Neuer Weg zur Förderung erneuerbarer Stromproduktion

Ausgangslage

Die Versorgungssicherheit im Winter beschäftigt Stromproduzent*innen wie auch -konsument*innen. Mit dem aktuellen, zu langsamen Ausbau der Schweizer Stromproduktionsanlagen wird die Stromnachfrage das Angebot im Winterhalbjahr um bis zu 20 Terawattstunden übersteigen. Diese Grössenordnung kann weder durch Importe gedeckt werden, noch kann sie durch Einsparungen ausreichend reduziert werden. Ganz anders ist die Stromversorgungssituation im Sommer einzuschätzen: Die Wasserkraft liefert zwei Drittel ihrer Jahresleistung im Sommer und auch die Solarenergie erreicht naturgemäss in dieser Jahreszeit ihre Spitzenwerte – es ist mit einem Überangebot an Strom im Sommer zu rechnen.

Aktuell verfügt die Schweiz über ein funktionierendes Fördererregime für kleine Solaranlagen auf Dächern. Dieses Förderprogramm ist sinnvoll und soll weitergeführt werden, weil es dezentral Strom zur Verfügung stellt. Ergänzt wird es seit Herbst 2021 um ein zeitlich beschränktes Förderprogramm, das technologiespezifisch und wenig liberal ausgestaltet ist.

Ein fairer, marktnaher und technologieoffener Lösungsvorschlag

swisscleantech ist überzeugt, dass es ein langfristiges und verlässliches, möglichst technologieoffenes Anreizprogramm braucht. Für die Akzeptanz eines Förderprogramms wichtig ist, dass es sich an den Bedürfnissen der Kund*innen wie auch der Produzent*innen orientiert. Deshalb ist die Förderung so auszurichten, dass die Winterstromproduktion direkt gefördert wird. Für ihre Sommerproduktion sollen die Produzent*innen direkt auf dem Markt entschädigt werden.

Auf dieser Basis hat swisscleantech ein Auktionsmodell erarbeitet, welches besonders die Winterstromproduktion fördert und gleichzeitig eine technologieunabhängige Vergabe von Fördergeldern ermöglicht. Auktionen sind ein gängiges und etabliertes Modell zur Vergabe von Fördermitteln für Produktionsanlagen von erneuerbarem Strom. swisscleantech schlägt zwei einfache Anpassungen vor, die es erlauben, die aktuell gut eingeführten Einfachvergütungen weiterzuführen und sicher zu stellen, dass vor allem die Produktion im Winter entschädigt wird.

Ablauf der Winterstromauktion

Die Auktion erfolgt in vier Schritten:

1. Vorbereitung durch Stromproduzent*in
Jede Betreiber*in erarbeitet ein Businessmodel für eine geplante Stromproduktionsanlage. In dieses Businessmodel werden die Erwartungen bezüglich des Strompreises, der auf dem Markt erzielt werden kann, miteingerechnet. Schliesst das Businessmodel mit einem Gewinn ab, besteht die Bereitschaft, zu investieren, ohne auf eine Förderung zurückzugreifen. Zeigt das Businessmodel am Ende der Lebensdauer der Anlage nicht amortisierbare Investitionen, so wird die Investor*in (zunächst) darauf verzichten, zu investieren, da mit einem Verlust gerechnet werden muss.

2. Beantragung eines staatlichen Investitionsbeitrags durch Investor*in
Bis hier unterscheidet sich das Vorgehen nicht von einer normalen Auktion. Statt diese Berechnung nun direkt auf die Produktion umzulegen und einen Produktionsbeitrag pro Kilowattstunde zu beantragen, soll die Investor*in einen Investitionsbeitrag in der Höhe dieser nicht amortisierbaren Investitionen beim Staat beantragen.

3. Erwartete Winterstromproduktion
In einem dritten Schritt bestimmt die Investor*in die Menge der Produktion, welche die Anlagen im Winter voraussichtlich erbringen wird. Diese erwartete Produktion wird über die Lebensdauer der Anlage hochgerechnet.

4. Die eigentliche Auktion
In einem vierten Schritt wird der benötigte Investitionsbeitrag durch die zu erwartete Produktion dividiert. Es errechnet sich ein Preis für die zusätzliche Winterstromproduktion. Dieser Wert ist über verschiedene Anlagen hinweg direkt vergleichbar – auch wenn sie unterschiedliche Technologien nutzen. Die Angebote der Investor*innen können nun nach aufsteigenden Preisen aufgereiht werden. Alle Angebote, die einen tieferen Preis als das letzte noch akzeptierte Angebot einfordern, erhalten einen Zuschlag. Den Investor*innen wird anschliessend ein einmaliger Investitionsbeitrag in der beantragten Höhe ausbezahlt.

