Auch in der COVID-19-Krise müssen Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung auf der Agenda bleiben

Die COVID-19-Pandemie verlangt, dass sich Volkswirtschaften besser gegen Krisen wappnen und widerstandsfähiger werden. Das gleiche trifft auf die sich anbahnenden globalen Krisen durch den Verlust an Biodiversität und den Klimawandel zu. Klimataugliches Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung werden zur Notwendigkeit.

«Bis 2030 müssen weltweit entscheidende Massnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstosses und zum Erhalt der Artenvielfalt umgesetzt sein, wenn wir drastische Schritte, wie sie nun gegen die COVID-19-Pandemie ergriffen werden, vermeiden wollen. Die aktuelle Notlage darf nicht dazu führen, dass Umwelt- und Klimabedrohungen von der politischen Agenda verdrängt werden.», sagt Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech.

Eine resiliente Wirtschaft fördern

Märkte sind gut geeignet, um wirtschaftliche Effizienz zu schaffen. Sie sind jedoch nicht geeignet, Widerstandsfähigkeit («Resilienz») gegen gesellschaftliche Schocks zu schaffen, auch das hat die COVID-19-Krise vor Augen geführt.

«Um Krisen wie COVID-19 oder die Klimakrise zu bewältigen braucht es beides: Politische Rahmenbedingungen, welche Resilienz und Nachhaltigkeit einfordern; und den Markt, in dem die Wirtschaft dies effizient umsetzt. Ich hoffe, dass wir die Corona-Krise auch als Chance verstehen, um unser Wirtschaftssystem stabiler zu machen, zum Wohl der Gesellschaft und innerhalb der ökologischen Grenzen.», sagt öbu-Präsident Dr. Arthur Braunschweig.

Massnahmen für eine zukunftsfähige Wirtschaft

Die COVID-19-Krise wird zu einer spürbaren Rezession führen. Diese Aussichten werden politische Akteure dazu bewegen, Konjunkturprogramme zu verlangen. öbu und swisscleantech beurteilen Programme, die öffentliche Investitionen und den Konsum steigern, eher skeptisch. Beide Wirtschaftsverbände befürworten es stattdessen, wenn Massnahmen verstärkt werden, die eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern. Dadurch wird auch die Wirtschaft stimuliert:

  1. Stärkung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Lieferketten. Dank Innovation und guten Rahmenbedingungen können die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten gestärkt werden. Lokal verfügbare Produkte und Rohstoffe mit kürzeren Lieferketten steigern die Resilienz des Wirtschaftssystems und reduzieren Abhängigkeiten. Dies fördert die lokale und regionale Wirtschaft, reduziert den CO2-Ausstoss und den gesamten Rohstoffverbrauch.

  2. Förderung der erneuerbaren Energien und der Effizienz stärkt lokale Resilienz.
    Zwar ist die Schweiz bei der Stromversorgung kurzfristig weitgehend autonom, doch die gesamte Energieversorgung basiert nach wie vor zu mehr als zwei Dritteln auf fossilen Brenn- und Treibstoffen, bei denen die Schweiz zu 100% von Importen abhängt. Wichtig sind neue Produktionsanlagen, eigene Speicherkapazitäten, verlässliche Partnerschaften und Gebäudesanierungen.

  3. Verhinderung unwirtschaftlicher Investitionen («stranded assets»).
    Alle Konjunkturmassnahmen sollten darauf geprüft werden, ob sie die Anforderungen an eine klimaneutrale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Im Rahmen der Wirtschaftshilfe dürfen keine Infrastrukturen geschaffen werden, welche die Abhängigkeit zukünftiger Generationen von fossilen Brenn- und Treibstoffen verstärken.

  4. Geeignete Massnahmen für einen zukunftsorientierten Strukturwandel. Bund, Kantone und private Unternehmen fördern bereits heute mit Blick auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele diesen Strukturwandel. Massnahmen, um die Konjunktur zu stabilisieren, sollten mit diesen Strukturreformen verknüpft werden.

Weiterführende Informationen: Positionspapier von öbu und swisscleantech

Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung nach der COVID-19-Krise

Denn: genauso wie die COVID-19-Pandemie, verlangen auch die sich anbahnenden globalen Krisen, wie beispielsweise der Verlust an Biodiversität oder die Klimakrise, dass die Volkswirtschaften widerstandsfähiger werden und rechtzeitig vorsorgen. Klimataugliches Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung werden zur Notwendigkeit.

