Zukunftsfähige Stromversorgung braucht Investitionsanreize

Kürzlich traf sich swisscleantech mit anderen Stakeholdern aus der Wirtschaft beim Bundesamt für Energie (BFE) für die Präsentation einer Studie zur wirtschaftlichen Lage der Stromwirtschaft in der Schweiz. Sie legte offen, dass sich Firmen mit Grundversorgung deutlich besser entwickelt haben als Unternehmen ohne Grundversorgung (AXPO, Alpiq). Fremdkapitalanteil und Reserven sind jedoch gemäss der Untersuchung bei allen Firmen nach wie vor relativ gut. Ausserdem hat sich die Ertragslage am Strommarkt im Jahr 2017 wegen Kapazitätsengpässen in Frankreich etwas verbessert, sodass sich die Lage der Stromversorgungsunternehmen entspannt hat. In einer weiteren Studie wurde die Investitionstätigkeit untersucht. Diese reicht aus, um Investitionen in den Erhalt zu tätigen. Investitionen in neue Anlagen rechnen sich jedoch nicht.

Keine Finanzierungsmechanismen ohne finanzielle Notlage

swisscleantech schliesst daraus, dass Finanzierungsmechanismen, wie die sogenannte Marktprämie, nicht zielführend sind. Sie stellen Firmen zusätzliche Erträge zur Verfügung, obwohl keine finanzielle Notlage besteht. Eine solche Massnahme ist volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.
Dass keine neuen Anlagen zugebaut werden, ist wegen des absehbar notwendigen Ersatzes der Kernkraftwerke hingegen problematisch. Es muss überlegt werden, mit welchem Mechanismus nach dem Auslaufen der kostendeckenden Einspeisevergütung im Jahre 2022 der Bau neuer Produktionsanlagen angereizt werden soll.

Eine kürzlich durch swisscleantech durchgeführte, nicht repräsentative Umfrage unter Energieökonomen legt nahe, dass auch in Zukunft die Strompreise auf einem Niveau verharren werden, welches neue Investitionen nicht zulässt. Um eine verlässliche Stromversorgung zu garantieren, müssen also andere Wege und Lösungen gefunden werden. Es ist wichtig, dass auch zukünftig Anreize bestehen, in neue Anlagen zu investieren. swisscleantech arbeitet daran, ist aber der Ansicht, dass ein Giesskannenprinzip fehl am Platz ist.

Fragen und Anregungen gerne an: christian.zeyer(at)swisscleantech.ch 

CO2-Gesetz: Wirksame Regeln für Auslandzertifikate

Die Qualität der Auslandzertifikate ist zurzeit ungenügend. Der Einsatz ausländischer Zertifikate hat daher nicht nur Klimaziele untergraben und zu höheren globalen Emissionen geführt, sondern auch wirtschaftliche Mehrkosten verursacht. Man hat Geld ausgegeben, ohne dass Emissionen tatsächlich gesenkt wurden.
 
Qualitätssicherung ist unter dem Pariser Klimaabkommen schwierig.  Die technischen und politischen Voraussetzungen für effektive Regeln zu den internationalen Marktmechanismen sind im Rahmen des Pariser Klimaabkommens nicht wirklich gegeben.
Wenn die Schweiz trotzdem auf Auslandzertifikate setzt, muss sie im CO2-Gesetz genau festlegen, wie sie die Qualität der Zertifikate sicherstellen will. Die folgenden Kriterien sind dafür zwingend nötig:
  • mit jedem Zertifikat muss die ausgewiesene Emissionsminderung im Verkäuferland auch tatsächlich erreicht werden.
  • die Emissionsminderung darf nur einem Land angerechnet werden, d.h. ein Zertifikat, das die Schweiz kauft, darf nicht auch als Emissionsreduktion im Verkäuferland zählen.
  • der Handel darf nicht dazu führen, dass ein Verkäuferland seine Klimaziele abschwächt, um mehr Zertifikate verkaufen zu können.

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Umweltintegrität der von der Schweiz gekauften Auslandszertifikate

Die folgenden Zahlen sind eine grobe Schätzung, denn es ist aus mehreren Gründen schwierig, eindeutige Antworten auf diese Frage zu geben.

