Für eine griffige nationale Klimapolitik

Was verbindet die Schweiz mit Kanada, Japan, Südkorea, Neuseeland, Norwegen, Monaco und Liechtenstein? Die sieben Länder sind die einzigen, die einen Teil ihrer CO2-Emissionen im Ausland kompensieren wollen. Deshalb ist ihr Interesse an der UNO-Klimakonferenz (COP25) in Madrid besonders hoch. Denn hier verhandeln die Delegierten derzeit, wie der globale Handel mit CO2-Zertifikaten zu regeln ist. Ob dies gelingt, ist angesichts des Widerstands von Brasilien ungewiss. Bereits vor einen Jahr im polnischen Katowice konnten keine verbindlichen Regeln verabschiedet werden, um die Integrität des Handels mit Emissionsreduktionen zu sichern.

Der jüngste UNO-Klimabericht lässt keinen Zweifel: Um die Risiken des Klimawandels zu begrenzen, müssen die Treibhausgase drastisch gesenkt werden, und zwar schnell. Die jährliche Menge an CO2, die ausgestossen wird, wächst aber noch immer, auch 2019. Ändert sich daran nichts, ist das verbleibende Budget, um die Erwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen, bereits in weniger als zehn Jahren aufgebraucht.

Keine Alternative zu Klimaschutz im Inland

Daran wird auch die Klimakonferenz nichts ändern. Mit den Reduktionszielen, zu denen sich die 187 Staaten, die das Pariser Klimaabkommen ratifiziert haben, rechnen Wissenschafter bis 2100 mit einer Erwärmung um 3.2 Grad. Nächstes Jahr müssen Länder unter dem Pariser Abkommen aktualisierte Ziele einreichen. Um das 1.5 Grad Ziel einhalten zu können, müssten die neuen 2030 Ziele zu  5 Mal mehr Reduktionen führen, als die bisherigen Ziele.

Was heisst das für die Schweizer Klimapolitik? Es gibt keine Alternative zu ambitionierten Klimaschutzmassnahmen im Inland. Dies schafft Innovationsanreize und Planungssicherheit für die Unternehmen, der Werkplatz Schweiz wird gestärkt. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft. Die dafür im CO2-Gesetz erforderlichen Massnahmen sind sozialverträglich, wie eine Studie von INFRAS deutlich macht.

Mit dem CO2-Gesetz stellt die Schweiz die Weichen, ob und wie die Ziele des Paris Klimaabkommens erreicht werden und das Land bis 2050 klimaneutral wird. In der bisherigen parlamentarischen Beratung setzt sich die Mehrheit für ein Reduktionsziel ein, das nicht Paris kompatibel ist: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen im Inland nur um 30%, das heisst nur 1% pro Jahr, reduziert werden (gegenüber 1990). Nötig wäre eine Senkung um mindestens 45%, wie es auch swisscleantech fordert.

Die Schweiz braucht mehr Wagniskapital, um Cleantech-Startups zur Marktreife zu bringen

Cleantech-Startup spielen angesichts der ökologischen Herausforderungen eine zentrale Rolle. Doch die Jungunternehmen können ihr Potenzial nur beschränkt ausschöpfen, wie die Machbarkeitsstudie «Swiss Cleantech Later Stage Venture Fund» des Beratungsunternehmens ecos deutlich macht. Der von der Gebert Rüf Stiftung, dem Bundesamt für Umwelt BAFU und swisscleantech unterstützte Bericht zeigt, dass die Rahmenbedingungen für Schweizer Startups im Cleantech-Bereich ungenügend sind.

Finanzierungslücke bremst die Entwicklung

Cleantech-Startups fehlt es an Wagniskapital. Dies trifft vor allem auf die Validierungsphase zu, wenn Prototypen weiterentwickelt und die Infrastruktur für die Massenproduktion hochgefahren werden müssen. Die Entwicklung zur Marktreife wird auch dadurch erschwert, dass der Cleantech-Bereich im aktuellen Umfeld die ökologischen Vorteile nicht vollständig ausspielen kann. CO2-Emissionen und andere Umweltkosten wie Biodiversitätsverlust werden noch ungenügend oder gar nicht in den Preisen abgebildet, im Energiesektor bestehen zudem regulatorische Unsicherheiten.

