Bundesrat macht Weg frei für ambitioniertere Klimapolitik

Mit der Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens hat sich die Schweiz verpflichtet, ihren Beitrag zu leisten, um die globale Erwärmung deutlich auf unter 2 Grad, wenn möglich auf 1.5 Grad zu begrenzen. Der Bericht des Weltklimarates vom Oktober 2018 macht deutlich, dass dazu die globalen Emissionen bis 2050 auf netto-null sinken müssen.

«swisscleantech begrüsst es, dass der Bundesrat den wissenschaftlichen Forderungen im Klimaschutz nachkommt und die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto-null reduzieren will. Er macht so den Weg frei für eine ambitionierte Klimapolitik und setzt ein wichtiges Signal, damit die Schweiz enkeltauglich wird», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech.

Damit die Schweiz dieses Langfristziel erreichen kann, muss die Schweiz die CO2-Emissionen im Inland bis 2030 mindestens um 45% reduzieren. Ein solches Ziel ist im CO2-Gesetz, das der Ständerat in der nächsten Session behandelt, zu verankern. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft.

«Ein ambitioniertes Inlandziel ist wissenschaftlich nötig und realistisch, denn es liegen schon heute viele Lösungsansätze und innovative Technologien vor, um den CO2-Ausstoss deutlich zu senken. Gleichzeitig garantiert es Planungssicherheit und schafft Innovationsanreize. Mit diesen Rahmenbedingungen gelingt es Schweizer Unternehmen, bei der Dekarbonisierung eine aktive Rolle zu spielen, im Inland wie im Ausland», sagt Christian Zeyer

Schaffhauser Gebäudepark rascher sanieren

Gebäude sind für einen Viertel der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Bei der aktuellen Sanierungsrate von nur 1% würde es 100 Jahre dauern, bis der gesamte Gebäudepark modernisiert ist. Damit lassen sich die mit der Energiestrategie 2050 und dem Paris Klimaabkommen gesetzten Ziele nicht erreichen.

Mit der laufenden Änderung des Baugesetzes hat der Kanton Schaffhausen die Chance, die Gebäudesanierung zu beschleunigen und den Klimaschutz voranzutreiben. Dazu muss er aber das Potenzial voll ausschöpfen, das sich bei der Umsetzung der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) bietet. Obwohl diese Vorschriften bereits den kleinsten gemeinsamen Nenner der Kantone darstellen, sind im Entwurf zum neuen Baugesetz nicht sämtliche der Vorschriften umgesetzt. Zudem müssen die gesetzlichen Grundlagen an ein paar Stellen intelligent weiterentwickelt werden.

Ein zentraler Punkt ist der Ersatz fossiler Heizungen. Bestehende Gebäude werden noch immer zu über 80% fossil beheizt. Deshalb braucht es im Schaffhauser Baugesetz verbindliche Vorschriften, die beim Ersatz von Heizsystemen nicht-fossile Alternativen vorsehen. Das Know-how und die Technologie, um einen energieeffizienten und CO2-freien Gebäudepark zu realisieren, sind bereits heute verfügbar.

CO2-Gesetz: Die Vorschläge des Ständerats reichen nicht

Nach monatelangen Beratungen hat die Umweltkommission des Ständerats (UREK-S) am 16. August zur Totalrevision des CO2-Gesetzes kommuniziert. Mit ihren Anträgen stärkt die Umweltkommission den Klimaschutz an ein paar Stellen, vielerorts bleibt allerdings Verbesserungsbedarf bestehen. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, braucht es einen ambitionierteren Massnahmenkatalog. 

Ungenügendes Inlandziel

Die Kommission schlägt ein Inlandziel von minus 30% bis 2030 vor (60% der Halbierung der Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030). Das ist ungenügend. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, welches die Schweiz ratifiziert hat, braucht es ein deutlich höheres Inlandziel. Wie eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Ein ambitioniertes Inlandziel schafft Innovationsanreize und stärkt den Werkplatz Schweiz. In diesem Punkt muss entweder die Kommission selbst in ihrer Gesamtabstimmung am 2. Sept oder dann der Ständerat korrigieren.