Vorteile der Winterstromauktion

Technologieübergreifende Auktion und Vergleichbarkeit
Solaranlagen können beispielsweise mit Wind- oder Wasserkraft direkt verglichen und auktioniert werden.

Wirtschaftliche Anreize für Betreiber*innen
Betreiber*innen tragen zwar das Risiko, haben aber auch die Möglichkeit, Gewinn zu erwirtschaften.

Minimale Abhängigkeiten zwischen Staat und Investor*in
Die beantragten Investitionsbeiträge orientieren sich an der gesamten Lebensdauer und werden so einmalig ausbezahlt – es werden keine langfristigen Verträge zwischen Investor*in und Staat benötigt.

Bild 1: Schematische Darstellung der Winterauktion
Die Betreiber*in erstellt das Businessmodell. Daraus ergibt sich die Rentabilität. Ist die Rentabilität nicht gegeben, wird ein Investitionsbeitrag beantragt. Für die Auktion wird dieser mit der Winterproduktion über die Lebensdauer in Beziehung gebracht.

 

Ein Beitrag aus dem Jahresbericht
Zum Jahresbericht 2021

Neue Wege im heissen Klimaherbst

Uns allen war mit dem Nein zum CO2-Gesetz am 13. Juni wohl bewusst: Diese wichtige Abstimmung ist verloren, und doch müssen wir der Klimakrise mit neuen Kräften und Lösungen begegnen. Die Gründe für das Nein in der Abstimmung sind vielfältig. Einerseits stösst die Funktion von Lenkungsabgaben nach wie vor auf Unverständnis und die Furcht vor steigenden Kosten durch klimapolitische Massnahmen ist weiterhin ebenso gross wie unbegründet. Die Bruchlinie zwischen den Nein- und Ja-Stimmenden ist aber auch auf unterschiedliche Weltanschauungen zurückzuführen: Das Ja-Lager erachtet den Klimaschutz als weltweite und wachsende Bewegung, die der Schweizer Wirtschaft auch oder vor allem Chancen bietet. Das Nein-Lager stuft die Schweiz als unbedeutende, isolierte Klimaschutz-Vorreiterin ein und betont alarmistisch mögliche wirtschaftliche Schäden.

Es gilt jetzt unter diesen Vorzeichen herauszufinden, welche Möglichkeiten für eine wirkungsvolle Klimapolitik bestehen bleiben und welche neuen Wege einzuschlagen sind. Wir müssen aber auch die Mehrheit der Bevölkerung schlüssig überzeugen, dass Klimaschutz eine Notwendigkeit und Chance zugleich darstellt – unsere Kampagne CEO4Climate soll hier eine wichtige Rolle spielen. Doch auch die Klimapolitik muss sich weiterentwickeln. Dabei müssen die Lehren aus dem Nein vom 13. Juni miteinbezogen werden. Eine vollständige Neuauflage des abgelehnten Gesetzes ist  nicht zweckdienlich. Es bleibt aber eine Vielzahl von möglichen Massnahmen, weshalb swisscleantech schon kurz nach der Abstimmung sechs Initiativen zur Weiterentwicklung der Schweizer Klimapolitik veröffentlichte.

in der Herbstsession ein umfangreiches Anreizprogramm zur Förderung erneuerbarer Energien beschlossen. Damit zahlt sich unser jahrelanges Engagement für klimataugliche Energiequellen aus. Dieses Engagement ist aber bei Weitem noch nicht abgeschlossen: Der Bedarf an erneuerbarer Energie wird stetig steigen, wenn wir das Pariser Klimaabkommen erfüllen wollen und die Stromversorgung im Winter wird mit dem Wegfall der Kernkraftwerke  zu einer echten Herausforderung. swisscleantech spinnt daher den Faden weiter und setzt sich für ein technologieneutrales und wirtschaftsfreundliches Auktionsmodell zur Finanzierung von erneuerbaren Energieanlagen ein, das den Fokus auf die Winterstromproduktion legt.

Auch unser Projekt zur Finanzierung von Gebäudemodernisierungen macht gute Fortschritte und zieht immer mehr Interesse auf sich. Mittlerweile beteiligen sich mehrere Hochschulen, Kantone, Gemeinden, Verbände und Finanzierungsinstitute mit dem gemeinsamen Ziel:  Hauseigentümer*innen langfristige, günstige und staatlich abgesicherte Darlehen für energetische Modernisierungen zur Verfügung zu stellen.  Wir arbeiten weiter darauf hin, um hoffentlich bereits im nächsten Jahr die dazu notwendigen politischen Rahmenbedingungen zu verabschieden.