«In der Schweiz fehlt es an Wagniskapital, das Cleantech-Startups in der Wachstumsphase benötigen. Im Vergleich mit dem Medtech- und Biotech-Sektor hat sich hier bis heute keine Risikokapital-Kultur etabliert. Damit dieser Zukunftsbereich sein Potenzial ausschöpfen kann, müssen bestehende Hindernisse beseitigt werden», sagt Projektleiter Marco Grossmann, Partner bei ecos.

Anschubmassnahmen für ein Cleantech-Ökosystem

Die Studie zeigt konkrete Handlungsempfehlungen auf, wie sich in der Schweiz ein Cleantech-Ökosystem entwickeln kann. In einer ersten Phase wird eine philanthropische und/oder staatliche Unterstützung vorgeschlagen, um Vernetzung, Sichtbarkeit und Internationalisierung der Startups zu verbessern und das Schweizer Cleantech-Ökosystem weiterzuentwickeln. Diese Anschub-Massnahmen würden den Boden vorbereiten, damit sich ein kommerzieller Cleantech-Venture-Fonds mit Fokus auf Schweizer Startups etablieren kann.

«Die Schweizer Wirtschaft muss klimatauglich werden. Mit ihren innovativen Ideen sind die Schweizer Cleantech-Unternehmen in einer einzigartigen Situation. Doch der Wandel findet nicht von alleine statt. Damit sich die Startups im Markt etablieren können, brauchen sie Kapital. Hier legt die Machbarkeitsstudie von ecos den Finger auf einen Schwachpunkt der Schweiz. Politik, Wirtschaft und Investoren sind nun gefordert, diese Finanzierungslücke zu schliessen», sagt Carsten Bopp, Präsident von swisscleantech.

 

Weitere Informationen

Machbarkeitsstudie «Swiss Cleantech Later Stage Venture Fund» 

Für Fragen zur Studie steht Studienleiter Marco Grossmann von ecos, zur Verfügung: Telefon: +41 61 205 10 36, E-Mail: marco.grossmann@ecos.ch

swisscleantech Position zu Sustainable Finance

Die Schweiz hat mit ihrem Finanzplatz einen mächtigen Klimahebel zur Hand. Einerseits gilt es, unser Geld vor dem Klimawandel zu schützen, d.h. unsere Finanzmärkte vor Klimarisiken, wie Überschwemmungen, Dürren, Stürme etc. zu sichern. Andererseits gilt es, das Klima mit mithilfe unseres Geldes zu schützen, d.h. eine Umlenkung von Investitionen weg von fossilen Energien hin zu erneuerbaren, effizienten Technologien. Die Auswirkungen der Finanzströme können, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, ein Systemrisiko für unsere gesamte Volkswirtschaft darstellen. Die Umlenkung globaler Finanzströme in nachhaltige Investitionen macht deshalb auch aus Risikoüberlegungen Sinn. Aktuell besteht die Möglichkeit, einzelne Aspekte ins CO2-Gesetz aufzunehmen. 

swisscleantech fordert und unterstützt folgende Massnahmen:

  • Umfassende Transparenzregeln
  • Verbindliche Klimaverträglichkeitstests
  • Schaffung einer Finanzexperten-Kommission zur Klimaverträglichkeit und Klimarisiken
  • Entwicklung eines Aktionsplans

Details finden Sie in unserer Position zur Finanzindustrie.

Weitere Informationen zur Schweizer Klimapolitik.

 

FDP-Präsidentin Petra Gössi: Umweltkurs wird weiterverfolgt

Dieses Jahr hat Petra Gössi den Kurs der FDP in der Umwelt- und Klimapolitik entscheidend geprägt. Mit der im Frühjahr durchgeführten Mitgliederbefragung hat sie Unterstützung dafür erhalten, dass sich die Partei stärker für Umweltanliegen einsetzt. Und das gilt auch für die neue Legislatur, das hat die Parteipräsidentin Gespräch im Rahmen eines Mitglieder-Webinars von swisscleantech festgehalten.

CO2-Gesetz in der Version des Ständerats
Die Weichen für die Klimapolitik werden mit dem CO2-Gesetz gestellt. Hier erachtet Petra Gössi die vom Ständerat in der letzten Session verabschiedete Version als Basis, an der sich auch der Nationalrat orientieren soll. Diese umfasst ein Inlandziel von 60%. Auf die Frage nach einem höheren Inlandziel verweist sie auf die laufenden Beratungen: «Mit den Massnahmen, die der Ständerat verlangt, wird im Inland bereits eine höhere Senkung erreicht. Das ist letztlich relevant.»

