CO2-Gesetz: Weichen für den Klimaschutz noch ambitionierter stellen

Mit der Totalrevision des CO2-Gesetzes definiert das Parlament die Schweizer Klimapolitik bis 2030. Es ist das wichtigste Instrument der Schweiz zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und eines wirksamen Klimaschutzes. Die politischen Rahmenbedingungen entscheiden massgeblich darüber, ob sich die Schweiz in diesem Zukunftsmarkt als Lösungsanbieterin positionieren kann.

«Von einem modernen und wirksamen CO2-Gesetz profitiert die gesamte Volkswirtschaft: Innovationen werden belohnt, es entstehen neue Absatzmärkte. Und zusätzliche Investitionen helfen, die Energieeffizienz in verschiedenen Sektoren zu steigern», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech.

Zu Recht, weil klimapolitisch wirksamer, geht die Variante des Ständerats über den Vorschlag des Bundesrates hinaus. Dies trifft nur in geringerem Masse auf die Empfehlungen der Umweltkommission des Nationalrats (UREK-N) zu.

«Um die wissenschaftlich breit abgestützten Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, reicht die Vorlage in der jetzigen Version nicht aus. Dafür bräuchte es ambitioniertere Klimaziele und entsprechend wirksame Massnahmen.», sagt Zeyer.

swisscleantech erkennt Verbesserungspotenzial, unter anderem beim Inlandziel und im Gebäudebereich:

  • Um das Langfristziel des Bundesrates – Klimaneutralität bis 2050 – zu erreichen, braucht es ein ambitionierteres Inlandziel. Bei dem von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Ziel sinken die Inlandemissionen ab 2021 nur noch um 1% jährlich. Paris-kompatibel wäre eine Reduktion von rund 3% pro Jahr. Ein wirksames Inlandziel ist wichtig und hilft, unsere Infrastrukturen für die Zukunft zu rüsten. Reduktionspotenziale sind genügend vorhanden. Mit einem schwachen Inlandziel steigt der Bedarf nach Auslandzertifikaten. Diese sind mit Risiken behaftet und zunehmend teurer.
  • Die Einführung des Emissionsstandards für Gebäude hat die Kommissionsmehrheit der UREK-N aufgeweicht: Statt einer flächendeckenden Gültigkeit ab 2023 soll allen Kantonen, welche die MuKEn 2014 bereits in ihre Energiegesetze übernommen haben, eine Übergangsfrist bis 2026 gewährt werden. Aufgrund der langen Lebensdauer von Öl- und Gasheizungen läuft der Gebäudebereich damit Gefahr, die Klimaziele zu verfehlen. Mit einem wirksamen Gebäudestandard profitieren Haushalte zunehmend von klimaverträglichen Heizungen. Diese sind im Betrieb meist günstiger und entlasten die Mieter.

Die Totalrevision des CO2-Gesetzes bleibt ein wichtiger Meilenstein. Das Gesetz ermöglicht es, wichtige Erfahrungen mit neuen Instrumenten zu sammeln: Eine Flugticketabgabe kann helfen, klimafreundlichere Verkehrsalternativen konkurrenzfähiger zu machen. Es wird eine Grundlage geschaffen, um den globalen Klimafussabdruck des Schweizer Finanzplatzes transparent zu machen. Und ein Klimafonds kann dazu beitragen, mit verursachergerecht erhobenen und zielgerichtet eingesetzten Mitteln die Klimaeffizienz in verschiedenen Sektoren zu steigern.

«Die Revision des CO2-Gesetzes ist ein erster wichtiger Schritt, um die vollständige Transformation weg von den fossilen Energien voranzutreiben. Um den Unternehmen Investitions- und Planungssicherheit zu garantieren, sollte das Gesetz so schnell wie möglich verabschiedet werden», so Zeyer.

Noch mehr Schub für eine klimataugliche Wirtschaft

2019 war ein ausserordentliches Jahr, gerade mit Blick aufs Klima. Global wurden die zweithöchsten Temperaturen seit Messbeginn registriert, in der Schweiz gingen zehntausende klimabesorgter Menschen auf die Strassen. Und auch die Unternehmen bewegen sich, das zeigen die Mitgliederzahlen von swisscleantech: Innert Jahresfrist gewann der Wirtschaftsverband 125 neue Mitglieder mit über 26‘000 Mitarbeitenden, aus allen Branchen und von Startups bis zu Grossfirmen wie Swisscom, ZKB und der Pöyry Schweiz AG.

«Die Unternehmen stärken mit ihrem Beitritt zu swisscleantech die Stimme für eine klimataugliche Wirtschaft und eine wirtschaftstaugliche Klimapolitik. Wir wollen, dass die Schweiz ihre CO2-Emissionen deutlich senkt. Und dass Schweizer Unternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen, den Klimawandel zu stoppen, im Inland wie im Ausland. Eine darauf ausgerichtete liberale Wirtschaftspolitik ist eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg», sagt Fabian Etter, neuer Co-Präsident von swisscleantech.

Das Umdenken innerhalb der Wirtschaft zeigt die Kampagne CEO4Climate beispielhaft. Diesen Appell der Wirtschaftsführerinnen und -führer für eine griffige Klimapolitik hat swisscleantech mitinitiiert. Bereits mehr als 325 Leader der Schweizer Wirtschaft haben den Aufruf unterzeichnet.

