Wahlen 2019: Eine grosse Chance für die Klimapolitik!

Es ist die Rede von einem «Erdrutschsieg» der grünen Parteien. Die Grünen überholen die CVP, gewinnen 17 Nationalratssitze und kommen auf einen Wähleranteil von 13 Prozent (+ 5,9 Prozentpunkte). Auch die Grünliberalen legen zu und kommen auf einen Wähleranteil von 7,9 Prozent (+ 3,3 Prozentpunkte). Dies zeigt: Die Bevölkerung wünscht sich eine wirksame Klimapolitik. Und diese braucht es auch, damit die Schweiz die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen kann. Neben den grünen Kräften sind aber auch die bürgerlichen Parteien weiterhin zentral. Die ökologische Rückbesinnung der FDP ist deshalb genauso wichtig wie das Engagement von CVP und BDP.

Bereits im Vorfeld der Wahlen zeigte sich, dass das Klimathema in (fast) allen Parteien angekommen ist. Damit die Klimapolitik Erfolg hat, muss das Links-Rechts-Schema durchbrochen werden. Andere Länder, wie z.B. Schweden oder die Niederlande, zeigen, dass dies möglich ist. Dort sind weitreichende Klimamassnahmen dank einem Konsens über die Parteigrenzen hinweg beschlossen worden. Dass in der Schweiz ein Umdenken stattfindet, beweist nicht zuletzt die Wahlkampagne #energy4climate, in der 45 Prozent aller Unterstützerinnen und Unterstützter zum mittleren bis rechten Parteienspektrum gehören.

Neue Bündnisse im politischen Alltag

swisscleantech engagiert sich als branchenübergreifender Wirtschaftsverband für eine liberale Politik, die den Klimaschutz ernst nimmt. Diese berücksichtigt, dass der Schutz von Gemeingütern wie der Umwelt und dem Klima eine Aufgabe des Staates ist. Innerhalb dieses Rahmens braucht es viel Platz für unternehmerische Freiheit. Dazu gehört zum Beispiel ein Preis auf CO2 zwingend dazu. Der Rahmen soll Chancen schaffen, damit sich Innovationen auf dem Markt durchsetzen können. swisscleantech ist überzeugt, dass für eine effiziente Wirtschaft die internationale Vernetzung genauso zentral ist wie tiefe bürokratische Hürden.

Mit dem neuen Parlament steigen die Chancen, bei konkreten Vorlagen Fortschritte zu erzielen. Im Vordergrund steht das CO2-Gesetz: Das Inlandziel sollte Paris-kompatibel auf 45 Prozent erhöht werden. Im Gebäudebereich sind CO2-Grenzwerte nötig, und es braucht anschliessend sinnvolle Massnahmen, um dies umzusetzen. Im Energiegesetz und im Stromversorgungsgesetz (StromVG) sind die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass die Stromversorgung im Winter klimatauglich sichergestellt wird. Beim Thema Mobilität sind neue Ansätze erforderlich, zu denen Lenkungsabgaben und Mobility Pricing gehören.

Wachsender Teil der Wirtschaft engagiert sich für mehr Klimaschutz

Nachhaltigkeit ist eine Chance für die gesamte Wirtschaft. Die swisscleantech Mitglieder leben dies heute bereits vor. Das starke Mitgliederwachstum der letzten Monate  – seit Anfang Jahr sind über 100 Unternehmen dem Verband beigetreten – oder die Kampagne #CEO4climate zeigen zudem, dass immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer die Bedeutung einer wirksamen Klimapolitik erkennen und sich engagieren wollen. Das Potenzial ist riesig – damit neue Innovationen auf den Markt gebracht und Geschäftsmodelle klimatauglich gemacht werden können, ist es nun Zeit, gemeinsam neue, wirtschaftsfreundlich Rahmenbedingungen zu erarbeiten.

Wichtig ist, dass die Wirtschaft klimatauglich wird. Deshalb müssen alle Kräfte aus Politik und Wirtschaft in die Diskussionen einbezogen werden. Wir sind optimistisch, dass sich viele positive Entwicklungen ergeben.