Der Schweizer Gebäudesektor ist für einen Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich. Bei diesem wichtigen Sektor vertritt Petra Gössi die Haltung, dass der Bund klare Vorgaben machen soll. Konkret heisst dies, dass es CO2-Grenzwerte brauche, um bei einem Umbau den Ersatz von fossilen Heizsystemen zu beschleunigen. «Dafür ist allerdings die Unterstützung der Kantone nötig. Sonst wird es schwierig, eine Mehrheit zu finden.»

Von Kompromissen und Referenden
Welche Rolle spielt die FDP im Parlament, nachdem Grüne und glp deutlich zugelegt haben und sich eine grosse Mittefraktion gebildet hat? Die FDP werde weiterhin nach Mehrheiten suchen, je nach Geschäft auf der linken oder auf der rechten Seite. «Aufgrund der stärkeren Fragmentierung wird sich das Parlament zusammenraufen und Kompromisse finden müssen.» Wenn nicht, werde es zu mehr Referenden kommen, und zwar primär von bürgerlicher Seite, weil die Mitte- und Grüne-Parteien gestärkt worden sind. Sie rechnet deshalb damit, dass die FDP referendumsfähig werden müsse.

Um Fortschritte zu erzielen, auch im Klimaschutz, braucht es die Unternehmen. Hier sind die Unternehmen mit innovativen Lösungen in einer ausgezeichneten Lage, um sich im Inland und im Ausland zu behaupten. «Das macht den Erfolg der Schweiz aus, und hier ist swisscleantech hervorragend positioniert.»

Der persönliche Fussabdruck
Und was hat die FDP-Präsidentin dieses Jahr persönlich für das Klima getan? «Ich musste ein neues Auto kaufen und da habe ich mich für ein Hybrid-Modell entschieden», sagt sie. Insgesamt liege ihr Fussabdruck unter dem Schweizer Mittelwert, dies hat sie anhand des WWF-Footprint-Rechners festgestellt. «Das liegt auch daran, dass ich meinen Fleischkonsum schon vor längerem sehr stark eingeschränkt habe». Doch sieht sie auch Verbesserungspotenzial, «wenn ich noch häufiger den Zug nehme oder seltener im Hotel übernachte.» 

CO2-Gesetz erst 2020 im Nationalrat

Im Rahmen der Herbstsession hatte der Ständerat die Vorlage zum CO2-Gesetz beraten. Das Ergebnis der Beratungen war ein erster wichtiger Schritt (eine etwas detailliertere Auslegeordnung zum Stand des CO2-gesetzes nach der Ständeratsdebatte finden Sie unter folgendem Link). Die beratene Vorlage reicht aber nicht aus, damit die Schweiz bis 2050 klimaneutral wird. Allen voran mangelte es an der Verabschiedung eines wirksamen Inlandziels.

Im Oktober nahm die Umweltkommission des Nationalrats die Weiterführung der Arbeiten an der Vorlage als Zweitrat auf und hat bereits weitere Entscheide gefällt. Sie folgt im Wesentlichen den Entscheiden des Ständerates, mit ein paar Abweichungen. Auch die Umweltkommission des Nationalrats versäumt es, ein wirksames Inlandziel zu verabschieden und möchte die Bestimmungen zum Gebäudestandard aufweichen.

Per Ordnungsantrags hat die Kommission entschieden, die weiteren Beratungen auf die erste Sitzung in der neuen Kommissionszusammensetzung Mitte Januar 2020 zu verschieben. Das Ziel sei nach wie vor die Vorlage in der Frühjahrssession 2020 in den Rat zu bringen.

fokuskreislaufwirtschaft: Kreislaufwirtschaft zu Ende gedacht

Rund 30 Teilnehmenden diskutierten darüber bei der fünften Ausgabe von fokuskreislaufwirtschaftletzten Mittwoch im Karl der Grosse, Zürich, und stellten den eingeladenen Experten viele Fragen.

In einer Einleitung erläuterte Raphael Fasko von der Rytec AG zunächst den Begriff «Kreislaufwirtschaft» und stellte die verschiedenen Strategien und Wirtschaftsmodelle der Kreislaufwirtschaft vor. So lohne es sich besonders beim Service- bzw. Mietmodell in langlebige Produkte zu investieren. Und er betont: Die Wiederverwertung müsse bereits beim Design des Produktes mitbedacht werden.