«Wir spüren bei Unternehmerinnen und Unternehmern einen Wandel. Vielen wird klar, dass sie ihr Geschäftsmodell ändern müssen. Sie wollen passende Gesetze, damit nachhaltige Businessmodelle rentabel sind. Uns hat beeindruckt, dass so viele Firmenchefs bei CEO4Climate mitmachen wollen und sich persönlich für einen strategischen und gesellschaftlichen Wandel einsetzen», sagt Carsten Bopp, Co-Präsident von swisscleantech.

swisscleantech hat 2019 den Weg zu einer klimatauglichen Schweiz mitgestaltet: Bei der laufenden Revision des CO2-Gesetzes verfolgt swisscleantech als einziger Wirtschaftsverband ein CO2-Reduktionziel im Inland, das dem Pariser Klimaabkommen entspricht. Mit dem Konzept eines schweizweiten Fonds für Gebäudemodernisierung hat der Verband die Diskussion lanciert, damit mehr energetische Sanierungen durchgeführt werden. Und beim Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen hat sich swisscleantech mit Erfolg dafür eingesetzt, dass bei Vergabeverfahren neu auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtig werden.

Wegen des Coronavirus wurde die Generalversammlung mittels digitaler Übertragung durchgeführt. Dabei wurde der bisherige Vizepräsident Fabian Etter, Mitglied der Geschäftsleitung der Energie Zukunft Schweiz AG und Verwaltungsrat der Elektro Etter AG, zum Co-Präsidenten gewählt. Er steht zusammen mit Carsten Bopp, seit 2019 Präsident von swisscleantech, an der Spitze des Verbands. Gleichzeitig verstärkt swisscleantech den Vorstand mit profilierten Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Barbara Dubach, Marco Grossmann, Cornelia Luchsinger, Thomas Schneider und Marcel Winter sind in den Vorstand gewählt worden.

  • Barbara Dubach ist Gründerin und Geschäftsführerin von engageability, einem Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit und Stakeholder Engagement, und Leiterin Wissens- und Technologietransfer des NFP 73.
  • Marco Grossmann ist Partner und Mitglied der Geschäftsleitung des Beratungsunternehmens ecos und leitet das Team «Grüne Wirtschaft».
  • Cornelia Luchsinger ist Key Account Managerin für Firmenkunden bei der Zürcher Kantonalbank und betreut Unternehmen aus den Bereichen Energie, Strom und Mobilität.
  • Thomas Schneider ist Bankratspräsident der Basellandschaftlichen Kantonalbank und verfügt dank seiner über 30-jährigen Tätigkeit bei Credit Suisse und Ernst & Young über profunde Erfahrung in der Bank- und Finanzbranche.
  • Marcel Winter ist Geschäftsführer und Länderverantwortlicher der Pöyry Schweiz; das Ingenieurunternehmen tritt nach dem Zusammenschluss mit AF künftig als AFRY Gruppe auf.

Den Vorstand verlassen haben Daniel Wiener und Dr. Christina Würthner. swisscleantech bedankt sich bei ihnen für ihren wertvollen langjährigen Einsatz, mit dem sie den Verband in der herausfordernden Zeit vorangebracht haben.

Download Bild Carsten Bopp und Fabian Etter

 

Vorstandsmitglieder an der swisscleantech Generalversammlung 2020 (v.l.n.r. Barbara Dubach, Marco Grossmann, Daniel Eugster, Carsten Bopp, Cornelia Luchsinger, Fabian Etter, Marcel Winter, This Schwendimann, Franziska Barmettler. Nicht im Bild: Jürg Grossen, Roger Nordmann, Cédric Jeanneret, Thomas Schneider)

 

Anreize auf Winterstromproduktion ausrichten

Eine Überschlagsrechnung macht klar: Wenn die Schweizer Kernkraftwerke gegen Ende der Dreissigerjahre ausser Betrieb gesetzt werden und bis dahin nicht genügend Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen, klaffen Angebot und Nachfrage beim Strom auseinander. Trotz möglichen Einsparungen in vielen Bereichen dürfte die Stromnachfrage aufgrund der neuen Technologien, die es für den Klimaschutz braucht, steigen (Elektrifizierung von Gebäudebeheizung und Verkehr).

Stromimporte sind möglich, jedoch nur begrenzt ausbaubar. Dank der Speicherseen sind die Herausforderungen in der Schweiz bezüglich der kurzfristigen Versorgungsicherheit zwar eher gering. Das bestätigt einmal mehr die neu aufgelegte «System Adequacy»-Studie des Bundes. Speicherseen sind ausgesprochen gut geeignet, die fluktuierende Produktion auszugleichen. Allerdings können sie diese Funktion gegen Ende des Winters nicht mehr wahrnehmen, wenn vorher zu grosszügig Strom produziert wurde und die Seen leer sind.

Grosse Anlagen fördern

Will die Schweiz nicht einseitig vom Import und der Lieferfähigkeit des Umlandes abhängig sein, reicht es nicht, alleine auf die aktuell boomenden Kleinanlagen zu setzen. Es ist notwendig, auch in zusätzliche, grosse Produktionsanlagen zu investieren. Das bestätigt auch das Ende Februar veröffentlichte Grundlagenpapier der eidgenössische Elektrizitätskommission (Elcom). Alle Studien der letzten Jahre zeigen, dass das Angebot vor allem im Winter sehr viel knapper sein wird als die Nachfrage, so dass die Versorgungssicherheit gefährdet wird.

Damit die Schweiz das Pariser Klimaabkommen erfüllen kann, müssen neue Anlagen erneuerbaren Strom liefern. Dafür braucht es Investitionsanreize, gerade für grosse Anlagen. Derzeit werden kaum mehr grosse PV-Anlagen, Wasserkraftanlagen oder Windturbinen gebaut.