Flugticketabgabe begrüssenswert

swisscleantech befürwortet die Einführung einer Flugticketabgabe. Der Flugverkehr wächst rasant, ist steuerbefreit und bisher zeigen internationale Massnahmen keine Wirkung. Eine Flugticketabgabe kann den Flugverkehr noch nicht auf einen Paris-kompatiblen Weg lenken, ist aber trotzdem ein wichtiger Schritt und sendet ein Signal: Preiserhöhungen haben grundsätzlich eine Lenkungswirkung. Sie können KonsumentInnen dazu anregen, auf klimafreundlichere Verkehrsalternativen umzusteigen. Weitere Informationen im Positionspapier von swisscleantech.

Neuer Klimafonds

Es ist grundsätzlich zu begrüssen, dass ein umfassender Klimafonds geschaffen werden soll für Massnahmen im Bereich der Gebäudemodernisierung und Energieeffizienz, der beschleunigten Umstellung auf eine CO2-freie Wärmeproduktion, der Unterstützung von Projekten zur nachhaltigen Verminderung von Treibhausgasemissionen und der Verminderung von Klimaschäden. Ein solcher Fonds kann Innovationsanreize für die Entwicklung von klimafreundlichen Lösungsansätzen bieten. Bei der Speisung des Fonds ist allerdings darauf zu achten, dass Zweckbindungen (z.B. durch die CO2-Abgabe oder die Flugticketabgabe) effizient und wirksam ausgestaltet werden.

CO2-Grenzwerte für Gebäude braucht es frühzeitig

Gebäude sind für 26% der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Die Sanierungsrate ist zu tief, grosse Effizienzpotenziale liegen brach. Um die Emissionen im Gebäudebereich ohne Verzug zu reduzieren, muss ein Emissionsgrenzwert pro m2 Energiebezugsfläche verbindlich und frühzeitig – d.h. nicht später als 2023 – eingeführt und danach kontinuierlich abgesenkt werden. Solch einen Emissionsgrenzwert erst 2029 einzuführen, wie es einer der Ansätze der Kommission vorsieht, ist absolut ungenügend. Damit lassen sich die Pariser Klimaziele im Gebäudesektor nicht erreichen.

Massnahmen im Verkehr sind zentral

Es ist erfreulich, dass die Umweltkommission mit den Flottenzielen der Schweiz nicht hinter die EU-Regelungen zurückfallen und auch den Schwerverkehr einbeziehen möchte, denn der Strassenverkehr ist mit einem Anteil von einem Drittel nach wie vor die grösste Emissionsquelle von CO2 in der Schweiz. Die Emissionen sind seit 1990 sogar gestiegen. Mit der Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe tragen Autoimporteure zwar nicht direkt zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors, dafür aber zum Klimaschutz im Inland bei. Es macht deshalb Sinn, den im Inland zu kompensierenden Anteil, wie es die Kommission vorschlägt, auf 20% zu erhöhen. swisscleantech begrüsst es zudem, dass ein kleiner Teil der über den Treibstoffpreis finanzierten Klimaschutzmassnahmen für die Förderung der Elektromobilität reserviert werden soll. Damit wird sichergestellt, dass auch Kompensationsprojekte im Bereich des Verkehrs durchgeführt und die Wertschöpfung in der Schweiz gestärkt werden.

Weiter ist es grundsätzlich begrüssenswert, dass die Kommission mit einem Postulat konkrete Vorschläge für eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe sowie für die Einführung eines Mobility Pricings prüfen möchte. Im Verkehrswesen muss dringend Kostentransparenz hergestellt werden. Deshalb ist es wichtig, diese Lösungsansätze schnell voranzutreiben: Sie sind essentiell, damit der Verkehr der Zukunft klimafreundlich, kostendeckend und effizient organisiert werde kann.