Anders als bei der COVID-19-Pandemie sind die Auswirkungen der Klimakrise schleichend. Bei beiden Gefahren müssen Massnahmen primär lokal ergriffen werden, doch für den Erfolg braucht es die globale Zusammenarbeit. Denn auch Klimaschutz macht an keiner Landesgrenze Halt.Internationale Institutionen müssen zwingend gestärkt werden, damit rechtzeitiges Handeln möglich bleibt. Bereits bis 2030 müssen entscheidende Massnahmen weltweit umgesetzt sein, wenn wir Notfallszenarien wie die jetzigen vermeiden wollen.

Märkte sind gut geeignet, um wirtschaftliche Effizienz zu schaffen. Sie sind jedoch nicht geeignet, Widerstandsfähigkeit («Resilienz») gegen gesellschaftliche Schocks zu schaffen. Für die Krisenbewältigung braucht es beides: politische Rahmenbedingungen, die Massnahmen zur Resilienz einfordern und den Markt, der diese effizient umsetzt.

Eine resiliente Wirtschaft fördern

Die COVID-19-Krisewird zu einer spürbaren Rezession führen. Diese Aussichten werden politische Akteure dazu bewegen, Konjunkturprogramme zu verlangen. swisscleantech und öbu beurteilen Programme, die öffentliche Investitionen und den Konsum steigern, eher skeptisch: Konjunkturprogramme wirken oft im falschen Moment, der Spielraum für Konjunkturpolitik ist in der Schweiz begrenzt und sie beschränkt sich oft auf bekannte Lösungen, womit Innovation eher behindert statt gefördert wird.

Aus diesem Grund befürworten öbu und swisscleantech statt eines Konjunkturprogrammes eher die Verstärkung derjenigen Massnahmen, welche in der Schweiz eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern. Dazu gehört auch, dass bereits laufende oder beschlossene Massnahmen für eine nachhaltige, klimataugliche Wirtschaft nicht aufgeschoben oder gar aufgehoben werden. Folgende konkrete wirtschaftliche Aspekte sind zudem wichtig:

  1. Stärkung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Lieferketten. Dank Innovation und guten Rahmenbedingungen können die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten gestärkt werden. Lokal verfügbare Produkte und Rohstoffe mit kürzeren Lieferketten steigern die Resilienz des Wirtschaftssystems und reduzieren Abhängigkeiten. Dies fördert die lokale und regionale Wirtschaft, reduziert den CO2-Ausstoss und den gesamten Rohstoffverbrauch. Wächst der Anteil der Kreislaufwirtschaft, stärkt dies lokale gegenüber globalen Lieferketten und führt zu einer Re-Industrialisierung, bei der Produktionsstandorte in Europa und in der Schweiz gestärkt werden. Dies ist besonders für systemkritische Grundmaterialien und Komponenten wichtig.
  2. Förderung der Produktion erneuerbarer Energien und der Effizienz. Die Förderung der erneuerbaren Energien stärkt die lokale Resilienz. Zwar ist die Schweiz bei der Stromversorgung kurzfristig weitgehend autonom, doch die gesamte Energieversorgung basiert nach wie vor zu mehr als zwei Dritteln auf fossilen Brenn- und Treibstoffen, bei denen die Schweiz zu 100% von Importen abhängt. Wichtig sind daher neue Produktionsanlagen, eigene Speicherkapazitäten, verlässliche Partnerschaften mit Nachbarn und Gebäudesanierungen – insbesondere behördeneigene.
  3. Verhinderung unwirtschaftlicher Investitionen («stranded assets»). Alle Konjunkturmassnahmen sollten darauf geprüft werden, ob sie die Anforderungen an eine klimaneutrale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Im Rahmen der Wirtschaftshilfe dürfen keine Infrastrukturen geschaffen werden, welche die Abhängigkeit zukünftiger Generationen von fossilen Brenn- und Treibstoffen verstärken.
  4. Geeignete Massnahmen für einen zukunftsorientierten Strukturwandel. Bund, Kantone und private Unternehmen fördern bereits heute mit Blick auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele diesen Strukturwandel. Massnahmen, um die Konjunktur zu stabilisieren, sollten mit diesen Strukturreformen verknüpft werden.

