Solarenergie: Chancen erkennen und rechtzeitig nutzen

Die Frage, ob das Solarpotenzial tatsächlich so gross ist wie es das Bundesamt für Energie (BFE) gemäss einer Studie des Berner Ingenieurbüros Meteotest analysiert hat, oder ob es eher so klein ist wie es eine neue Studie der ETH Lausanne (EPFL) besagt, ist nur einer der Aspekte, die im Artikel aufgeführt werden und sehr unterschiedlich interpretiert werden können.

Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Analysen nur insofern, als dass die eine, nämlich die pessimistischere der EPFL, die Struktur der Dachflächen als gegeben annimmt. Gerade dies ist aber eine Annahme, die es zu hinterfragen gilt. Wenn wir davon ausgehen, dass Solarenergie tatsächlich eine wichtige Rolle in der zukünftigen Stromversorgung einnehmen muss, stellt sich die Frage, wo die dafür notwendigen Flächen herkommen sollen. Zur Verfügung stehen Freiflächenanlagen oder Gebäudeflächen, aber auch Parkplätzen und anderen Infrastrukturanlagen. Bereits ein Bruchteil der Siedlungsfläche von 3000 km2 wäre ausreichend, um die notwendige Solarenergie zu produzieren.

Die Aussage, dass nicht alle Dächer für Solarenergie geeignet sind, ist eine Momentaufnahme. Natürlich eignen sich Dächer mit einzelnen Lukarnen nicht optimal für Solaranlagen. Sie sind aber auch für die Wohn- oder Büronutzung nicht optimal.

Dachstrukturen sind das Resultat einer architektonischen Tradition. Hier kann man ansetzen, denn zwei andere wichtige Stossrichtungen der Energiewende laufen mit dem Interesse nach zusätzlichen Solaranlagen synchron. Einerseits sollten wir verdichteter bauen und andererseits die Gebäude – insbesondere deren Dächer – besser isolieren. Wird beides miteinander kombiniert und zusätzlich bei der Planung und Gestaltung darauf geachtet, dass die Dächer für Solarenergie optimiert werden, ergibt sich ein Potenzial mit dreifachem Nutzen: bessere Energieeffizienz und Wohnqualität, mehr Wohnfläche und zusätzliche Solarproduktion.

Wenn wir vor der Wahl stehen, unsere Landschaft und Seen mit Solaranlagen zu übersäen, oder alternativ unsere architektonische Tradition an die Bedürfnisse der Energieerzeugung anzupassen, sollten wir wohl Letzteres tun. Wir sollten nicht vergessen, dass in der dichtbesiedelten Schweiz Widerstände gegen Freiflächenanlagen zu erwarten sind.

Ähnlich pessimistisch wird im Artikel das Abregeln von Solaranlagen und die Verfügbarkeit von Speichern dargestellt. Damit wir das Abregeln der Spitzenleistung wie auch die notwendigen Speicherkapazitäten richtig einordnen können, muss berücksichtigt werden, dass das Kappen der Leistungsspitzen nur zu einem sehr geringen Abfall der Energieproduktion bei Solaranlagen führt. Die Auswirkungen einer Reduktion der Leistungsspitzen verschlechtert deshalb die Kostensituation bei Photovoltaikanlagen kaum. Werden die obersten 30 Prozent der Leistung einer Solaranlage abgeregelt, reduziert sich die produzierte Strommenge um weniger als 5 Prozent. Mit den ständig sinkenden Batteriekosten wird auch die Zwischenspeicherung der produzierten Energie rentabler. Gerade in der Batterieentwicklung sind wir erst am Anfang einer rasanten technischen Entwicklung. Im Verbund mit Pumpspeichersystemen und anderen Kurzzeitspeichern werden die Batterien dafür sorgen, dass das Stromversorgungssystem trotz volatiler Produktion stabil bleibt.

Damit eröffnet sich für die Schweiz ein interessantes Businessmodell: Strom aus volatilen Quellen dann einzukaufen, wenn er in Europa verfügbar ist und zusätzlich Spitzenstrom aus den flexiblen Kraftwerken in den Bergen zur Verfügung stellen, wenn Strom in Europa knapp werden sollte. Fazit: Die klimaneutrale Schweiz ist zu schaffen, wenn wir die Chancen erkennen und rechtzeitig nutzen.

 

Quelle: NZZ am Sonntag, «Gegen den Strom», 5. Juli 2020.

Bitte die Energieeffizienz nicht unterschätzen!

Beispiel Fernwärme: Die Studie setzt bei ihren Prognosen stark auf diese Energieform, und das durchaus zu Recht. Insbesondere in hoch verdichteten Innenstädten führt wohl kein Weg an Fernwärme-Netzen vorbei, wenn die heute üblichen Ölheizungen eliminiert werden sollen. Richtigerweise hält die Studie fest, dass dies nur möglich ist, wenn die Gemeinden dazu die richtigen Massnahmen ergreifen. Ohne Energierichtplan mit verbindlicher Anschlusspflicht und ohne Bereitschaft, in die Vorfinanzierung zu gehen, wird es sehr schwierig, solche Netze zu realisieren.

Gleichzeitig wächst die Rentabilität von Fernwärmenetzen mit dem Wärmebedarf entlang der Leitung. Fernwärmenetze haben deshalb vor allem in den Kernstädten eine Zukunft – in den weniger dichten Agglomerationsgürteln jedoch nicht unbedingt, denn dort wird sich der Wärmebedarf aufgrund besserer Energieeffizienz der Gebäude verringern. Aus Sicht von swisscleantech ergibt sich deshalb hier ein Vorbehalt zu den Aussagen der Studie.

