Bevölkerung will CO2 im Inland reduzieren – geringer Wissensstand über Lenkungsabgaben

Mit der Revision des CO2-Gesetzes entscheidet das Parlament darüber, inwiefern die Schweiz die Ziele des Pariser Klimaabkommens einhalten kann. Die Bevölkerung hat dazu eine klare Position: 84% finden, beim Klimaschutz sollen CO2-Emissionen ausschliesslich oder vor allem im Inland reduziert werden. Gegenüber dem Vorjahr ist der Wert nochmals gestiegen. Auslandzertifikate werden weiterhin sehr skeptisch beurteilt.

Die Ergebnisse der gfs-Umfrage Inlandziel und Lenkungsabgaben stützen die Haltung von swisscleantech. Der Verband fordert ein Inlandziel von mindestens minus 45% bis 2030. Eine Reduktion von weiteren 15% soll mit Auslandzertifikaten erreicht werden (weitere Informationen).

«swisscleantech setzt sich konsequent für eine ambitionierte Klimapolitik ein. Klimaschutz im Inland muss Vorrang haben, denn er stärkt die Wirtschaft, fördert Innovation und verhindert den Mittelabfluss», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech.

Geringer Wissenstand zu CO2-Lenkungsabgaben

Der Wissenstand der Schweizerinnen und Schweizer betreffend CO2-Lenkungsabgaben ist gering. Gemäss der gfs-Umfrage sind zwei Drittel der Bevölkerung der Ansicht, in der Schweiz werde schon heute eine CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel erhoben. Fast die Hälfte glaubt, auf Flugtreibstoffen bereits werde eine CO2-Abgabe erhoben. Tatsächlich besteht heute aber nur auf fossilen Brennstoffen (Heizöl und Erdgas) eine Lenkungsabgabe.

Von der Brennstoffabgabe werden zwei Drittel an Bevölkerung und Unternehmen zurückverteilt, ein Drittel fliesst ins Gebäudeprogramm, um energetische Sanierung mitzufinanzieren. Auch hierzu herrscht keine Klarheit: Nur gerade 28% geben der Befragten gebe korrekt an, dass die Bevölkerung Geld aus der CO2– Brennstoffabgabe erhält.

«Seit längerem wird intensiv über konkrete Klimaschutzmassnahmen diskutiert. Dennoch ist der Wissensstand gering. Das ist überraschend. Gleichzeitig steigt damit die Gefahr, dass die Bevölkerung verunsichert wird, indem falsche Aussagen zur Belastung durch Klimaabgaben verbreitet werden. Das ist gerade mit Blick auf das Referendum relevant, das die SVP bereits gegen das CO2-Gesetz angekündigt hat», sagt Christian Zeyer.

Ergebnisse

 

 

 

Weitere Informationen

Umfrage swisscleantech gfs-zürich Inlandziel und Lenkungsabgaben

Infras-Studie «Finanzielle Auswirkung von Abgaben auf Brennstoffe, Treibstoffe und Flugtickets»

Erdgas und Biogas – quo vadis?

Primär kann festgehalten werden, dass Erdgas fossiler Herkunft ist und somit bis 2050 vollständig aus der Energieversorgung verschwinden muss. Gleichzeitig stellt das Gasnetz aber eine Infrastruktur dar, die beim Übergang zu einer fossilfreien Energieversorgung wichtig sein kann. Einerseits stellt Biogas, das aus der Verwertung von biologischen Abfällen entsteht, eine der wenigen Möglichkeiten dar, bereits heute einen CO2-neutralen Energieträger zu nutzen. Andererseits wird in Zukunft in industriellem Mass die Möglichkeit bestehen, durch die Verbindung von COmit Wasserstoff, der aus erneuerbarer Energie hergestellt wird, synthetisches Methan herzustellen. Da Methan chemisch identisch ist mit Erd- oder Biogas, lässt es sich problemlos in das bestehende Gasnetz einspeisen.