Der Abschlussbericht der Stiftung Klimarappen führt die Projekttypen der von 2008-2012 gekauften CDM und JI Zertifikate auf (15.5 Mio. CDM und 0.5 JI Zertifikate). Die Studie von Cames et al. evaluierte die Umweltintegrität verschiedener CDM Projekttypen. Die vom Klimarappen an den Bund gelieferten Zertifikate haben je nach Projekttyp eine unterschiedlich gute Umweltintegrität, siehe Grafik.

Die Schweiz hat total knapp 22 Mio. Auslandzertifikate stillgelegt. Zusätzlich zu den 16.5 Mio. Zertifikaten, die sie sich an ihr Kyoto Ziel von 2008-2012 angerechnet und gelöscht hat, hat sie 5.2 Mio. Zertifikate freiwillig gelöscht. Es kann daher argumentiert werden, dass die Schweiz für jedes der 16.5 Mio. angerechneten Zertifikate, 1.3 Zertifikate gekauft und gelöscht hat und daher eventuell einen Teil der Qualitätsprobleme wettgemacht hat.

Fazit

Unter der optimistischen Annahme , dass 61% aller 22 Mio. stillgelegten Zertifikate eine gute Umweltintegrität hatten, haben 13.4 Mio. davon tatsächlich eine entsprechende Emissionsreduktion im Ausland erzielt, d.h. es sind gut 3 Mio. Tonnen weniger reduziert worden, als die 16.5 Mio. welche sich die Schweiz an ihr Ziel angerechnet hat (etwa 81%).Unter der pessimistischeren Annahme, dass nur 11% aller 22 Mio. stillgelegten Zertifikate eine gute Umweltintegrität haben, sind für die 16.5 Mio. angerechneten Zertifikate tatsächlich nur 2.4 Mio. Emissionsreduktionen im Ausland erzielt worden (knapp 15%).

Die Realität liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen, d.h. trotz den über 5 Mio. Zertifikaten, die zusätzlich gelöscht wurden, hat die Schweiz mit grosser Wahrscheinlichkeit 3-13 Mio. Tonnen weniger Reduktionen im Ausland erzielt, als sie sich angerechnet hat.

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Vorstandserweiterung bei swisscleantech

swisscleantech freut sich sehr auf die Zusammenarbeit mit den neugewählten Vorstandsmitgliedern. Kernziele für die kommenden Jahre sind die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens, die Durchsetzung einer fossilfreien Schweiz nach 2050 und einer sicheren Stromversorgung sowie die Unterstützung von innovativen Businessmodellen.

Neue Vorstandsmitglieder aus branchenübergreifenden Bereichen
Carsten Bopp ist Inhaber der Bopp Consulting GmbH, einer Beratungsfirma in den Bereichen General Management, Human Resources sowie Marketing und Kommunikation. Als ehemaliger Verwaltungspräsident bei Bombardier und Vorstandsmitglied bei House of Logistics & Mobility (HOLM) engagiert sich Carsten Bopp schon länger für eine effiziente, sichere und umweltfreundliche Mobilität.

Fabian Etter ist Verwaltungsrat der Elektro Etter AG. Der Familienbetrieb ist spezialisiert auf die Planung, Installation sowie Verkauf von elektrischen Anlagen. Energieeffizienz und die Förderung von erneuerbaren Energien stehen dabei im Zentrum. Operativ arbeitet er bei Swisscom als Head of Innovation for Workspace & Collaboration

Lorenz Isler war zuerst als Sustainability Manager bei Microsoft und ist seit 2013 in derselben Position bei IKEA Schweiz. Der Betriebswirt HSG setzt sein berufliches Engagement für ein ressourcenschonendes Leben auch privat um und führt in Zürich ausserdem noch einen Concept-Store. Mit IKEA Schweiz durften wir seither bereits in verschiedenen Projekten sehr eng zusammenarbeiten.