 

Bildquelle: Neue Zürcher Zeitung, gfs Bern

Warum die Schweiz ein Inlandziel von mindestens minus 45% braucht

Die Schweiz will ihre Emissionen bis 2030 im Rahmen des Pariser Klimaabkommens um 50% gegenüber dem Stand von 1990 senken. Der Bundesrat schlägt dazu vor, dass zwischen 2021 – 2030 nur ein Drittel der benötigten Reduktionen im Inland realisiert und zwei Drittel im Ausland gekauft werden sollen.

Eine Aufteilung des Schweizer Gesamtreduktionsziels in In- und Auslandanteile ist grundsätzlich sinnvoll. Klimaschutz im Inland muss jedoch Vorrang haben, denn er stärkt die Wirtschaft, fördert Innovation, eröffnet Chancen für den Export, schafft Arbeitsplätze und verhindert den Mittelabfluss.

Da der Umbau von Infrastrukturen langsam erfolgt, muss zeitgerecht begonnen werden. Ansonsten müssen notwendige Investitionen zu einem späteren Zeitpunkt überhastet und kostenintensiv getätigt werden.

Für die Schweizer Wirtschaft ist eine ambitionierte Klimapolitik insgesamt von Vorteil. (Zudem sind Auslandzertifikate kostspielig und oft nicht klimawirksam, lesen sie mehr dazu hier.) Günstige Potentiale zur Reduktion der Inlandemissionen um mindestens 40% bis 2030 sind vorhanden – wichtig ist es, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Umsetzung auch möglich ist. Ein ambitioniertes Inlandziel hilft dabei, die richtigen Anreize zu setzen.

Um unnötige Mehrausgaben zu verhindern und um Investitionen in der Schweiz zu sichern, fordertswisscleantech deshalb ein Inlandziel von mindestens minus 45% und ein Gesamtziel von 60% bis 2030. So werden zwei Drittel der benötigten Reduktionen im Inland erreicht und ein Drittel im Ausland gekauft (siehe Grafik auf dem Infoblatt).

Lesen Sie mehr über die Positionen von swisscleantech zu weiteren Aspekten der Totalrevision des CO2-Gesetzes.

Energiewende: Dialoge und Partnerschaften sind zentral

Das Bundesamt für Energie (BFE) weist in einer Studie ein Potenzial für eine solare Produktion von 50 Terawattstunden (TWh) Strom nach – alleine auf den Hausdächern. Zusätzlich besteht gemäss Swissolar ein Potenzial von 10 TWh bei den Fassaden. Diese Produktionskapazität würde auch 20 TWh Stromproduktion im Winter zur Verfügung stellen – eine Produktion, die dringend gebraucht wird.

Sind wir auf dem Weg, diese Vision zu realisieren? Ein Blick über die Dächer unserer Städte zeigt: Nein, wir sind es nicht. Gerade in den Kernstädten sind Fotovoltaikanlagen eher die Ausnahme als die Regel. Was braucht es, damit wir auf diesem Weg vorankommen? Vorerst einmal braucht es eine Partnerschaft. Es ist nachvollziehbar, dass die Energiewende gerade auch für die Energieversorgungsunternehmen (EVU) eine Herausforderung ist. Die angestammte Hierarchie kommt ins Wanken: Aus Konsumenten werden plötzlich Prosumer, die selbst auch Strom produzieren. Jetzt gilt es, diese Prosumer als neue Partner ins Boot zu holen.

Gerade die Energiewende kann helfen, die schwierigen Effekte der Liberalisierung für die EVU zu mildern. Kein anderer Lieferant kann so nahe beim Kunden sein, wie das lokale EVU. Voraussetzung für diese Partnerschaft ist aber, dass die EVU auf ihre Kunden zugehen.

EVU spielen entscheidende Rolle

Damit sich für Private der Bau einer Solaranlage lohnt, brauchen sie heute drei Ertragsquellen: Einmalvergütungen, einen möglichst hohen Eigenverbrauch und die Vergütung der Einspeisung. Ertragsmindernd wirken sich aber nicht nur tiefe Vergütungen, sondern auch hohe Kosten in der Projektabwicklung aus. Gerade hier können die EVU eine entscheidende Rolle spielen.