Klimaverträglicher Finanzsektor ist essentiell

swisscleantech begrüsst, dass die Umweltkommission die Bedeutung der Finanzflüsse für das Einhalten des Pariser Klimaabkommens anerkennt. Denn durch den Schweizer Finanzsektor werden rund zwanzigmal mehr CO2-Emissionen verursacht als im Inland. Die Kommission hat dazu vier Postulate eingereicht. In der EU ist zurzeit eine tiefgreifende Reform zur Nachhaltigkeit der Finanzindustrie im Gange. Auch die Schweiz ist hier gefordert. Es ist deshalb wichtig, dass dazu konkrete Massnahmen für die CO2-Gesetzesrevision ausgearbeitet werden.

Am 2. September 2019 wird die Umweltkommission des Ständerats die Vorlage einer letzten Überprüfung unterziehen und die Gesamtabstimmung vornehmen. Das Plenum des Ständerats berät folglich in der Herbstsession darüber.

Solarstrom ist ein Pfeiler der Energieversorgung – aber nicht der einzige

Solarstrom steht im Zentrum der konkreten Energiestrategie, die Roger Nordmann entwirft. Der SP-Nationalrat, Präsident von Swissolar und Vorstandsmitglied von swisscleantech zeigt auf, wie die Stromproduktion durch PV-Anlagen bis ins Jahr 2050 um den Faktor 25 gesteigert werden soll. Das macht gleichzeitig einen deutlichen Ausbau der Speicherkapazitäten nötig.

Didaktisch geschickt breitet Roger Nordmann das Wissen um die Solarenergie und deren Integration in die Schweizer Stromlandschaft aus. Der Energiespezialist beginnt mit den Grundlagen der Photovoltaik und verfeinert seine Analysen immer weiter, bis er schliesslich auch die Herausforderungen beim Rollout der Solarenergie thematisiert. Dabei bleibt trotz komplexer Materie stets verständlich, was Nordmann sagt.

Wie ein roter Faden zieht der ausserordentliche Preiszerfall von Strom aus Photovoltaikanlagen durch das Buch. Allein in den letzten zehn Jahren sind die Produktionskosten von Solarstrom beinahe um den Faktor zehn gesunken. Dieser Preiszerfall hat drastische Folgen, was aber von vielen Kritikern der Solarenergie noch zu wenig zur Kenntnis genommen wird.

Denn damit geht auch eine Veränderung in der Wahrnehmung von Photovoltaikstrom und dessen Verwendung einher: Früher war dieser Strom so kostbar, dass man jede erzeugbare Kilowattstunde optimal nutzen wollte. Heute kann darauf verzichtet werden, alles aus den Anlagen herauszupressen. Am Mittag, wenn alle anderen Anlagen auch produzieren, kann die Ausbeute an Solarstrom auch heruntergefahren werden. Dies reduziert Stromspitzen im Netz dramatisch, ohne die Rentabilität gross zu schmälern.

Dieser Ansatz, peak shaving genannt, führt dazu, dass Netzüberlastungen vermieden werden können und der Photovoltaikstrom netzdienlich wird. Zusammen mit Anlagen in Ost-West-Orientierung und dem Trend zur Zwischenspeicherung – auch in Fahrzeugen – wird Photovoltaikstrom zu einer echten Stütze der Stromversorgung. Nicht nur im Sommer- sondern auch im Winterhalbjahr. Dass sich dank der neuen Nachfrage nun auch die Batterieforschung beschleunigt und die Preise dort ebenfalls sinken, ist nur positiv für diese Entwicklung.

Der von Roger Nordmann gewählte Ansatz, ganz auf die Solarenergie zu setzen, macht die Analyse einfacher. Die Umsetzung wird dadurch aber schwieriger und auch teurer. Aus diesem Grund andere erneuerbare Energien wie die Windenergie und die Möglichkeit des Stromimportes nicht komplett ausgeklammert werden. Die Stärke der Schweizer Stromversorgung liegt in der Produktionskapazität der Speicherkraftwerke. Diese Stärke gilt es zu nutzen. Import und Export können interessante Businessmodelle darstellen und der Schweiz eine günstige Stromversorgung garantieren. In der politischen Umsetzung gilt es, die Marktkräfte geschickt durch politische Massnahmen zu ergänzen. Hier scheint das Buch zuweilen dirigistische Massnahmen etwas stark in den Vordergrund zu stellen.