Einen Vorbehalt haben wir auch bezüglich der Aussage, dass Holz vor allem für die Beheizung zu verwenden sei. Will die Schweiz bis 2050 CO2-neutral werden, muss sie auf fossile Rohstoffe verzichten – nicht nur bei der Energieerzeugung, sondern auch in der chemischen Industrie oder beim Bau. Natürlich sollte auch Holz dort eingesetzt werden, wo es im Kampf gegen die Klimakrise am meisten bringt – und das ist nicht als Brennstoff. Wärmepumpen sind im Normalfall die bessere Wahl.  Anders sieht es aus, wenn für spezielle Prozesse Temperaturen über 80°C gefordert sind. Hier kann Holz eine nützliche Alternative zu fossilen Brennstoffen sein.

Fazit: Wollen wir in der Schweiz spätestens 2050 alle Gebäude ohne CO2-Ausstoss heizen und gleichzeitig vollständig aus den fossilen Rohstoffen aussteigen, dann ist es matchentscheidend, die Gebäudeeffizienz zu verbessern. Fernwärme macht überall dort Sinn, wo auch nach einer umfassenden Effizienzsteigerung ein hoher Energiebedarf vorhanden ist, und Holz oder Abfallbiomasse sollten nur dort als Brennstoffe eingesetzt werden, wo hohe Temperaturen gefordert sind. Dann kommt es gut.    

Mehr Informationen zur erwähnten Studie und zur Wärme Initiative Schweiz

CO2-Gesetz: Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung

Als in der Wintersession 2018 das CO2-Gesetz durch den Nationalrat zuerst verwässert und dann versenkt wurde, standen die Zeichen für eine engagierte Schweizer Klimapolitik schlecht. Seither hat sich die Situation, trotz oder gerade wegen der COVID-19-Pandemie, deutlich verändert. Gestern hat der Nationalrat ein CO2-Gesetz verabschiedet, das zwar weiterhin Verbesserungspotenzial aufweist, jedoch eine solide Basis für eine Paris-kompatible CO2-Gesetzgebung für die nächsten zehn Jahre legt.

Nachdem das Parlament 2018 noch beschlossen hatte, überhaupt kein verbindliches Ziel für Inlandreduktionen festzulegen, hat der Nationalrat nun für den Ständerat die Latte hoch gelegt und den Inlandanteil am Gesamtziel auf 75 Prozent erhöht. Die Vorlage sah ursprünglich nach der Beratung im Ständerat einen Inlandanteil von 60 Prozent vor, wie es auch der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Mit dem vom Nationalrat vorgeschlagenen Ziel ist die Schweizer Klimapolitik noch immer nicht auf einem Paris-kompatiblen Pfad, aber eindeutig besser unterwegs.

Auch im Bereich der Massnahmen ist der Nationalrat nicht vom eingeschlagenen Pfad abgewichen. Beispielsweise wurden Lenkungsabgaben wie die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe gestärkt, Bestimmungen zur Förderung der Effizienz der Fahrzeugflotte verabschiedet oder eine Flugticketabgabe mit grosser Mehrheit überwiesen – trotz neuerlicher Kontroverse im Vorfeld.

«Nun ist es am Ständerat, den Deckel draufzumachen und das CO2-Gesetz endgültig zu verabschieden.», freut sich Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech.

Weiter kann festgehalten werden, dass die COVID-19-Pandemie das Bekenntnis der Schweizer Wirtschaft zu einer wirksamen Klimapolitik nicht abgeschwächt hat. Im Gegenteil: Nicht nur im Parlament, auch bei den Schweizer Unternehmen wird am eingeschlagenen Kurs festgehalten. So haben mehr als 400 Firmen den Aufruf #CEO4Climate – für eine Klimapolitik mit Weitsicht unterzeichnet. Dasselbe Bild ergab eine Umfrage unter 3000 Schweizer Firmen zum Thema Klimawandel, die swisscleantech in den letzten Wochen durchgeführt hat. Mit über 90 Prozent sprachen sich die teilnehmenden Firmen (rund 600 an der Zahl) für eine engagierte Klimapolitik aus (Link zur Umfrage). Diese Einstellung bestätigt auch Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech.

«COVID-19 soll die Wirtschaft nicht daran hindern, die bereits beschlossenen Massnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Im Gegenteil: mit einer proaktiven Klimapolitik kommt die Schweiz auch besser und nachhaltiger aus der aktuellen Krise heraus. Das vom Nationalrat beschlossene CO2-Gesetz stellt die Weichen dafür»

Klimaschutz muss auch in der COVID-19-Krise auf der politischen Agenda bleiben

swisscleantech hat sich Gedanken gemacht, wie es mit der Wirtschaft und dem Klima nach der COVID-19-Pandemie weitergeht. Dabei hat uns interessiert, was unsere Mitglieder und weitere Firmen aus dem näheren Umfeld der klimatauglichen Wirtschaft denken. Aus diesem Grund hat swisscleantech zwischen dem 23. April und dem 7. Mai 2020 eine Online-Umfrage durchgeführt und diese an rund 2000 Personen von Schweizer Unternehmen geschickt. Zusätzliche Personen konnten über die sozialen Medien erreicht werden. Mit fast 600 Personen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, war die Resonanz gross.

Besonders interessiert haben uns persönliche Erfahrungen sowie die Frage, welchen Einfluss die COVID-19-Krise auf politische und wirtschaftliche Aspekte des Klimaschutzes hat. Die Ergebnisse zeigen einerseits, dass Klima-und Umweltthemen in der aktuellen Krise ebenso stark dominieren. Andererseits gibt es nachhaltig orientierte Firmen quer durch alle Branchen gibt, die bereit sind, Massnahmen für den Klimaschutz umzusetzen. Jetzt erst recht!

«Die Covid-19 Pandemie lehrt uns, dass wir Risiken frühzeitig adressieren müssen. Wir haben jetzt die Chance, neue Wege für eine klimafreundliche und klimaresistentere Wirtschaft zu beschreiten.», Dr. Barbara Dubach, Geschäftsführerin engageability Leiterin Wissens- & Technologietransfer NFP 73, Vorständin swisscleantech

Gegen 90% der Befragten betonen, dass es nun einen Effort brauche, damit das Klima nicht von der politischen Agenda verschwinde. Genau dafür setzt sich swisscleantech ein. Über die Frage, wie Klimaschutz die COVID-19-Krise und die politische Agenda zusammenhält, hat swisscleantech, zusammen mit dem Verband öbu, eine Kurzstudie verfasst. Mehr Infos dazu finden Sie hier.