Kriterien für Investitionsanreize

In einer umfassenden Analyse hat swisscleantech in einem Diskussionspapier 17 Eigenschaften identifiziert, die mögliche Anreizsysteme beschreiben. Dabei stechen zwei Aspekte hervor: Investitionsanreize müssen erstens marktnahe und zweitens problembezogen gesetzt werden. Der erste Aspekt spricht eindeutig für die Durchführung von Auktionen. Aus dem zweiten Kriterium folgt, dass Investitionsanreize so gesetzt werden sollten, dass Winterstrom bevorzugt wird.

swisscleantech stellt deshalb einen neuen Ansatz zur Diskussion: Ausschreibungen sollen in Zukunft saisonal erfolgen. Konkret soll nur noch Strom entschädigt werden, der im Winter produziert wird. Strom, der im Sommer produziert wird, soll nicht oder nur noch beschränkt unterstützt werden.

Paradigmenwechsel in der Strompolitik

Dies entspricht einem Paradigmenwechsel. Warum macht das Sinn? Aufgrund der Technologieentwicklung ist es absehbar, dass in den nächsten 30 Jahren, in denen die Stromversorgung neu ausgerichtet wird, nur Photovoltaik- und Windanlagen in der Lage sind, so signifikante zusätzliche Produktionskapazitäten zur Verfügung zu stellen. Wegen der begrenzten Windpotentiale in der Schweiz kommt Photovoltaik eine entscheidende Bedeutung zu. Solaranlagen produzieren jedoch rund zwei Drittel der Energie im Sommer und nur rund einen Drittel im Winter.

Für Winterstrom optimierte Anlagen

Hier besteht jedoch Optimierungspotential. Je nach Lage und Exposition können Solaranlagen bis zu 50% ihrer Produktion im Winter zur Verfügung stellen. Im Mitteland ist der Winterstromanteil bei PV-Anlagen, die in die Fassade integriert, deutlich höher. Genauso bei Anlagen in schneereichen Regionen: Sie profitieren von der Reflexion des Sonnenlichts im Winter. Ein innovatives Beispiel dafür ist die PV-Anlage, welche die Axpo an der Staumauer des Muttsees installieren will.

Werden die Anreize so ausgestaltet, dass Winterstrom deutlich besser entschädigt wird, animiert dies Anlagenbetreiber, ihre Anlagen so zu bauen dass sie für die Winterstromproduktion optimiert sind.

Überschüssigen Strom speichern

Selbst Anlagen, die auf Windstrom ausgerichtet sind, werden einen grossen Anteil ihrer Produktion im Sommer zur Verfügung stellen. Auch für dieses Stromangebot kann eine sinnvolle Nachfrage geschaffen werden: Über Power-to-X-Technologien lassen sich mit überschüssigem erneuerbarem Strom lagerfähige Energieträger wie synthetisches Methan oder synthetisches Benzin herstellen. Diese Energieträger können vor allem im Langstreckentransport eine wichtige Rolle spielen.

Wirtschaft klimatauglich – unser neuer Jahresbericht ist online!

swisscleantech steht für «Wirtschaft klimatauglich». Wir wollen, dass die Schweiz ihre CO2-Emissionen deutlich senkt. Und dass wir als Schweizer Unternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen, den Klimawandel zu stoppen, im Inland wie im Ausland. Eine darauf ausgerichtete liberale Wirtschaftspolitik ist eine zentrale Voraussetzung für den Erfolg.

Doch was zeichnet eine klimataugliche Wirtschaft aus? In unserer Publikation «Der Weg in eine klimafreundliche Zukunft» haben wir das bereits 2018 aufgezeigt. Eine klimataugliche Wirtschaft sorgt dafür, dass die Gebäude CO2-neutral werden, der Verkehr elektrifiziert wird und dass stets genügend erneuerbarer Strom zur Verfügung steht. Damit dieser Wandel gelingt, müssen CO2-Emissionen einen korrekten Preis erhalten.

Was auf dem Weg in eine klimataugliche Schweiz nötig ist, zeigen die Projekte, die wir 2019 angepackt haben. Stichwort CO2-Gesetz: Als einziger Wirtschaftsverband verfolgen wir in der laufenden Gesetzesrevision ein CO2-Reduktionziel im Inland, das dem Pariser Klimaabkommen entspricht und verlangen griffige Massnahmen. Stichwort Gebäudesanierung: In diesem Jahr haben wir die Diskussion um einen schweizweiten Fonds für Gebäudemodernisierung lanciert, damit mehr energetische Sanierungen durchgeführt werden. Stichwort Politik: Für die eidgenössischen Wahlen 2019 haben wir die Plattform energy4climate lanciert, die Kandidierende vereint, die sich für eine wirksame Klima- und Energiepolitik einsetzen.

2019 war ein ausserordentliches Jahr, gerade mit Blick aufs Klima. Meteorologisch (global das zweitwärmste Jahr seit Messbeginn), gesellschaftlich (Zehntausende klimabesorgter Menschen auf den Strassen), politisch (starker Zuwachs bei Grünliberalen und Grünen). Und auch bei Unternehmerinnen und Unternehmern spüren wir einen Wandel. Vielen wird klar, dass sie ihr Geschäftsmodell ändern müssen. Dabei reicht es nicht, den Energieverbrauch um ein paar Prozent zu senken oder etwas weniger Plastik zu verwenden. Über kurz oder lang müssen wir aus den fossilen Energieträgern aussteigen und vollständig auf erneuerbare Quellen setzen.

Beispielhaft für dieses Umdenken steht die Initiative CEO4Climate. Diesen Appell der Wirtschaftsführer an die Politik haben wir mitinitiiert. Bereits mehr als 230 Leader der Schweizer Wirtschaft fordern öffentlich einen griffigen Klimaschutz. Sie wollen passende Gesetze, damit nachhaltige Businessmodelle rentabel sind. Uns hat beeindruckt, dass so viele Firmenchefs mit machen und sich persönlich für einen strategischen und gesellschaftlichen Wandel einsetzen.