Bis dieses Gas in grösseren Mengen zur Verfügung steht, spielt die Aufbereitung von Biogas auf katalytischem Weg eine Rolle. Rohbiogas enthält sehr viel CO2, das in einem aufwändigen Reinigungsprozess aus dem Biogas entfernt werden muss – danach kann es ins Netz eingespeist werden. Auch hier gibt es bereits heute Verbesserungspotential. Leitet man diesem Rohgas Wasserstoff aus erneuerbarer Herkunft zu, kann der Anteil an Biogas deutlich erhöht werden, ohne dass ein aufwendiger Trennprozess stattfinden muss.

Die Frage, inwiefern diese Technologien vorangetrieben werden sollen, hängt davon ab, wie gross das Potenzial und wie hoch die Kosten sind. Auch bei Biogas besteht ein Potenzial, da viele biogenen Abfälle heute noch nicht genutzt werden. Absolut betrachtet sind jedoch die verfügbaren Mengen an Abfällen und damit das Potenzial für Biogas limitiert. Erheblich grösser ist das Potenzial bei synthetisch hergestelltem Methan. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirkungsgrade relativ schlecht sind und deshalb die Mengen der notwendigen erneuerbaren Energie, die es zur Herstellung von synthetischem Methan braucht, gross sind.  

Auf der Seite der Verwendung ist festzuhalten, dass fossiles Methan etwa 25 Prozent weniger COausstösst als Erdöl. Kurzfristig mag Erdgas deshalb eine Reduktion der Emissionen ermöglichen. Unter der Perspektive der CO2-Neutralität ist Methan aber nur dann eine sinnvolle Lösung, wenn es aus erneuerbaren Quellen stammt.

Generell gilt: knappe Ressourcen müssen optimal verwendet werden. Das direkte Verbrennen zum Zweck der Beheizung ist daher nicht sinnvoll. Das bedeutet nicht, dass Erdgasheizungen sofort ausser Betrieb genommen werden sollten. Es macht jedoch keinen Sinn, neuen Erdgasheizungen zu installieren.

Eine optimale Nutzung ergibt sich dann, wenn aus Erdgas hochwertige Energieformen wie mechanische oder elektrische Energie gewonnen werden. Letztere ist besonders interessant, da in einem solchen Prozess zum Beispiel innerhalb eines Blockheizkraftwerkes nicht nur der Strom gebraucht werden kann, sondern auch die Wärme.

Bessere Rahmenbedingungen erforderlich

Was ist die Konsequenz aus diesen Überlegungen? Für die Herstellung von Biogasen müssen unbedingt bessere Rahmenbedingungen erarbeitet werden. Nur so kann garantiert werden, dass das vorhandene Potenzial auch ausgeschöpft wird. Bezüglich der Verwendung von Biogas muss der Fokus jedoch auf der Aufbereitung des Biogases und der Einspeisung ins Gasnetz liegen. Die direkte Verstromung scheint aus übergeordneter Sicht kein sinnvoller Weg – es sei denn, es ist über das ganze Jahr am Ort des Verbrauchs auch ein grosser Wärmebedarf vorhanden.

Parallel dazu sollte die Technologie für Blockheizkraftwerke dann favorisiert werden, wenn diese in Gebäuden stehen, die aus technischen Gründen für den Anschluss an eine Fernwärme oder die Beheizung mit einer Wärmepumpe nicht geeignet sind.

Somit liegt der Schluss nahe, dass ein weiterer Ausbau der Gasversorgung nur in seltenen Fällen gerechtfertigt ist. Der Gasverbrauch muss auf jeden Fall so reduziert werden, dass die Nachfrage nach Methan in etwa dem Angebot aus erneuerbaren Quellen entspricht. Damit dies gelingt, muss gleichzeitig das Angebot von Methan aus erneuerbaren Quellen schrittweise ausgebaut werden.