Michael Heim und Herbert Arnold von der Schweizerischen Post zeigten, warum das Thema Kreislaufwirtschaft für die Post äusserst relevant ist. «Die Kreislaufwirtschaft besitzt ein riesiges Markt- und Wachstumspotenzial, aus logistischer Sicht. Das möchten wir angehen», so Heim. Letztendlich sei es für sie wirtschaftlich positiv, wenn sie aufgrund der Rückführung mehr Transportaufträge erhielten. Sie sehen in der Kooperation mit anderen Unternehmen auch die Chance, diese für das Thema der Kreislaufwirtschaft zu sensibilisieren – und somit auch als Nicht-Produktionsunternehmen ihren Teil zu leisten. Dass dies nicht immer ganz einfach ist, zeigte ein Beispiel, in dem die Post mit einem Unternehmen in Kontakt stand, um deren Geschäftsmodell um ein Mietmodell zu erweitern. Nach langen Gesprächen war der Geschäftsführer immer noch überzeugt, dass man nichts verdienen könne, wenn man nichts verkauft. So müsse man denn auch darauf achten, die Sprache des Gegenübers zu sprechen, so Heim. Den Begriff «Kreislaufwirtschaft» würden sie eher vermeiden, «reverse logistic» wirke offenbar weniger abschreckend. Letztendlich handle es sich immer noch um einen Pioniermarkt mit sehr viel Potenzial. Und die Logistik spiele dabei eine entscheidende Rolle: Denn, so Herbert Arnold: «wer die Logistik im Griff hat, hat das Business im Griff.»

Einer der Pioniere ist Peter Bartel von Circular Economy Solutions GmbH (C-ECO). Bartel stellt direkt am Anfang seines Vortrags klar: «Die Klimaziele werden nur durch eine Kreislaufwirtschaft erreicht.» Recycling allein reicht dafür nicht. Alles, was wir derzeit rezyklieren, sei strategisch nicht ausreichend relevant, weil wir keinen Markt dafür haben. Wir würden zum Beispiel Stahl erhalten, die Wirtschaft bräuchte aber viel eher Seltene Erden – und diese lassen sich nicht rezyklieren. «Wir müssen also so lange wie möglich verhindern, dass etwas rezykliert wird», so Bartel.

C-ECO, ein Spinoff von Bosch Automotive, bringt über die Servicemarke CoremanNet jährlich 3 Mio. gebrauchte Teile zurück zur Aufbereitung. Das Potenzial der Kreislaufwirtschaft für die Automobilbranche, insbesondere im Bereich Remanufacturing, sei enorm hoch, weiss Bartel. Die Technologie entwickle sich so schnell, dass viele Einzelteile von Autos heute schon gar nicht mehr produziert würden. Um nicht gleich das ganze Auto entsorgen zu müssen, wird oft auf Instandsetzung alter Teile gesetzt – mit gleicher Garantie, für weniger Geld. Mit der Produktion von Autos könne heutzutage nämlich kein Autohersteller mehr sein Geld verdienen, erläutert Bartel weiter. Leasing und Ersatzteilverkauf hingegen brächten Gewinne. 10 % der Ersatzteile würden dabei heutzutage bereits instandgesetzt. Remanufacturing fördere zudem lokale Arbeitsplätze: Statt Rohstoffe aus China zu importieren, würden nun Waren zur Instandsetzung innerhalb Europas transportiert.

So unterschiedlich die beiden Praxisbeispiele, alle drei Experten waren sich einig, dass erst die passende IT eine Kreislaufwirtschaft erst möglich macht. «Ein SAP kann keine Kreislaufwirtschaft», so Bartel. Die Software sei schlicht nicht darauf ausgerichtet, Warenströme zu erfassen, bei denen der Kunde zum Lieferanten wird, dieser nicht auf Bestellung liefert, sondern wann er will, u.s.w.

Die Teilnehmenden konnten den Referenten zwischendurch auf den Zahl fühlen und miteinander in kleinen Gruppen diskutieren.

Die obige Zusammenfassung ist – wie gesagt – kurz, im Vergleich zu dem Gehörten und Diskutierten. Wenn Sie weitere Informationen wünschen, können Sie gerne die Präsentationen (unten) herunterladen oder am nächsten Event (voraussichtlich im Mai 2020) teilnehmen.

Präsentationen

 

Voll engagiert für die nächsten zehn Jahre

Begrüsst werden die Gäste im Bierhübeli in Bern von den fröhlichen Klängen der Soul- und Funkband Soulmaniacs. Im vollen Festsaal ist von Anfang an klar: Hier treffen sich Menschen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, die etwas bewegen wollen. «Reframe the Frame» lautet das Motto des Jubiläumsanlasses, und das passt ebenso gut auf die Anfänge von swisscleantech vor 10 Jahren wie auf die jetzt anstehenden Aufgaben.