 

Roger Nordmann: Sonne für den Klimaschutz – ein Solarplan für die Schweiz. Zytglogge Verlag.
Für mehr Informationen zum Buch, klicken Sie hier.

Die Schweiz braucht ein netto-null 2050 Klimaziel

Sehr geehrte BundesrätInnen

Mit Blick auf Ihre Beratungen zum Langzeitklimaziel der Schweiz, gelangen wir, öbu und swisscleantech, Vertreter der nachhaltigen Schweizer Wirtschaft, mit einem Anliegen an Sie: Wir fordern Sie auf, ein neues Langzeitziel zu unterstützen, welches verbindlich festhält, dass die Schweiz ihre Treibhausemissionen bis 2050 auf nett-null senken wird. Dies ist nötig, damit der Innovationsplatz Schweiz von der anstehenden Dekarbonisierung auch wirtschaftlich profitieren kann. 

Die Weltgemeinschaft hat 2015 die grossen Risiken des Klimawandels erkannt und mit den Pariser
Klimazielen beschlossen, die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad, wenn möglich 1.5 Grad, zu halten. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Schaden des Klimawandels ist bereits heute deutlich und wird, ohne sofortige Massnahmen, stark ansteigen. Am 23. September ist daher ein ausserordentlicher Klimagipfel geplant, an dem alle Länder gefordert sind, ihre verstärkten Klimamassnahmen aufzuzeigen.

Alle Länder haben sich im Rahmen des Pariser Abkommens verpflichtet, bis 2020 ein Langzeitziel und einen Plan zur kompletten Dekarbonisierung einzureichen. Der Bericht des Weltklimarates macht deutlich, dass dazu die globalen Emissionen bis 2050 auf nett-null sinken müssen. Das bedeutet, dass auch die Schweiz, als Teil der Weltgemeinschaft und als Unterzeichnerin des Pariser Abkommens, ihre Treibhausemissionen bis 2050 linear auf nett-null senken muss.

Die Schweiz wäre damit keineswegs alleine oder überambitioniert. Mehrere europäische Länder haben bereits netto-null Ziele beschossen, so z.B. Finnland bis 2035, Island bis 2040, Schweden bis 2045, das Vereinigte Königreich und Portugal bis 2050. In der EU unterstützen 24 von 28 Länder ein EU-weites netto-null Ziel bis 2050. 

Der Klimawandel stellt uns vor grosse Herausforderungen, ist aber auch eine Chance für neue Technologien und Innovationen. Ein netto-null Ziel für 2050 ist visionär, realistisch und nötig: Visionär, weil es hilft, die Schweiz enkeltauglich zu machen. Realistisch, weil es schon sehr viele Lösungsansätze und innovative Technologien gibt. Nötig, weil die Klimawissenschaft unmissverständlich ist. Ein solches Ziel schafft Planbarkeit und hilft volkswirtschaftliche Risiken und Kosten des Klimawandels zu reduzieren. Gleichzeitig schafft es wichtige Rahmenbedingungen, damit sich Schweizer Firmen mit neuen Technologien und Innovationen an der Schaffung eines dekarbonisierten Zukunftmarktes beteiligen können. Somit wird auch die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsplatz Schweiz gesichert. 

Danke, dass Sie sich für das netto-null Klimaziel bis 2050 einsetzen.