Wie die Mitarbeitenden die Unternehmen zu mehr Klimaschutz bewegen

Um den drohenden Klimakollaps zu vermeiden, sind tiefgreifende Veränderungen nötig. Es braucht innovative Lösungen der Unternehmen und die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Ebenso ist aber auch ein Engagement der Mitarbeitenden gefragt. Sie haben über die interne Mitwirkung die Möglichkeit, ihre Unternehmen zu mehr Klimaschutz zu motivieren. Aus diesem Grund setzen die Angestellten Schweiz und swisscleantech auf ein neues Schulungsformat und zeigen Mitarbeitendem auf, wie sie ihre Unternehmen zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit bewegen können.

Mitsprache zum Thema Nachhaltigkeit

Der erste gemeinsame Anlass der beiden Verbände ist bei den Angestellten Schweiz in Olten erfolgreich durchgeführt worden. Unter dem Titel «Die Unternehmen zur Nachhaltigkeit bewegen!» sind die Arbeitnehmervertretungen unter anderem über Mitsprachemöglichkeiten zu Corporate Social Responsibility und soziale Nachhaltigkeit geschult worden. Anhand eines Fallbeispiels wurde aufgezeigt, wie ein Business-Modell konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden kann. Weiter wurde den Teilnehmenden vermittelt, wie der Transfer in den eigenen Betrieb gelingen kann.

«Im Mitarbeiterengagement steckt grosses Potenzial. Das zeigen die Beispiele von Amazon oder Google, wo Mitarbeitende mit Erfolg mehr Klimaschutz ihrer Unternehmen fordern. Es reicht nicht, wenn die Bevölkerung für das Klima auf die Strasse geht. Es braucht auch das Engagement in den Betrieben. Genau das erreichen wir mit dem neuen Schulungsangebot, das wir gemeinsam mit swisscleantech starten», sagt Stefan Studer, Geschäftsführer der Angestellten Schweiz.

Partnerschaft der Angestellten Schweiz und swisscleantech

Die Partnerschaft der Angestellten Schweiz und swisscleantech reicht über die Schulungen hinaus. Die beiden Verbände spannen mit dem Ziel zusammen, die Schweizer Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Die Angestellten Schweiz sind Mitglied bei swisscleantech geworden und bieten ihren Mitgliedern eine Mitgliedschaft bei «Friends of swisscleantech» an. Dieses Gefäss von swisscleantech richtet sich an Privatpersonen, welche die politische Arbeit des Wirtschaftsverbands unterstützen und Teil einer Bewegung sein wollen, die Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in Richtung Klimaneutralität voranbringt.

«Die Wirtschaft ist mehr als die Unternehmen. Wenn es darum geht, die Wirtschaft klimatauglich zu machen, sind die Mitarbeitenden wichtige Partner. Deshalb ist für uns die Zusammenarbeit mit den Angestellten Schweiz so wichtig. So erreichen wir gezielt die Basis in den Betrieben und können gemeinsam noch mehr Firmen für konsequenten Klimaschutz motivieren», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer swisscleantech.

 

Kontakt

  • Stefan Studer, Geschäftsführer Angestellte Schweiz: 079 621 08 19, stefan.studer[at]angestellte.ch
  • Hansjörg Schmid, Kommunikation Angestellte Schweiz: 076 443 40 40, hansjoerg.schmid[at]angestellte.ch
  • Christian Zeyer, Geschäftsführer swisscleantech: 079 606 21 46, christian.zeyer[at]swisscleantech.ch
  • Thomas Schenk, Energie & Medien swisscleantech: 076 382 22 62, thomas.schenk[at]swisscleantech.ch

Keine Alternative zu CO2-Reduktion im Inland

Besonders die USA, Australien und Brasilien haben die Verhandlungen blockiert und Resultate abgeschwächt. Die Länder konnten sich nicht auf griffige Transparenzregeln einigen. Diese sollen festlegen, wie Länder über ihre Emissionsverminderungen und die finanzielle Unterstützung Bericht erstatten.