Die von SRF-Moderatorin Sonja Hasler souverän geleitete Diskussion macht deutlich: Seit der Gründung 2009 bewegt swisscleantech Politik und Gesellschaft und zeigt Lösungen für eine klimataugliche Wirtschaft auf. Nick Beglinger, Gründer und Ehrenpräsident von swisscleantech, erinnert daran, dass ihn Bundesrätin Doris Leuthard vor zehn Jahren zur Gründung des Verbands motiviert hatte. «Der Verband hat einiges einstecken müssen, aber auch viel erreicht.» Nick Beglinger dankt auch swisscleantech Geschäftsführer Christian Zeyer, der sich von Anfang an für den Verband engagiert hat.

Wie es der Verband schaffte, sich als Stimme der nachhaltigen Wirtschaft zu etablieren, zeigt Franziska Barmettler auf, ehemalige Co-Geschäftsführerin, heute Vorstandsmitglied von swisscleantech und Leiterin Nachhaltigkeit bei IKEA Schweiz. Mit der Lancierung der «Cleantech Strategie Schweiz» und der «Cleantech Energiestrategie» habe der Verband schon sehr früh aufgezeigt, dass der Umbau der Schweizer Energieversorgung technisch machbar und wirtschaftlich vorteilhaft ist.

Wer würde den Verband heute gründen, falls es ihn nicht schon gäbe? Auf die Frage von Sonja Hasler blickt Carsten Bopp, Präsident swisscleantech, zu den Mitgliedern im Saal. «Ich bin überzeugt, dass wir uns gleich hier zu einer Bewegung zusammenschliessen würden.» Denn es brauche einen Verband, der die progressive Wirtschaft vertritt. Der Wille, sich zu engagieren, sei gross.

Auf spielerische Weise brachte die Crew von Improphil, dem renommierten Schweizer Improvisationstheater, die swisscleantech Geschichte  auf die Bühne. Witzig in Worten, gefühlvoll im Gesang, etwas mit einer Ballade über den Ausstieg aus fossiler Energie. Good bye CO2, es ist vorbei.

Zuvor noch befragt Sonja Hasler Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik dazu, wie die Zukunft klimatauglich gestaltet werden kann. Antonin Guez, CEO von ENGIE Schweiz, zeigt auf, welche Herausforderungen sich dem globalen Energiekonzern stellen. Auch erklärt er, weshalb er die Initiative CEO4climate unterstützt und sich so für einen griffigen Klimaschutz engagiert. Cornelia Luchsinger, Key Account Manager der Zürcher Kantonalbank, legt den Fokus auf die Rahmenbedingungen und darauf, dass es neue Investitionsanreize für erneuerbare Energie brauche. «Hier spielt swisscleantech eine wichtige Rolle».

Von Robert Frigg, Innovator in der Medizinaltechnik und Ehrendoktor der Medizin, will Sonja Hasler wissen, was sich im Klimaschutz vom Gesundheitssektor lernen lasse. Damit sich ein neues Produkt durchsetze, müssten der Zeitpunkt und die Partner stimmen. Aber das allein reicht nicht: «Es braucht einfach Geld, damit Innovationen Erfolg haben.» Die Sicht aus Wirtschaft und Politik bringt schliesslich Jürg Grossen ein, Unternehmer, Präsident der GLP Schweiz und Vorstandsmitglied von swisscleantech. In den letzten zehn Jahren sei das Bewusstsein für Klimaschutz in der Wirtschaft deutlich gestiegen. Für swisscleantech sieht er bei der Revision des CO2-Gesetzes denn auch eine zentrale Rolle. Zum Schluss rief er die Mitglieder auf, neue Unternehmen für den Verband zu mobilisieren. «Je breiter die Abstützung, desto mehr kann der Verband bewirken».

Fotogalerie (© Thomas Hodel)

10 Jahre swisscleantech: Starke Stimme für eine 
klimataugliche Wirtschaft

Die 10jährige Geschichte von swisscleantech ist eine Zeitreise durch die Energie- und Klimapolitik. 2009 diskutierte die Schweiz über die Pläne der Schweizer Stromkonzerne, die Kernenergie auszubauen. Heute ist die Schweiz mitten im Prozess, die Energieversorgung auf eine vollständig erneuerbare Basis zu stellen.