Cédric Jeanneret ist Mitglied der Geschäftsführung von Service Industriels Genève (SIG) und ersetzt unser langjähriges Vorstandsmitglied Robert Völki, welcher innerhalb von SIG eine neue Aufgabe übernehmen wird. Die Genfer Stadtwerke SIG sind ein Infrastrukturunternehmen in den Bereichen Trinkwasser, Abwasser, Abfallbeseitigung und Stromverteilung und -erzeugung sowie Erdgas- und Wärmeversorung mit Schwerpunkt auf erneuerbaren Energien.

Matthias Schwendimann ist Verwaltungspräsident und Geschäftsleiter der Schwendimann AG. Der Familienbetrieb ist der grösste private Anbieter im Bereich Abfallentsorgung im Grossraum Bern und hat jahrelange Erfahrung mit der Entsorgung von Abfällen aller Art. Der Schwendimann AG liegt eine enkeltaugliche Wirtschaft sehr am Herzen und hat ihr Wirkungsfeld somit mit der nachhaltigen und wirtschaftlichen Entsorgungslösung System-Alpenluft AG erweitert.

Christina Würthner hat langjährige Erfahrung im Aufbau, Restrukturieren und Ausbau von internationalen Geschäften und ist seit 2015 als CFO & Head of Group Strategy Teil des operativen Teams bei enersis. Das Unternehmen ist eine Big Data Plattform und unterstützt Firmen, Städte und Bürger dabei, die digitale Transformation – insbesondere die digitale Energiewende – zu meistern.

Die Gebäude der Zukunft sind intelligent

Die Gebäudetechnik ist ein Zukunftsmarkt. Das hat der Frühlingsanlass „Gebäude der Zukunft: Hightech bis unters Dach“ von swisscleantech am Mittwoch deutlich gemacht. „Das Thema Gebäude ist hochaktuell“, sagte swisscleantech-Präsident Matthias Bölke zum Auftakt. „Es gibt Riesenumbrüche am Markt“, fügte der Vizepräsident Strategie, Business Excellence und Public Affairs von Schneider Electric in den deutschsprachigen Ländern hinzu. Er verwies auf die kürzliche Übernahme der Deutschen Energieversorgung GmbH, einem global tätigen Hersteller von Speicherlösungen, durch den süddeutschen Energieversorger EnBW hin.

Gebäudetechnik kann etwa dazu beitragen, eine der grossen Herausforderungen der Energiewende zu lösen: die Speicherung von Sommerenergie für den energieärmeren Winter. „Ein zeitgemässes Gebäude muss emissionsfrei betrieben werden“, sagte Marc Bätschmann, Geschäftsführer der BS2 AG in Schlieren ZH. „Die Frage ist, wo die Energie am kältesten Tag des Jahres herkommt.“ Die vom ETH-Professor Hansjürg Leibundgut 2004 gegründete BS2 bietet dafür hocheffiziente Wärmepumpensysteme. Diese speisen im Sommer Sonnenwärme in den Untergrund und holen sie im Winter heraus – und das gern auch im Verbund mehrerer Gebäude. Das rechne sich für Investoren, wenn sie die Lebenszykluskosten im Blick haben, so Bätschmann.
Doch auch im Winter scheint die Sonne und ihre Energie lässt sich ernten. Dafür eignen sich gerade auch Photovoltaikfassaden. „Der Jahresertrag von Photovoltaikfassaden ist ausgeglichener als der von Dachlösungen“, sagte Dominik Müller, Gründer und Technikchef der inzwischen zur Fenaco gehörenden Solvatec. „Der Ertrag an einem sonnigen Tag im Winter ist gleich gross wie der an einem sonnigen Tag im Sommer.“ Müller kann bereits auf zahlreiche Beispiele verweisen, in denen Fassadenlösungen von Solvatec funktionieren. So ist der Grosspeterturm in Basel mit Solarfassaden ausgestattet. Diese seien in ihrer Herstellung sogar günstiger als normale Glaslösungen gewesen, so Müller. Allerdings sei die Komplexität der Realisierung dieser Fassaden noch hoch. Sie werde aber durch zunehmende Standardisierung verringert.