Ausserdem haben wir uns stark dafür eingesetzt, dass die Beratungsleistungen für die Wirtschaft durch die Cleantech Agentur Schweiz (act) und durch die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) weitergeführt werden können. Die dazu notwendigen gesetzlichen Grundlagen sind schon fast unter Dach und Fach. Wir sind zuversichtlich, dass die Befreiung der Lenkungsabgabe für Unternehmen im Emissionsreduktionsprogramm über das Jahr 2022 hinaus fortgeführt wird.

Aktuell beschäftigt uns die heftig diskutierte, mögliche Strom-Mangellage. Natürlich ist es so, dass die erneuerbaren Energien die Stromversorgung vor neue Herausforderungen stellen. Wir sind aber überzeugt, dass wir diese mit geeigneten Massnahmen adressieren können. Denn: Die Option, weiter auf fossile Energien zu setzen, besteht nicht und auch ein Revival der Nuklearenergie halten wir für wenig zielführend. Mit acht Massnahmen – vom Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung bis zum Demand Side Management – wollen wir diese Herausforderung angehen.

Auch in der Klimapolitik geht es jetzt in hohem Takt weiter. In den nächsten zwei Jahren soll die Gletscherinitiative zur Abstimmung kommen. Diese fordert Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 und den Ausstieg aus den fossilen Energien. Der Bundesrat veröffentlichte im September einen entsprechenden Gegenvorschlag, die parlamentarischen Beratungen haben begonnen. Wir diskutieren natürlich weiterhin engagiert mit!

Wir suchen: Praktikant*in Politik 80 – 100%

Als Wirtschaftsverband vereinen wir klimabewusste Unternehmen. Gemeinsam mit unseren über 500 Mitgliedern bewegen wir Politik und Gesellschaft für eine CO2-neutrale Schweiz. Wir sind Themenführer in Energie- und Klimapolitik und zeigen Lösungen für eine klimataugliche Wirtschaft auf. In den acht Monaten hast du die Gelegenheit, die schweizerische Klimapolitik in der Praxis kennen zu lernen und dich mit verschiedenen Dossiers von der Energiepolitik über die Klimapolitik bis zur Kreislaufwirtschaft auseinanderzusetzen.

Während des Praktikums wirst du

  • Stellungnahmen und Newsletter vorbereiten und finalisieren
  • Anlässe für Politiker*innen und andere Stakeholder organisieren
  • Stakeholder Treffen organisieren und daran teilnehmen
  • Positionspapiere draften
  • … und die Details der Lobbyarbeit kennen lernen.

Wir erwarten folgendes: Du

  • verfügst über ein abgeschlossenes oder weit fort geschrittenes Studium im Bereich Politikwissenschaft mit einer Vertiefung in Umweltpolitik (oder vergleichbare Ausbildung)
  • bist kommunikativ und es fällt dir leicht mit anderen Leuten Kontakt zu knüpfen
  • bist gewohnt sehr eigenständig zu arbeiten
  • bist bereit zu vollem Engagement für eine begeisternde Sache
  • hast allenfalls bereits Erfahrung in Politik auf lokaler Ebene oder in Jugendparlamenten

Wir bieten

  • eine spannende, eigenständige, verantwortungsvolle Praktikumsstelle
  • die Möglichkeit, sich für die klimataugliche Wirtschaft einzusetzen
  • vielfältige Einblicke in die Wirtschaft und in die Klimapolitik der Schweiz

Bewirb dich bis zum 30.11.2021 mit vollständigem Lebenslauf und Motivationsschreiben an bewerbung@swisscleantech.ch.  

Nach dem Klimagipfel: Mangel an internationaler Solidarität und nationalem Engagement

Desaströs ist nicht die Konferenz von Glasgow, es ist die Klimapolitik der teilnehmenden Länder, die nicht genügt. Die Organisation Climate Action Tracker weist nach, dass kaum eine Nation auf der ganzen Welt über eine Klimapolitik verfügt, die mit dem Pariser Klimaabkommen im Einklang steht. Auch die Schweiz steht nicht besser da: Mit dem Nein zum CO2-Gesetz gehört sie vielmehr zu den wenigen Ländern, die keine verbindlichen Pläne zur Erreichung ihrer klimapolitischen Ziele vorweisen können.

Die Vorwürfe an China und Indien sind aus zwei Gründen scheinheilig: Erstens ist auch der Wohlstand von uns Industriestaaten wesentlich auf fossile Rohstoffe zurückzuführen – eine schwache Position, um mit dem Finger auf andere zu zeigen, die noch weit unter diesem Wohlstandsniveau liegen.