Die aufgrund der COVID-19-Krise zu erwartende Rezession wird die Schweiz – wie alle anderen Länder auch – vor grosse wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen stellen. öbu und swisscleantech rufen deshalb die Behörden und die Wirtschaft dazu auf, sich auch für Massnahmen im internationalen Umfeld einzusetzen. Gute nationale und internationale Partnerschaften, die auch in schwierigen Zeiten gepflegt werden, tragen wesentlich zur Resilienz des ganzen Systems bei. Nur gemeinsam kann die Entwicklung einer nachhaltigen schweizerischen Volkswirtschaft beschleunigt werden und die Schweiz aus der COVID-19-Krise gestärkt hervorgehen.

 

Download Positionspapier (PDF)

Energiewende: Rahmenbedingungen im Wettstreit

  • Vortrag von Prof. Beat Hotz-Hart, Universität Zürich
  • Diskussion mit Prof. Beat Hotz-Hart, Universität Zürich und Prof. Regina Betz, ZHW 

In einem spannenden Übersichtsreferat zeigte Professor Beat Hotz-Harz die wichtigsten Resultate des Nationalfondsprojektes bezüglich «Rahmenbedingungen im Wettstreit».

Wie im Vortrag erläutert wurde, ist es notwendig, die Politikmassnahmen von den Zielen her zu definieren. Damit die Energiewende erfolgreich umgesetzt werden kann, müssen drei Zielvorgaben unter einen Hut gebracht werden:

  • Senkung des Verbrauchs / Verbesserung der Effizienz
  • Umweltverträglichkeit der Energiebereitstellung
  • Versorgungssicherheit

Damit diese Ziele erreicht werden können, ist ein umfassender Mix von Politikmassnahmen notwendig. Es sei heute nicht möglich voraus zu sagen, wie ein optimaler Mix ausgestaltet sein sollte. Deshalb müsse sich die Politik schrittweise entwickeln und auch eine gewisse Menge von trial and error in Kauf nehmen.

Wirkungsvolle Lenkungsabgaben

Grundsätzlich sind sich die Fachleute der Ökonomie jedoch einig, dass Lenkungsabgaben die effizientesten Methoden sind, um das Verhalten zu beeinflussen. Bei Lenkungsabgaben werden unerwünschte Effekte mit zusätzlichen Kosten belastet, was dazu führt, dass diese Effekte reduziert würden. Zwar sei die Preiselastizität, d.h. die Art und Weise wie Konsumenten auf Kostensteigerungen reagieren und zum Beispiel bei einer CO2-Abgabe die Menge der Brennstoffe reduzieren, leider relativ gering. Trotzdem sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis von allen Massnahmen das Beste. Dabei waren sich beide Experten darin einig, dass längerfristig alle Emittenten mit einem CO2-Preis besteuert werden müssten. Dies gelte insbesondere auch für den Verkehr, der im Moment noch vollständig von Lenkungsabgaben ausgenommen sei.

Professor Betz führte aus, dass die reine Preiselastizität nicht der einzige Effekt sei, den es bei Lenkungsabgaben zu beachten gelte. Das liesse sich gerade anhand des Autoverkehrs sehr gut diskutieren. Klassische Preiselastizität würde bedeuten, dass die Menge der gefahrenen Kilometer in Abhängigkeit des Benzinpreises abnehmen würde. Nun stünde jedoch mit Elektrofahrzeugen eine wesentlich emissionsärmere Alternative zur Verfügung. Eine Lenkungsabgaben könne die Alternative kooperativ vergünstigten. Dies könne zu einer deutlich höheren Lenkungswirkung führen.

Wettbewerbsvorteile durch Innovation

Deshalb sei Innovation für den Kampf gegen die Klimakrise entscheidend. Klare und strenge Rahmenbedingungen könnten neue Innovationen auslösen und damit der Schweizer Wirtschaft einen entscheidenden Konkurrenzvorteil beschaffen.