In Zukunft muss es möglich sein, eine PV-Anlage so einfach ins Netz zu integrieren, wie dies heute bei sanitären Anlagen der Fall ist. Dies ist heute noch nicht gegeben. Aus der Branche hören wir immer wieder, dass der administrative Aufwand für die Installation einer Solaranlage viel zu gross sei und bis zu mehrere Arbeitstagen benötige. Dies muss in Zukunft mit wenigen Klicks möglich sein. Ebenso muss es zum Standard werden, dass Solaranlagen und Verbraucher in der näheren Umgebung, wenn möglich sogar innerhalb eines Quartiers, in unkomplizierter Art und Weise zusammenzuschliessen. Intelligente Zähler bieten die Möglichkeit, zu erkennen, dass Strom aus der Nachbarschaft zur Verfügung steht und gebraucht werden kann. Dies entlastet die übergeordnete Netzinfrastruktur und sollte deshalb gefördert werden. Die Anforderung, dass für Eigenverbrauchsgemeinschaften separate Kabel gezogen werden müssen, ist für den Ausbau der erneuerbaren Energien bestimmt nicht förderlich – im Gegenteil 

Im Gegenzug muss die PV-Anlage aber auch soviel Intelligenz haben, dass sie sich dem Netz gegenüber dienlich verhält. Peak-Shifting muss –  wie auch Peak-Shaving – zu einem Standard werden. Diese Forderung der EVU ist berechtigt und auch bei den heutigen Modulpreisen angebracht. Solaranlagenbesitzer werden bei einem starken Zubau von PV-Anlagen akzeptieren müssen, dass ihre Produktion an einem Sommermittag für das Netz eine Belastung darstellt – und zu anderen Zeiten ist sie hochwillkommen.

Speicher gewinnen immer mehr an Bedeutung

Andererseits ist es wichtig, dass EVU beginnen, sich für Speicher zu interessieren – nicht nur für festinstallierte, sondern auch für mobile. Denn Batterien können auf die Netze eine starke stabilisierende Wirkungen haben, allerdings nur, wenn sie netzdienlich betrieben werden. Mit weiter sinkenden Batteriepreisen könnte es für EVU durchaus interessant werden, sich an den Zubaukosten von Batterien in privaten Gebäuden oder Fahrzeugen zu beteiligen – und im Gegenzug einen Einfluss auf die Steuerung dieser Anlagen zu erhalten. Es darf nicht sein, dass Strom teuer zwischengespeichert wird, wenn gleichzeitig in der Nachbarschaft Nachfrage besteht.

Gleichzeitig muss man Verständnis dafür aufbringen, wenn die EVU eine einheitliche Regelung für die Einspeisetarife verlangen. Es ist nachvollziehbar, dass sie nur die eingesparten Kosten bezahlen wollen. Gleichzeitig sind diese relativ tief. Dies kann dazu führen, dass Hauseigentümer*innen zu kleine Anlagen bauen, da sie mit kleinen Anlagen den Eigenverbrauch optimieren können und so eine bessere Rentabilität erreichen. Dies wiederum ist aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht optimal: je kleiner eine Anlage, umso höher sind die spezifischen Produktionskosten. Dies würde eigentlich nach einer nationalen – höheren – Entschädigung rufen, wobei sich der Wert einer Kilowattstunde vermehrt auch an der Nachfrage orientieren sollte.

Fazit: Widersprüchliche Interessen bleiben auch in Zukunft bestehen. Der Dialog bleibt wichtig. Entscheidend ist, dass die Transparenz steigt und dass lokale Verfügbarkeit und die damit einhergehende Entlastung der darüberliegenden Infrastrukturen genügend gefördert und auch honoriert wird.

Ihre Stimme zur Kreislaufwirtschaft

Das traditionelle Wirtschaftsmodell beruht auf Linearität: Mit grossem finanziellem und energetischem Aufwand werden Rohstoffe aus der Erde extrahiert und aufbereitet, bevor diese zu Gütern des alltäglichen Gebrauchs verarbeitet und später verkauft werden. Nach der Nutzung dieser Güter landen die meisten Produkte in einer Kehrrichtverbrennung oder in einer Deponie. Damit sind die ursprünglichen Rohstoffe zu einem ganz grossen Teil für immer verloren. Dieses Modell stösst immer mehr an seine Grenzen, denn: Rohstoffvorräte erschöpfen sich, die Förderung derselben bringt Umweltschäden und soziale Probleme mit sich, unsere Abfälle verteilen sich über die ganze Erde und selbst an entlegendsten Orten finden sich Spuren toxischer Verbindungen.