Generelle Auswirkungen der COVID-19-Krise

Die COVID-19-Krise hat den Alltag auf den Kopf gestellt und die Berichterstattung der Medien über Wochen hinweg dominiert. Dennoch sagen die meisten Befragten, dass sie Klima- und Umweltthemen derzeit am meisten beschäftigten (66%) – mehr als die COVID-19-Krise (63%) und mehr als die wirtschaftliche Stabilität (43%). Weniger Gedanken machen sich die Befragten um die Zukunft ihres Unternehmens (33%) und um ihre persönliche Situation (26%).

«Kaum jemand hätte vor drei Monaten gedacht, dass so einschneidende Massnahmen ohne Zögern umgesetzt würden. Entschlossenes Handeln als Kollektiv ist möglich. Die Klimakrise fordert von uns ähnliches.», Thomas Schneider, Bankratspräsident BLKB, Vorstand swisscleantech

Die COVID-19- und die Klimakrise hängen zusammen und zwar nicht nur, weil aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zwangspause die CO2-Emissionen kurzfristig zurück-gehen. Die grosse Mehrheit der Befragten sieht in der aktuellen Situation generelle und längerfristige Chancen für den Klimaschutz. Zwei Themen stehen dabei im Fokus: die COVID-19-Krise könnte die lokale Beschaffung stärken und das Mobilitätsverhalten nachhaltiger werden.

Immerhin 44% der Befragten rechnen damit, dass sie ihr Mobilitätsverhalten auch in Zukunft ändern werden. Über die Hälfte ist der Ansicht, dass die Art, wie wir arbeiten, langfristig durch die COVID-19-Krise beeinflusst wird. Während des Lockdowns hatten bereits drei Viertel der Befragten ihre tägliche Arbeitsweise angepasst.

«COVID-19 beschleunigt die Digitalisierung enorm. Ganze Geschäfts-prozesse, Kundenkommunikation und Teamkollaboration finden virtuell statt. Weniger Geschäftsreisen – das erhöht die Effizienz und leistet einen wertvollen Beitrag gegen den Klimawandel.», Marcel Winter, Country Manager AFRY Gruppe Schweiz, Vorstand swisscleantech

Wie sich die COVID-19-Krise auf die Unternehmen auswirkt

Rund 60% Befragten rechnen damit, dass sich das wirtschaftliche Umfeld für ihr Unternehmen durch die COVID-19-Krise eher oder sicher verschlechtern wird. Am grössten ist die Skepsis im Marketing- und Kommunikationssektor, weniger kritisch werden die Aussichten in den Bereichen Logistik, Energiewirtschaft und Bildungswesen gewertet.

«Innert kurzer Zeit sind globale Wertschöpfungsketten zusammenge-brochen. Umso wichtiger ist nun der Auf- und Ausbau resilienter und klimatauglicher Strukturen. Die Kreislaufwirtschaft bietet hierzu Ansätze für ressourcenschonende, lokalere und zukunftsfähige Geschäftsmodelle.», Marco Grossmann, Partner und Mitglieder der Geschäftsleitung, Leiter «Grüne Wirtschaft», ecos AG, Vorstand swisscleantech

Erfreulich ist jedoch, dass nur weniger als 10% aller Firmen angeben, dass sie Investitionen in Klimaschutzprojekte oder in klimataugliche Produkte zurückstellen oder ganz streichen werden. Mehr als 50% von allen Firmen lassen sich vom eingeschlagenen Kurs nicht abbringen, mehr als 10% wollen in Zukunft sogar vermehrt auf nachhaltige Produkte setzen. Gleichzeitig zeigen auch diese Resultate eine gewisse Unsicherheit: Fast 20% der Firmen können zurzeit noch nicht sagen, ob sie ihr Investitionsverhalten in diesem Bereich ändern werden.

«Der Weg zu Enkeltauglichkeit führt über die Innovation. Der richtige Zeitpunkt für Innovation ist jetzt!», This Schwendimann, Verwaltungsratspräsident & Geschäftsleitung Schwendimann AG und Geschäftsleitung System Alpenluft AG, Vorstand swisscleantech

Was der Staat jetzt tun soll

Gegen 90% der Befragten betonen, dass es nun einen Effort brauche, damit das Klima nicht von der politischen Agenda verschwindet. Gleichzeitig gehen die Teilnehmer*innen davon aus, dass jetzt ein günstiger Moment sei, um die Transition hin zu einer klimatauglichen Wirtschaft einzuleiten. Grosser Konsens besteht auch darin, dass die internationale Zusammenarbeit in der Bekämpfung des Klimawandels intensiviert werden muss. Dies ist auch ein klarer Auftrag an den Bundesrat, dass er in den internationalen Klimaverhandlungen weiterhin eine starke Rolle einnehmen soll.

Mehr als 40% der Teilnehmenden halten ein öffentliches Konjunkturprogramm eher für sinnvoll. Besonders beachtenswert ist, dass eine grosse Mehrheit (93%) der Meinung ist, dass ein Konjunkturprogramm konkrete Forderungen an den Klimaschutz enthalten sollte. Somit sehen viele der Befragten eine Chance darin, dass Konjunkturprogramme den Weg hin zu einer klimatauglichen Wirtschaft freimachen können.

«Das Massnahmenpaket des Bundes sowie die SNB helfen kurzfristig, um die Wirtschaft zu stützen und Arbeitsplätze zu erhalten. Längerfristige Unterstützungen müssen mit Bedacht gewählt werden – sie sollen nicht aktuelle Strukturen zementieren, sondern Innovation fördern und Anreize auf dem Weg in eine klimatauglichere Zukunft setzen.», Dr. Cornelia Luchsinger, Key Account Managerin ZKB, Vorständin swisscleantech

Worauf es beim Klimaschutz ankommt

Darauf angesprochen, welche Aspekte im Kampf gegen die Klimakrise besonders wichtig sind, ergibt sich ein erstaunlich deutliches Bild: die Politik muss im Engagement gegen die Klimakrise eine herausragende Bedeutung einnehmen. Auf der Massnahmenebene wurde von den Teilnehmer*innen mit über 70% angegeben, dass sie der Meinung sind, Energiepreise seien heute zu tief.