Unser Engagement für eine klimataugliche Wirtschaft ist gefragt, das zeigen die Mitgliederzahlen. Innert Jahresfrist haben wir 125 neue Mitglieder mit über 26‘000 Mitarbeitenden gewonnen, aus allen Branchen und von Startups bis zu Grossfirmen. Sie alle stärken mit ihrem Beitritt die Stimme für eine klimataugliche Wirtschaft und eine wirtschaftstaugliche Klimapolitik. Und wir setzen alles daran, dass sich der Mitgliederzuwachs im 2020 nochmals beschleunigt. Auch die Basis an Unterstützern wollen wir stärken, Stiftungen ebenso wie Privatpersonen. Denn mit einer klimatauglichen Wirtschaft gewinnen alle – das Klima, die Unternehmen und die Gesellschaft.

Lesen Sie mehr in unserem Jahresbericht!

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Wasserstoff: Energieträger der Zukunft?

Wasserstoff ist beim Ausstieg aus den fossilen Energien ein vielversprechender Energieträger – vorausgesetzt, er wird richtig eingesetzt. swisscleantech zählt gleich vier Unternehmen als Mitglieder, die sich mit dieser Zukunftstechnologie und ihren Anwendungen befassen. Hier fassen wir das wichtigste nochmals zusammen.

Wasserstoff (H2) als Energieträger hat viele Vorteile, zum Beispiel:

  • Keine Abgase, kein CO2: Brennstoffzellen erzeugen Strom aus Sauerstoff und Wasserstoff. Das einzige Abgas, das dabei entsteht, ist Wasserdampf. Das gilt aber nur, wenn H2 aus erneuerbarer Energie hergestellt wird. Dieser heisst denn auch «grüner Wasserstoff». Wird H2 aus fossilen Energien hergestellt (sogenannter «grauer Wasserstoff»), sind die CO2-Emissionen beträchtlich.
  • Grosse Reichweite für Fahrzeuge: Wasserstoff verfügt über eine hohe Energiedichte. Wird er in Fahrzeugen eingesetzt, ist deren Reichweite deshalb fast so hoch wie bei Diesel- und Benzinfahrzeugen. Zum Vergleich: Ein Elektroautos hat eine Reichweite von ca. 500 Kilometer, ein mit einer Brennstoffzelle betriebenes H2-Autos hat eine von ca. 800 Kilometer. Weil die Energiedichte von Wasserstoff deutlich höher als bei einer Batterie, sind die Fahrzeug deutlich leichter. Das macht H2 zu einer attraktiven Technologie für den Schwerverkehr.
  • Ressourcenverbrauch für Brennstoffzelle relativ niedrig: Das einzige seltene Metall, das in einer Brennstoffzelle gebraucht wird, ist Platin. Im Fahrzeugbereich liegt Recyclingrate dafür bei etwa 50 %. Eine E-Auto Batterie ist deutlich schwerer (mehrere 100 Kilogramm) und benötigt grosse Mengen an Lithium und Cobalt. Bis heute wird Lithium in Europa nicht rezykliert, bis 2030 soll die Recyclingquote bei rund 10% liegen.

Wasserstoff (H2) hat aber auch einen substantiellen Nachteil: 

  • Die H2-Technologie ist nicht energieeffizient: Neben diesen Vorteil hat Wasserstoff einen substantiellen Nachteil: die geringe Energieeffizienz. Bis Wasserstoff ein Fahrzeug antreiben kann, muss Energie mehrfach umgewandelt werden (siehe Grafik). Je öfter Energie umgewandelt wird, desto schlechter ist der Wirkungsgrad. Von der Stromherstellung bis zur Verwendung im Motor sind es noch 25-35 Prozent, das heisst bis zu drei Viertel der Energie können nicht genutzt werden. Der Wirkungsgrad eines Elektroautos beträgt 70-80%. Deshalb braucht es dreimal mehr Strom, um die erforderliche Leistung zu erbringen. Daher ist Wasserstoff als Treibstoff auch teurer, als wenn Strom direkt geladen werden kann.

Quelle: SRU Gutachten Seite 81 ff.

 

swisscleantech Position zu Wasserstoff als Energieträger

Wasserstoff als Energieträger kann zur Dekarbonisieren beitragen, wenn die Technologie strategisch richtig eingesetzt wird.

Der Ausstieg aus den fossilen Energien und das Ziel, bis spätestens 2050 den CO2-Ausstoss auf netto-Null zu reduzieren, erfordern eine zunehmende Elekrifizierung des Verkehrs, der Gebäude und der Industrie. Es braucht daher einen starken Ausbau der erneuerbaren Energie (Solar, Wind, etc). Die steigende Nachfrage kann jedoch nur gedeckt werden, wenn Strom möglichst effizient eingesetzt wird. D.h. wo immer eine direkte Stromnutzung möglich ist, muss diese der indirekten Nutzung via H2 vorgezogen werden.

Wichtige und sinnvolle Anwendungsgebiete für H2 sind überall dort, wo die direkte Nutzung von Strom nicht oder nur schwer möglich ist und wo lange Distanzen zurückgelegt werden müssen. Dazu gehören der Schwerverkehr und der Schiffsverkehr. Unsere Mitglieder H2 Energy, GreenGT und Aquon  arbeiten im Schwerverkehr, bei Hochleistungsfahrzeugen und bei Booten bereits an solchen Anwendungen

Ausserdem ist Wasserstoff auch für die saisonale Speicherung von überschüssigem Sommerstrom wichtig. Damit lässt sich im Winter Strom und Wärme produzieren. swisscleantech Mitglied Energie 360° AG dazu arbeitet an Lösungen.

Präsentationen 

Wasserstoff als Energieträger 
Prof. Dr. Markus Friedl, Hochschule für Technik Rapperswil

Politische Einbettung zum Thema Wasserstoff
Anja Kollmuss, swisscleantech 

Projektpräsentationen von swisscleantech-Mitgliedern

Herzlichen Dank an unsere Mitglieder Energie 360° AG, H2 Energy AG, Swiss Sustainable Yachts AG – AQUON und GreenGT

Was bringt das neue CO2-Gesetz?

