die aus unserer Sicht wichtigsten Marktversagen in der Klimapolitik, die die Schweiz konkret und kurzfristig angehen kann, ohne den Volkswillen zu verletzen. Damit erhält die Schweizer Klimapolitik neues Momentum.

Die Sanierungsfalle
Viele Eigenheimbesitzer*innen sind bezüglich Emissionen mit Herausforderungen konfrontiert. Kurzfristig lässt sich nur sehr wenig gegen die Emissionen eines Gebäudes tun, und langfristig sind die Hürden hochgelegt, vor allem weil die Finanzierung – der Zugang zu Kapital – schwierig ist. Das gilt es zu ändern. Dann können Gebäude einfacher modernisiert werden.
Diesen Zusammenhang hat swisscleantech schon vor einiger Zeit erkannt und arbeitet deshalb an einem Lösungskonzept. Dieses setzt nicht auf massive Subventionen – das wäre teuer und würde zu grossen Mitnahmeeffekten führen –, sondern auf einen einfacheren Zugang zu Kapital.

Initiative 1: Einen Modernisierungsfonds schaffen
Ein solcher Fonds stellt auf privatwirtschaftlicher Basis günstiges, langfristiges Kapital für energetische Modernisierungsmassnahmen zur Verfügung. Der Staat federt nur das Ausfallrisiko ab (mehr dazu) .

Die Benzinfalle
Das CO2-Gesetz ist vor allem am Widerstand der Autofahrer*innen gescheitert. Für sie ist die Mobilität wichtig. Die Art des dabei benutzten Fahrzeugs ist ebenfalls wichtig – aber deutlich weniger, und viele sind bereit, für bessere Fahrzeuge mehr zu bezahlen. Der Wunsch teure und vor allem durstige Fahrzeuge zu kaufen, ist jedoch in erster Linie das Resultat der Marketingstrategie der Autoverkäufer. Das Dilemma der Fahrzeughalter*innen besteht darin, dass sie, ist das Auto gekauft, kaum mehr reagieren können. Dieser Lock-in – keine Lösung des Problems ohne grosse Investitionen – befeuerte das Nein.

Zwei Massnahmen drängen sich auf. Niemand soll davon abgehalten werden, ein teures Auto zu kaufen, wenn die finanziellen Mittel dazu vorhanden sind. Wir alle haben aber ein Interesse daran, dass dieses Fahrzeug sauber ist. Der Kauf ist der richtige Moment, dafür zu sorgen. Darum benötigen wir einen Anreiz für das Verkaufspersonal: Es soll saubere Fahrzeuge verkaufen.

Initiative 2: Die Flottengrenzwerte einführen
Flottengrenzwerte waren im Gesetz vorgesehen; sie waren unbestritten und sie sind wichtig für die Kunden*innen wie für die Verkäufer*innen, weil sie über Strafzahlungen einen Anreiz schaffen, effiziente Fahrzeuge zu verkaufen.

Es gilt aber auch, sicherzustellen, dass die neuen, effizienten Fahrzeuge ohne Unterbruch betrieben werden können. Ein Elektrofahrzeug, das man nicht laden kann, ist nutzlos – und genau davor fürchten sich die Käufer*innen. Wenn wir wollen, dass der Markt spielt, müssen wir den Konsument*innen im Moment des Kaufs die Sicherheit vermitteln, dass sie das Fahrzeug jederzeit laden können. Es geht nicht um Schnellladeparkplätze. Wir brauchen vor allem eine grosse Dichte von Ladestationen mit tieferer Kapazität – dafür aber in der Breite. Jede Strassenlampe muss zur Ladestation werden.

Initiative 3: Eine Ladestationen-Initiative starten
Drei Massnahmen sind unserer Meinung nach nützlich für eine solche Ladestationen-Initiative:

  • Förderung von dezentralen Ladestationen, beispielsweise an Strassenlaternen, inklusive Parkplatzmanagement
  • Förderprogramm für die Ausrüstung privater Einstellhallen mit Ladestationen, falls die Liegenschaft mit einer PV-Anlage im Eigenverbrauch ausgestattet ist
  • Investitionen in intelligente Lademanagementsysteme innerhalb von Quartieren zur Reduktion der Spitzen.

Dazu wird Geld benötigt. Dieses soll aus dem Steuersubstrat kommen – damit der Markt für effiziente Fahrzeuge auch wirklich spielen kann. Bei langfristiger Finanzierung lassen sich die Kosten jedoch wieder erwirtschaften.