Einmal mehr gab es auch keine Einigung zu den Regeln des internationalen Zertifikatehandels. Diese sind besonders wichtig für die Schweiz, denn sie setzt als eines der wenigen Ländern nach wie vor auf Auslandzertifikate. Trotz den damit verbunden Risiken für die Schweiz will der Bundesrat im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes bis 2030 zwei Drittel der benötigten Reduktionen durch Auslandzertifikate decken. 

Doch das ändert sich nun vielleicht. Denn Bundesrätin Sommaruga twitterte: «Ich bin enttäuscht von den Ergebnissen der Weltklimakonferenz. Wir haben uns für klare Marktregeln eingesetzt, die auch wirklich greifen. Die Schweiz ist jetzt umso mehr gefordert, mit starken Klimaschutzmassnahmen im Inland voranzugehen.»

Dieser Forderung kann swisscleantech nur zustimmen, denn um 2050 netto-null zu erreichen, braucht es im Inland bis 2030 eine Reduktion von mindestens 45%.

Mit diesem ambitionierteren Ziel wäre die Schweiz keineswegs eine Vorreiterin. Dänemark hat kürzlich ein 70% Reduktionsziel bis 2030 beschlossen, und das ohne den Gebrauch von Auslandzertifikaten. Und auch die EU will bis 2050 klimaneutral werden. Dazu hat die Europäische Kommission ein ambitioniertes Klimapaket, den European Green Deal, vorgestellt. Im März 2020 will die Kommission dazu ein detailliertes europäisches Klimagesetz vorschlagen.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, sagt dazu: «Unser Ziel ist es, bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu werden, der die Erderwärmung verlangsamt und ihre Folgen lindert. Der Green Deal, den wir diese Woche präsentiert haben, ist Europas neue Wachstumsstrategie. Er wird die Emissionen senken und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen und unsere Lebensqualität verbessern.»

Die Klimawahl und aktuelle Umfragen bestätigen: Auch die Schweizer Bevölkerung wünscht sich eine ambitioniertere Klimapolitik. Es liegt jetzt in den Händen des Nationalrates, im Sinne der Schweizer Bevölkerung ein höheres Inlandziel im CO2-Gesetz zu verankern.

Weitere Informationen:

COP25: Für eine griffige nationale Klimapolitik

economiesuisse will Klimaschutz schwächen

 

economiesuisse will Klimaschutz schwächen

Der jüngste Uno-Klimabericht lässt keinen Zweifel: Um die Risiken des Klimawandels zu begrenzen, müssen die Treibhausgase drastisch gesenkt werden, und zwar schnell. Die Emissionen wachsen aber noch immer. Ändert sich daran nichts, ist das verbleibende CO2- Budget, um die Erwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen, bereits in weniger als zehn Jahren aufgebraucht.

Mit dem CO2-Gesetz stellt die Schweiz die Weichen, ob und wie die Ziele des Paris Klimaabkommens erreicht werden und das Land bis 2050 klimaneutral wird. In der bisherigen parlamentarischen Beratung setzt sich die Mehrheit für ein Reduktionsziel ein, das nicht Paris kompatibel ist: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Inland nur um 30% reduziert werden (gegenüber 1990).

economiesuisse will Klimaschutz lockern

Doch selbst die ungenügenden Vorgaben des Parlaments gehen economiesuisse zu weit. Lange Zeit hat sich der Dachverband grundsätzlich gegen jedes Inlandziel gestemmt. Im Herbst, wenige Tage vor der Ständeratsdebatte, wurde eine Reduktion von 25%  vorgeschlagen. Weil die Schweiz bis 2020 bereits 20% der CO2-Emissionen reduzieren will, entspricht bis 2030 einer Reduktion von gerade einmal 0.5% pro Jahr. Um das Ziel von economiesuisse nicht zu übertreffen, müssten bestehende Klimaschutzinstrumente sogar noch gelockert werden.