Zweitens verursachen wir mit unserem nationalen Konsum auch die Emissionen von China und Indien mit. Tatsächlich verursacht unser Konsum in den Ländern, in welchen unsere Güter hergestellt werden, etwa doppelt so viele Emissionen, wie wir in der Schweiz verursachen. Dass wir uns gleichzeitig dafür einsetzen, den Handel mit Klimazertifikaten voranzutreiben, um in der Schweiz weniger Emissionen reduzieren zu müssen, grenzt damit an Heuchelei.

Natürlich muss man der Schweiz zugutehalten, dass sie sich sehr stark dafür engagiert, dass dieser Handel zumindest nach transparenten Regeln erfolgt. Trotzdem ist das Ziel, einen erheblichen Teil der Schweizer Emissionen im Ausland zu kompensieren nur der Ausdruck davon, dass das Ausmass der Klimakrise in der Schweizer Bevölkerung immer noch zu wenig bewusst ist. Wie soll die offizielle Schweiz an den Verhandlungen eine ambitioniertere Position einnehmen, wenn ihr zu Hause die Rückendeckung des Stimmvolks fehlt? Damit ist die Schweizer Positionierung gar nicht so anders als diejenige von China, Indien, Russland oder Saudi-Arabien. Sie alle wissen: Eine ambitionierte Klimapolitik ist kurzfristig ein Klimmzug, den sie nicht leisten wollen. Dabei verlieren sie aus den Augen, dass der langfristige wirtschaftliche Gewinn gross und der Weg in eine klimataugliche Zukunft ohne Alternative ist.

Unter dem Strich bestätigt die Klimakonferenz in Glasgow vor allem eines: Die oft eingeforderte weltweite Solidarisierung fehlt bis heute – obwohl wir wissen, dass alle im gleichen Boot sitzen. Für die Bewältigung der Klimakrise bleiben damit vor allem zwei Mittel: Ambitionierte CO2-Reduktionen im eigenen Land und der Ausbau der globalen Kooperation. So ist zumindest die gemeinsame Erklärung von China und den USA zu mehr Zusammenarbeit im Klimaschutz ein Lichtblick.

Zum Klimagipfel der UNO: Nationales Engagement statt internationaler Ernüchterung

Wer Gelegenheit hatte, Teil dieser Verhandlungen zu sein, wird die Erwartungen zwangsläufig tiefer ansetzen. 2016 und 2017 hatte ich das Privileg als, Vertreter der Schweizer Wirtschaft an den Klimaverhandlungen von Marrakech und Köln teilzunehmen. Als Teil der Schweizer Delegation durfte ich so direkt Teil der Verhandlungen sein und aktiv mitgestalten. Meine Erinnerung daran: Es ist unheimlich aufwendig, in solchen Verhandlungen Fortschritte zu erzielen. Dies ist nicht weiter erstaunlich: Als das Pariser Klimaabkommen 2015 verabschiedet wurde, einigte man sich auf eine relativ grobe Struktur. Heikle Punkte – wie beispielsweise die Transparenz und Verbindlichkeit der Landesziele – wurden nur sehr summarisch festgehalten und zum Teil auch vollständig den nachfolgenden Verhandlungen überlassen. Dieses Vorgehen mag von aussen betrachtet problematisch erscheinen. Es war jedoch die einzige Möglichkeit, im Rahmen der Verhandlungen ein tragfähiges Resultat zu erreichen.

In den nachfolgenden Verhandlungen wurde versucht, dem Pariser Klimaabkommen mittels dem «Paris Rulebook» eine verbindliche Struktur zu verleihen. Eine grosse Herausforderung, weil  die Interessen der Länder zum Teil stark auseinandergehen. Kulturelle, politische und juristische Unterschiede und unterschiedlich gelagerte wirtschaftliche Interessen sind in Einklang zu bringen. So standen an den beiden Verhandlungen, an denen ich teilnehmen durfte, einzelne Sätze zur Diskussion, die bis zum detaillierten Wortlaut verhandelt wurden. In dem Verhandlungsstrang, den ich betreuen durfte, ging es darum, einen Abschnitt von rund zehn Zeilen zu bereinigen. Mir bleibt der Eindruck, dass wir in diesen zwei Wochen kaum Fortschritte erzielten – trotz der Kürze dieses Abschnitts. Aber diese zehn Zeilen hatten es in sich: Es ging darum, wer welche Verantwortlichkeiten im Reporting der Emissionsreduktionen innehaben sollte. Meine Ernüchterung war gross, gleichzeitig wurde mir aber auch klar, warum es so schwierig ist, dass sich die Länder auf einen international bindenden Vertrag einigen. Seither scheint es mir, dass die Verhandlungen nicht wirklich vom Fleck gekommen sind. Zwar wurde das Paris Rulebook an den Verhandlungen von Katowice 2018 verabschiedet, einzelne Details bleiben aber bis heute ungeklärt.