Die Stromfalle
Damit auch in Zukunft genügend Strom zur Verfügung steht und die Schweiz nicht auf Gaskraftwerke ausweichen muss, darf die Stromversorgungspolitik nicht von der Klimapolitik getrennt werden. Auch die oben beschriebenen Initiativen sind auf eine zuverlässige Stromversorgung angewiesen. Der Strommarkt ist heute gesättigt, Strom gibt es genug. Logischerweise investiert niemand in grosse Kraftwerke. Unter den heutigen Bedingungen lohnt es sich nicht. Aber zuwarten heisst den Blackout riskieren – besonders im Winter. Das wollen wir nicht, die Folgen wären verheerend. Deshalb braucht es den Zubau der erneuerbaren Energien in der Schweiz. Die dazu nötigen Anlagen müssen vorfinanziert werden. swisscleantech will jedoch keine Subventionsschlacht, sondern möglichst viel Markt. Darum setzen wir auf Auktionen.

Initiative 4: Radikale, neue Winterauktionen für Stromproduktionsanlagen einführen
Nur die günstigsten erneuerbaren Energien, davon vor allem die Winterproduktion, sollen zusätzlich vergütet werden. Damit sichern wir auch im Winter eine ausreichende Produktion (mehr dazu).

Die Erfinderfalle
Selten schafft es eine wichtige Innovation in den Markt, ohne dass der Staat bei der Finanzierung mithilft. Bei Cleantech ist vor allem der Weg in den Markt eine Herausforderung, weil sich die anfangs teuren Innovationen im Markt gegen bestehende Produkte durchsetzen müssen. Wenn wir wollen, dass die Schweiz ihr volles Innovationspotenzial ausschöpft, müssen wir sicherstellen, dass Start-ups gute Bedingungen vorfinden, um sich in der Schweiz zu etablieren und danach weltweit zu wachsen. Heute ist es anders: Wollen Start-ups weiter wachsen, gehen sie ins Ausland – wie kürzlich das vielversprechende Start-up Synhelion, das Synfuel-Benzin aus Solarenergie herstellen will. Das muss sich ändern!

Initiative 5: Eine Innovationsinitiative starten
Nirgends soll es vorteilhafter sein, zu forschen, zu erfinden und Produkte auf den Markt zu bringen, als in der Schweiz. Wege dazu gibt es – auch mit deutlich weniger Geld, als über den Klimafonds zur Verfügung gestanden hätte (mehr dazu) .

Viel wichtiger ist es aber, dass wir neue Märkte für Innovationen schaffen. Hier spielt die öffentliche Beschaffung eine wichtige Rolle. Engagiert sie sich für nachhaltige Produkte, auch wenn diese in der Anschaffung etwas teurer sind, öffnet sich ein Heimmarkt für Innovationen von 40 Mia. Franken pro Jahr. Das neue Beschaffungsrecht öffnet die Türen zu einem solchen Engagement. Weil die Lebenszykluskosten nachhaltiger Produkte oft tiefer sind, sind solche Beschaffungen für den Staat häufig sogar günstiger.

Die Weltmarktfalle
Wir in der Schweiz können und wollen einen Schritt vorangehen. Mit den fünf vorgestellten Initiativen wollen wir unseren Heimmarkt für die Zukunft fit machen und dafür sorgen, dass unsere Volkswirtschaft mit klimatauglichen Produkten versorgt wird. Dafür müssen die Rahmenbedingungen verändert werden. Sollen gleichzeitig unsere Arbeitsplätze geschützt werden, braucht es gleich lange Spiesse auf dem Weltmarkt. Langfristig optimale Lösungen dafür können kaum auf der Insel Schweiz allein eingeführt werden. Wir haben aber bereits ein herausragendes Programm, das den Firmen hilft, gleichzeitig klimatauglicher zu werden und bezüglich Kosten auf dem Weltmarkt fit zu bleiben.

Initiative 6: Die Verpflichtungslösung beibehalten
Aktuell ist in der Schweiz eine elegante Lösung in Kraft, die Firmen hilft, kostengünstig effizient zu werden. Wer als Firma mit dem Bund eine Verpflichtung zur Emissionsreduktion eingeht, kann von Lenkungsabgaben befreit werden. Dieses Programm ist ausgesprochen erfolgreich und soll so weitergeführt werden, bis bessere Lösungen auf internationaler Ebene verfügbar sind.