Genau das strebt der Verband an. In einem Interview mit der NZZ stellt economiesuisse-Präsident Hein Karrer die bestehende CO2-Lenkungsabgabe auf Brennstoffe in Frage. Zur Erinnerung: Bei der CO2-Abgabe handelt es sich um eines der wirksamsten Instrumente im Klimabereich. Sie wird zum Grossteil an die Bevölkerung und die Wirtschaft rückverteilt, ein Teil wird für die Finanzierung von Gebäudesanierungen eingesetzt. Dank diesen Massnahmen erreichen Gebäudesektor und Industrie bisher die gesetzten Ziele. Derzeit beträgt der Aufschlag CHF 96 pro Tonne; nach dem Willen von Bundes- und Ständerat soll der Preis auf CHF 210 angehoben werden können, falls Ziele nicht eingehalten werden.

Eine globale CO2-Steuer kommt zu spät

Die Lösung sieht economiesuisse in einer globalen CO2-Steuer. «Wir müssen uns schrittweise und synchron an dieses neue System herantasten», heisst es dazu in einem Beitrag auf der Website, der im Vorfeld der Klimakonferenz (COP 25) in Madrid aufgeschaltet wurde.

Obwohl eine globale CO2-Bepreisung wichtig ist, erscheint dieser Vorschlag wie ein Ablenkungsmanöver. Denn eine globale CO2-Steuer ist politisch unrealistisch. Das Instrument wird zwar immer wieder von Ökonomen gefordert, aber es wird international von Politikern nicht in Betracht gezogen, auch nicht an der COP25. Ob sich die Staatschefs je auf ein solches Instrument einigen können, bleibt ungewiss. In der Theorie klingt der Vorschlag einer globalen CO2-Besteuerung gut, um negative externe Effekte zu berücksichtigen und Kostenwahrheit herzustellen. Doch das Instrument ist kein Allerheilsmittel und wegen zahlreicher Marktversagen und politischer Widerstände oft nicht sehr effektiv. Das ist angesichts des Zeitdrucks im Klimaschutz besonders gravierend.

Economiesuisse will unter dem Deckmantel einer internationalen CO2-Steuer den Schweizer Klimaschutz schwächen. Das ist fahrlässig. Will die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein, muss die Infrastruktur umfassend erneuert werden. Angesichts der langen Lebensdauer dieser Investitionen muss möglichst früh damit begonnen werden, das gilt im Gebäudesektor ebenso wie beim Verkehr.

Keine Alternative zu nationaler Klimapolitik

Verfolgt die Schweiz eine griffige nationale Klimapolitik, bietet dies Chancen. Es schafft Innovationsanreize und Planungssicherheit für die Unternehmen. Damit wird der Werkplatz Schweiz gestärkt. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Die dafür im CO2-Gesetz erforderlichen Massnahmen sind sozialverträglich, wie eine Studie von INFRAS deutlich macht.

Für eine griffige nationale Klimapolitik

Was verbindet die Schweiz mit Kanada, Japan, Südkorea, Neuseeland, Norwegen, Monaco und Liechtenstein? Die sieben Länder sind die einzigen, die einen Teil ihrer CO2-Emissionen im Ausland kompensieren wollen. Deshalb ist ihr Interesse an der UNO-Klimakonferenz (COP25) in Madrid besonders hoch. Denn hier verhandeln die Delegierten derzeit, wie der globale Handel mit CO2-Zertifikaten zu regeln ist. Ob dies gelingt, ist angesichts des Widerstands von Brasilien ungewiss. Bereits vor einen Jahr im polnischen Katowice konnten keine verbindlichen Regeln verabschiedet werden, um die Integrität des Handels mit Emissionsreduktionen zu sichern.