Mit freundlichen Grüssen

Olmar Albers                                                                Dr. Christian Zeyer  
Geschäftsführer öbu                                                   Geschäftsführer swisscleantech                          

 

 

 

Glarner Energiegesetz: Ölheizungen sind zu ersetzen

Mit der laufenden Änderung des Energiegesetzes vergibt der Kanton Glarus die Chancen, den Klimaschutz voranzutreiben. Das Energiegesetz setzt die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) um. Diese stellen den kleinsten gemeinsamen Nenner der Kantone dar, um den CO2-Austoss im Gebäudesektor zu reduzieren. Weitere und ambitioniertere Schritte sind erforderlich, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen und die Risiken der Klimaerwärmung zu reduzieren.

Potenzial besteht vor allem beim Ersatz fossiler Heizungen. Bestehende Gebäude werden noch immer zu über 80% fossil beheizt. Was es braucht, sind verbindliche Vorschriften, die beim Ersatz von Heizsystemen nicht-fossile Alternativen vorsehen. Hier kann der Kanton Glarus das Energiegesetz massgeblich verbessern.

Schon heute verfügen innovative Unternehmen über das Know-how und die Technologie, um einen energieeffizienten und CO2-freien Gebäudepark zu realisieren. Damit dieses Potenzial genutzt wird, sind die Kantone gefordert, die gesetzlichen Grundlagen weiterzuentwickeln.

Progressiver und ökologischer Städtebau in Mailand

Nach angenehmer Anreise und Eintreffen in Mailand wurde den rund 15 Teilnehmenden mittels verschiedener Vorträge die Planungsgrundsätze der Stadtbehörden von Mailand nähergebracht. Auch Informationen über die Verkehrsentwicklung in Mailand wurden gegeben sowie die weit fortgeschrittenen Bemühungen zur Digitalisierung der Verwaltung vorgestellt. Nicht zuletzt wurde aufgezeigt, wie auch die Kreativindustrie ihren aktiven Beitrag zu einer «Smart City» leistet.

In einem Inputreferat spannte der Geschäftsführer von swisscleantech, Christian Zeyer, den Bogen zwischen Verkehrsentwicklung, Lebensqualität, Grünraumplanung und der Freiheit des Einzelnen. Er argumentierte, dass Planung zwar die Freiheit des Einzelnen einschränken möge, dadurch aber Lebensqualität gewonnen werden könne. Freiheit und Planung müssen sich daher ergänzen und miteinander in Dialog stehen. 

Wie ein Teilnehmer in der Diskussion zurecht festhielt, kann fehlende Planung ebenfalls dazu führen, dass die Freiheit des Einzelnen eingeschränkt wird. Beispielsweise können Lärm und Luftverschmutzung aufgrund des Verkehrs sowie mangelnde Grünflächen die Möglichkeit einschränken, sich im Aussenraum aufzuhalten. Verschiedene Studien weisen nach, dass Grünräume – insbesondere Bäume – sich positiv auf die psychische Gesundheit der Stadtbewohner auswirken. 

Eines der Highlights war der Besuch der begrünten Zwillingstürme Bosco Verticale. Die vom Architekturbüro Stefano Boeri Architetti geplanten Hochhäuser haben zum Ziel, den urbanen Raum möglichst effektiv zu nutzen und die Biodiversität in Mailand zu stärken. Durch die über 20’000 Bäume und Pflanzen an den Fassaden wird die Lebensqualität der Bewohner verbessert und der Naturbezug in der Grossstadt gestärkt: die Grünfassaden mindern Hitze, Lärm und Staub und verbessern das Mikroklima der Wohnungen.

Der Tag fand im Traditionsrestaurant «Da Giacomo» seinen Ausklang, wo die angeregten Diskussionen bis zur späten Stunde weitergeführt wurden.

Präsentation C. Zeyer «Städteplanung zum Nutzen aller» (PDF)

Reisegruppe mit Mitgliedern von FDP Frauen, FDP Urban und swisscleantech

Die Erdöl-Vereinigung betreibt Irreführung an Konsument*innen

Die Erdöl-Vereinigung (die seit Ende Juni unter dem Namen Avenergy Suisse auftritt) hat in den Zeitungen «Der Bund», «Tages-Anzeiger» sowie «NZZ am Sonntag» Inserate unter dem Titel «Die CO2-arme Ölheizung» veröffentlicht.  Die Inserate vermitteln den Eindruck, dank technologischen Entwicklungen liessen sich Ölheizungen in Zukunft betreiben, ohne grössere Mengen COauszustossen.