Die Energieversorgung ist das eine, die effiziente Dämmung das andere. Nicht überall aber können dicke herkömmliche Dämmungen angebracht werden, so nicht bei denkmalgeschützten Gebäuden oder an sehr teuren Lagen. Die Eidgenössische Materialforschungs- und Prüfungsanstalt (Empa) arbeitet daher an einem aerogelbasierten Dämmmaterial, das hervorragend dämmt, wenig Platz braucht und nicht brennbar ist. Ein mit Aerogel gefüllter Ziegelstein von 165 Millimetern Breite dämme so gut wie luftgefüllte Ziegelsteine mit einer Breite von 1240 Millimetern, erläuterte die Empa-Forscherin Ana Stojanovic. Noch sei die Lösung teuer. Aber: „Wir rechnen mit einer Halbierung der Preise für das Granulat in den nächsten Jahren.“ Stojanovic und ihre Forscherkollegen haben mit nexAERO bereits ein Unternehmen zur Kommerzialisierung der Aerogel-Lösung gegründet.

Die Energie im Gebäude muss allerdings auch verteilt werden – und soll dann eingesetzt werden, wenn genug zur Verfügung steht. Dazu braucht es intelligente Messsysteme. Das Jungunternehmen smart-me in Rotkreuz ZG hat „den weltweit ersten Stromzähler mit Verbindung zur Cloud“ entwickelt, wie Gründer und Chef David Eberli sagte. Der intelligente Stromzähler misst die Stromflüsse, visualisiert sie, rechnet mit den Verbrauchern ab und steuert den Energieverbrauch. Die Kunden haben über eine App Zugriff auf das System. Dieses ist darauf ausgelegt, dass auch andere Lösungen angeschlossen werden können. „Wir wollen ein offenes System“, sagt Eberli. „Dafür bieten wir Schnittstellen für andere Systeme und Plattformen.“ Aus seiner Sicht haben solche Systeme eine grosse Zukunft für sich. „Der Markt ist erst am Anfang.“
Doch es geht nicht nur um Energie, wie Dieter von Arx aufzeigte. Dank des Internets der Dinge können ganz verschiedene Anwendungen integriert werden, digitale Lebensbegleiter inklusive, wie der Leiter des iHomeLabs der Hochschule Luzern demonstrierte.

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Dokumente zum Download
«Wege und Technologien für emissionsfreie Gebäude»
Präsentation von Marc Bätschmann, Geschäftsführer BS2
«Aerogel-based materials for the building industry»
Präsentation von Ana Stojanovic, Empa
«Photovoltaik Fassaden: Das Gebäude ist ein Energieproduzent»
Präsentation von Dominik Müller, Gründer Solvatec
«Smart Energy – Energie wird immer intelligenter»
Präsentation von David Eberli, Gründer smart-me
«Gebäudeintelligenz und die Rolle des Internets der Dinge»
Präsentation von Dieter von Arx, Hochschule Luzern

swisscleantech Position zur Totalrevision des CO2 Gesetzes

Eine innovative und weitblickende Klimastrategie hilft der Schweizer Wirtschaft, zukunftsfähig zu werden. Ein zögerliches Handeln hingegen wird mittel- und langfristig zu bedeutend höheren Kosten führen. Eine angemessene Revision des CO2-Gesetzes ermöglicht der Schweiz eine effektive Klimapolitik für die Jahre 2021-2030. Die zentralen Forderungen von swisscleantech sind:

  • Das 2030 Reduktionsziel erhöhen (mindestens 45% im Inland, 60% Gesamtziel)
  • CO2-Abgabe auf Brennstoffe gemäss Bundesratsvorschlag weiterführen
  • Zielvereinbarungen für Unternehmen effizient und fair ausgestalten
  • Gebäudesektor: Emissionsgrenzwert ab 2023 einführen, Gebäudeprogram weiterführen
  • Verkehrssektor: Emissionsgrenzwerte verschärfen, Zusätzliche Massnahmen einführen
  • Flugticketabgabe einführen
  • Technologiefonds sichern
  • Klimabildung und Kommunikation stärken

Lesen Sie mehr über die Positionen von swisscleantech zu weiteren Aspekten der Totalrevision des CO2-Gesetzes.

Im Inland reduzieren oder im Ausland kompensieren?