Das alternative Modell ist die Kreislaufwirtschaft– eine Wirtschaft, die Ressourcen effizient und in geschlossenen Kreisläufen nutzt. Im Vergleich zu anderen Ländern hat die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz noch einen schweren Stand. Die Politik hinkt beim Thema hinterher, richtige Rahmenbedingungen fehlen weitgehend. Deshalb fordert FDP-Ständerat Ruedi Noser mit dem Postulat «Hürden gegen Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft» (18.3509) den Bundesrat auf, sich aktiv mit dem Thema Kreislaufwirtschaft auseinanderzusetzen. Dies ist eine Chance für die Wirtschaft, denn die Erfahrungen und Wünsche von Schweizer Unternehmen sollen berücksichtigt werden. In Kooperation mit öbu sammeln wir Stimmen aus der Wirtschaft, welche wir an den Bundesrat weiterleiten:

  • Gibt es Hindernisse, die Ihr Unternehmen dabei hindern, Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umzusetzen?
  • Haben Sie Erfahrungen mit erfolgreichen Umsetzungen von Kreislaufwirtschaft?
  • Was muss sich ändern, damit das Potenzial der Kreislaufwirtschaft genutzt werden kann?
  • Haben Sie Ideen, um die Rahmenbedingungen für die Kreislaufwirtschaft zu verbessern?

Nur wenn Hürden abgebaut und positive Anreize gesetzt werden, kann das Potenzial der Kreislaufwirtschaft voll ausgeschöpft und die Effizienz maximiert werden. Die Etablierung der Kreislaufwirtschaft ist zentral für den Aufbau einer zukunftsfähigen Wirtschaft und öffnet Unternehmen neue Geschäftsfelder. Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen hier. Die Wortmeldungen werden dem Bundesrat in anonymisierter Form übermittelt.

Strommarkt: Der Bundesrat überrascht alle

Noch heute Morgen hätten vermutlich die meisten Experten in der Schweiz eine Wette abgegeben, dass die Marktliberalisierung durch den Bundesrat weiter hinausgeschoben wird. Nun hat der Bundesrat in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass die Marktliberalisierung umgesetzt und mit flankierenden Massnahmen begleitet werden soll. Eine dieser Massnahmen ist ein Paket, welches Investitionen in erneuerbare Energien anreizen soll. Beide Stossrichtungen zielen in die richtige Richtung und unterstützen die Energiewende. Mit der Liberalisierung werden Businessmodelle ermöglich, die lokale erneuerbare Energie fördern, aber auch neue Businessmodelle im Bereich des Stromsparens.

Dass Investitionsanreize heute notwendig sind, davon sind immer mehr Experten überzeugt. Unabhängig davon, welche Art von Anlagen zugebaut werden soll: grosse Investitionen stehen an, da wir die Versorgungssicherheit nach dem Ausschalten der Kernkraftwerke sicherstellen wollen. Da macht es in der heutigen Zeit auf jeden Fall Sinn, in erneuerbare Energieanlagen zu investieren. Es lässt sich allerdings darüber streiten, ob der Weg über Einmalvergütungen der richtige ist.

Wenn nun der Entscheid für Einmalvergütungen gefallen ist, bleibt zu wünschen, dass die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden: die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte wird vor allem die Stromproduktion im Winterhalbjahr sein. Deshalb ist der Bundesrat gut beraten, die Rahmenbedingungen der Einmalvergütung so zu legen, dass diesem Bedürfnis optimal Rechnung getragen wird. Unter einem solchen Anreizprogramm kann auch die Solarenergie profitieren, allerdings nur für die Produktion im Winterhalbjahr. Diese liegt immerhin bei 30-40 Prozent, je nach Ort und Ausgestaltung der Anlage.