Das CO2-Gesetz definiert den Weg der Schweizer Klimapolitik. Es ist das wichtigste Instrument der Schweiz bei der Umsetzung eines wirksamen Klimaschutzes. Gegenwärtig wird dieses Gesetz totalrevidiert, da die bestehende Gesetzesgrundlage Ende 2020 ausläuft. Das neue CO2-Gesetz entwickelt die bereits bestehenden Instrumente weiter und füllt einige Lücken des heutigen Gesetzes.

Die wichtigsten Massnahmen, inklusive Kurzbeurteilung

Flottenziele für Neufahrzeuge: Autoimporteure werden angehalten, schrittweise immer effizientere Fahrzeuge zu verkaufen. 2030 sollen die Fahrzeuge im Durchschnitt noch maximal die Hälfte des Benzin- und Dieselverbrauchs pro 100 km aufweisen im Vergleich zu 2019. Ähnliche Regelungen gelten auch für Lieferwagen und LKW.

  • EinschätzungNeben den tieferen Emissionen werden durch die Verbesserung der Automobiltechnik die Betriebskosten halbiert. Es wird erwartet, dass Elektrofahrzeuge schon bald nicht nur im Betrieb und Unterhalt, sondern auch im Kauf günstiger sind als Verbrennungsmotoren. Diese Kosteneinsparungen übersteigen den vorgesehenen, bescheidenen Aufpreis beim Treibstoff (siehe unten) deutlich.

CO2-Kompensation für Treibstoffimporteure: Die CO2-Emissionen aus dem verbleibenden Verbrauch an Diesel und Benzin sollen von den Treibstoffimporteuren um bis zu 90% mit Klimaschutzprojekten im In- und Ausland kompensiert werden. Heute dürfen Treibstoffimporteure die daraus entstehenden Kosten mit Aufschlägen auf Benzin und Diesel von bis zu 5 Rp/l decken. Künftig steigt diese Obergrenze auf 10-12 Rp/l.

  • EinschätzungDiese Mittel finanzieren Klimaschutzprojekte, die wiederum der Wirtschaft und Landwirtschaft zu Gute kommen. Für FahrzeugnutzerInnen ist die Halbierung der Treibstoffkosten durch effizientere (Elektro-)Fahrzeuge relevanter als die geplante Treibstoffpreiserhöhung.

Flugticketabgabe: In der Luftfahrt gilt heute eine Steuerbefreiung von Kerosin. Dies soll sich neu ändern und teilweise mit einer Flugticketabgabe für den öffentlichen Luftverkehr (30 bis 120 CHF/Flugticket ab Schweizer Flughafen) und einer Flugzeugabgabe für grosse Privatflugzeuge ausgeglichen werden. Die Abgaben fliessen bis zur Hälfte in den neuen Klimafonds (siehe unten). Der Rest wird an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt.

  • EinschätzungDie Flugticketabgabe dient als Lenkungsabgabe. In der vorgeschlagenen Form bringt sie den Flugverkehr noch nicht auf einen Paris-kompatiblen Weg, sendet aber ein wichtiges Signal: Klimafreundliche Verkehrsalternativen sollen konkurrenzfähiger werden. Mindestens die Hälfte dieser Abgaben wird pro Kopf wieder rückverteilt, womit jene Passagiere profitieren, die weniger oft fliegen.

CO2-Lenkungsabgabe auf Brennstoffe: Die Obergrenze der heutigen CO2-Abgabe auf Heizöl, Gas und Kohle soll von 120 CHF/t CO2 auf maximal 210 CHF/t angehoben werden. Die Abgabe steigt nur, wenn die Schweiz ihre Zwischenziele bzgl. CO2-Reduktion verfehlt. Neu können sich alle, inkl. kleiner Firmen, von der Abgabe befreien lassen, wenn sie aufzeigen, dass sie bereits wirtschaftliche Klimaschutzmassnahmen umgesetzt haben. Mindestens zwei Drittel der Einnahmen der CO2-Abgabe werden, wie bis anhin, als Rabatt auf die Krankenkassenprämien und die AHV-Arbeitgeberbeiträge an Bevölkerung und Wirtschaft rückverteilt.

  • Einschätzung: Eine erhöhte Lenkungsabgabe bewirkt, dass die Klimafolgekosten zunehmend verursachergerecht bezahlt werden: Jene Haushalte, die eine besonders grosse, mit Öl oder Gas beheizte Wohnfläche beanspruchen, bezahlen netto mehr. Klimafreundlichere Alternativen werden attraktiver: Dank der erhöhten Abgabe lohnen sich Investitionen in den Klimaschutz für Hausbesitzer und Firmen vermehrt. Ein Heizungswechsel zu Fernwärme, Wärmepumpe, Holz oder Solar befreit zwar von der CO2-Abgabe, bedingt meist aber erhöhte Umstellungskosten auf das neue Heizsystem. Ein Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe soll deshalb weiterhin in das Gebäudesanierungsprogramm fliessen und jene HausbesitzerInnen unterstützen, die energetische Verbesserungen in ihren Gebäuden vornehmen.

Emissionsstandard für Gebäude: Ab 2023 (und in Kantonen mit Übergangsfrist ab 2026) soll ein Emissionsgrenzwert gelten, der die CO2-Emissionen auf 20 kg CO2 pro m2 beheizte Wohnfläche begrenzt. Dieser kommt bei einem Heizungsersatz zur Anwendung. Der Einbau einer Öl- oder Erdgasheizungen ist dann nur noch in sehr effizienten Gebäuden möglich. Förder- und Leasingprogramme sollen HausbesitzerInnen für die oft höheren Anschaffungs- resp. Systemwechselkosten entlasten.