Man werde jedoch nicht darum herumkommen, Lenkungsabgaben auch mit weiteren Massnahmen zu ergänzen. Beispielsweise sei nicht davon auszugehen, dass alleine durch Lenkungsabgaben ein nachhaltiger und stabiler Versorgungsmix in der Stromversorgung entstehen würde. Deshalb seien geeignete Fördermassnahmen notwendig. Diese müssten jedoch ökonomisch regelmässig optimiert werden. Ergänzend seien polizeiliche Sanktionen und Massnahmen zur Information der Bevölkerung notwendig.

Wie Frau Professor Betz in der Diskussion ausführte, ist der Weg zur Zielerreichung noch weit. Es ist davon auszugehen, dass die heute beschlossenen Massnahmen nicht ausreichen werden.

Abschliessend beleuchtete Professor Hotz-Harz die Bedeutung der internationalen Kooperation. Ohne eine stabile und freundschaftliche Integration innerhalb von Europa wäre es deutlich schwieriger und teurer, die Ziele zu erreichen.

Nächstes Webinar der Serie «Forschung für die Schweizer Energiezukunft» findet am 14. Mai, 16:30 Uhr statt zum Thema «Mobilität der Zukunft». Mehr Infos

Präsentation zum Download

«Rahmenbedingungen im Wettstreit», Professor Beat Hotz-Hart, Universität Zürich 

Swiss Overshoot Day: Das Budget ist schon aufgebraucht

Der Overshoot Day wird vom renommierten Global Footprint Network anhand der Regenerationsfähigkeit unserer Ökosysteme berechnet. Der Tag, an dem die Bevölkerung eines Landes ihr Ressourcenbudget aufgebraucht hat, rückt von Jahr zu Jahr näher an den Jahresanfang. Für den Rest des Jahres leben wir nicht mehr von den «Zinsen» der Natur, sondern bauen das natürliche Kapital unseres Planeten ab. Die Berechnungen des Global Footprint Network zeigen, dass rund 90% der Weltbevölkerung in Ländern leben, die von der Natur mehr beziehen, als ihnen ihre inländischen Ökosysteme zur Verfügung stellen.

Die Schweiz gehört zu den stark defizitären Ländern. In diesem Jahr verbraucht die Schweiz das 3.6-fache ihres Ressourcenbudgets. Anders ausgedrückt: Wenn die gesamte Weltbevölkerung so leben würden wie Schweizerinnen und Schweizer, wären insgesamt 3.6 Planeten erforderlich, um die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen wie Nahrungsmittel, Wald oder Rohstoffen zu decken.

Wirtschaftliche Risiken
Neben den direkten Auswirkungen auf die Ökosysteme und damit auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen birgt die Übernutzung natürlicher Ressourcen gewichtige wirtschaftliche Risiken. Dazu gehören beispielsweise eine sinkenden Versorgungssicherheit, starke Preisfluktuationen oder auch steigende Umweltrisiken für unsere Infrastrukturen. Länder, welche die natürlichen Grenzen des Planeten heute ausblenden, bringen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundlage ihres Landes langfristig in Gefahr.

Effizienz und Kreislaufwirtschaft lohnen sich
Dabei lohnt sich ein schonender und effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen in mehrfacher Hinsicht. Unternehmen können Kosten sparen, Versorgungsrisiken mindern und sich eine stärkere Marktpositionierung erarbeiten. Vermehrter Fokus auf Ressourceneffizienz und die Ansätze der Kreislaufwirtschaft schaffen mehr lokale Wertschöpfung. Dies stärkt den Werkplatz Schweiz, was sich wiederum positiv auf die Wohlstandsentwicklung auswirkt.

Energiewende: Wie schafft man Akzeptanz für Veränderung?

Erfreulich ist es, dass die erneuerbaren Energien grundsätzlich von einem «PIMBY» (Please in my Backyard) Effekt profitieren können, wie dies Prof. Rolf Wüstenhagen in seinem Vortrag darlegte. Gerade für Photovoltaik ist die Akzeptanz mittlerweile sehr gross – sogar für Freiflächenanlagen an geeigneten Orten. Dabei spielt die Ästhetik eine wichtige Rolle. Dies gilt insbesondere bei Gebäuden – nicht nur für die Hauseigentümer*innen, sondern auch für die Architekt*innen, welche sie beraten. Da mit den farbigen Photovoltaikanlagen immer bessere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden und weil die Akzeptanz der Photovoltaik insgesamt über die Jahre stark gestiegen ist, ergeben sich hier grosse Potenziale. Trotzdem darf nicht vergessen werden: In einer Präferenzuntersuchung entschieden sich eine Mehrheit der Hauseigentümerinnen, auf eine Photovoltaikanlage zu verzichten, wenn es darum ging, im Rahmen einer Modernisierung Kosten einzusparen. In der Anschlussfrage würden 28% der Hauseigentümer*innen ihre Entscheidung revidieren, wenn einfache Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.

