Im St. Galler Energiegesetz ist mehr Klimaschutz nötig

Um die vom Volk klar angenommene Energiestrategie 2050 umzusetzen, braucht es Massnahmen und ambitionierte Zielsetzungen für eine Dekarbonisierung im Gebäudebereich. Die MuKEn 2014 stellen dazu einen ersten wichtigen Schritt dar.

Die vorgeschlagene Revision des Energiegesetzes, mit welcher der Kanton St.Gallen die MuKEn 2014 umsetzt, reicht dazu allerdings nicht aus. Weitere und ambitioniertere Schritte sind erforderlich, vor allem bei fossilen Heizungen.

Ökonomische wie ökologische Gründe sprechen heute gegen den Einsatz fossil betriebener Heizungen bei Neubauten. Das Hauptproblem sind bestehende Gebäude ‒ sie werden noch zu über 80% fossil beheizt. Um die Sanierungsrate zu erhöhen, braucht es deshalb verbindliche Vorschriften. Konkret sind beim Ersatz von Heizsystemen nicht-fossile Alternativen vorzusehen, soweit dies technisch möglich ist und zu keinen Mehrkosten führt.

 

Richtige Anreize für die Energiewende setzen

Die Grundaussagen der SES-Studie können in einem Satz zusammengefasst werden: Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht in der Schweiz nicht schnell genug und die Investitionsbedingungen bieten kaum Anreize, um hierzulande kostengünstige, grosse PV-Anlagen zu bauen. Tatsächlich bestätigt diese Aussage auch die Resultate, die swisscleantech im laufenden Jahr in Zusammenarbeit mit Firmenvertretenden an mehreren Fokusgruppen herausgearbeitet hat.

swisscleantech teilt im Grundsatz die Einschätzungen der Studie: Die aktuelle Energiepolitik bietet in der Schweiz schlechtere Bedingungen als im Ausland. Das wird zu einer Importstrategie führen. Solange die Transportleitungen freie Kapazitäten haben und sich in Europa keine protektionistischen Tendenzen durchsetzen, mag das die günstigste Strategie sein. Sie bietet jedoch keine Gewähr, dass CO2-freier Strom für die Schweiz zur Verfügung steht und birgt ausserdem ein Versorgungs- und Reputationsrisiko. swisscleantech ist der Meinung, dass dieses Risiko vermieden werden sollte.

Aus der Sicht von swisscleantech wird in der Studie jedoch zu wenig differenziert aus einer Nachfrageoptik argumentiert. Die Förderpolitik der Schweiz sollte sich vermehrt auf die Entschädigung der Stromproduktion im Winter ausrichten. Die hohen Entschädigungen für die Windkraft, die im Winter immerhin zwei Drittel ihrer Gesamtproduktion erzeugt, sind deutlich weniger problematisch als die etwa gleich hohen Entschädigungen für neue kleine Wasserkraftwerke. Denn die Wasserkraft hat ihr Produktionsmaximum im Sommerhalbjahr.

Auch die Solarenergie produziert natürlich im Sommer am meisten Energie. Aber wie die Studie sehr gut darstellt, produzieren Solaranlagen auch im Winter und die Anlagen können für diese Saison optimiert werden. Die Solarenergie könnte bald zu einem sehr wichtigen Pfeiler für die Stromversorgung im Winter werden.  

Allgemein gilt: Eine konsequente Schweizer Energiepolitik sollte darauf basieren, dass die Anforderungen an die Eigenstromversorgung – insbesondere im Winter – politisch festgelegt werden. Anhand der definierten Eigenstromversorgung gilt es, einen Ausbaupfad zu bestimmen und die richtigen, marktwirtschaftlichen Anreize zu setzen, damit die Anlagen möglichst kosteneffizient zugebaut werden.

Davon sind wir in der Schweiz im Moment noch meilenweit entfernt.

 

Quellen:

Zur Studie: «Photovoltaik als kostengünstigste Stromquelle dauerhaft blockiert? Analyse der Mittelverwendung aus dem Netzzuschlag 2008-2019 und Vorschläge zur Optimierung» 

Versorgungssicherheit: Ausbau von erneuerbaren Energien nötig

Die Frage des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien ist ein Wettlauf gegen die Zeit. In der Theorie könnte der Markt über den Zerfall der bestehenden Produktionskapazitäten und die dadurch folgenden Preissteigerungen durchaus in der Lage sein, den Zubau nützlicher Kapazitäten sicherzustellen. Voraussetzung wäre, dass der europäische CO2-Preis eine ausreichende Höhe erreicht und Knappheitspreise zugelassen werden. Die Frage ist, was passiert, wenn eine oder beide dieser Voraussetzungen nicht erfüllt werden. Wird es unter diesen Umständen gelingen, die CO2-Emissionen aus der Stromversorgung schnell genug zu senken?