Diese sechs Initiativen sind alle umsetzbar und bringen die Schweiz einen Schritt weiter in die richtige Richtung. Die Firmen hinter swisscleantech wollen heute mit der Umsetzung beginnen!

Ein Beitrag aus dem Jahresbericht
Zum Jahresbericht 2021

Whitepaper von Siemens und swisscleantech

Die Dezentralisierung der Energieversorgung ist ein wichtiger Aspekt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Luft. Dies bedeutet, dass eine Vielzahl von Partnern miteinander Energie austauschen, wofür es Grid Edge braucht: eine Schnittstelle zwischen dem Stromnetz, dem Verbraucher und den Technologien, die mit dem Netz verbunden sind. Ein Schlüsselelement ist dabei die Digitalisierung. Sie erhöht die Rentabilität grüner und dezentraler Technologien, schafft mehr Transparenz über den Energieverbrauch von Kunden und ermöglicht neue Geschäftsmodelle und Energiedienstleistungen.

Detailliert erörtert werden im Whitepaper auch die Chancen und Risiken einer dekarbonisierten Zukunft für Unternehmen. Anhand von Fallstudien wird Schritt für Schritt aufgezeigt, wie die Minimierung des CO2-Ausstosses angegangen werden kann. Die Vorteile der Dekarbonisierung für Unternehmen gingen über finanzielle Einsparungen hinaus, schreibt Gerd Scheller, CEO von Siemens Schweiz AG: «Ein besseres Markenimage, Kundenpräferenz gegenüber Wettbewerbern und Attraktivität für Investoren sind einige der Vorteile». Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech sieht das auch so. Er betont, wie wichtig die politischen Rahmenbedingungen sind: «Die Politik muss verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, die den Unternehmen Planungssicherheit erlauben.» Dafür setzt sich swisscleantech ein.

Zum Whitepaper

Analyse und Lehren aus der Abstimmungsniederlage

Dass die Abstimmung zum CO2-Gesetz trotz eines weitgehenden Bekenntnisses der Bevölkerung zu Klimaschutz mit 51.3% NEIN-Stimmen endete, ist für swisscleantech Anlass, sich weiter mit der Abstimmung auseinanderzusetzen.
Was als politisch breit akzeptierte Vorlage des Bundesrates begann, wurde relativ unerwartet zu einer Abstimmung über Weltsichten. Obwohl keine der Parteien den Klimawandel leugneten, prallten drei fundamental unterschiedliche Interpretationen des Umgangs mit der Klimaerwärmung aufeinander.

Die Welt-Sicht
Auf der Seite der Befürworter herrscht eine Welt-Perspektive vor. Sie verstehen die Schweiz als wichtigen Player innerhalb von weltweiten Bemühungen um Klimaschutz. Die Abstimmung in der Schweiz wurde als erste Volksabstimmung über den Klimaschutz überhaupt und als Signal für andere Länder betrachtet. Die Welt soll sehen, dass die Schweiz ihren Beitrag zur Bekämpfung der Klimaerwärmung leisten will und in bescheidenem Masse bereit ist, als Vorreiter zu agieren.

Die Schweiz-Sicht
Das Nein-Lager teilte sich auf in zwei Fraktionen, deren Argumente sich zum Teil überlagerten. Insbesondere die SVP vertrat wie in anderen Politikbereichen eine prononcierte Schweiz-Sicht. In dieser Wahrnehmung ist die Schweiz sehr klein und ein einsamer Vorreiter in einer Welt, die sich kaum um den Klimawandel schert. «Warum sollten wir etwas für das Klima tun, wenn die ganze Welt nichts tut», war ein oft vernommenes Argument. Klimaschutz in der Schweiz erscheint in dieser Perspektive als eine nutzlose Investition gegen eine Katastrophe, die sich nicht abwenden lässt oder die vielleicht auch nicht so schlimm ist, wie das die Wissenschaft behauptet.