Die Energiewende gestaltet Landschaft

Trotzdem ist die Realisierung von erneuerbaren Energieanlagen nicht immer ein einfaches Unterfangen – das zeigen die blockierten Projekte bei der Windenergie in der Schweiz. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass alleinstehende Energieerzeugungsanlagen das Landschaftsbild verändern. Allerdings, so führte Dr. Ulrike Wissen im Referat aus, reagieren Betrachter*innen auf veränderte Landschaftsbilder sehr unterschiedlich. In ihrer Forschung verwendete sie künstlich hergestellte Landschaftsbilder, in denen mittels Simulation die Anzahl der Energieerzeugungsanlagen variiert werden konnten. Die Reaktion von Proband*innen wurde anschliessend sowohl mit Befragungen wie auch mit physiologischen Messungen getestet. In diesen Experimenten fielen negative Reaktionen deutlich stärker aus, wenn eine unberührte Berglandschaft durch Windenergie und Photovoltaikanlagen verändert wurde, als wenn ähnliche Veränderungen in einer Landschaft mit der Charakteristik des Mittellandes vorgenommen wurden. Besonders störend waren jedoch nicht die Energieerzeugungsanlagen, sondern Hochspannungsleitungen. Offen blieb die Frage, inwiefern die Reaktionen der Proband*innen mit der Gewöhnung an solche Anlagen zu tun hat. Wer würde beispielsweise die traditionellen Windmühlen in den Niederlanden als störende Veränderung des Landschaftsbildes bezeichnen?

Zunahme von Wissen erhöht Akzeptanz für Gesetze

Im dritten Vortrag informierte Prof. Isabelle Stadelmann über ihre Forschung zur Akzeptanz von Gesetzen. Erfreulich ist, dass auch in der von ihr vorgestellten Untersuchung eine gute Akzeptanz für erneuerbare Energien nachgewiesen werden konnte. Ebenso deutlich jedoch zeigt sich, dass steigende Kosten für die Akzeptanz von Gesetzen negativ sind. Wenn allerdings Kosten entstehen, sollten diese verursachergerecht erhoben werden. Bei der Befragung, die sich auf Strom konzentrierte, wurde eine Stromsteuer signifikant besser akzeptiert, als ein Aufschlag auf Löhne, oder einer Mehrwertsteuer, mit der anschliessend erneuerbare Energieanlagen finanziert werden sollten. Wie Prof. Stadelmann ausführte, ist das Wissen in der Bevölkerung sehr gering. Gleichzeitig konnte in Untersuchungen nachgewiesen werden, dass eine Zunahme von Wissen die Akzeptanz für Gesetze erhöhen kann. Interessanterweise waren gerade Proband*innen, die über Halbwissen verfügten, besonders kritisch gegenüber Gesetzen, während Personen, die kaum etwas wussten, eher zu einer Annahme bereit waren. Wurden Personen mit Halbwissen mit zusätzlichen Informationen versorgt, führte dies zu einer höheren Akzeptanz.

Dialog ist entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung

In der abschliessenden Diskussion fragten wir uns, welche Aspekte für die Energiewende besonders wichtig wären. Die Forscher*innen waren sich einig, dass der Dialog besonders entscheidend sei. Dieser müsse frühzeitig begonnen und kontinuierlich geführt werden. Lokale Opinionleader seien dabei besonders wichtig. Insbesondere müsse darauf geachtet werden, dass auch bürgerliche Exponenten von der Sinnhaftigkeit einer nachhaltigen Energieversorgung überzeugt werden können. Es gehe auch darum, den Nutzen der Energiewende darzustellen. Oft werde heute zu stark über die Kosten und zu wenig über den Nutzen kommuniziert. Bezüglich der Standorte und der Akzeptanz von Standorten sei der lokale Einbezug besonders wichtig. Auch hier muss die Diskussion möglichst früh begonnen werden.