Gelingt dies nicht, sind die dadurch entstehenden externen Kosten gross – europaweit gesehen resultiert ein grosser Teil der CO2-Emissionen aus der Produktion von Strom. In Deutschland beispielsweise stammt mehr als ein Drittel der THG-Emissionen aus dem Kraftwerkspark. Das Pariser Klimaabkommen ist nicht einzuhalten, wenn das Angebot an erneuerbaren Energien nicht drastisch erweitert wird, da gleichzeitig neue Verbraucher aus Verkehr und Gebäudeheizung in Zukunft auf Strom setzen sollen. Es erscheint aus einer gesamtwirtschaftlichen Perspektive sinnvoll, den Zubau von erneuerbaren Energien durch geeignete Methoden zu fördern. Denn Null-Grenzkosten-Märkte gibt es viele und sie bedürfen meistens gewissen Hilfskonstruktionen. Warum sollte dies im Strommarkt anders sein? Quoten und Auktionen sollten in Betracht gezogen werden. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Mitnahmeeffekte möglichst klein gehalten werden.

In der Schweiz stellt sich die Frage zum Ausbau der erneuerbaren Energien besonders akzentuiert. Aufgrund der aktuellen Fördersituation hat sich der Zubau von grossen PV-Anlagen in den letzten Jahren halbiert. Aktuell werden vor allem kleine Anlagen realisiert, die aber deutlich teurer produzieren als grosse Anlagen. Windkraftanlagen werden kaum gebaut – wobei da nicht nur die mangelnde Rendite ein Nadelöhr darstellt, sondern auch die komplexe Bewilligungspraxis. Ohne Investitionsbeihilfen können in der Schweiz jedoch keine Windenergieanlagen gebaut werden. Auch bei der Wasserkraft zeichnet sich ab, dass nach Auslaufen der KEV keine neuen Anlagen gebaut werden. Diese Situation könnte dazu führen, dass die Ziele der Energiestrategie 2050 für das Jahr 2030 nicht erfüllt werden. Rein ökonomisch gesehen, könnte man auf den Zubau im Ausland setzen und importieren. Aber dies ist eine Wette auf Zeit. Aus der Sicht von swisscleantech muss rechtzeitig auf das Ende der kostendeckenden Einspeisevergütung ein alternatives, marktnäheres Modell zur Verfügung stehen.

 

(Dieser Blogbeitrag beruht auf den Erkenntnissen einer Weiterbildung, welche am 23. Oktober von swisscleantech und Swisspower durchgeführt wurde. Weitere Partner der Veranstaltung waren Swissolar und Suisse-Eole)

Ausdauer ist auch bei der Stromversorgung wichtig

Der Gepard ist das schnellste Landtier überhaupt. Er kann seine Leistung aber nur über kurze Zeit zur Verfügung stellen. Danach ist er so erschöpft, dass er sich mehrere Tage ausruhen muss. Es wird sogar gesagt, dass ein Gepard, der mehrmals nicht in der Lage war, seine Beute zu schlagen, ob dieser Verausgabung stirbt.

Ganz so schlimm ist es mit der Schweizer Stromversorgung nicht. Ähnlichkeiten sind jedoch vorhanden. Zu Recht sagt das Bundesamt für Energie (BFE), die Schweiz hätte auch in Zukunft kein Leistungsproblem. Installiert sind nämlich 16 GW, maximal nachgefragt aber nur 11 GW. Die Frage ist: Wie lange würde die Schweiz diese Vollleistungsproduktion durchhalten?

Die Milchbüchleinrechnung zeigt folgendes Bild: Unsere Speicherseen speichern, wenn sie voll sind, rund 8 TWh Energie. Das sind unsere einzigen Fettreserven – und sie reichen für eine Vollversorgung von knapp 800 Stunden. Da das Winterhalbjahr aber mehr als 4000 Stunden dauert, reicht das nicht weit. Und am Ende des Winterhalbjahres, wenn der Speck schon fast aufgebraucht ist, kann die Vollversorgung immer weniger lang aufrechterhalten werden.