Die ordnungspolitische Sicht
In der FDP läuft eine heftige Debatte darüber, ob und wie sich die Schweiz für mehr Klimaschutz engagieren sollte oder nicht. Auch wenn einzelne Vertreter der FDP die Schweiz-Sicht einzunehmen scheinen, entzündet sich die Diskussion innerhalb der FDP eher an der Frage, inwiefern das CO2-Gesetz ein unerlaubter ordnungspolitischer Eingriff des Staates war. Wirtschaftspolitische und staatskritische Kreise in der FDP sind der Meinung, dass Staatseingriffe grundsätzlich schlecht sind und der Markt möglichst frei spielen sollte. Das Festlegen von Preisen für Umweltgüter ist für diese neoliberale Denkschule ein Sündenfall. Für andere, ordnungspolitisch weniger strikt eingestellte Vertreter der FDP sind Preise zur Lenkung zwar akzeptabel, doch sie betrachten es als inakzeptabel, dass Teile der Einnahmen für Teilzweckbindung verwendet werden, deren Verwaltung der Staat übernimmt. Diese Gruppe von Personen bezog ihre Abneigung insbesondere aus der Idee, einen Klimafonds zu schaffen, der durch eine Flugticketabgabe mit jährlichen Einnahmen von rund 1 Mia CHF gespiesen werden sollte und dessen Verwendung nicht besonders präzise formuliert ist.

Im Zentrum der Diskussion stand – wie meist in der Schweiz – die Kostenfrage. Doch was unter Kosten verstanden wurde, war unterschiedlich. Beide Seiten operierten mit Zahlen, die zwar die Ausgaben von Haushalten im Einzelfall richtig darstellten, jedoch für die Allgemeinheit wenig fassbar waren. Die Kosten der Klimaerwärmung für die Schweiz wurden gänzlich ausgeklammert.

Die Kostenfrage
Die Frage «was bedeutet die CO2-Abgabe für mich persönlich» wurde wohl von den meisten nicht umfassend geklärt, obwohl Angebote (beispielsweise der Rechner der jungen Grünliberalen Partei) vorhanden waren. Bei unsicherer Datenlage erhalten Befürchtungen meist zusätzlich Gewicht.
Aus der Kosten-Perspektive heraus ist wohl die überdurchschnittliche Ablehnung des Gesetzes durch die Generation der unter 30-jährigen zu verstehen. Vermutlich gewichteten die Jungen nach einem Jahr Pandemie-bedingter Reiseabstinenz die Flugticketabgabe stark.

Eine Frage der Emotionen
Wichtig für das Verständnis des Abstimmungsresultates ist auch die emotionale Situation der Gesellschaft und die emotionale Ansprache durch die Kampagnen.
Die Prokampagne war von Anfang an mit einem fundamentalen Argumentationsproblem konfrontiert: Aus der Schweiz-Perspektive ist die Argumentation «Klimaschutz ist teuer – die Schweiz ist klein – niemand tut etwas – deshalb sind die Kosten unnütz» absolut stringent.
Aus der Sicht der Weltperspektive ist Klimaschutz in der Schweiz ein Beitrag zur Lösung der Klimakrise und erhöht so die Chance auf erfolgreichen Klimaschutz. Dieses Argument hat jedoch aus der Schweiz-Perspektive keine Bedeutung.

Die zweite Möglichkeit der Prokampagne war es, nachzuweisen, dass Klimaschutz insgesamt wirtschaftlich ist. Diese Aussage machte das Pro-Lager zwar zum Claim, doch dieser konnte nur über sehr umfangreiche Zahlenschlachten mit vielen Annahmen bewiesen werden. Die Gegner argumentierten hingegen sehr plakativ mit zum Teil falschen Kostenargumenten. Es bestand also ein Ungleichgewicht der Emotionalität.

Konfrontiert mit unbelegten Zahlen von beiden Seiten, besteht die Gefahr, dass die Verlustangst bei vielen Stimmbürgern ein grösseres Gewicht erhält als die Versprechungen einer lichten Zukunft. Erschwert wurde diese Situation zusätzlich, indem kurzfristige, zum Teil scheinbare Kosten den langfristigen Kosten des Klimawandels gegenübergestellt wurden. Menschen tendieren in solchen Situationen dazu, die langfristigen Kosten als deutlich weniger bedeutend einzustufen, als die kurzfristigen Kosten (Man spricht von einer Diskontierung).

Ebenfalls nicht geholfen hat der Abstimmung, dass das Gesetzespaket sehr umfangreich und fein austariert war.  Man konnte es nur als Kompromiss verkaufen. Kompromisse jedoch sind für Emotionalisierung selten geeignet.
Aufgrund dieser Situation war es für die Gegner einfach, zu emotionalisieren, während die Prokampagne die Emotionalisierung über abstrakte Bilder zu erreichen versuchte – was freilich nicht gelingen kann. Andere Bilder zu finden, ist zugegebenermassen nicht einfach. Drastische Bilder von beispielsweise Waldbränden hätten vielleicht mobilisiert, aber auch die skeptische Mitte eher ins Nein Lager getrieben.