«swisscleantech hat seit Gründung die Schweizer Energie- und Klimapolitik mitgeprägt, vor und hinter den Kulissen. Das gelingt uns bis heute, indem wir die Kräfte jener Wirtschaftsakteure bündeln, die erkennen, dass dezidiertes Handeln notwendig ist und dass sich daraus Chancen ergeben. Wir waren früh, haben einiges erreicht, mussten auch einstecken. Jetzt gilt es die nächsten zehn Jahre anzugehen, denn es bleibt viel zu tun!», sagt Nick Beglinger, Gründer und Ehrenpräsident von swisscleantech.

Wo der Einsatz von swisscleantech Wirkung zeigt
Erste Meilensteine von swisscleantech waren die Lancierung der «Cleantech Strategie Schweiz» und der «Cleantech Energiestrategie». Darin hat der Verband deutlich gemacht, dass der Umbau der Schweizer Energieversorgung technisch machbar und wirtschaftlich vorteilhaft ist und dass der Wirtschaftsstandort damit insgesamt gestärkt wird. swisscleantech engagierte sich im Abstimmungskampf um die Energiestrategie 2050 und trug dazu bei, dass die Bevölkerung dem wegweisenden Gesetz zustimmte.

swisscleantech arbeitet auch in Zukunft intensiv darauf hin, dass die Schweiz bis spätestens 2050 CO2-neutral wird. Die Revision des CO2-Gesetzes steht derzeit im Fokus. Hier setzt sich der Verband für griffigen Klimaschutz ein und fordert ein Reduktionsziel im Inland von -45%.

«swisscleantech engagiert sich als branchenübergreifender Wirtschaftsverband für eine liberale Politik, die den Klimaschutz ernst nimmt. Unser Ziel ist es, Kostenwahrheit herzustellen und so Innovation und nachhaltigem Handeln zum Durchbruch zu verhelfen. Ein Preis auf CO2 gehört zwingend dazu. Dieser Rahmen schafft Chancen, damit sich Innovationen auf dem Markt durchsetzen können, im Inland wie im Ausland», sagt Carsten Bopp, Präsident von swisscleantech.

Kräftiges Mitgliederwachstum
Nachhaltigkeit ist eine Chance für die gesamte Wirtschaft, die swisscleantech Mitglieder leben dies heute bereits vor. Eine wachsende Zahl von Unternehmerinnen und Unternehmer erkennen die Bedeutung einer wirksamen Klimapolitik: Seit Anfang Jahr sind über 100 Unternehmen dem Verband beigetreten.

Jubiläumsanlass
Am 14. November feiert swisscleantech das 10jährige Jubiläum mit Mitgliedern, Freunden und Vertretern aus Wirtschaft und Politik. Der Abend im Bierhübeli in Bern steht unter dem Titel «Reframe the Frame» und bietet Diskussionen, festliches Dinner, Improvisationstheater und vieles mehr.

 

Weitere Informationen

Warum Ölheizungen ersetzt werden müssen

Im April publizierte die Erdöl-Vereinigung (neu Avenergy) Inserate unter dem Titel «Die CO2-arme Ölheizung».  Darin wurde der Eindruck vermittelt, dank technologischen Entwicklungen liessen sich Ölheizungen künftig betreiben, ohne grössere Mengen CO2 auszustossen.

Gegen das Inserat erhob swisscleantech Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission. Der Wirtschaftsverband warf der Erdöl-Vereinigung vor, irreführende Informationen über Ölheizungen zu verbreiten (hier der vollständige Beschwerdetext). 

Werbung darf fast alles
Die Erdölbranche hat in der Zwischenzeit das Inserat angepasst und verzichtet unter anderem auf den Titel, den swisscleantech beanstandet hatte. Trotz der klaren Datenlage hat die Lauterkeitskommission die Beschwerde abgelehnt. Sie begründet das Urteil damit, dass sich die Aussagen im Inserat auf die Zukunft beziehen und «über behauptete Tatsachen für die Zukunft als nicht beweisbare Voraussagen naturgemäss verschiedene Meinungen bestehen können.»

Das Urteil zeigt für swisscleantech, dass Werbung über einen sehr grossen Spielraum verfügt und selbst Dinge in Aussicht stellen darf, die nach dem heute verfügbaren Wissen so nicht eintreffen werden.