Diese Überlegung zweigt zwei Dinge: Die Überlegung des BFE, eine Stabilitätsreserve einzurichten, ist erstens richtig, zweitens aber nicht ausreichend. Um durch den Winter zu kommen, müssen wir unsere Fettreserven strecken. Entweder durch Importe oder durch zusätzliche Produktion. Bezüglich der Importe gibt es sowohl physikalische wie auch politische Limitierungen. Sich also alleine auf Importe zu verlassen, ist problematisch.

Der Ausbau der eigenen Produktionsinfrastruktur bleibt wichtig und genau da bleibt das Stromversorgungsgesetz Antworten schuldig. Das ist gefährlich, denn die Investitionsbedingungen für Kraftwerke in der Schweiz sind ungenügend. 

Der Schweizer Stromversorgung darf es nicht wie dem Gepard gehen, der irgendwann vor Erschöpfung zum Stillstand kommt.

Freuden und Leiden der Strommarktliberalisierung

Die Liberalisierung muss kommen, wenn die Schweiz irgendwann mit Europa ein Strommarktabkommen abschliessen will. Ein solches Abkommen ist wichtig, damit die Schweizer Stromversorgung langfristig gesichert bleibt und unsere einheimischen Produzenten für Spitzenlast profitabel arbeiten können.

Die vollständige Liberalisierung würde aber auch dazu führen, dass der ökonomische Druck auf unsere einheimischen Produzenten weiter steigt. Denn bisher konnten über die sogenannten gebundenen Kunden – also jene die von der Liberalisierung nicht profitieren konnten – Eigenproduktion zu Gestehungskosten verkauft werden. Nun soll dieser Strom in einer Grundversorgung abgesetzt werden. In dieser bleibt aber nur, wer sich nicht um ein günstigeres Angebot kümmert.

In Deutschland waren 2014 – fünf Jahre nach der Liberalisierung – noch etwa 30% aller Stromkunden in der Grundversorgung. Die anderen hatten gewechselt. Für die Schweiz hiesse das: Noch etwa 1/6 der Schweizer Stromproduktion könnte maximal über die Grundversorgung abgesetzt werden. Heute ist es noch die Hälfte. Es ist offensichtlich, dass dies bei den heutigen Strompreisen zu weiteren Defiziten bei den Stromproduzenten führen wird.

Natürlich ist es ein Gebot der Fairness, dass die gebundenen Kunden nicht länger diese Zeche bezahlen müssen. Andererseits: Können Investitionen in unsere Wasserkraftanlagen nicht mehr getätigt werden, wird sich das negativ auf unsere Versorgungssicherheit auswirken. Das wäre gefährlich.

Das Zürcher Energiegesetz muss nachgebessert werden

Mit der Änderung des Energiegesetzes will der Kanton Zürich die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) umsetzen. Die darin vorgeschlagenen Regelungen reichen allerdings nicht aus, um die CO2-Emissionen im Gebäudebereich rasch zu reduzieren.

swisscleantech verlangt ambitioniertere Schritte. Nur so gelingt es, die Energiestrategie 2050 umzusetzen und den Beschlüssen des Klimagipfels von Paris 2015 gerecht zu werden. Konkret braucht es verbindliche Vorschriften, damit ein rascher Abschied von fossilen Heizungen erreicht werden kann. Nicht nur bei Neubauten, sondern auch beim Ersatz von Heizsystemen sind nicht-fossile Alternativen vorgesehen.

Schon heute verfügen innovative Unternehmen über das Know-how und die Technologie, einen energieeffizienten und CO2-freien Gebäudepark zu realisieren.