«Wirtschaft und Bevölkerung wollen jetzt konkret den Ausstoss von CO2 reduzieren und die Kreislaufwirtschaft fördern. Dafür soll die Politik passende Anreize und Spielregeln setzen.», Roger Nordmann, Nationalrat SP Waadt, Präsident swissolar, Vorstand swisscleantech

Mehr als 50% monierten auch, dass Anreize für Investitionen zu klein seien. Dies deckt sich mit der hohen Zustimmung (75%) zur Aussage, dass fehlender politischer Konsens heute eine der grössten Herausforderungen beim Klimaschutz darstellt und eine engagierte Klimapolitik bremst. Diese Antwort zeigt, wie wichtig die Aufgabe von Verbänden wie swisscleantech ist. Wir sehen unsere Aufgabe genau darin, zu helfen, dass politischer Konsens über die Parteigrenzen hinaus möglich wird. Wir sind überzeugt: die klimataugliche Wirtschaft nützt allen.

Als zweite grösste Herausforderung werden mit 73% zu billige fossile Energieträger genannt. Hingegen sind nur etwa 15% der Teilnehmenden der Ansicht, dass zu wenig Technologien vorhanden sind, um den Herausforderungen der Klimakrise gerecht zu werden. Auch wirtschaftliche Nachteile, die aus einem engagierten Kampf gegen die Klimakrise entstehen können, spielen für die Teilnehmenden eine untergeordnete Rolle.

«Energie- und Ressourcenverbrauch müssen einen verursacher-gerechten Preis haben, damit sie nicht im Übermass konsumiert werden. So wird die Energie- und Ressourceneffizienz gesteigert und der Verbrauch ohne Nutzen reduziert.», Jürg Grossen, Präsident glp und Nationalrat, Inhaber und Geschäftsführer Elektroplan Buchs & Grossen AG und ElektroLink AG, Vorstand swisscleantech

Die finanzielle Belastung, sowohl auf der Ebene des individuellen Haushalts als auch der Schweizer Wirtschaft, wird von weniger als 10% der Befragten als Herausforderung im Klimaschutz genannt. Dies ist konsistent mit der Antwort, welche auf die Fragen, ob weitere Steuern oder Abgaben sinnvoll wären, um die Wirkung der Massnahmen gegen die Klimakrise zu verstärken, gegeben wird. Eine überragende Mehrheit von 80% aller Teilnehmenden beantworteten diese Frage mit «Ja» oder «Eher ja».

Erfreulich ist, dass alle sechs Ziele, welche der Wirtschaftsverband swisscleantech sich in seiner «Agenda 2030» gesetzt hat, bei den Befragten auf grosse Resonanz stossen. Abgesehen vom Aspekt der nachhaltigen Beschaffung, der den Befragten möglicherweise zu unscharf oder zu wenig bewusst ist, finden alle Ziele jeweils bei über 40% aller Befragten eine Bestätigung. Dabei muss berücksichtigt werden, dass aus den sechs zur Verfügung gestellten Ziele jeweils nur drei ausgewählt werden konnten. Dass fast alle Ziele bei dieser schwierigen Auswahl gleich bewertet wurden, zeigt deutlich: Die Kursrichtung für die Arbeit von swisscleantech stimmt.

«Mit den sechs Zielen der Agenda 2030 identifiziert swisscleantech die richtigen Themen und setzt den Kurs für eine klimataugliche Wirtschaft.», Cédric Jeanneret, Mitglied der Geschäftsleitung «Energie Transition» Services Industriels Genève (SIG), Vorstand swisscleantech

Download gesamter Bericht (PDF)

Konzepte für die Mobilität der Zukunft

Nicht nur wegen der Emissionen, sondern auch wegen des Landverbrauchs ist eine nachhaltige Mobilität nur möglich, wenn wir auch über unser Verkehrsverhalten nachdenken. Drei Ansatzpunkt wurden im Webinar von swisscleantech intensiv diskutiert.

Im ersten Referat stellte Martin Ruesch, Leiter Verkehrs- und Transportberatung Zürich von Rapp Trans eine Studie vor, die mit der Methode des Backcastings erarbeitete, welche Massnahmen auf dem Weg zu einer CO2-freien Güterlogistik in den Städten notwendig wären. Die Studie demonstriert, dass es möglich ist, dieses Ziel zu erreichen. Es lässt sich jedoch nicht durch eine einzelne Massnahme erreichen. Verschiedene Stossrichtungen wie neue Antriebe, aber auch neue Versorgungskonzepte – zum Beispiel unterirdische Versorgungswege –  und sogar Veränderungen im Konsumverhalten müssen zusammenspielen, damit dieses Ziel erreicht werden kann. Entscheidend ist auch der Wille zur politischen Gestaltung.

Im zweiten Referat stellte Dr. Roman Rudel, Institutsleiter – Fachhochschule Südschweiz (SUPSI), ein Forschungsprojekt vor, in dem versucht wurde, das Mobilitätsverhalten von Teilnehmenden durch eine App zu beurteilen und zu beeinflussen. Tatsächlich liess sich durch das Projekt eine nachhaltige Optimierung des Verkehrsverhaltens hin zu mehr Nachhaltigkeit nachweisen. Wichtige Faktoren, um eine Veränderung zu erreichen, sind Transparenz und Gamification. Wie auch aus Projekten zur Motivation für die Energieeffizienz bekannt ist, ist der Vergleich mit anderen Personen ein starker Treiber für eine Verhaltensänderung. Auch die Möglichkeit, an der Verlosung von Preisen teilzunehmen, kann Teilnehmende dazu motivieren, sich umweltgerechter zu verhalten. Aufgrund des Studiendesigns stellt sich jedoch die Frage, ob durch die Auswahl der Versuchsteilnehmenden möglicherweise Personen selektioniert wurden, die bereits sensibilisiert sind. Damit eine solche App tatsächlich eine Wirkung erzielen würde, müsste es möglich sein, sie breitflächig zur Anwendung zu bringen.