«Wir sind der Überzeugung, dass das Inserat der Erdöl-Vereinigung eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten darstellt. Denn es widerspricht den Tatsachen. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerde einzureichen», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech .

Keine andere Heizung stösst mehr COaus als eine Ölheizung. Die Erdölvereinigung führt im Inserat drei technologische Entwicklungen auf, die angeblich dafür sorgen, dass sich Ölheizungen heute und in Zukunft «CO2-arm» betreiben lassen: erstens biogene Treibstoffe, zweitens die Kombination mit erneuerbaren Heizsystemen und drittens der Einsatz von synthetischen, aus überschüssigem erneuerbarem Strom hergestellte Energieträger.

«Diese Neuerungen sind allerdings nicht ausreichend verfügbar, bringen keine Verbesserung oder kommen aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen nicht für die Wärmeerzeugung in Gebäuden zum Einsatz. Für die Wärmeerzeugung gibt es bereits heute Alternativen, die ökonomischer und ökologischer sind als flüssiger erneuerbarer Brennstoff.  Wärmepumpen erzielen pro eingesetzte Einheit Strom mehr als sechsmal so viel Wärme als eine mit synthetischen Brennstoffen betriebene Ölheizung» , sagt Christian Zeyer.

Ölheizungen möglichst schnell ersetzen

In der Schweiz wird in Einfamilienhäusern bei einem Ersatz der fossilen Heizung in 50% der Fälle wiederum eine fossile Heizung installiert, bei Mehrfamilienhäusern beträgt der Anteil sogar 60%. Um die Klimaerwärmung gemäss dem Pariser Klimaabkommen möglichst auf 1.5 Grad zu beschränken, muss auch die Schweiz bis 2050 Treibhausgas-neutral werden. Bis dann müssen Ölheizungen vollständig mit erneuerbaren Alternativen ersetzt werden.

«Angesichts der Lebenszeit von 20 bis 25 Jahren von Ölbrennern muss der Ersatz jetzt beginnen. Je schneller dies geschieht, umso besser für das Klima. Gerade bei den Gebäudeheizungen ist der Umstieg auf erneuerbare Energieträger schon heute wirtschaftlich. Vor diesem Hintergrund erachten wir die Inserate der Erdöl-Vereinigung als bedenklich», sagt Christian Zeyer.

Neue Vorwürfe und Beanstandungen

Gegen ein gleiches Inserat, das die Erdölvereinigung Ende 2018 in einer Westschweizer Immobilienzeitschrift publiziert hatte, war bereits eine Beschwerde bei der Lauterkeitskommission eingegangen. Diese Beschwerde hatte einzig den aktuellen CO2-Ausstoss von Ölheizungen zum Inhalt und unterliess es aufzuzeigen, weshalb Ölheizungen auch in Zukunft nicht klimaneutral sein werden. Sie war abgewiesen worden. swisscleantech erhebt in der Beschwerde neue Vorwürfe und Beanstandungen, weshalb die Lauterkeitskommission ein neues Verfahren eingeleitet hat.

 

Die Argumente der Erdöl-Vereinigung im Fakten-Check

  1. Biogene Treibstoffe sind nicht in ausreichender Menge verfügbar

Die Erdöl-Vereinigung begründet ihre Aussagen damit, dass eine Ölheizung dank des Einsatzes von biogenen Brennstoffen – hergestellt aus Tier- und Pflanzenabfällen – nur wenig COausstosse. Die dafür erforderlichen Mengen sind jedoch auf dem Markt nicht verfügbar und werden es auch in Zukunft nicht sein.