Dies zeigt sich bei den drei konkreten Technologien, welche die Erdöl-Vereinigung im Inserat nannte: biogene Treibstoffe, die Kombination mit erneuerbaren Heizsystemen und der Einsatz von synthetischen, aus überschüssigem erneuerbarem Strom hergestellte Energieträger.

  • Biogene Treibstoffe: Aus Tier- und Pflanzenabfällen hergestellt Energieträgen sind nicht in ausreichender Menge verfügbar.
  • Kombi-Heizungen: Auch in Kombination mit erneuerbaren Energiesystemen wie Wärmepumpe stösst eine Ölheizung im Betrieb unverändert viel CO2 aus.
  • Synthetische Energieträger: Die aus überschüssigem erneuerbarem Strom hergestellten Energieträger werden nicht im Gebäudesektor zum Einsatz kommen. Ihre Herstellung ist sehr aufwändig, sodass sie aus quantitativen und wirtschaftlichen Gründen dort zum Einsatz kommen, wo es keine Alternativen gibt (z.B. bei industriellen Prozessen oder im Flugverkehr). Für die Wärmeerzeugung in Gebäuden gibt es mit Wärmepumpen bereits heute wirtschaftliche erneuerbare Lösungen.

Zu allen drei Argumenten finden sich detaillierte Informationen in der Beschwerde.

Ölheizungen möglichst schnell ersetzen
In der Schweiz wird bei Einfamilienhäusern bei einem Ersatz der fossilen Heizung in 50% der Fälle wiederum eine fossile Heizung installiert, bei Mehrfamilienhäusern beträgt der Anteil sogar 60%. Angesichts der Lebenszeit von 20 bis 25 Jahren von Ölbrennern muss der Ersatz jetzt beginnen. Je schneller dies geschieht, umso besser für das Klima.

Ständerat stärkt Klimaschutz im CO2-Gesetz – aber nicht genug

Die Umweltkommission des Nationalrats nimmt die Beratungen der Vorlage Ende Oktober auf. Nachfolgend findet sich eine Einordnung zu den einzelnen Bereichen : 
(Stand nach Beratungen durch den Ständerat Herbst 2019)

Ungenügendes Inlandziel
Der Ständerat hat ein Inlandziel von minus 30% bis 2030 verabschiedet (60% der Halbierung der Treibhausgasemissionen der Schweiz bis 2030). Das ist ungenügend. Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, braucht es ein deutlich höheres Inlandziel. Der Bundesrat hat ein Netto-null-Klimaziel bis 2050 festgelegt. Damit dies erreicht wird, muss im CO2-Gesetz ein Inlandziel von mindestens minus 45% bis 2030 verankert werden. Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht notwendig und stärkt den Werkplatz Schweiz: Es schafft Innovationsanreize und Planungssicherheit für die Unternehmen. Wie eine Studie von econcept zeigt, ist eine Inlandreduktion von bis zu 48% bis 2030 im Inland machbar und wirtschaftlich vorteilhaft.

Frühzeitige CO2-Grenzwerte für Gebäude sind wichtig und richtig Gebäude sind für 26% der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Die Sanierungsrate ist zu tief, grosse Effizienzpotenziale liegen brach. Um die Emissionen im Gebäudebereich ohne Verzug zu reduzieren, ist ein verbindlicher, frühzeitig eingeführter Emissionsgrenzwert pro m2 Energiebezugsfläche, der kontinuierlich abgesenkt wird, wichtig. Der Entscheid des Ständerats, einen solchen Standard ab 2023 einzuführen, ist demnach richtig: Neben der Stärkung der CO2-Abgabe (der Abgabesatz soll, wenn Zwischenziele nicht erreicht werden, sukzessive auf max. CHF 210 erhöht werden) und des Gebäudeprogramms, trägt die Einführung dieses Grenzwerts als dritte Säule dazu bei, dass auch der Gebäudesektor den notwendigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten kann. Dies reduziert auch das Risiko, Gelder in einen nicht energieeffizienten Gebäudepark zu investieren und später mit hohen Folgekosten konfrontiert zu werden.