Der Ständerat will mehr Klimaschutz ‒ aber noch nicht genug

Der Ständerat hat beschlossen, die Abgaben auf Treibstoffe und auf Brennstoffe zu erhöhen. Weiter soll eine Flugticketabgabe von 30 bis 120 Franken eingeführt werden. Bereits am Montag war ein neuer CO2-Grenzwert für Gebäude verabschiedet worden.

«Der Ständerat hat erkannt, dass der Klimaerwärmung einen ambitionierteren Kurs nötig macht. Die beschlossenen Massnahmen tragen dazu bei, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Besonders zu begrüssen ist, dass ab 2023 verbindliche CO2-Grenzwerte für Gebäude eingeführt werden sollen. Damit trägt er dazu bei, den Effort für mehr Effizienz in Gebäuden zu stärken», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer swisscleantech.

Bei einem zentralen Punkt hat der Ständerat allerdings am Montag darauf verzichtet, den Klimaschutz in der Schweiz Paris kompatibel zu gestalten: Der Rat hat sich mit einem Inlandziel von minus 30% begnügt. Damit können Reduktionmassnahmen im Ausland in beträchtlichem Ausmass angerechnet werden. Dies ungeachtet der Tatsache, dass die Qualität vieler Auslandzertifikate ungenügend ist.

«Mit dem Inlandziel wird im CO2-Gesetz der Absenkpfad bis 2030 verankert. Der Ständerat hat die Chance verpasst, die Schweiz auf einen klimaneutralen Kurs zu bringen und den Innovationsstandort zu stärken. Wir setzen darauf dass Nationalrat nach den Wahlen einen ambitionierteren Kurs einschlägt. Ein Inlandziel von 45% ist wissenschaftlich nötig und machbar», sagt Christian Zeyer.

Durch den Schweizer Finanzsektor werden rund 20 Mal mehr CO2-Emissionen verursacht als im Inland. Dennoch hat Ständerat darauf verzichtet, konkrete Massnahmen ins Gesetz zu schreiben. Vielmehr wird der Bundesrat in Postulaten aufgefordert, weitergehende Instrumente zu prüfen, um Massnahmen zu eruieren. Ebenfalls mittels Postulat erhält der Bundesrat im Verkehrsbereich den Auftrag, Vorschläge für eine CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe sowie für die Einführung eines Mobility Pricings aufzuzeigen.  

«Der Finanzsektor ist ein grosser Hebel im Klimaschutz. Es ist deshalb zentral, diesen möglichst schnell einzubeziehen. Und Lenkungsabgabe und Mobility pricing sind essentiell, um Kostenwahrheit im Verkehr zu schaffen. Hier müssen Bundesrat und Parlament rasch vorwärtsmachen», sagt Christian Zeyer.

Die Konzernverantwortung wirksam und pragmatisch stärken

Konzerne mit Sitz in der Schweiz sollen für ihre Aktivitäten auch im Ausland Verantwortung tragen, diese ethische Forderung gewinnt an Bedeutung. Der indirekte Gegenvorschlag, über den der Ständerat am 26. September berät, nimmt die wichtigen Anliegen der Initiative auf. Dazu zählen beispielsweise die Sorgfalts- und Offenlegungspflicht, um Umwelt- und Menschenrechtsrisiken vorzubeugen.

Gleichzeitig sind die Unterschiede zwischen Gegenvorschlag des Parlaments und Volksinitiative augenfällig. So werden der Kreis der von der Bestimmung erfassten Unternehmen eng limitiert und die Haftungsregelung stark eingeschränkt. Durch das beantragte vorgeschaltete Schlichtungsverfahren wird ein zusätzliches Element zur Streitschlichtung geschaffen, um einer Zunahme von Gerichtsverfahren vorzubeugen.

Für den Gegenvorschlag spricht auch, dass er zeitnah über das Aktienrecht umgesetzt werden kann: Wenn das Parlament dem vorliegenden Gegenvorschlag der Mehrheit der Rechtskommission zustimmt, wird die Initiative zurückgezogen, dazu hat sich das Initiativkomitee öffentlich bekannt.