Nichtsdestotrotz bleiben internationale Klimaverhandlungen notwendig und wichtig, wir müssen uns aber im Klaren sein, dass letztlich die nationale Klimapolitik der jeweiligen Länder die Geschwindigkeit in der Umsetzung bestimmt. Nicht zuletzt, weil die beschlossenen Massnahmen gegen die Klimakrise letzten Endes stark auf der Freiwilligkeit der Länder basieren – nur unter dieser Vorbedingung können die Verhandlungen überhaupt zum Abschluss kommen. Aufgrund der Souveränität der einzelnen Länder ist es sehr schwierig, verbindlichere Massnahmen durchzusetzen – das gilt insbesondere für diejenigen Nationen, die sich bisher gegen sämtliche Klimaschutzverpflichtungen sträubten.

Die Verantwortung für einen griffigen Klimaschutz bleibt deshalb auf nationalen Schultern verteilt. Und die Vorbildfunktion der industrialisierten Länder darf nicht unterschätzt werden. Sie sind es, die in der Vergangenheit für den grössten Teil der Emissionen verantwortlich sind und sie haben die Aufgabe und auch die Möglichkeiten, gemeinsam den Weg für die anderen Länder aufzuzeigen.

Was wir heute aus ökonomischer Sicht wissen: Massnahmen gegen die Klimakrise können ein starker wirtschaftlicher Motor sein – unter der Voraussetzung, dass die Wirtschaft die richtigen Rahmenbedingungen hat. Dafür müssen sich Akteure in der Schweiz wie im Ausland aktiv einsetzen. Und deshalb ist auch der Aufruf der Wirtschaft letztlich wegweisend. Aber es reicht nicht, auf dem internationaler Ebene Forderungen zu stellen. Die Wirtschaft muss sich in die nationale Klimapolitik einbringen und klare klimataugliche Rahmenbedingungen fordern.

Wollen Sie sich für die Schweizer Klimapolitik engagieren? Werden Sie Mitglied von swisscleantech und unterzeichnen Sie CEO4climate und demonstrieren damit ihr Engagement für eine Paris-kompatible Schweizer Klimapolitik.

Acht Massnahmen für eine zukunftssichere Schweizer Stromversorgung

1.

Stromeffizienz steigern

Wer die Stromversorgungslage verbessern will, muss in erster Linie die Stromeffizienz fördern – das ist die unbestritten effektivste Massnahme. Weil die Versorgung im Winter besonders kritisch ist, muss vor allem auch dafür gesorgt werden, dass Widerstandsheizungen mit Strom möglichst schnell durch erneuerbare Heizungen ersetzt werden.  

2.

Ausbau der erneuerbaren Energie beschleunigen

Sämtliche nicht-erneuerbaren Energietechnologien sind vom Ausland abhängig und mit erheblichen Umweltrisiken verbunden. Eine Diversifizierung der Energieversorgung ist notwendig, die den Schwerpunkt auf die erneuerbaren Energien legt und diese flexibel ergänzt. Die Herausforderung liegt in der Übergangszeit, während der das Angebot an erneuerbaren Energien noch knapp ist. Gerade deswegen muss der Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt vorangetrieben werden. Nur so gelingt es, die Schweizer Energieversorgung langfristig sicherzustellen.

Effiziente Fördermechanismen mit Schwerpunkt auf der Winterstromversorgung und beschleunigte Bewilligungsverfahren sind zwingende Voraussetzungen für eine klimataugliche und verlässliche Stromversorgung. Dies gilt insbesondere für die Windenergie, aber auch für Wasserkraftprojekte mit grossem Potential.

3.

Kernkraftwerke Gösgen und Leibstadt so lange am Netz behalten, wie sie sicher sind

Die Kernkraftwerke in Gösgen und Leibstadt verfügen über ein Doppelcontainment und damit über das wichtigste passive System für einen langfristig sicheren Betrieb. Sollten sich Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit aufdrängen, sind diese von den Betreibern einzufordern. Eine finanzielle Unterstützung vom Staat kann in der Form einer Versicherung für nicht amortisierte Investitionen angeboten werden. Dafür ist eine geeignete Prämie einzuziehen. Eine solche Versicherung würde Restkosten übernehmen, die entstehen, wenn die Anlage aus anderen Sicherheitsbedenken vor geplanter Abschreibung ausser Betrieb genommen werden müsste.

4.