Diese Ausgangslage des Abstimmungskampfes wurde in den Anfangsphasen der Kampagne möglicherweise zu wenig analysiert und besprochen. Generell ging die Kampagnenleitung davon aus, dass man eine Behördenvorlage mit einer unaufgeregten Kampagne verteidigen sollte. Deshalb wurde auf wenig emotionalisierende Sujets gesetzt und versucht, die emotionale Spannung zu reduzieren. Diese Rechnung ging nicht auf.

Schlechtes Timing
Erschwerend war für die Kampagne ausserdem das schlechte Timing der Abstimmung. Verschiedene Aspekte führten dazu, dass die Mobilisierung bei den Gegner*innen deutlich besser lief als bei den Befürworter*innen. Durch die Coronakrise wurde sehr viel klimapolitische Dynamik im Keim erstickt. Die Herausforderung der Pandemie für die Wirtschaft und die Unsicherheiten vieler Menschen in Bezug auf ihre finanzielle Lage zogen die Aufmerksamkeit von der Klimapolitik ab und liessen kurzfristige zusätzliche Kosten als Bedrohung erscheinen. Dass der Frühling ausgesprochen feucht und kalt ausfiel, half der Vorlage ebenfalls nicht. Es ist verständlich, dass viele Menschen die Bedrohung einer Klimakrise bei kaltem und nassem Wetter weniger wahrnehmen, als bei heissem und trockenen Wetter.

Es war ein Fehler, drei umweltnahe Abstimmungen auf das gleiche Datum zu legen. Die Dynamik, die sich einstellte, drehte sich gegen das CO2-Gesetz. Da das Hauptargument gegen die beiden Landwirtschaftsinitiativen ebenfalls die Kosten waren und die Bauern sehr stark gegen die beiden Initiativen mobilisierten, riss das Nein zu den Initiativen das CO2-Gesetz mit. Es ist nachvollziehbar, dreimal für tiefe Kosten zu stimmen. Zwischen den drei Abstimmungsvorlagen zu unterscheiden, brauchte einiges an Wille und Fähigkeit zur politischen Differenziertheit.

Die Lehren für kommende Abstimmungen
Das CO2-Gesetz teilt das Schicksal anderer grossen Behördenvorlagen. Grosse Würfe wie beispielsweise die AHV- und Rentenreform kommen seit Jahren nicht vom Fleck. Man muss daher die Frage stellen, inwiefern grosse politische Würfe überhaupt mehrheitsfähig sind. Gerade bei Herausforderungen, bei denen die Zeit drängt, muss überlegt werden, ob es sinnvoll ist, ein grosses Paket zu schnüren, das viele Partialfeinde haben kann.

Effektiv haben wir mit dem bestehenden CO2-Gesetz eine relativ verlässliche Grundlage, die man auch schrittweise hätte modifizieren können. Für die kommende Entwicklung der Schweizer Klimapolitik scheint dies ein sinnvoller Weg zu sein.

Es zeichnen sich jedoch bereits neue grosse Abstimmungen am Horizont ab: In voraussichtlich zwei Jahren wird über die Gletscherinitiative abgestimmt. Deshalb lohnt es sich, zwei Lehren aus der verlorenen Abstimmung zu ziehen:

  1. Die Kostendiskussion ist unvermeidbar, weil die Gegner sie auf jeden Fall führen wollen. Erfolgversprechend kann es sein, das Kostenargument proaktiv zu klären, so dass man während der Kampagne einen verlässlichen Referenzpunkt hat. Beispielsweise wäre es sinnvoll gewesen, vertrauenswürdige Studien zu den Kosten bereits in der Vorphase der Kampagne zu veröffentlichen. Bei gegebenen Ressourcen wäre dies durchaus möglich gewesen.
  2. Idealerweise wird darauf verzichtet, mehrere Kampagnen zu starten oder es wird bewusst darauf geachtet, dass die Kampagnen besser aufeinander abgestimmt sind. Sehr frühzeitig muss mit Fokusgruppen und Analysen untersucht werden, welche Argumente die Stimmbevölkerung für den Klimaschutz motivieren. Auch hier wurde in der vergangenen Kampagne vom Lager der Befürworter zu wenig investiert.