Der Ständerat hat es nun in der Hand, den Gegenvorschlag anzunehmen und damit dazu beizutragen, dass der Schweiz ein polarisierender Abstimmungskampf erspart bleibt, welcher auch die Wirtschaft spalten würde. Deshalb empfiehlt swisscleantech den Gegenvorschlag in der Version der Mehrheit der Rechtskommission des Ständerats zur Annahme – sowie die Ablehnung der Minderheitsanträge.

Neue Studie: Klimaschutz lässt sich sozialverträglich gestalten

Nächste Woche debattiert der Ständerat über das CO2-Gesetz. Zentrale Massnahmen sind dabei Lenkungsabgaben auf Brennstoffe, Treibstoffe und Flugtickets. Wie stark Klimaabgaben untere und mittlere Einkommensschichten finanziell belasten, ist im politischen Diskurs eine zentrale Frage. Das Forschungsunternehmen INFRAS zeigt die Netto-Auswirkung von Lenkungsabgaben inklusive Rückverteilung anhand von realistischen Beispielhaushalten.

«Die Studie macht klar: Klimaschutz lässt sich in der Schweiz sozialverträglich ausgestalten. Wird ein genügend grosser Teil der Abgaben zurückverteilt, werden einkommensschwächere Haushalte und Mittelstand nur wenig belastet. Wer wenig fossile Ressourcen verbraucht, profitiert. Wir sind überzeugt, dass diese Studie dazu beiträgt, die Diskussion um CO2-Abgaben zu versachlichen», sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer swisscleantech.

«Die Ergebnisse unsere Studie bestätigen gesamtwirtschaftliche Analysen, die zeigen dass tiefere Einkommensschichten im Schweizer Durchschnitt geringfügig mehr profitieren respektive weniger belastet werden als höhere Einkommensschichten. Wegen der Pro-Kopf-Rückverteilung schneiden Familien mit Kindern zudem etwas besser ab als die übrigen Haushalte. Ganz allgemein gilt: Haushalte mit tiefem Verbrauch an fossilen Energien erhalten mehr Geld rückverteilt als sie bezahlen», sagt Donald Sigrist, Projektleiter der INFRAS-Studie.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

Die von swisscleantech in Auftrag gegebene Studie betrachtet die Jahre 2021 und 2030, Start- und Schlussjahr der Periode des revidierten CO2-Gesetzes.

  • Im Jahr 2021 wird keiner der einkommensschwachen Beispielhaushalte trotz hohem fossilen Energieverbrauch mit mehr als netto 60 Fr./Jahr belastet, wenn die pro Kopf rückverteilten Beträge von den bezahlten Abgaben auf Brenn- und Treibstoffe sowie Flugtickets abgezogen werden.
  • Einkommensstarke Beispielhaushalte mit hohem fossilem Energieverbrauch werden stärker belastet als die Haushalte mit tieferem Einkommensniveau. Allerdings wird 2021 keiner dieser Beispielhaushalte mit mehr als netto 1000 Fr./Jahr belastet.
  • Alle Beispielhaushalte mit tiefem Verbrauch an fossilen Energien erhalten mehr Geld rückverteilt als sie bezahlen, wenn alle Abgaben zusammen betrachtet werden. Dabei profitieren Haushalte mit tiefem Einkommensniveau im Jahr 2021 netto 130 bis 530 Fr./Jahr, im Jahr 2030 zwischen 180 und 720 Fr./Jahr.
  • Beispielhaushalte, die auch 2030 noch viel fossile Energie verbrauchen, werden im Vergleich zu 2021 wesentlich stärker belastet. Haushalte mit tiefem Einkommen werden 2030 nach Abzug des rückverteilten Betrags mit netto 270 bis 400 Fr./Jahr belastet. Bei den einkommensstarken Haushalten beträgt die Netto-Belastung 2030 zwischen Beispiel 840 bis 2300 Fr./Jahr.

Informationen zu den in der Studie verwendeten Abgabesätzen und Beispielhaushalten

Die Studie verwendet für die Abgabesätze die Werte, welche die Mehrheit der Umweltkommission des Ständerats unterstützt: ein Maximalmalsatz von 210 Fr. pro t CO2 auf Brennstoffe und eine Flugticketabgabe zwischen 30 und 120 Fr. Zusätzlich wird die Wirkung einer Treibstoffabgabe von maximal 80 Fr. pro t CO2 analysiert.