Paralleles Backup-System aufbauen: Dezentrale Wärme-Kraft-Kopplung als Lösung

Es ist absehbar, dass die Kernkraftwerke spätestens Ende der 40er Jahre vom Netz genommen werden müssen. swisscleantech geht davon aus, dass bis dahin das Angebot an erneuerbaren Energien zwar gross, aber noch nicht ausreichend sein wird, um diese Lücke zu schliessen. Als Backup-Lösung empfiehlt sich der Bau von dezentralen Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) genauer zu studieren. Entsprechende Überlegungen hat Powerloop kürzlich veröffentlicht. Auch swisscleantech hat dieser Technologie in der Energiestrategie von 2014 eine grössere Bedeutung zugemessen. WKK erzeugen neben Strom auch Abwärme, die zum Heizen genutzt werden kann. Es bietet sich deshalb an, diese Anlagen in der Nähe von Fernwärmenetzen zu realisieren. Ob dann noch Gaskraftwerke notwendig sind, wird sich weisen. Sicher ist: Der Widerstand gegen dezentrale Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen wird deutlich geringer sein als gegen ein reines Gaskraftwerk.

Zum Schutz des Klimas muss der CO2-Ausstoss dieser Anlagen kompensiert oder mit einer CO2-Abgabe belegt werden. Das wird den Preis erhöhen und dazu führen, dass die Anlagen wirklich nur dann laufen, wenn der Strom nicht anderweitig produziert werden kann. Wegen der dadurch kurzen Laufzeiten pro Jahr müssen die Kapitalkosten der Anlagen über einen separaten Mechanismus aufgebracht werden.

Parallel gilt es, sicherzustellen, dass möglichst viel Biogas und später synthetisches Gas für diese Anlagen zur Verfügung steht – so können die CO2-Emissionen reduziert werden. Daher sollten Biogasanlagen in dieses Gasnetz einspeisen. Ausserdem gilt es, einen grenzüberschreitenden Zertifikatehandel für erneuerbares Gas zu etablieren.

Da wir nicht wissen, wie lange die Kernkraftwerke mit ausreichender Sicherheit am Netz bleiben können, lohnt es sich, frühzeitig einen Teil dieser Infrastruktur aufzubauen. Ebenfalls macht es Sinn, die bereits existierenden Notstromgruppen in das System einzubinden.

5.

Kapazitätsreserve einführen

Die vom Bund vorgeschlagene Kapazitätsreserve in Speicherkraftwerken ist ein sinnvoller, wesentlicher Teil der Lösung. Sie stellt sicher, dass die Speicherseen soweit gefüllt bleiben, damit eine Versorgungsreserve besteht.

6.

Fähigkeiten zum Demand Side Management – den angebotsgesteuerten Verbrauch – aufbauen

Die Volatilität der Strompreise wird deutlich ansteigen. Eine gezielte Steuerung der Stromnachfrage durch aktives Demand Side Management und durch Stromangebote mit Abschaltoptionen werden eine wichtige Rolle spielen. Beim Demand Side Management steuert die Verbraucher*in ihr Angebot aktiv in Abhängigkeit des Preises, mit Abschaltoptionen verzichtet die Bezüger*in auf eine permanent gesicherte Lieferbereitschaft, erhält dafür den Strom zu günstigeren Preisen. Die Potentiale, die durch solche Angebote erschlossen werden können, sind deutlich grösser als bisher angenommen, wie auch eine Studie des Bundesamts für Energie bestätigt.

7.

Stromspeicher ausbauen

Solaranlagen und Windturbinen produzieren günstigen Strom – aber nicht immer dann, wenn er gebraucht wird. Das wird sich auf die Schnelle nicht ändern. Phasen von Überschuss werden sich in schneller Folge abwechseln mit Phasen mit knappem Angebot. Stromspeicher werden daher im Stromsystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Besonders wichtig sind Kurzzeitspeicher, die von Tag zu Tag arbeiten. Damit diese auch gebaut werden, müssen sie gute Rahmenbedingungen erhalten. Speicher, die netzdienlich betrieben werden, müssen vom Netzentgelt befreit werden.

8.

Technologie-offen bleiben

Wie bei jeder Technologie muss auch der Entscheid, auf welche Technologien zur Bereitstellung von Energie gesetzt werden soll, klar definierten Kriterien abseits von Ideologien folgen. swisscleantech hat daher acht Positivkriterien für Energietechnologien ausgebearbeitet. Diese erlauben es auch, rationale Entscheide über zukünftige Generationen von Kernkraftwerken zu fällen. Allerdings gilt es festzuhalten: Die heute bekannten technischen Eckdaten dieser Anlagen lassen noch keine abschliessende Analyse zu. Es ist zu erwarten, dass diese Anlagen zu spät kommen, um Teil der mittelfristigen Lösung zu sein. Wer sich heute für Kernkraftwerke der aktuellen Generation engagiert, setzt auf den falschen Lösungsansatz.