Wirksame Massnahmen im Verkehr sind essentiell
Der Strassenverkehr ist nach wie vor die grösste CO2-Emissionsquelle in der Schweiz. Seit 1990 sind diese sogar gestiegen. Es ist erfreulich, dass der Ständerat mit den Flottenzielen der Schweiz nicht hinter die EU-Regelungen zurückfällt und auch den Schwerverkehr einbeziehen möchte. Mit der Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe – wobei der Ständerat den Treibstoffaufschlag bei 10-12 Rappen pro Liter Treibstoff deckeln möchte – tragen Treibstoffimporteure nicht direkt zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors bei. Dafür können sie aber den Klimaschutz im Inland unterstützen. Es macht deshalb Sinn, den im Inland zu kompensierenden Anteil, wie es der Ständerat entschieden hat, auf 20% zu erhöhen. swisscleantech begrüsst auch, dass ein kleiner Teil der über den Treibstoffpreis finanzierten Klimaschutzmassnahmen für die Förderung der Elektromobilität reserviert werden soll. Damit wird sichergestellt, dass auch Kompensationsprojekte im Verkehrsbereich durchgeführt und die Wertschöpfung in der Schweiz gestärkt wird.

Nachhaltige Mobilität verlangt aber mehr als effiziente Fahrzeuge. Es ist deshalb zu begrüssen, dass der Ständerat zusätzlich ein Postulat verabschiedet hat, um konkrete Vorschläge für eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe und die Einführung eines Mobility Pricings zu prüfen. Im Verkehrswesen muss dringend Kostentransparenz hergestellt werden. Diese Lösungsansätze müssen schnell vorangetrieben werden, denn sie sind essentiell für einen klimafreundlichen, kostendeckenden und effizient organisierte Verkehr.

Einführung einer Flugticketabgabe ist begrüssenswert
Der Ständerat hat sich für die Einführung einer Flugticketabgabe ausgesprochen. swisscleantech befürwortet das. Der Flugverkehr wächst rasant, ist steuerbefreit und bisher zeigen internationale Massnahmen keine Wirkung. Eine Flugticketabgabe pro Flugticket von mind. 30 und max. 120 CHF, gemäss Ständerat, bringt den Flugverkehr noch nicht auf einen Paris-kompatiblen Weg, sendet aber ein wichtiges Signal: KonsumentInnen könnten motiviert werden, auf klimafreundlichere Verkehrsalternativen umzusteigen.

Neuer Klimafonds stärkt Innovationsanreize
Der Ständerat hat entschieden, einen umfassenden Klimafonds für Massnahmen in folgenden Bereichen zu schaffen: Gebäudemodernisierung, Energieeffizienz, beschleunigte Umstellung auf eine CO2-freie Wärmeproduktion, Unterstützung von Projekten zur nachhaltigen Verminderung von Treibhausgasemissionen und der Verminderung von Klimaschäden. Der Fonds soll aus Teilen der CO2-Abgabe, der Flugticketabgabe sowie dem Ertrag aus den Versteigerungen von Emissionsrechten gespiesen werden. In den Klimafonds integriert werden auch der Technologiefond sowie das Gebäudeprogramm, welches punktuell gestärkt werden soll. Ein solcher Fonds ist grundsätzlich begrüssenswert und bietet Innovationsanreize für die Entwicklung von klimafreundlichen Lösungsansätzen. Bei der Speisung des Fonds ist allerdings darauf zu achten, dass Zweckbindungen effizient und wirksam ausgestaltet werden und dies regelmässig überprüft wird.

Klimaverträglicher Finanzsektor ist zentral und kann im CO2-Gesetz gestärkt werden
Zu begrüssen ist, dass der Ständerat die Bedeutung der Finanzflüsse für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens anerkennt und dies im Zweckartikel festhält. Neu sollen die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) regelmässig ihre klimabedingten finanziellen Risiken prüfen und dem Bundesrat Bericht erstatten. Weitere konkrete Massnahmen hat der Ständerat allerdings nicht in die Vorlage aufgenommen. Vielmehr hat er den Bundesrat in Postulaten dazu aufgefordert, weitergehende Instrumente zu prüfen. Dies ist eine verpasste Chance, denn durch den Schweizer Finanzsektor werden rund zwanzigmal mehr CO2-Emissionen verursacht als im Inland selbst, womit der Finanzsektor ein grosser Hebel für den Klimaschutz ist. In der EU ist zurzeit eine tiefgreifende Reform zur Nachhaltigkeit der Finanzindustrie im Gange. Auch die Schweiz ist hier gefordert. Aus Sicht von swisscleantech ist es deshalb wichtig, dass im Rahmen der CO2-Gesetzesrevision konkrete Massnahmen ausgearbeitet werden – insbesondere was die Transparenz von Klimarisiken und -auswirkungen von Finanzmitteln betrifft.

 

Weiterführende Informationen zur Totalrevision des CO2  Gesetzes
Für Rückfragen: martina.novak(at)swisscleantech.ch