  1. Auch in Kombi-Heizungen stösst eine Ölheizung im Betrieb unverändert viel COaus

Die Erdöl-Vereinigung behauptet, dass eine Ölheizung in Kombination mit Wärmepumpen oder anderen alternativen erneuerbaren Heizsystemen kaum COausstosse. Tatsache ist, dass eine Ölheizung nur dann wenig CO2ausstösst, wenn sie nicht läuft. Zudem sind Wärmepumpen so effizient, dass eine Kombination mit einer Ölheizung weder aus ökologischen noch aus wirtschaftlichen Gründen Sinn macht.

  1. Synthetische Energieträger sind wichtig, kommen aber nicht im Gebäudesektor zum Einsatz

Die Erdöl-Vereinigung stützt ihre Aussage auch mit dem Hinweis auf die Entwicklung im Bereich synthetischer Energieträger. Diese können in Zukunft in der Tat einen Eckstein für eine nachhaltige Energieversorgung bilden, denn damit lässt sich überschüssiger erneuerbarer Strom speichern und bei Bedarf nutzen. Doch selbst wenn sich die Herstellung synthetischer Energieträger in industriellem Massstab im Markt etabliert, werden diese Energieträger nicht in Ölheizungen eingesetzt. Sinnvoll ist der Einsatz dieser Energieträger vor allem im Frachtverkehr und in einigen industriellen Prozessen, da deren Betrieb mit erneuerbarem Strom schwierig ist. Für die Wärmeerzeugung in Gebäuden gibt es hingegen Alternativen, die ökonomischer und ökologischer sind. So erzielt man pro eingesetzte Einheit Strom mit einer Wärmepumpe mehr als sechsmal so viel Wärme, als wenn daraus zuerst flüssiger erneuerbarer Brennstoff hergestellt und dieser in einem Ölkessel eingesetzt wird.  

CO2 Verordnungsrevision zur Verknüpfung des Emissionshandels

Das Schweizer Emissionshandelssysteme (EHS) hat durch das geringe Marktvolumen eine eingeschränkte Liquidität und ein höheres Volatilitätsrisiko. Eine Verknüpfung beider Systeme bietet mehr Sicherheit und schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle betroffenen Unternehmen. 

Damit Emissionshandelssysteme gut funktionieren, gibt  Herausforderungen, zu beachten. In beiden EHS wurden über Jahre deutlich mehr Emissionsrechte auf den Markt gebracht als benötigt wurden. Dieser Überschuss hat zu sehr niedrigen Preisen der Emissionsrechte geführt. Ob die EU-Reformen genug greifen werden, um ein Preisniveau zu erreichen, das auch zu effektiven Emissionsreduktionen führt, bleibt weiterhin unklar. Der Preis müsste deutlich über 35 CHF liegen, um signifikante Emissionsreduktionen zu bewirken. Es braucht daher nebst dem EHS noch andere Massnahmen, um die Industrie- und Flugemissionen auf einen Paris-kompatiblen Abstiegspfad zu bringen. Dazu gehört z. B. eine Flugticketabgabe.

Eine Anrechnung der EU-Emissionsrechte an das Schweizer Inlandziel muss auf den EHS Sektor beschränkt bleiben und transparent kommuniziert werden muss. Dazu muss im CO2-Gesetz Artikel 3 genauer definiert werden.

Es macht Sinn, dass die kostenlose Zuteilung der Emissionsrechte gemäss der EU-Regelung erfolgt. Es bleibt aber festzustellen, dass eine kostenlose Zuteilung an gewisse Sektoren eine Marktverzerrung bewirkt. Eine kostenlose Zuteilung macht da Sinn, wo tatsächliche Leakage-Risiken bestehen. Die Benchmarks und Anpassungsfaktoren müssen daher regelmässig überprüft und angepasst werden.

Revision der Verordnung zum Agglomerationsverkehr

Die neue Verordnung über das Programm Agglomerationsverkehr (PAVV) regelt die spezifischen Anforderungen an Agglomerationsprogramme. Der Wirtschaftsverband swisscleantech macht konkrete Vorschläge, wie Umweltaspekte qualitativ und quantitativ besser verankert werden können.