 

Und nicht zuletzt: Die Schweiz ist und bleibt Teil des europäischen Gesamtsystems. Auch die EU hat kein Interesse an einem Strom-Blackout in der Schweiz. Deshalb muss mit Nachdruck daran gearbeitet werden, dass zumindest minimale technische Absprachen zur Nutzung der Leistungskapazitäten vereinbart werden können.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative prüfenswert

Die heute durch die nationalrätliche Umweltkommission (UREK-N) beschlossene Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Gletscherinitiative ist aus Sicht von swisscleantech ein prüfenswerter Ansatz, um im Klimaschutz schneller voranzukommen und das zentrale Ziel von Netto Null bis 2050 gesetzlich zu verankern. Als Unterstützer der Gletscherinitiative wird swisscleantech den indirekten Gegenvorschlag an seiner Wirksamkeit und an der Frage messen, ob er marktnahe Massnahmen zur CO2-Reduktion vorsieht.

Wir begrüssen zudem die Annahme der Motion 21.433 zur Förderung der Forschung und Entwicklung im Bereich der negativen Emissionen. Für zahlreiche swisscleantech-Mitglieder, die eigene Netto-Null-Ziele verabschiedet haben, ist es zentral, dass die Schweiz bezüglich Negativemissionstechnologien eine Vorreiterrolle einnimmt.

swisscleantech unterstützt das Zürcher Energiegesetz

Am 28. November 2021 stimmt die Zürcher Bevölkerung über das revidierte kantonale Energiegesetz ab. Nach dem Nein zum CO2-Gesetz hat die kantonale Klimapolitik weiter an Relevanz gewonnen. Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech, sagt dazu: «Die bevorstehende Abstimmung in Zürich hat Signalcharakter. Ein Ja gibt der Wirtschaft wie der Bevölkerung Planungssicherheit für klimataugliche Technologien.»

Die Gesetzesvorlage will im Gebäudebereich den Ersatz von Öl- oder Gasheizungen durch erneuerbare Heizsysteme forcieren und die Pflicht einer Lebenszykluskostenbetrachtung einführen. Denn die höheren Investitionen für erneuerbare Heizsysteme werden in der Regel über den Lebenszyklus hinweg durch tiefere Betriebskosten mehr als kompensiert. Zudem kommen die Investitionen direkt dem Zürcher Gewerbe zugute – statt Erdgas- und Erdöllieferanten im Ausland, wie dies heute häufig der Fall ist.

Neben seiner Wirtschaftstauglichkeit besticht das Energiegesetz auch durch seine Effektivität – es setzt dort an, wo am meisten CO2 eingespart werden kann: Bei den Gebäudeheizungen. Deshalb unterstützt swisscleantech als Wirtschaftsverband und Komiteemitglied das Zürcher Energiegesetz und sagt «Ja zum Klimaschutz – Ja zum Energiegesetz».

Zur Komitee-Website

Netto-Null-Ziel als Chance für die Wirtschaft – auch in der Ostschweiz

Der letzte Bericht des Weltklimarats verdeutlicht es in aller Klarheit: «Der menschengemachte Klimawandel ist Realität, seine Auswirkungen sind in allen Regionen der Welt immer stärker spürbar, auch in der Schweiz. Unternehmen spielen eine zentrale Rolle bei der Erreichung des Netto-Null-Ziels – und sie haben dabei viele unternehmerische Chancen!», erklärte Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech, an einer gut besuchten Abendveranstaltung bei Forster Swiss Home in Arbon zum Thema «Klimaschutz – eine Chance für die Ostschweizer Wirtschaft?».

Etter erläuterte in seinem Einführungsreferat die Notwendigkeit des Zusammenspiels von Innovation, nachhaltiger Finanzflüsse und klaren politischen Rahmenbedingungen, um bis 2050 die Erderwärmung auf 1.5 Grad zu beschränken. Im Vergleich zu den letzten 30 Jahren müssten die Emissionen bis 2050 in der Schweiz rund zehn Mal schneller reduziert werden. Umso wichtiger sei der Wille von Firmen, ihren Fussabdruck zu reduzieren und klimafreundliche Technologien einzusetzen. Für die Umsetzung in der Breite brauche es eine wirtschaftstaugliche Klimapolitik, die die richtigen Rahmenbedingungen setze, zum Beispiel zur Erhöhung der Sanierungsquote von Gebäuden oder dem schnelleren Zubau von erneuerbaren Energien. Aus Sicht von swisscleantech müssten auch in Zukunft Kostenwahrheit und Lenkungsabgaben eine wichtige Rolle einnehmen.