Nächstes Webinar der Serie «Forschung für die Schweizer Energiezukunft» findet am 7. Mai, 16:30 statt zum Thema «Rahmenbedingungen im Wettstreit». Mehr Infos


Präsentationen zum Download

Webinar-Serie: Forschung für die Schweizer Energiezukunft

Im Moment dominiert die Coronakrise unser Leben. Die Bedrohung durch den Klimawandel wird aber nicht geringer. Will die Schweiz bis spätestens 2050 klimaneutral werden, muss die Energieversorgung grundlegend transformiert werden. Wie kann das gelingen? Welche sozialen, ökonomischen und regulatorischen Aspekte sind relevant? Und wie lassen sich private und öffentliche Akteure einspannen, damit Energie effizient genutzt wird?

Auf diese Fragen möchten wir Ihnen in dieser aussergewöhnlichen Zeit Antworten liefern. Wir starten deshalb eine Webinar-Serie: Jeweils am Donnerstag von 16.30 bis 18.00 Uhr stellen Wissenschaftler*innen ihre Forschung vor und diskutieren mit uns aktuelle Fragen.

Basis dieser Webinar-Serie bildet das Nationale Forschungsprogramme NFP «Energie» des Schweizerischen Nationalfonds. Wir sind stolz, dass wir diese führenden Forscher*innen der Schweiz dafür gewinnen konnten. Sie haben vor kurzem ihre Projekte abgeschlossen und haben dabei eine Vielzahl neuer Erkenntnisse erarbeitet, zur Förderung von erneuerbarer Energien und Lenkungsabgaben ebenso wie dazu, wie Haushalte ihren Energieverbrauch senken oder wie sich neue Mobilitätformen durchsetzen. Bis heute hat dieses Wissen kaum den Weg in die Öffentlichkeit gefunden. Umso mehr freuen wir uns, dass die NFP-Forscher*innen ihr Wissen mit uns teilen.

Eine wichtige Erkenntnisse schon vorweg: Mit den heute bekannten technischen und finanziellen Mitteln ist der Ausstieg aus der Kernenergie und der fossilen Energiewelt möglich, und zwar auf  wirtschaftliche und sozial verträgliche Art. Allerdings erfolgt dieser Wandel nicht von alleine, sondern alle müssen ihren Beitrag leisten. Genau dieses Grundverständnis trägt die Arbeit von swisscleantech, um die Wirtschaft klimatauglich zu machen.

Das erste Webinar zur Schweizer Energiezukunft findet am Donnerstag 30.4. um 16.30 Uhr statt und widmet sich der grundlegenden Frage nach Wahrnehmung und Umsetzung. Ihnen werden Forschungsresultate zur Akzeptanz erneuerbarer Energie, zum Umgang mit der Landschaft sowie zu Bedingungen eines gesellschaftlichen Konsens vermittelt. Hier finden Sie die näheren Informationen dazu.

Weitere geplante Webinare der Serie finden Sie in unserer Web-Agenda.

Mehr Informationen zu allen Projekten finden Sie unter: www.nfp-energie.ch 

CO2-Gesetz: Position zum Strassenverkehr

Der Strassenverkehr ist mit einem Anteil von einem Drittel nach wie vor die grösste CO2-Emissionsquelle in der Schweiz. Die Emissionen sind zurzeit 3.3% höher als 1990. Zum Vergleich: im Gebäudesektor sind die Emissionen seit 1990 um über einen Viertel gesunken. Dass die Emissionen weiter ansteigen, liegt an der wachsenden Verkehrsleistung (mehr gefahrene Kilometer) und der Zunahme an emissionsintensiven Personenwagen. Die neuen Zahlen des BFE zeigen, dass fast die Hälfte der Neuwagen Allradantrieb haben. Elektro- und Hybridautos machen lediglich 3% der Neuwagenflotte aus. Analog zur EU führte die Schweiz 2012 Emissionsvorschriften ein: ab 2015 gilt bei Neuwagen ein CO2-Ausstossgrenzwert von durchschnittlich 130g CO2/km. Aber bereits zum dritten Mal in Folge wurde dieses Ziel verfehlt.