Der jüngste UNO-Klimabericht lässt keinen Zweifel: Um die Risiken des Klimawandels zu begrenzen, müssen die Treibhausgase drastisch gesenkt werden, und zwar schnell. Die jährliche Menge an CO2, die ausgestossen wird, wächst aber noch immer, auch 2019. Ändert sich daran nichts, ist das verbleibende Budget, um die Erwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen, bereits in weniger als zehn Jahren aufgebraucht.

Keine Alternative zu Klimaschutz im Inland

Daran wird auch die Klimakonferenz nichts ändern. Mit den Reduktionszielen, zu denen sich die 187 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen ratifiziert haben, rechnen Wissenschafter bis 2100 mit einer Erwärmung um 3.2 Grad. Nächstes Jahr müssen Länder unter dem Pariser Abkommen aktualisierte Ziele einreichen. Um das 1.5 Grad Ziel einhalten zu können, müssten die neuen 2030 Ziele zu  5 Mal mehr Reduktionen führen, als die bisherigen Ziele.

Was heisst das für die Schweizer Klimapolitik? Es gibt keine Alternative zu ambitionierten Klimaschutzmassnahmen im Inland. Dies schafft Innovationsanreize und Planungssicherheit für die Unternehmen, der Werkplatz Schweiz wird gestärkt. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Die dafür im CO2-Gesetz erforderlichen Massnahmen sind sozialverträglich, wie eine Studie von INFRAS deutlich macht.

Mit dem CO2-Gesetz stellt die Schweiz die Weichen, ob und wie die Ziele des Paris Klimaabkommens erreicht werden und das Land bis 2050 klimaneutral wird. In der bisherigen parlamentarischen Beratung setzt sich die Mehrheit für ein Reduktionsziel ein, das nicht Paris kompatibel ist: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Inland nur um 30%, das heisst nur 1% pro Jahr, reduziert werden (gegenüber 1990). Nötig wäre eine Senkung um mindestens 45%, wie es auch swisscleantech fordert.

Die Schweiz braucht mehr Wagniskapital, um Cleantech-Startups zur Marktreife zu bringen

Cleantech-Startup spielen angesichts der ökologischen Herausforderungen eine zentrale Rolle. Doch die Jungunternehmen können ihr Potenzial nur beschränkt ausschöpfen, wie die Machbarkeitsstudie «Swiss Cleantech Later Stage Venture Fund» des Beratungsunternehmens ecos deutlich macht. Der von der Gebert Rüf Stiftung, dem Bundesamt für Umwelt BAFU und swisscleantech unterstützte Bericht zeigt, dass die Rahmenbedingungen für Schweizer Startups im Cleantech-Bereich ungenügend sind.

Finanzierungslücke bremst die Entwicklung

Cleantech-Startups fehlt es an Wagniskapital. Dies trifft vor allem auf die Validierungsphase zu, wenn Prototypen weiterentwickelt und die Infrastruktur für die Massenproduktion hochgefahren werden müssen. Die Entwicklung zur Marktreife wird auch dadurch erschwert, dass der Cleantech-Bereich im aktuellen Umfeld die ökologischen Vorteile nicht vollständig ausspielen kann. CO2-Emissionen und andere Umweltkosten wie Biodiversitätsverlust werden noch ungenügend oder gar nicht in den Preisen abgebildet, im Energiesektor bestehen zudem regulatorische Unsicherheiten.

«In der Schweiz fehlt es an Wagniskapital, das Cleantech-Startups in der Wachstumsphase benötigen. Im Vergleich mit dem Medtech- und Biotech-Sektor hat sich hier bis heute keine Risikokapital-Kultur etabliert. Damit dieser Zukunftsbereich sein Potenzial ausschöpfen kann, müssen bestehende Hindernisse beseitigt werden», sagt Projektleiter Marco Grossmann, Partner bei ecos.