Im dritten Referat stellte Daniel Jan Reck von der ETH Zürich Untersuchungen zur Verwendung von Sharing-Modellen vor. Aufgrund der Resultate kann davon ausgegangen werden, dass Sharing zwar einen Effekt hat, jedoch nur dann die Umweltauswirkungen deutlich verbessert, wenn gleichzeitig eine Veränderung im Mobilitätsverhalten stattfindet. Ersetzt beispielsweise das Sharing-Modell einen Zweitwagen, ergibt sich eine geringe Reduktion im Energieverbrauch, weil die Sharing-Fahrzeuge in der Tendenz kleiner sind. Zudem wird die Anzahl der Fahrzeuge und damit die benötigte graue Energie reduziert. Die Fahrleistung nimmt jedoch nicht ab. Es ist deshalb wichtig, dass Sharing-Konzepte in ein Gesamtökosystem eingebaut sind, welches den Nutzer dazu animiert, auf ein eigenes Fahrzeug zu verzichten und eher den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Erst dann führt Carsharing zu einer besseren Umweltbilanz im Verkehr.

In einem abschliessenden Panel waren sich die Referenten einig, dass «Raum» eine knappe Ressourcen in der Schweiz ist – besonders in den Agglomerationen. Es ist deshalb erstaunlich, dass die Diskussion, ob die Nutzung des Raums etwas kosten dürfe, nicht geführt wird. Aus ökonomischer Sicher verwundert es jedoch nicht, dass ein Gut, das knapp ist, aber keinen Preis hat, übernutzt wird. Die Folge davon sind Staus. Eine mögliche Lösung wäre es, der Raumnutzung einen Preis zugeben. Ein Teilnehmer merkte richtigerweise an, dass dies eine herausfordernde Diskussion sei. Die Panelteilnehmenden waren sich einig darin, dass diese Diskussion dringend geführt werden müsse.

Präsentationen zum Download

Auch in der COVID-19-Krise müssen Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung auf der Agenda bleiben

Die COVID-19-Pandemie verlangt, dass sich Volkswirtschaften besser gegen Krisen wappnen und widerstandsfähiger werden. Das gleiche trifft auf die sich anbahnenden globalen Krisen durch den Verlust an Biodiversität und den Klimawandel zu. Klimataugliches Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung werden zur Notwendigkeit.

«Bis 2030 müssen weltweit entscheidende Massnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstosses und zum Erhalt der Artenvielfalt umgesetzt sein, wenn wir drastische Schritte, wie sie nun gegen die COVID-19-Pandemie ergriffen werden, vermeiden wollen. Die aktuelle Notlage darf nicht dazu führen, dass Umwelt- und Klimabedrohungen von der politischen Agenda verdrängt werden.», sagt Fabian Etter, Co-Präsident von swisscleantech.

Eine resiliente Wirtschaft fördern

Märkte sind gut geeignet, um wirtschaftliche Effizienz zu schaffen. Sie sind jedoch nicht geeignet, Widerstandsfähigkeit («Resilienz») gegen gesellschaftliche Schocks zu schaffen, auch das hat die COVID-19-Krise vor Augen geführt.

«Um Krisen wie COVID-19 oder die Klimakrise zu bewältigen braucht es beides: Politische Rahmenbedingungen, welche Resilienz und Nachhaltigkeit einfordern; und den Markt, in dem die Wirtschaft dies effizient umsetzt. Ich hoffe, dass wir die Corona-Krise auch als Chance verstehen, um unser Wirtschaftssystem stabiler zu machen, zum Wohl der Gesellschaft und innerhalb der ökologischen Grenzen.», sagt öbu-Präsident Dr. Arthur Braunschweig.

Massnahmen für eine zukunftsfähige Wirtschaft

Die COVID-19-Krise wird zu einer spürbaren Rezession führen. Diese Aussichten werden politische Akteure dazu bewegen, Konjunkturprogramme zu verlangen. öbu und swisscleantech beurteilen Programme, die öffentliche Investitionen und den Konsum steigern, eher skeptisch. Beide Wirtschaftsverbände befürworten es stattdessen, wenn Massnahmen verstärkt werden, die eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern. Dadurch wird auch die Wirtschaft stimuliert:

  1. Stärkung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Lieferketten. Dank Innovation und guten Rahmenbedingungen können die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten gestärkt werden. Lokal verfügbare Produkte und Rohstoffe mit kürzeren Lieferketten steigern die Resilienz des Wirtschaftssystems und reduzieren Abhängigkeiten. Dies fördert die lokale und regionale Wirtschaft, reduziert den CO2-Ausstoss und den gesamten Rohstoffverbrauch.

  2. Förderung der erneuerbaren Energien und der Effizienz stärkt lokale Resilienz.
    Zwar ist die Schweiz bei der Stromversorgung kurzfristig weitgehend autonom, doch die gesamte Energieversorgung basiert nach wie vor zu mehr als zwei Dritteln auf fossilen Brenn- und Treibstoffen, bei denen die Schweiz zu 100% von Importen abhängt. Wichtig sind neue Produktionsanlagen, eigene Speicherkapazitäten, verlässliche Partnerschaften und Gebäudesanierungen.

  3. Verhinderung unwirtschaftlicher Investitionen («stranded assets»).
    Alle Konjunkturmassnahmen sollten darauf geprüft werden, ob sie die Anforderungen an eine klimaneutrale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Im Rahmen der Wirtschaftshilfe dürfen keine Infrastrukturen geschaffen werden, welche die Abhängigkeit zukünftiger Generationen von fossilen Brenn- und Treibstoffen verstärken.