Wirksame Effizienzgrenzwerte einführen
swisscleantech begrüsst deshalb die Weiterführung der CO2-Emissionsvorschriften für Fahrzeuge (ab 2021 von heute 130g auf 95g CO2/km), fordert aber ambitioniertere Emissionsvorschriften und das Beenden von Ausnahmen. Das ist realistisch, denn es ist zu erwarten, dass sich Elektrofahrzeuge und Fahrzeuge mit nicht-fossilen Antrieben in nächster Zukunft beschleunigt am Markt durchsetzen werden. Deshalb fordert swisscleantech einen Durchschnittsflottenzielwert der Neuwagenflotte von höchstens 50g CO2/km bis 2030.

CO2-Kompensation
Nebst den Effizienzvorschriften für Neuwagen, müssen Treibstoffimporteure einen Teil der durch Benzin und Diesel verursachten CO2-Emissionen kompensieren, indem sie Emissionszertifikate aus dem In- und Ausland kaufen. Zurzeit erhöhen diese Massnahmen den Treibstoffpreis um ca. 1.5 Rp. pro Liter. swisscleantech begrüsst den Bundesratsvorschlag, Verkehrsemissionen zu maximal 90% durch die Treibstoffimporteure kompensieren zu lassen, fordert jedoch, wie der Ständerat, dass mindestens 20% – und nicht nur 15% – davon Kompensationsmassnahmen im Inland sein sollten. Dies trägt zwar nicht zur direkten Dekarbonisierung des Verkehrssektors, aber zum Klimaschutz im Inland bei. swisscleantech begrüsst auch, dass ein kleiner Teil der über den Treibstoffpreis finanzierten Klimaschutzmassnahmen für die Förderung der Elektromobilität reserviert werden soll. Damit wird sichergestellt, dass auch Kompensationsprojekte im Verkehrsbereich durchgeführt und die Wertschöpfung in der Schweiz gestärkt wird. 

Treibstoffabgabe
swisscleantech begrüsst grundsätzlich die Bepreisung von CO2. Betreffend die Diskussionen zur Einführung einer Treibstoffabgabe erachtet swisscleantech folgende Grundüberlegungen als wesentlich: Eine Treibstoffabgabe sollte, wie die bestehende CO2-Abgabe auf Brennstoffe, stufenweise eingeführt werden. Dazu sollten Zwischenziele für die Emissionsreduktion im Verkehrssektor festgelegt werden. Ebenso wie die bestehende CO2-Abgabe, sollte eine Treibstoffabgabe immer dann erhöht werden, wenn die Zwischenziele nicht erreicht werden. Die Einnahmen einer Treibstoffabgabe sollten analog zur Brennstoffabgabe zu einem grossen Teil an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt werden.

Fazit
Die CO2-Emissionen des Verkehrs müssen bis 2030 um mindestens 25% sinken. Sonst müssen andere Sektoren überdurchschnittlich mehr leisten, um das 2030 Reduktionsziel im Inland zu erreichen. Daher braucht es neben den wichtigen Effizienzgrenzwerten zusätzliche Massnahmen im Verkehr. Längerfristig braucht es für eine nachhaltige Verkehrsstrategie ein umfassendes Mobility Pricing.

Weiterführende Informationen zur Totalrevision des CO2  Gesetzes
Für Rückfragen: politik(at)swisscleantech.ch

Es gilt, die richtigen Schlüsse zu ziehen beim Gegenentwurf

Stellungnahme swisscleantech

Aus Sicht von swisscleantech zieht der Bundesrat die falschen Schlüsse, wenn er die Gletscherinitiative durch einen Gegenvorschlag bekämpfen will, der auch in Zukunft fossile Brenn- und Treibstoffe zulässt. Der Pferdefuss der Initiative ist nämlich weniger das Verbot der fossilen Brennstoffe, sondern vielmehr die Tatsache, dass die Initiative negative Emissionen im Ausland verbieten will.

Fakt ist: in einer CO2-neutralen Welt gemäss dem Pariser Klimaabkommen werden echte negative Emissionen knapp und teuer werden. Eine weltweit vernetzte Volkswirtschaft, wie die Schweiz, muss in der Lage sein, solche negative Emissionen – falls sie denn von guter Qualität sind – weltweit einzukaufen. Dass diese negativen Emissionen sehr teuer sind, erklärt, warum der Bundesrat mit seinen Überlegungen zur Verwendung von fossilen Brennstoffen nicht die richtigen Schlüsse zieht.