Wie Klimaschutz im Unternehmensalltag geht, zeigte im Anschluss Gastgeber Max Müller, Verwaltungsratspräsident von Forster Swiss Home und Mitglied von swisscleantech, auf: Unternehmerisch gelebte Nachhaltigkeit bedeutet für ihn, auf Qualität zu setzen, 80% der Wertschöpfung in der Schweiz, recyclierbare Materialien, die Förderung der Kreislaufwirtschaft bei eigenen Produkten und Lieferanten, die Langlebigkeit der Küchen sowie deren Reparatur durch einen eigenen Reparaturservice.

In der anschliessenden Podiumsdiskussion diskutierten Ernst Möhl, Verwaltungsrat- spräsident der Mosterei Möhl, Petra Roth, Nachhaltigkeitsverantwortliche der Thurgauer Kantonalbank und Susanne Vincenz-Stauffacher, FDP-Nationalrätin und Vorstandsmitglied von swisscleantech, über die aktuelle Klimapolitik und die Rolle Wirtschaft.

Susanne Vincenz-Stauffacher erläuterte, dass es im Parlament nach dem Nein zur Revision des CO2-Gesetzes vom 13. Juni gelungen ist, unbestrittene Massnahmen aus dem bestehenden Gesetz weiterzuführen, beispielsweise die Zielvereinbarungen für Unternehmen oder die Treibstoffkompensation, was im Sinne der Planungssicherheit gerade für engagierte Firmen zentral sei. Mit Blick auf eine neue Vorlage stellt sie klar: «Es ist wichtig, dass wir Energie- und Klimapolitik vermehrt integriert diskutieren. Denn die Dekarbonisierung führt zu mehr Stromverbrauch, weshalb der Zubau der Erneuerbaren deutlich beschleunigt werden muss.»

Ernst Möhl verdeutlichte, dass die Politik zwar wichtig sei, aber auch der Druck von Lieferanten und Kunden im Thema Nachhaltigkeit zunehme. «Wir werden in den nächsten Jahren viel darin investieren, unseren CO2-Ausstoss deutlich zu reduzieren und zum Beispiel Wasserstoff-Lastwagen einsetzen.» Für Petra Roth, Nachhaltigkeitsverantwortliche der Thurgauer Kantonalbank, spielt der Finanzmarkt eine zentrale Rolle bei der Erreichung der Netto-Null-Zielsetzung: «Die TKB hat kürzlich eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet. Ein wichtiges Element ist dabei, unsere Kundinnen und Kunden im Thema Nachhaltigkeit stärker zu begleiten.»

Daniel Eugster, Vorstandsmitglied von swisscleantech und Geschäftsführer von Haustechnik Eugster, fasste den Abend wie folgt zusammen: «Netto-Null ist eine grosse Chance für die Firmen. Wer sich jetzt bewegt, hat später einen Wettbewerbsvorteil. Gleichzeitig braucht es eine ambitionierte und breit akzeptierte Klimapolitik, denn nur gemeinsam, mit allen Akteuren im Boot, schaffen wir die Energiewende».

Zur klaren Annahme der parlamentarischen Initiative Girod

Die von der Bundesversammlung am letzten Freitag mit nur fünf Gegenstimmen verabschiedete Anpassung des Energiegesetzes zur Förderung der erneuerbaren Energien (parlamentarische Initiative Girod) ist für den Klimaschutz ein entscheidender Schritt vorwärts. Sie schafft Planungs- und Investitionssicherheit für die erneuerbare Energieproduktion und verhindert eine Förderlücke: Mit der Umsetzung dieser Anpassungen wird es in der Schweiz wieder möglich, grosse Anlagen zur Produktion erneuerbaren Stroms zu bauen. Mit dem Auslaufen der kostendeckenden Einspeisevergütung waren diese Möglichkeiten stark eingeschränkt: Es konnten praktisch nur noch Solaranlagen gebaut werden, bei denen ein wesentlicher Teil der Energie auf dem gleichen Grundstück verbraucht wurde. Für eine umfassende Umgestaltung unserer Stromversorgung reicht das bei weitem nicht aus. Dank der nun verabschiedeten Anpassung des Energiegesetzes gelten bis 2030 für alle Technologien klar definierte Bedingungen für die Förderung.

swisscleantech begrüsst die klare Annahme dieser Initiative, weist jedoch darauf hin, dass es weitere Schritte braucht. Die nun verabschiedeten Regeln werden mit Sicherheit taugliche Stromerzeugungsanlagen finanzieren; langfristig betrachtet ist aber das so verabschiedete Subventionsregime ausgesprochen marktfern und kann daher nicht sicherstellen, dass der Zubau zu möglichst günstigen Konditionen erfolgt. Es ist deshalb notwendig, dass im Rahmen der nun folgenden Behandlung des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Mantelerlass) darüber diskutiert wird, wie der Bau von Anlagen zur Produktion von erneuerbarer Energie langfristig, kostengünstig und mit möglichst marktnahen Methoden vorangetrieben werden kann.