  4. Geeignete Massnahmen für einen zukunftsorientierten Strukturwandel. Bund, Kantone und private Unternehmen fördern bereits heute mit Blick auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele diesen Strukturwandel. Massnahmen, um die Konjunktur zu stabilisieren, sollten mit diesen Strukturreformen verknüpft werden.

Weiterführende Informationen: Positionspapier von öbu und swisscleantech

Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung nach der COVID-19-Krise

Denn: genauso wie die COVID-19-Pandemie, verlangen auch die sich anbahnenden globalen Krisen, wie beispielsweise der Verlust an Biodiversität oder die Klimakrise, dass die Volkswirtschaften widerstandsfähiger werden und rechtzeitig vorsorgen. Klimataugliches Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung werden zur Notwendigkeit.

Anders als bei der COVID-19-Pandemie sind die Auswirkungen der Klimakrise schleichend. Bei beiden Gefahren müssen Massnahmen primär lokal ergriffen werden, doch für den Erfolg braucht es die globale Zusammenarbeit. Denn auch Klimaschutz macht an keiner Landesgrenze Halt.Internationale Institutionen müssen zwingend gestärkt werden, damit rechtzeitiges Handeln möglich bleibt. Bereits bis 2030 müssen entscheidende Massnahmen weltweit umgesetzt sein, wenn wir Notfallszenarien wie die jetzigen vermeiden wollen.

Märkte sind gut geeignet, um wirtschaftliche Effizienz zu schaffen. Sie sind jedoch nicht geeignet, Widerstandsfähigkeit («Resilienz») gegen gesellschaftliche Schocks zu schaffen. Für die Krisenbewältigung braucht es beides: politische Rahmenbedingungen, die Massnahmen zur Resilienz einfordern und den Markt, der diese effizient umsetzt.

Eine resiliente Wirtschaft fördern

Die COVID-19-Krisewird zu einer spürbaren Rezession führen. Diese Aussichten werden politische Akteure dazu bewegen, Konjunkturprogramme zu verlangen. swisscleantech und öbu beurteilen Programme, die öffentliche Investitionen und den Konsum steigern, eher skeptisch: Konjunkturprogramme wirken oft im falschen Moment, der Spielraum für Konjunkturpolitik ist in der Schweiz begrenzt und sie beschränkt sich oft auf bekannte Lösungen, womit Innovation eher behindert statt gefördert wird.

Aus diesem Grund befürworten öbu und swisscleantech statt eines Konjunkturprogrammes eher die Verstärkung derjenigen Massnahmen, welche in der Schweiz eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern. Dazu gehört auch, dass bereits laufende oder beschlossene Massnahmen für eine nachhaltige, klimataugliche Wirtschaft nicht aufgeschoben oder gar aufgehoben werden. Folgende konkrete wirtschaftliche Aspekte sind zudem wichtig:

  1. Stärkung der Kreislaufwirtschaft und nachhaltiger Lieferketten. Dank Innovation und guten Rahmenbedingungen können die Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten gestärkt werden. Lokal verfügbare Produkte und Rohstoffe mit kürzeren Lieferketten steigern die Resilienz des Wirtschaftssystems und reduzieren Abhängigkeiten. Dies fördert die lokale und regionale Wirtschaft, reduziert den CO2-Ausstoss und den gesamten Rohstoffverbrauch. Wächst der Anteil der Kreislaufwirtschaft, stärkt dies lokale gegenüber globalen Lieferketten und führt zu einer Re-Industrialisierung, bei der Produktionsstandorte in Europa und in der Schweiz gestärkt werden. Dies ist besonders für systemkritische Grundmaterialien und Komponenten wichtig.
  2. Förderung der Produktion erneuerbarer Energien und der Effizienz. Die Förderung der erneuerbaren Energien stärkt die lokale Resilienz. Zwar ist die Schweiz bei der Stromversorgung kurzfristig weitgehend autonom, doch die gesamte Energieversorgung basiert nach wie vor zu mehr als zwei Dritteln auf fossilen Brenn- und Treibstoffen, bei denen die Schweiz zu 100% von Importen abhängt. Wichtig sind daher neue Produktionsanlagen, eigene Speicherkapazitäten, verlässliche Partnerschaften mit Nachbarn und Gebäudesanierungen – insbesondere behördeneigene.
  3. Verhinderung unwirtschaftlicher Investitionen («stranded assets»). Alle Konjunkturmassnahmen sollten darauf geprüft werden, ob sie die Anforderungen an eine klimaneutrale nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens erfüllen. Im Rahmen der Wirtschaftshilfe dürfen keine Infrastrukturen geschaffen werden, welche die Abhängigkeit zukünftiger Generationen von fossilen Brenn- und Treibstoffen verstärken.
  4. Geeignete Massnahmen für einen zukunftsorientierten Strukturwandel. Bund, Kantone und private Unternehmen fördern bereits heute mit Blick auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimaziele diesen Strukturwandel. Massnahmen, um die Konjunktur zu stabilisieren, sollten mit diesen Strukturreformen verknüpft werden.

Die aufgrund der COVID-19-Krise zu erwartende Rezession wird die Schweiz – wie alle anderen Länder auch – vor grosse wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen stellen. öbu und swisscleantech rufen deshalb die Behörden und die Wirtschaft dazu auf, sich auch für Massnahmen im internationalen Umfeld einzusetzen. Gute nationale und internationale Partnerschaften, die auch in schwierigen Zeiten gepflegt werden, tragen wesentlich zur Resilienz des ganzen Systems bei. Nur gemeinsam kann die Entwicklung einer nachhaltigen schweizerischen Volkswirtschaft beschleunigt werden und die Schweiz aus der COVID-19-Krise gestärkt hervorgehen.

 

Download Positionspapier (PDF)

Energiewende: Rahmenbedingungen im Wettstreit

  • Vortrag von Prof. Beat Hotz-Hart, Universität Zürich
  • Diskussion mit Prof. Beat Hotz-Hart, Universität Zürich und Prof. Regina Betz, ZHW 

In einem spannenden Übersichtsreferat zeigte Professor Beat Hotz-Harz die wichtigsten Resultate des Nationalfondsprojektes bezüglich «Rahmenbedingungen im Wettstreit».