Anschubmassnahmen für ein Cleantech-Ökosystem

Die Studie zeigt konkrete Handlungsempfehlungen auf, wie sich in der Schweiz ein Cleantech-Ökosystem entwickeln kann. In einer ersten Phase wird eine philanthropische und/oder staatliche Unterstützung vorgeschlagen, um Vernetzung, Sichtbarkeit und Internationalisierung der Startups zu verbessern und das Schweizer Cleantech-Ökosystem weiterzuentwickeln. Diese Anschub-Massnahmen würden den Boden vorbereiten, damit sich ein kommerzieller Cleantech-Venture-Fonds mit Fokus auf Schweizer Startups etablieren kann.

«Die Schweizer Wirtschaft muss klimatauglich werden. Mit ihren innovativen Ideen sind die Schweizer Cleantech-Unternehmen in einer einzigartigen Situation. Doch der Wandel findet nicht von alleine statt. Damit sich die Startups im Markt etablieren können, brauchen sie Kapital. Hier legt die Machbarkeitsstudie von ecos den Finger auf einen Schwachpunkt der Schweiz. Politik, Wirtschaft und Investoren sind nun gefordert, diese Finanzierungslücke zu schliessen», sagt Carsten Bopp, Präsident von swisscleantech.

 

Weitere Informationen

Machbarkeitsstudie «Swiss Cleantech Later Stage Venture Fund» 

Für Fragen zur Studie steht Studienleiter Marco Grossmann von ecos, zur Verfügung: Telefon: +41 61 205 10 36, E-Mail: marco.grossmann@ecos.ch

swisscleantech Position zu Sustainable Finance

Die Schweiz hat mit ihrem Finanzplatz einen mächtigen Klimahebel zur Hand. Einerseits gilt es, unser Geld vor dem Klimawandel zu schützen, d.h. unsere Finanzmärkte vor Klimarisiken, wie Überschwemmungen, Dürren, Stürme etc. zu sichern. Andererseits gilt es, das Klima mit mithilfe unseres Geldes zu schützen, d.h. eine Umlenkung von Investitionen weg von fossilen Energien hin zu erneuerbaren, effizienten Technologien. Die Auswirkungen der Finanzströme können, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, ein Systemrisiko für unsere gesamte Volkswirtschaft darstellen. Die Umlenkung globaler Finanzströme in nachhaltige Investitionen macht deshalb auch aus Risikoüberlegungen Sinn. Aktuell besteht die Möglichkeit, einzelne Aspekte ins CO2-Gesetz aufzunehmen. 

swisscleantech fordert und unterstützt folgende Massnahmen:

  • Umfassende Transparenzregeln
  • Verbindliche Klimaverträglichkeitstests
  • Schaffung einer Finanzexperten-Kommission zur Klimaverträglichkeit und Klimarisiken
  • Entwicklung eines Aktionsplans

Details finden Sie in unserer Position zur Finanzindustrie.

Weitere Informationen zur Schweizer Klimapolitik.

 

FDP-Präsidentin Petra Gössi: Umweltkurs wird weiterverfolgt

Dieses Jahr hat Petra Gössi den Kurs der FDP in der Umwelt- und Klimapolitik entscheidend geprägt. Mit der im Frühjahr durchgeführten Mitgliederbefragung hat sie Unterstützung dafür erhalten, dass sich die Partei stärker für Umweltanliegen einsetzt. Und das gilt auch für die neue Legislatur, das hat die Parteipräsidentin Gespräch im Rahmen eines Mitglieder-Webinars von swisscleantech festgehalten.

CO2-Gesetz in der Version des Ständerats
Die Weichen für die Klimapolitik werden mit dem CO2-Gesetz gestellt. Hier erachtet Petra Gössi die vom Ständerat in der letzten Session verabschiedete Version als Basis, an der sich auch der Nationalrat orientieren soll. Diese umfasst ein Inlandziel von 60%. Auf die Frage nach einem höheren Inlandziel verweist sie auf die laufenden Beratungen: «Mit den Massnahmen, die der Ständerat verlangt, wird im Inland bereits eine höhere Senkung erreicht. Das ist letztlich relevant.»