  • EinschätzungZunehmend mehr Haushalte profitieren dadurch von klimaverträglichen Heizungen. Diese sind im Betrieb meist günstiger und entlasten damit die Mieter. Ein frühzeitiger Umstieg auf klimafreundliche Heizungsmodelle schützt vor steigenden CO2-Preisen.

Klimafonds: Es soll ein «Klimafonds» aufgelegt werden, der hauptsächlich aus der Teilzweckbindung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe sowie aus der Hälfte der Einnahmen aus der Flugticketabgabe gespiesen wird. 

Einnahmen aus der CO2-Abgabe auf Brennstoffe: Wie bis anhin sollen maximal 33%, resp. 450 Mio. CHF pro Jahr der CO2-Abgabe das Gebäudesanierungsprogramm der Kantone unterstützen. Neu sollen diese Gelder auch weitere Programme, vor allem im Bereich Wärmeversorgung, ermöglichen.

Einnahmen aus der Flugticketabgabe: Die Hälfte der Einnahmen soll die Entwicklung und breite Anwendung neuer Ansätze und Technologien fördern. Die vom Schweizer Konsum im Ausland verursachten Treibhausgasemissionen übersteigen heute die Emissionen in der Schweiz. Dieser Teil des Klimafonds soll deshalb einen Reduktionsbeitrag in derselben Grössenordnung leisten. Konkret sollen CO2-Reduktion in der Wertschöpfungskette von Schweizer Unternehmen oder beim Einsatz von Schweizer Technologie im Ausland finanziell unterstützt werden. Entwickeln Unternehmen neue Klimaschutzlösungen, stehen diesen künftig neben der heutigen Bürgschaft für kleinere Technologie-Projekte auch weitere Unterstützungsinstrumente zur Verfügung. Dadurch können grössere Risiken abgesichert oder der schwierige Übergang vom Prototyp zur Industrialisierung gemeistert werden. Die Mittel sollen auch dazu beitragen, den Klimaeffekt der Luftfahrt deutlich zu senken.

Anpassungsmassnahmen: Der Klimafonds soll auch Anpassungsmassnahmen finanzieren, um nicht mehr abwendbare Folgen des Klimawandels zu reduzieren. Die Land- und Forstwirtschaft, das fragile Alpengebiet und zunehmend unsere Infrastrukturen sind besonders betroffen und benötigen zum Teil teure Schutzmassnahmen. Diese werden aus Auktionserträgen des Emissionshandels-systems, Ersatzleistungen der Fahrzeugimporteure und Bussen aus dem Vollzug finanziert und nicht wie heute ausschliesslich aus allgemeinen Steuereinnahmen.

Finanzplatz: Die Finanzmarktaufsicht und die Schweizerische Nationalbank sollen Klimarisiken explizit ausweisen.

  • EinschätzungEs wird eine erste Grundlage geschaffen, um den grossen weltweiten Klima-Fussabdruck des schweizerischen Finanzplatzes zu reduzieren, was wichtig und im Sinne der Pariser Klimaziele ist.

Fazit 

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass das CO2-Gesetz grossmehrheitlich positive Auswirkungen hat. Von «hohen Kosten» und «ausufernden Subventionen» kann kaum die Rede sein. Von einem modernen und wirksamen CO2-Gesetz profitiert die gesamte Volkswirtschaft: Es entstehen neue Absatzmärkte und zusätzliche Investitionen helfen, die Energie- und Klimaeffizienz in verschiedenen Sektoren zu steigern. Die Mittel für den Klimafonds werden primär verursachergerecht erhoben und zielgerichtet eingesetzt. Die im Gesetzt vorgesehenen Lenkungsabgaben werden zum grössten Teil rückverteilt und sind erwiesenermassen sozialverträglich (siehe Infras-Studie). Um die wissenschaftlich breitabgestützten Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, reicht das neue Gesetz jedoch nicht aus. Dafür bräuchte es ambitioniertere Klimaziele und entsprechend wirksame Politikinstrumente. Das Gesetz erlaubt es aber, Erfahrungen mit neuen Instrumenten zu sammeln, um die vollständige Transformation weg von den fossilen Energien zu begleiten.

CO2-Gesetz im Parlament auf Zielgeraden

Was wir in den kommenden Monaten erwarten

In der Frühjahrssession 2020 kommt die Vorlage nochmals ins Plenum des Nationalrats. Da sie aber erst für die dritte Sessionswoche (18./19. März) traktandiert ist, wird es im Frühjahr noch keine Differenzbereinigung zwischen National- und Ständerat geben. Die Beratungen des Gesetzes können demnach voraussichtlich erst im Sommer 2020 abgeschlossen werden. Die SVP hat bereits angekündigt, dass sie das Referendum ergreifen will. Trifft dies ein, stimmt das Volk wahrscheinlich im Frühjahr 2021 über das Gesetz ab. Da davon auszugehen ist, dass das Referendum abgelehnt wird, würde das neue CO2-Gesetz gemäss diesem Zeitplan Anfang 2022 in Kraft treten.

Was bisher geschah

Die Anfänge der Beratungen zum neuen CO2-Gesetz gehen ein paar Jahre zurück, aber gut Ding will schliesslich Weile haben. Unten kurz zusammengefasst ist die Timeline ab der öffentlichen Vernehmlassungsphase.