Klimaziele erreichen – jetzt erst recht

«Die Schweiz verpasst eine Chance. Das Gesetz hätte für die Umsetzung einen passenden Gesetzesrahmen zur Verfügung gestellt. Dieser fehlt nun. Ganz offensichtlich ist es der breiten Wirtschaftsallianz nicht gelungen der Bevölkerung zu erklären, wie wichtig das CO2-Gesetz im Kampf gegen die Klimakrise wäre», sagt Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech. «Zurück auf Feld 1 geht es darum, herauszufinden, welche Massnahmen mehrheitsfähig sind. Dann müssen wir diese beschleunigt umsetzen. Unser Slogan ist Wirtschaft klimatauglich – dafür engagieren wir uns auch weiterhin.»

 Die zu erwartenden volkswirtschaftlichen Kosten der Schäden durch die Klimaerwärmung lassen es nicht zu, weiter abzuwarten, ist swisscleantech Co-Präsident Fabian Etter überzeugt. Eine profitable Wirtschaft ist auf eine intakte Umwelt angewiesen. Ausserdem verpasst die Schweiz eine immense wirtschaftliche Chance: Investitionen in innovative Technologien für den Klimaschutz würden die Wertschöpfung in der Schweiz erhöhen und zu neuen Arbeitsplätzen führen.

Freiwilligkeit ist eine Illusion
Auch wenn sich immer mehr Unternehmen für den Klimaschutz engagieren, ist es eine Illusion, dass das Ziel einer klimaneutralen Schweiz bis 2050 allein mit freiwilligen Massnahmen erreicht werden kann. «Die Unternehmen erwarten von der Politik klare Rahmenbedingungen im Bereich Klimaschutz. Für sie ist Planungssicherheit zentral. Deshalb ist nun wichtig, möglichst schnell eine neue Vorlage zu erarbeiten», so Fabian Etter.

Die Abstimmung war erst der Anfang
Mit der Ablehnung des CO2-Gesetzes beginnt der Prozess der Gesetzesausarbeitung erneut. swisscleantech setzt sich dafür ein, dass mehrheitsfähige, klima- und wirtschaftsfreundliche Lösungen entwickelt werden – für die Gebäude genauso wie für den Verkehr und den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das Abstimmungsresultat bestätigt, dass die Sensibilisierung von Wirtschaft und Bevölkerung für den Klimaschutz ein wichtiges Ziel bleiben muss.

Mobility Pricing: Pilotprojekte sollen Ergebnisse liefern

Der Bundesrat hat ein Gesetz für Pilotprojekte zu Mobility Pricing in die Vernehmlassung gegeben. Damit sollen diese rechtlich ermöglicht und finanziell unterstützt werden. Projektträger sind die Kantone und Gemeinden oder interessierte Organisationen.

swisscleantech beurteilt die Gesetzesvorlage als grundsätzlich positiv. Mobility Pricing ist ein wichtiges Lenkungsinstrument, um ein nachhaltiges Verkehrsmanagement zu ermöglichen, die Umweltbelastung in entscheidendem Masse zu reduzieren und die Verkehrsfinanzierung nach dem Verursacherprinzip zu gestalten. Mobility Pricing in Pilotprojekten umzusetzen und die Ergebnisse anschliessend zu analysieren, ist ein sinnvolles Mittel zur langfristigen und wirksamen Nutzung eines solchen Instruments.

Jedoch ist das Gesetz nur ein erster Schritt Richtung zeitgemässer Mobilität – und dessen Erfolg in der Umsetzung hängt letztlich von der Konzeption und Auswahl der eingereichten Pilotprojekte ab. Hier muss sichergestellt werden, dass das angewendete Mobility Pricing hin zu einer effizienten, sozial verträglichen und klimafreundlichen Lösung wirkt – und kein simples Road Pricing Modell darstellt.

Die Idee des Mobility Pricings sollte somit im Sinne des Verursacherprinzips alle Verkehrsteilnehmer*innen umfassen. Dafür braucht es einerseits eine möglichst umfassende Berücksichtigung der Raumwirkung der Verkehrsträger in der Kostenrechnung und andererseits eine Lebenszyklusanalyse des Umsetzungsraums. Ein Anliegen, für das sich swisscleantech einsetzt.