Der Schweizer Gebäudesektor ist für einen Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich. Bei diesem wichtigen Sektor vertritt Petra Gössi die Haltung, dass der Bund klare Vorgaben machen soll. Konkret heisst dies, dass es CO2-Grenzwerte brauche, um bei einem Umbau den Ersatz von fossilen Heizsystemen zu beschleunigen. «Dafür ist allerdings die Unterstützung der Kantone nötig. Sonst wird es schwierig, eine Mehrheit zu finden.»

Von Kompromissen und Referenden
Welche Rolle spielt die FDP im Parlament, nachdem Grüne und glp deutlich zugelegt haben und sich eine grosse Mittefraktion gebildet hat? Die FDP werde weiterhin nach Mehrheiten suchen, je nach Geschäft auf der linken oder auf der rechten Seite. «Aufgrund der stärkeren Fragmentierung wird sich das Parlament zusammenraufen und Kompromisse finden müssen.» Wenn nicht, werde es zu mehr Referenden kommen, und zwar primär von bürgerlicher Seite, weil die Mitte- und Grüne-Parteien gestärkt worden sind. Sie rechnet deshalb damit, dass die FDP referendumsfähig werden müsse.

Um Fortschritte zu erzielen, auch im Klimaschutz, braucht es die Unternehmen. Hier sind die Unternehmen mit innovativen Lösungen in einer ausgezeichneten Lage, um sich im Inland und im Ausland zu behaupten. «Das macht den Erfolg der Schweiz aus, und hier ist swisscleantech hervorragend positioniert.»

Der persönliche Fussabdruck
Und was hat die FDP-Präsidentin dieses Jahr persönlich für das Klima getan? «Ich musste ein neues Auto kaufen und da habe ich mich für ein Hybrid-Modell entschieden», sagt sie. Insgesamt liege ihr Fussabdruck unter dem Schweizer Mittelwert, dies hat sie anhand des WWF-Footprint-Rechners festgestellt. «Das liegt auch daran, dass ich meinen Fleischkonsum schon vor längerem sehr stark eingeschränkt habe». Doch sieht sie auch Verbesserungspotenzial, «wenn ich noch häufiger den Zug nehme oder seltener im Hotel übernachte.» 

CO2-Gesetz erst 2020 im Nationalrat

Im Rahmen der Herbstsession hatte der Ständerat die Vorlage zum CO2-Gesetz beraten. Das Ergebnis der Beratungen war ein erster wichtiger Schritt (eine etwas detailliertere Auslegeordnung zum Stand des CO2-gesetzes nach der Ständeratsdebatte finden Sie unter folgendem Link). Die beratene Vorlage reicht aber nicht aus, damit die Schweiz bis 2050 klimaneutral wird. Allen voran mangelte es an der Verabschiedung eines wirksamen Inlandziels.

Im Oktober nahm die Umweltkommission des Nationalrats die Weiterführung der Arbeiten an der Vorlage als Zweitrat auf und hat bereits weitere Entscheide gefällt. Sie folgt im Wesentlichen den Entscheiden des Ständerates, mit ein paar Abweichungen. Auch die Umweltkommission des Nationalrats versäumt es, ein wirksames Inlandziel zu verabschieden und möchte die Bestimmungen zum Gebäudestandard aufweichen.

Per Ordnungsantrags hat die Kommission entschieden, die weiteren Beratungen auf die erste Sitzung in der neuen Kommissionszusammensetzung Mitte Januar 2020 zu verschieben. Das Ziel sei nach wie vor die Vorlage in der Frühjahrssession 2020 in den Rat zu bringen.