  • August bis November 2016: Der Bundesrat führt eine Vernehmlassung zur Klimapolitik der Schweiz nach 2020 durch. swisscleantech diskutiert die Vorlage im Rahmen eines  umfassenden Stakeholderdialogs mit Firmen und Fachpersonen und reicht eine Eingabe ein.
  • Dezember 2017: Nach der Auswertung und Konsolidierung von 256 eingegangenen Vernehmlassungsantworten eröffnet der Bundesrat die Botschaft zur Gesetzesvorlage zuhanden des Parlaments.
  • Januar bis Dezember 2018: Die Umweltkommission des Nationalrats führt eine umfassende Detailberatung der Gesetzesvorlage durch.
  • Dezember 2018: Die Vorlage wird vom Nationalrat abgelehnt: Nachdem die Vorlage in der Plenumsberatung des Nationalrats von der bürgerlichen Seite stark verwässert wurde, wird sie in der Schlussabstimmung von einer sogenannten «unheiligen Allianz» – bestehend aus SVP, die gänzlich gegen die Vorlage ist, gemeinsam mit links-grün, denen die Vorlage zu wenig weit geht – deutlich abgelehnt. Eine Einordnung dazu finden Sie im Blog «97 zu95 Stimmen, oder: das Einmaleins der Schweizer Klimapolitik».
  • Januar 2019: Zurück auf Feld eins: Im Januar 2019 muss die Umweltkommission des Ständerats die Beratungen der Vorlage gänzlich von vorne aufnehmen.
  • Januar-September 2019: Während 9 Monaten führt die Umweltkommission des Ständerats eine umfassende Detailberatung der Gesetzesvorlage durch. Die Dynamik ist deutlich positiver als im Nationalrat. Dazu tragen verschiedene Faktoren bei: Der öffentliche Druck nach dem Scheitern der Vorlage im Nationalrat im Dezember 2018, die Neuausrichtung der Klima- und Umweltpolitik der FDP, internationale Entwicklungen wie Klimastreiks und ambitionierte Zielsetzungen anderer europäischen Länder, etc.
  • September 2019: Die Vorlage wird in Plenum des Ständerats beraten, dieses folgt weitgehend seiner vorberatenden Kommission. Der Vorschlag ist eine solide Grundlage mit Verbesserungspotenzial, wie der einordnende Blog «Ständerat stärkt Klimaschutz im CO2-Gesetz – aber nicht genug» aufzeigt.
  • Oktober 2019-Februar 2020: Die Vorlage geht zurück in den Nationalrat. Die Umweltkommission des Nationalrats nimmt zunächst in alter und dann – nach den eidgenössischen Wahlen 2019 – in neuer Zusammensetzung die Beratungen der Gesetzesvorlage wieder auf.
  • Februar 2020: Am 11. Februar 2020 schliesst die Umweltkommission des Nationalrats die Detailberatung der Vorlage ab. Die Kommission folgt grundsätzlich der Linie des Ständerats und präzisiert, respektive ergänzt die Vorlage. An ein paar Stellen weicht sie von der Version des Ständerats aber auch ab, darunter: bei der Einführung des Emissionsstandards für Gebäude sollen teilweise Übergangsfristen gewährt werden, was die Massnahme abschwächt (Medienmitteilungen der Umweltkommission des Nationalrats resp. Link zum Gesetzestext mit Hintergrundinformationen).

Appenzell Ausserrhoden Gebäudepark rascher sanieren

Gebäude sind für einen Viertel der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Bei der aktuellen Sanierungsrate von nur 1% würde es 100 Jahre dauern, bis der gesamte Gebäudepark modernisiert ist. Damit lassen sich die mit der Energiestrategie 2050 und dem Paris Klimaabkommen gesetzten Ziele nicht erreichen.

Leider nutzt der Kanton Appenzell Ausserrhoden im jetzigen Gesetzesvorschlag die Chancen, die sich mit der Änderung des Energiegesetzes (MuKEn 2014) ergeben, nicht ausreichend. Das zeigt sich darin, dass im aktuellen Vorschlag nicht alle Vorschriften auf die sich die Kantone geeinigt haben, umgesetzt werden sollen. Dies obwohl diese Vorschriften bereits den kleinsten gemeinsamen Nenner der Kantone darstellen. Deshalb regen wir an, die MuKEn 2014 mit allen relevanten Zusatzmodulen umzusetzen und sie an bestimmten Stellen intelligent weiterzuentwickeln.

Ein zentraler Punkt ist der Ersatz fossiler Heizungen. Bestehende Gebäude werden noch immer zu über 80% fossil beheizt. Deshalb braucht es im Schaffhauser Baugesetz verbindliche Vorschriften, die beim Ersatz von Heizsystemen nicht-fossile Alternativen vorsehen. Das Know-how und die Technologie, um einen energieeffizienten und CO2-freien Gebäudepark zu realisieren, sind bereits heute verfügbar.

Gasversorgungsgesetz: Erneuerbare Gase verankern

Die rechtliche Situation des Schweizer Gasmarkts weist kartellrechtliche Unsicherheiten auf. swisscleantech begrüsst deshalb grundsätzlich die Absicht, mit dem Gasversorgungsgesetz auf dem Schweizer Gasmarkt Rechtssicherheit zu erreichen. Dabei muss es das Ziel sein, eine möglichst schlanke Regulierung zu schaffen.

swisscleantech lehnt die vorgeschlagene Teilmarktöffnung ab und regt an, den Schweizer Gasmarkt vollständig zu liberalisieren. Mit einer vollständigen Liberalisierung des Schweizer Gasmarktes wird generell der Wettbewerb gestärkt und innovative neue Geschäftsmodelle können sich etablieren.

swisscleantech regt an, im GasVG einen steigenden minimalen Anteil an Biogas oder anderen erneuerbaren Gasen zu verankern. Alle Gasanbieter sollen angehalten werden, einen Mindestanteil an erneuerbarem Gas einzuspeisen. Als erneuerbares Gas gilt nur solches, das aus Abfallbiosmasse oder – als synthetisches Gas – mit erneuerbarem Strom hergestellt wird. Dieser Anteil soll über die Zeit erhöht werden.