Totalrevision CO2-Gesetz

Eine innovative und weitblickende Klimastrategie hilft der Schweizer Wirtschaft, zukunftsfähig zu werden. Daher ist eine weitblickende Revision des CO2-Gesetzes essentiell. Sie ermöglicht der Schweiz eine effektive Klimapolitik bis 2030. Laut Weltklimarat ist es entscheidend, dass die globalen Emissionen bereits bis 2030 deutlich gesenkt werden. Die zentralen Forderungen von swisscleantech sind ein Inlandreduktionsziel von mindestens -40% und eine CO2-Abgabe auf Brennstoffe gemäss Bundesratsvorschlag. Lesen Sie mehr über die Position von swisscleantech zur Gesetzesrevision:

Verknüpfung der Emissionshandelssysteme

Grundsätzlich sind länderübergreifende Handelssysteme isolierten Systemen vorzuziehen. So wird sichergestellt, dass wirklich am effizientesten Ort eingespart wird. Eine Verknüpfung beider Systeme bietet mehr Sicherheit und schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle betroffenen Unternehmen. Wir begrüssen zudem, dass bei einer Verknüpfung auch der innereuropäische Flugverkehr und geogene Emissionen ins Emissionshandelssystem eingeschlossen würden.

Die beiden Handelssysteme miteinander zu verknüpfen, ist auch ein Zeichen, dass die Schweiz gemeinsam mit der EU dem Klimawandel entgegentreten will. Eine Verknüpfung setzt daher auch einen positiven Impuls für die Beziehungen mit der EU.

Lesen Sie mehr über die Positionen von swisscleantech zu weiteren Aspekten der Totalrevision des CO2-Gesetzes.

Klimaschutz: Wissenschaft zeigt Dringlichkeit, Wirtschaft zeigt Lösungen

Der Wirtschaftsverband swisscleantech zeigt in einer neuen Publikation, was ein solcher wirtschaftlicher Wandel ermöglicht und fordert die Politiker auf, die dazu nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Der Weltklimarat nimmt in seinem Bericht Bezug auf das Pariser Klimaabkommen, das den Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 Grad, wenn möglich auf 1,5 Grad begrenzen will. Der Bericht zeigt: 

  • Das 1,5 Grad Ziel schützt uns deutlich besser vor Klimarisiken als eine Erwärmung von 2 Grad. Diese bringt zum Beispiel signifikant höhere Risiken für extreme Wetterereignisse wie Hitze und Trockenheit oder heftigste Regenfälle und Stürme. 
  • Das ökonomische Wachstum bleibt bei 1,5 Grad höher als bei einer 2 Grad Erwärmung. 
  • Um die Chancen einer 1,5 Grad Erwärmung zu erhalten, ist eine deutliche Senkung der Emissionen bis 2030 essentiell. 

Die aktuellen Klimaziele der Länder werden jedoch zu einer Erwärmung von über 3 Grad führen. Eine Verschärfung der Klimaziele ist also zwingend. 

Erfreulicherweise ebnen Innovationen und ein cleveres Zusammenspiel von Technologien bereits heute den Weg in eine klimafreundliche Zukunft. Eine neue Publikation von swisscleantech zeigt auf, wie eine solche Transformation stattfinden kann. Schweizer Firmen portraitieren dazu ihre Lösungsansätze.

Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech, kommentiert:

«Innovative Schweizer Unternehmen mit Klimalösungen sind gefragter denn je. Eine breite Transformation ist jedoch nur unter den richtigen politischen Rahmenbedingungen machbar. Jetzt ist die Politik gefordert! Vor allem in den Bereichen Verkehr und Gebäude hat die Schweiz nach wie vor sehr hohen Handlungsbedarf und grosses Potential.»

«Jeder Parlamentarier sollte sich die neuen Erkenntnisse des Weltklimarates zu Herzen nehmen. Der Bericht und der Hitzesommer zeigen klar: Der Nationalrat muss jetzt im CO2-Gesetz die Weichen für eine wirtschafts- und klimafreundliche Zukunft stellen. Dazu brauchen wir ein Inlandziel von mindestens minus 40 % und griffige Massnahmen, wie die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung der CO2-Abgabe.»

Medienkontakt

Dr. Christian Zeyer
Telefon: +41 58 580 08 32
Mobil: +41 79 606 21 46
E-Mail: christian.zeyer@swisscleantech.ch

Der Weg in eine klimafreundliche Zukunft

Die Schlüsselthemen sind Effizienz, Elektrifizierung und erneuerbare Energien. Wir stellen Kernpunkte vor und verdeutlichen diese mit konkreten Praxisbeispielen. Stark sinkende Preise in den neuen Technologien machen es möglich, diesen Weg rasch zu beschreiten. Zudem braucht es dazu die richtigen Rahmenbedingungen.

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Fragen und Anmerkungen gerne an christian.zeyer(at)swisscleantech.ch