Die Höhe der bezahlten Abgaben wird durch die Nachfrage der Haushalte nach Brenn- und Treibstoffen sowie Flugreisen bestimmt. Als Grundgerüst werden vier häufige Haushaltszusammensetzungen definiert: ein Familienhaushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern, ein Ein- bzw. Zweipersonenhaushalt mit Personen im erwerbsfähigen Alter sowie ein Rentnerhaushalt mit zwei Personen. Dabei werden jeweils Beispiele mit hohem und tiefem Einkommen sowie hohem und tiefem fossilen Energieverbrauch untersucht. Anhand typischer Verbrauchskennzahlen werden so der fossile Energieverbrauch und die Abgabebelastung für jeden der 16 Beispielhaushalte berechnet.

Weitere Informationen

 

Lenkungsabgaben lassen sich sozialverträglich gestalten

Wie stark Klimaabgaben untere und mittlere Einkommensschichten finanziell belasten, ist im politischen Diskurs eine zentrale Frage. Die von swisscleantech in Auftrag gegebene Studie zeigt die Netto-Auswirkung von Lenkungsabgaben inklusive Rückverteilung anhand von realistischen Beispielhaushalten. 

Gesamtwirtschaftliche Analysen haben bereits früher deutlich gemacht, dass tiefere Einkommensschichten von Lenkungsabgaben mit partieller Rückverteilung im Schweizer Durchschnitt mehr profitieren bzw. weniger belastet werden als höhere Einkommensschichten.

Diese Durchschnittswerte sind jedoch für konkrete Haushalte kaum relevant. Personen leben entweder in einem fossil beheizten Haus und haben damit einen relativ hohen Brennstoffverbrauch oder sie verbrauchen gar keine fossilen Brennstoffe, weil das Gebäude beispielsweise mit einer Wärmepumpe ausgerüstet ist. Das gleiche gilt im Grundsatz auch für haushaltseigene Autos mit Verbrennungsmotor. Daher ist die Berechnung anhand aussagekräftiger Beispiele der Studie besonders wertvoll.

 Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

Die INFRAS-Studie betrachtet die Jahre 2021 und 2030, Start- und Schlussjahr der Periode des revidierten CO2-Gesetzes.

  • Im Jahr 2021 wird keiner der einkommensschwachen Beispielhaushalte trotz hohem fossilen Energieverbrauch mit mehr als netto 60 Fr./Jahr belastet, wenn die pro Kopf rückverteilten Beträge von den bezahlten Abgaben auf Brenn- und Treibstoffe sowie Flugtickets abgezogen werden.
  • Einkommensstarke Beispielhaushalte mit hohem fossilem Energieverbrauch werden stärker belastet als die Haushalte mit tieferem Einkommen. Allerdings wird 2021 keiner dieser Beispielhaushalte mit mehr als netto 1000 Fr./Jahr belastet.
  • Alle Beispielhaushalte mit tiefem Verbrauch an fossilen Energien erhalten mehr Geld rückverteilt als sie bezahlen, wenn alle Abgaben zusammen betrachtet werden. Dabei profitieren Haushalte mit tiefem Einkommensniveau im Jahr 2021 netto 130 bis 530 Fr./Jahr, im Jahr 2030 zwischen 180 und 720 Fr./Jahr.
  • Beispielhaushalte, die auch 2030 noch viel fossile Energie verbrauchen, werden im Vergleich zu 2021 wesentlich stärker belastet. Haushalte mit tiefem Einkommen werden 2030 nach Abzug des rückverteilten Betrags mit netto 270 bis 400 Fr./Jahr belastet. Bei den einkommensstarken Haushalten beträgt die Netto-Belastung 2030 zwischen Beispiel 840 bis 2300 Fr./Jahr.