Erneuerbares Gas kann auf dem Weg zur Dekarbonisierung eine wichtige Rolle einnehmen – in Form von Biogas oder in Zukunft als synthetisches Gas; vorderhand steht der Einsatz von Biogas im Vordergrund. Damit Biogas zum Klimaschutz beiträgt, muss es aus Abfallbiomasse gewonnen werden. Abfallbiomasse ist eine der wenigen direkt und in grösserer Menge verfügbaren Ressourcen für CO2-neutrale Energieträger. Potenziale zum weiteren Ausbau sind nach wie vor vorhanden, wenn auch begrenzt, und sollen ausgeschöpft werden.

swisscleantech regt zudem an, die Einspeisung von Gas aus Biomasse und anderen erneuerbaren Energien durch Erzeugungsanlagen im Inland sowie die Aus- und Einspeisung durch Speicher vom Netznutzungsentgelt zu befreien.

Mit agilen Projektmethoden zum Erfolg

Was gibt es besseres als von erfolgreichen und innovativen Unternehmen zu lernen? Was viele Firmen seit längerem beschäftigt, haben die beiden swisscleantech-Mitglieder SEL und Liip bereits umgesetzt: Die Verbindung von Innovation, Agilität und Nachhaltigkeit in der Praxis.

SEL und Liip sind zwei agile Organisationen, letztere lebt seit 2016 Selbstorganisation mit Holacracy. Das bedeutet, es gibt keine Geschäftsleitung, keine strengen Budgets, wie wir sie kennen, aber klare Regeln. Um Entscheidungen zu treffen und die Agilität täglich zu leben, halten sie sich an bestimmte Werte, die in Form von Leitlinien definiert und kommuniziert werden. Mit SEL und Liip haben sich zwei Unternehmen gefunden, die nicht nur dieselben Werte vertreten, sondern auch genug gegenseitiges Vertrauen hatten, um ein gemeinsames Projekt anzugehen, das viel Agilität erforderte.

Intelligente Steuerung, die Eigenverbrauch wirtschaftlich macht

Mit der Energiestrategie 2050 hat die Schweiz gerade im Strommarkt neue Wege eingeschlagen. Seit 2018 können Gebäudeeigentümer erstmals in sogenannten Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (ZEV) Solarstrom anbieten. Das gemeinsame Projekt von SEL und Liip soll das Steuern, Verwalten und Abrechnen von Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch einfach machen. Offline Daten werden in einem benutzerfreundlichen Online-Portal für die individuelle Verwendung aufbereitet. Die beiden Unternehmen möchten damit die ökologisch nachhaltige Stromrevolution vorantreiben: Selber produzierter Solarstrom soll bequem genutzt werden können, wirtschaftlich werden und sich für alle lohnen – vom Investor über den Mieter bis zur Umwelt.

Vorteile von agilen Projektmethoden

Interessant am gemeinsamen Projekt von SEL und Liip ist nicht nur das Ergebnis, sondern eben auch die Methode. Vor allem in Unternehmen mit hierarchisch geprägten Strukturen kommt im Projektmanagement meist das sogenannte Wasserfall-Modell zum Einsatz. Durch die geordneten Strukturen treten aber häufig Probleme bei der Projektabwicklung auf: Verzögerungen, Budgetüberschreitungen, oder die effektiv umgesetzte Lösung entspricht nicht dem, was der Kunde gewollt hat.

Agilere Modelle versuchen diesen Problemen entgegenzutreten – beispielsweise mit dem sogenannten Scrum-Modell. Liip setzt seit über 10 Jahren auf Scrum und gehört damit zu den ersten der Branche in der Schweiz. Statt alles auf einmal am Schluss umzusetzen, wird schnell und in kleinen Schritten sogenannte Sprints gearbeitet. Damit ist  kontinuierliches Adaptieren möglich. Die Erst- und Zwischenergebnisse sollen möglichst rasch mit dem Endkunden getestet werden, um lernen und verbessern zu können.

Dass eine agile Methode zu Erfolg führen kann, haben SEL und Liip bewiesen. Die angeregten Diskussionen zeigten deutlich, dass viele Unternehmen sich bereits intensiv mit Agilität und digitalem Fortschritt beschäftigen.

Neue Businessmodelle fördern

swisscleantech setzt sich dafür ein, dass innovative Businessmodelle eine Plattform bekommen und gehört werden. Dies funktioniert am besten im direkten Austausch mit den Unternehmen. Fabian Etter, Vizepräsident swisscleantech, zeigte auf, wie vielseitig das Thema ist. Bei einer erneuerbaren Stromversorgung müssen wir uns überlegen: Wo kommt der Strom her und wie verteilen wir ihn? Wichtig sind gute Anreize, Liberalisierung und klare Regeln für ZEV (siehe Projekt von SEL und Liip). In der Kreislaufwirtschaft arbeiten wir bei der Förderung zirkulärer Businessmodelle eng mit Circular Economy Switzerland zusammen. Auch beim Gebäudepark ist die Herausforderung gross: Statt aktuell nur 1% müssten dreimal so viele Bestandsgebäude klimagerecht modernisiert werden. Als möglichen Ansatz schlägt swisscleantech einen Modernisierungsfonds vor, der aktuell getestet wird. 

Bei den vielen Herausforderungen ist es wichtig zu erkennen, dass bereits überall an Lösungen gearbeitet wird. Melden Sie sich gerne bei uns, wenn Sie Mitglied sind und Ihr innovatives Projekt vorstellen möchten.

 

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Haben Sie am Member2Member-Anlass mit SEL und Liip teilgenommen? Wir sind froh um Feedback. Danke, wenn Sie sich kurz Zeit nehmen für unsere Umfrage.

Download der Präsentation Liip und SEL (PDF)

Download der Präsentation von Fabian Etter, swisscleantech (PDF)