Zwar ist es richtig, dass für Schutz- und Rettungseinsätze von Armee, Polizei oder Rettungsdiensten wohl auch 2050 kohlenstoffbasierte Kraftstoffe zur Anwendung kommen. Gleiches wird für Langstreckentransporte und Flugzeuge stimmen. Entscheidend ist jedoch, aus welcher Quelle diese Treibstoffe stammen. Aus dem Boden – davon ist swisscleantech jedenfalls überzeugt – sollten diese nicht stammen. Stattdessen ist es bereits heute möglich, solche Treibstoffe mit erneuerbarem Strom herzustellen. Der Bundesrat sollte deshalb seine Kräfte für solche Technologien einsetzen und mithelfen, diese bis 2050 auf eine stabile Basis zu bringen.

 

Mitteilung des Bundes (03.04.2020): «Bundesrat will direkten Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative ausarbeiten»

Mitteilung des Bundes (02.01.2020): «Gletscher-Initiative: Bundesrat eröffnet Vernehmlassung zu direktem Gegenentwurf»

Stärkung von einheimischen erneuerbaren Energien ist begrüssenswert

Stellungnahme swisscleantech

swisscleantech begrüsst, dass der Bundesrat bei der Förderung der erneuerbaren Energien vorwärts machen will. Allerdings sind die gemachten Vorschläge teilweise noch nicht vollständig kohärent. Beispielsweise ermöglicht die Liberalisierung tatsächlich neue Businessmodelle. Damit diese aber auch wirklich zu einem Zuwachs in der dezentralen Produktion führen, muss auch eine Lösung für die Netzteilregulierung gefunden werden, die lokalen Stromverbrauch auf der Niederspannungsebene bevorzugt. Sonst besteht kein Anreiz, Strom von lokalen Kleinproduzenten zu beziehen.

Gleiches gilt auch für die Förderung von Grosskraftwerken. swisscleantech geht mit dem Bundesrat darin einig, dass die notwendigen Ausbauziele alleine mit dezentralen Kleinkraftwerken nicht erreicht werden können. Eine Investitionsunterstützung für Grossanlagen ohne Eigenverbrauch ist deshalb zwingend notwendig, wenn 2023 die Einspeisevergütung wegfällt. Der Vorschlag des Bundesrates gleicht jedoch in vielen Fällen einem Flickenteppich und erscheint auf den ersten Blick zu wenig zielkohärent: Die Schweiz benötigt vor allem einen Zubau von Strom-Produktionskapazitäten für die Winterproduktion. Dieses Thema wird zwar kurz angeschnitten, jedoch nicht ausreichend diskutiert. swisscleantech hat bereits Anfang März einen Vorschlag dazu erarbeitet, den der Verband mit interessierten Kreisen weiter diskutieren will.

 

Zur Medienmitteilung «Bundesrat will einheimische erneuerbare Energien stärken und Strommarkt öffnen»

Der grüne Wirtschaftslobbyist – ein Porträt von Christian Zeyer

2019 war ein bedeutendes Jahr für die Klimapolitik und für unseren Verband: Im Rahmen der zahlreichen Klimastreiks gingen zehntausende besorgter Bürgerinnen und Bürger auf die Strassen. Die eidgenössischen Wahlen im Oktober 2019 galten als Klimawahl und führten bei den grünen Parteien zu historischen Resultaten. Auch bei Unternehmerinnen und Unternehmern war ein Wandel deutlich spürbar – swisscleantech verzeichnete einen starken Mitgliederzuwachs und stiess mit der Kampagne #CEO4Climate auf Gehör. 

Mittendrin: Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech und überzeugter Kämpfer für eine Schweiz ohne fossile Energien. Die Reporterin Karin Bauer begleitete ihn ein halbes Jahr mit der Kamera – im Gespräch mit Parlamentarierinnen, auf Podiumsdiskussionen mit CEOs, in der Kletterhalle mit seinen Kindern und auf der Bühne bei der 10-Jahres-Jubiläumsfeier von swisscleantech.

Entstanden ist ein sehr persönliches Porträt. Schauen Sie es sich an!

SRF Reporter: Der grüne Wirtschaftslobbyist (ausgestrahlt am 15. März 2020)