Wie im Vortrag erläutert wurde, ist es notwendig, die Politikmassnahmen von den Zielen her zu definieren. Damit die Energiewende erfolgreich umgesetzt werden kann, müssen drei Zielvorgaben unter einen Hut gebracht werden:

  • Senkung des Verbrauchs / Verbesserung der Effizienz
  • Umweltverträglichkeit der Energiebereitstellung
  • Versorgungssicherheit

Damit diese Ziele erreicht werden können, ist ein umfassender Mix von Politikmassnahmen notwendig. Es sei heute nicht möglich voraus zu sagen, wie ein optimaler Mix ausgestaltet sein sollte. Deshalb müsse sich die Politik schrittweise entwickeln und auch eine gewisse Menge von trial and error in Kauf nehmen.

Wirkungsvolle Lenkungsabgaben

Grundsätzlich sind sich die Fachleute der Ökonomie jedoch einig, dass Lenkungsabgaben die effizientesten Methoden sind, um das Verhalten zu beeinflussen. Bei Lenkungsabgaben werden unerwünschte Effekte mit zusätzlichen Kosten belastet, was dazu führt, dass diese Effekte reduziert würden. Zwar sei die Preiselastizität, d.h. die Art und Weise wie Konsumenten auf Kostensteigerungen reagieren und zum Beispiel bei einer CO2-Abgabe die Menge der Brennstoffe reduzieren, leider relativ gering. Trotzdem sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis von allen Massnahmen das Beste. Dabei waren sich beide Experten darin einig, dass längerfristig alle Emittenten mit einem CO2-Preis besteuert werden müssten. Dies gelte insbesondere auch für den Verkehr, der im Moment noch vollständig von Lenkungsabgaben ausgenommen sei.

Professor Betz führte aus, dass die reine Preiselastizität nicht der einzige Effekt sei, den es bei Lenkungsabgaben zu beachten gelte. Das liesse sich gerade anhand des Autoverkehrs sehr gut diskutieren. Klassische Preiselastizität würde bedeuten, dass die Menge der gefahrenen Kilometer in Abhängigkeit des Benzinpreises abnehmen würde. Nun stünde jedoch mit Elektrofahrzeugen eine wesentlich emissionsärmere Alternative zur Verfügung. Eine Lenkungsabgaben könne die Alternative kooperativ vergünstigten. Dies könne zu einer deutlich höheren Lenkungswirkung führen.

Wettbewerbsvorteile durch Innovation

Deshalb sei Innovation für den Kampf gegen die Klimakrise entscheidend. Klare und strenge Rahmenbedingungen könnten neue Innovationen auslösen und damit der Schweizer Wirtschaft einen entscheidenden Konkurrenzvorteil beschaffen.

Man werde jedoch nicht darum herumkommen, Lenkungsabgaben auch mit weiteren Massnahmen zu ergänzen. Beispielsweise sei nicht davon auszugehen, dass alleine durch Lenkungsabgaben ein nachhaltiger und stabiler Versorgungsmix in der Stromversorgung entstehen würde. Deshalb seien geeignete Fördermassnahmen notwendig. Diese müssten jedoch ökonomisch regelmässig optimiert werden. Ergänzend seien polizeiliche Sanktionen und Massnahmen zur Information der Bevölkerung notwendig.

Wie Frau Professor Betz in der Diskussion ausführte, ist der Weg zur Zielerreichung noch weit. Es ist davon auszugehen, dass die heute beschlossenen Massnahmen nicht ausreichen werden.

Abschliessend beleuchtete Professor Hotz-Harz die Bedeutung der internationalen Kooperation. Ohne eine stabile und freundschaftliche Integration innerhalb von Europa wäre es deutlich schwieriger und teurer, die Ziele zu erreichen.

Nächstes Webinar der Serie «Forschung für die Schweizer Energiezukunft» findet am 14. Mai, 16:30 Uhr statt zum Thema «Mobilität der Zukunft». Mehr Infos

Präsentation zum Download

«Rahmenbedingungen im Wettstreit», Professor Beat Hotz-Hart, Universität Zürich 

Swiss Overshoot Day: Das Budget ist schon aufgebraucht

Der Overshoot Day wird vom renommierten Global Footprint Network anhand der Regenerationsfähigkeit unserer Ökosysteme berechnet. Der Tag, an dem die Bevölkerung eines Landes ihr Ressourcenbudget aufgebraucht hat, rückt von Jahr zu Jahr näher an den Jahresanfang. Für den Rest des Jahres leben wir nicht mehr von den «Zinsen» der Natur, sondern bauen das natürliche Kapital unseres Planeten ab. Die Berechnungen des Global Footprint Network zeigen, dass rund 90% der Weltbevölkerung in Ländern leben, die von der Natur mehr beziehen, als ihnen ihre inländischen Ökosysteme zur Verfügung stellen.

Die Schweiz gehört zu den stark defizitären Ländern. In diesem Jahr verbraucht die Schweiz das 3.6-fache ihres Ressourcenbudgets. Anders ausgedrückt: Wenn die gesamte Weltbevölkerung so leben würden wie Schweizerinnen und Schweizer, wären insgesamt 3.6 Planeten erforderlich, um die Nachfrage nach natürlichen Ressourcen wie Nahrungsmittel, Wald oder Rohstoffen zu decken.

Wirtschaftliche Risiken
Neben den direkten Auswirkungen auf die Ökosysteme und damit auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen birgt die Übernutzung natürlicher Ressourcen gewichtige wirtschaftliche Risiken. Dazu gehören beispielsweise eine sinkenden Versorgungssicherheit, starke Preisfluktuationen oder auch steigende Umweltrisiken für unsere Infrastrukturen. Länder, welche die natürlichen Grenzen des Planeten heute ausblenden, bringen die gesellschaftliche und wirtschaftliche Grundlage ihres Landes langfristig in Gefahr.