Die Lenkungswirkungen stehen nicht im Fokus der Studie, sie liefert aber einige Anhaltspunkte:

 Lenkungswirkung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe

Bei heutiger Abgabenhöhe trägt die Abgabe nachweislich zum Trend der sinkenden Brennstoff-CO2-Emissionen bei, der in noch grösserem Ausmass durch andere Entwicklungen (z.B. Preissenkung von Solaranlagen)  und andere klimapolitische Instrumente (z.B. kantonale Auflagen für Gebäude) bestimmt wird. Mit der schrittweisen Erhöhung auf 210 Fr./t CO2 bis 2030 wird sich die Lenkungswirkung weiter verstärken.

Lenkungswirkung der CO2-Abgabe auf Treibstoffe

Obwohl die für 2021 angenommene Abgabe von 5 Rp./L wohl nicht zu einem spürbaren Rückgang des Treibstoffverbrauchs führt, scheint ein höherer Abgabesatz zurzeit politisch nicht umsetzbar. Ein analoges Vorgehen zur Brennstoffabgabe wird daher als sinnvoll betrachtet. Diese wurde 2008 ebenfalls auf sehr tiefem Niveau eingeführt und dann anhand von Zwischenzielen schrittweise erhöht.

Lenkungswirkung Flugticketabgabe

Eine Flugticketabgabe von 30 Fr./Ticket für Kurz- bzw. Mittelstreckenflüge sowie 120 Fr./Ticket für Langstreckenflüge hätte eine spürbare Lenkungswirkung.

Weitere Informationen zur CO2 Gesetzesrevision.

Zur Medienmitteilung (22.9.2019)

Tun Wirtschaftsverbände genug, damit die Schweiz klimaneutral wird?

Die Forderung des Weltklimarats ist klar: Um die Risiken des Klimawandels zu begrenzen, dürfen bis 2050 netto keine Treibhausgase mehr ausgestossen werden. Das lässt sich nur erreichen, wenn die Emissionen bis 2030 um mindestens 45% reduziert werden.

Doch drei Schweizer Wirtschaftsverbände ignorieren die wissenschaftlichen Fakten. Der Gewerbeverband will kein verbindliches Reduktionsziel im Inland festlegen. Economiesuisse und Swissmem fordern bloss eine Reduktion um 25%. Das liegt noch unter dem  ‒ bereits ungenügenden ‒ Vorschlag des Bundesrats, der eine Reduktion um 30% vorsieht. Nur swisscleantech fordert ein Inlandziel von mindestens -45% und ein Gesamtziel von ‑60%.

economiesuisse hat ihre Position der Revision des CO2-Gesetzes zwar leicht angepasst.  Nach wie vor soll aber der Grossteil der CO2-Reduktion bis 2030 im Ausland erfolgen. Dies ungeachtet der Tatsache, dass die Qualität vieler Auslandzertifikate ungenügend ist. Zudem will sich der Verband weiterhin gegen eine Erhöhung der CO2-Abgabe stemmen. Damit folgt economiesuisse den Leitlinien «für eine zielgerichtete Umweltpolitik», die im Juni veröffentlicht wurden und die Selbstregulierung der Wirtschaft ins Zentrum stellen.

Damit vergeben diese drei Wirtschaftsverbände die Chance, dass sich die Schweiz dank innovativen Lösungen im Klimaschutz als Cleantech-Standort positionieren und den Schweizer Unternehmen neue Exportchancen eröffnen kann.

Angesichts der Dinglichkeit, den CO2-Ausstoss zu reduzieren, und mit Blick auf die Chancen, die sich damit für Schweizer Unternehmen bieten, hat swisscleantech Ende August ihre Forderung für das Inlandziel auf mindestens minus 45% erhöht (weitere Informationen). swisscleantech ist damit der einzige Wirtschaftsverband, der sich auf politischer Ebene für eine klimataugliche Wirtschaft einsetzt.

Ein griffiges CO2-Gesetz schafft verbindliche Rahmenbedingungen und setzt damit ein wichtiges Signal für Investitionen, um die Infrastruktur für die Zukunft fit zu machen. Das grösste Potenzial, das zeigt eine econcept-Studie, hat die Schweiz bei Gebäuden und Verkehr. In diesen Bereichen zählt die Schweiz zu den Ländern mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen in Europa, und viele EU-Staaten haben in diesen Sektoren ambitionierte Ziele beschlossen.