Effizienz und Kreislaufwirtschaft lohnen sich
Dabei lohnt sich ein schonender und effizienter Umgang mit natürlichen Ressourcen in mehrfacher Hinsicht. Unternehmen können Kosten sparen, Versorgungsrisiken mindern und sich eine stärkere Marktpositionierung erarbeiten. Vermehrter Fokus auf Ressourceneffizienz und die Ansätze der Kreislaufwirtschaft schaffen mehr lokale Wertschöpfung. Dies stärkt den Werkplatz Schweiz, was sich wiederum positiv auf die Wohlstandsentwicklung auswirkt.

Energiewende: Wie schafft man Akzeptanz für Veränderung?

Erfreulich ist es, dass die erneuerbaren Energien grundsätzlich von einem «PIMBY» (Please in my Backyard) Effekt profitieren können, wie dies Prof. Rolf Wüstenhagen in seinem Vortrag darlegte. Gerade für Photovoltaik ist die Akzeptanz mittlerweile sehr gross – sogar für Freiflächenanlagen an geeigneten Orten. Dabei spielt die Ästhetik eine wichtige Rolle. Dies gilt insbesondere bei Gebäuden – nicht nur für die Hauseigentümer*innen, sondern auch für die Architekt*innen, welche sie beraten. Da mit den farbigen Photovoltaikanlagen immer bessere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden und weil die Akzeptanz der Photovoltaik insgesamt über die Jahre stark gestiegen ist, ergeben sich hier grosse Potenziale. Trotzdem darf nicht vergessen werden: In einer Präferenzuntersuchung entschieden sich eine Mehrheit der Hauseigentümerinnen, auf eine Photovoltaikanlage zu verzichten, wenn es darum ging, im Rahmen einer Modernisierung Kosten einzusparen. In der Anschlussfrage würden 28% der Hauseigentümer*innen ihre Entscheidung revidieren, wenn einfache Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.

Die Energiewende gestaltet Landschaft

Trotzdem ist die Realisierung von erneuerbaren Energieanlagen nicht immer ein einfaches Unterfangen – das zeigen die blockierten Projekte bei der Windenergie in der Schweiz. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass alleinstehende Energieerzeugungsanlagen das Landschaftsbild verändern. Allerdings, so führte Dr. Ulrike Wissen im Referat aus, reagieren Betrachter*innen auf veränderte Landschaftsbilder sehr unterschiedlich. In ihrer Forschung verwendete sie künstlich hergestellte Landschaftsbilder, in denen mittels Simulation die Anzahl der Energieerzeugungsanlagen variiert werden konnten. Die Reaktion von Proband*innen wurde anschliessend sowohl mit Befragungen wie auch mit physiologischen Messungen getestet. In diesen Experimenten fielen negative Reaktionen deutlich stärker aus, wenn eine unberührte Berglandschaft durch Windenergie und Photovoltaikanlagen verändert wurde, als wenn ähnliche Veränderungen in einer Landschaft mit der Charakteristik des Mittellandes vorgenommen wurden. Besonders störend waren jedoch nicht die Energieerzeugungsanlagen, sondern Hochspannungsleitungen. Offen blieb die Frage, inwiefern die Reaktionen der Proband*innen mit der Gewöhnung an solche Anlagen zu tun hat. Wer würde beispielsweise die traditionellen Windmühlen in den Niederlanden als störende Veränderung des Landschaftsbildes bezeichnen?

Zunahme von Wissen erhöht Akzeptanz für Gesetze

Im dritten Vortrag informierte Prof. Isabelle Stadelmann über ihre Forschung zur Akzeptanz von Gesetzen. Erfreulich ist, dass auch in der von ihr vorgestellten Untersuchung eine gute Akzeptanz für erneuerbare Energien nachgewiesen werden konnte. Ebenso deutlich jedoch zeigt sich, dass steigende Kosten für die Akzeptanz von Gesetzen negativ sind. Wenn allerdings Kosten entstehen, sollten diese verursachergerecht erhoben werden. Bei der Befragung, die sich auf Strom konzentrierte, wurde eine Stromsteuer signifikant besser akzeptiert, als ein Aufschlag auf Löhne, oder einer Mehrwertsteuer, mit der anschliessend erneuerbare Energieanlagen finanziert werden sollten. Wie Prof. Stadelmann ausführte, ist das Wissen in der Bevölkerung sehr gering. Gleichzeitig konnte in Untersuchungen nachgewiesen werden, dass eine Zunahme von Wissen die Akzeptanz für Gesetze erhöhen kann. Interessanterweise waren gerade Proband*innen, die über Halbwissen verfügten, besonders kritisch gegenüber Gesetzen, während Personen, die kaum etwas wussten, eher zu einer Annahme bereit waren. Wurden Personen mit Halbwissen mit zusätzlichen Informationen versorgt, führte dies zu einer höheren Akzeptanz.

Dialog ist entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung

In der abschliessenden Diskussion fragten wir uns, welche Aspekte für die Energiewende besonders wichtig wären. Die Forscher*innen waren sich einig, dass der Dialog besonders entscheidend sei. Dieser müsse frühzeitig begonnen und kontinuierlich geführt werden. Lokale Opinionleader seien dabei besonders wichtig. Insbesondere müsse darauf geachtet werden, dass auch bürgerliche Exponenten von der Sinnhaftigkeit einer nachhaltigen Energieversorgung überzeugt werden können. Es gehe auch darum, den Nutzen der Energiewende darzustellen. Oft werde heute zu stark über die Kosten und zu wenig über den Nutzen kommuniziert. Bezüglich der Standorte und der Akzeptanz von Standorten sei der lokale Einbezug besonders wichtig. Auch hier muss die Diskussion möglichst früh begonnen werden.

Nächstes Webinar der Serie «Forschung für die Schweizer Energiezukunft» findet am 7. Mai, 16:30 statt zum Thema «Rahmenbedingungen im Wettstreit». Mehr Infos


Präsentationen zum Download