Während die parlamentarischen Beratungen zur Revision des CO2-Gesetzes in den Anfängen stecken, wird eine Frage in der Öffentlichkeit bereits rege diskutiert: Soll der Fokus eher auf Inlandreduktion oder auf Auslandkompensationen gelegt werden? Die Meinung gehen weit auseinander – dies zeigt beispielsweise auch der Beitrag von 10vor10 vom 19.Februar «Soll Klimaschutz ins Ausland ausgelagert werden?» Der Bundesrat schlägt vor, zwei Drittel der Emissionsreduktionen, die für die Zeit zwischen 2021-2030 vorgesehen sind, durch Auslandzertifikate zu erreichen.

Was spricht für Zertifikate?

  • Sie stellen ein interessantes Businessmodell für einige Firmen dar.
  • Sie könnten an Exporte von Schweizer Technologien geknüpft werden.
  • Der Kauf von Zertifikaten ist heute sehr günstig.
  • Zertifikate können helfen, nicht erreichte Ziele zu kompensieren.

 

Was spricht gegen Zertifikate?

  • Zertifikate haben heute oft eine fragwürdige Qualität. Von den zwischen 2008-2012 weltweit ausgestellten Zertifikaten wurde 75% eine ungenügende Umweltintegrität bescheinigt, d.h. sie bewirkten nur geringe oder gar keine Emissionsminderungen.
  • Es ist unklar, ob und wie der Zertifikatshandel ab 2020 ausgestaltet sein wird. Beispielsweise ist nicht geklärt, wie sichergestellt werden soll, dass Emissionsminderungen nicht doppelt angerechnet werden (vom Verkäufer und vom Käuferland). Neben der Schweiz setzen nur eine Handvoll weitere Länder auf dieses Instrument. (Kollmuss 2017)
  • Laut Pariser Klimaabkommen streben alle Vertragsstaaten ein Emissionsniveau von netto-null an. In Zukunft werden deshalb verlässliche Zertifikate knapp und teuer.
  • Auslandzertifikate bieten keinen Anreiz für wichtige Infrastrukturerneuerungen und Innovationen im Inland.
  • Der Kauf von Zertifikaten führt zu einem Mittelabfluss aus der Schweiz ins Ausland.

Wer sich bei der Klimapolitik zu stark auf Zertifikate und Emissionsreduktionen im Ausland abstützt, geht grosse ökonomisch und ökologisch Risiken ein. Eine wirkungsvolle Klimapolitik mit ambitionierten Zielen und Massnahmen im Inland lohnt sich somit aus Risiko- und Kostenüberlegungen.

Wichtig ist: Unsere Hausaufgaben müssen wir selber machen. Gerade in den Bereichen Verkehr und Gebäude sind unsere pro-Kopf-Emissionen auch im Vergleich zu anderen Ländern hoch – die Reduktionspotenziale aber ebenso. Im Infrastrukturbereich mit langen Investitionszyklen ist langfristiges Denken und Handeln wichtig und notwendig.

Deshalb fordert swisscleantech ein Inlandsreduktionsziel von -40%. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Reduktion von -30% ist zu wenig ambitioniert. Die Auslandemissionen den Inlandemissionen gleichzustellen, wie das einige Akteure fordern, lehnen wir ab. Das Ziel entscheidet, ob künftig in der Schweiz investiert oder auf den Einkauf von Zertifikaten im Ausland gesetzt wird.

Dokumente zum Download
Position zur CO2 Gesetzesreform 
Präsentation swisscleantech anlässlich der Anhörung der UREK-N zum CO2-Gesetz
Kollmuss (2017): Chancen und Risiken beim Kauf von Emissionsminderungen im Ausland
Pariser Klimaabkommen: Bedeutung für die Schweiz und die Wirtschaft
Tages-Anzeiger: «Nun geht der Streit um die künftige Klimapolitik richtig los.»
Tages-Anzeiger: «Lässt sich Klimaschutz auslagern?»

Links zu weiteren Informationen
Hintergrundinformationen zum Pariser Klimaabkommen 
Offizielle Informationen einschliesslich Übersichtspräsentation zur Revision des BAFU

Fragen und Anmerkungen gerne an anja.kollmuss(at)swisscleantech.ch

 

Chancen und Risiken beim Kauf von Emissionsminderungen im Ausland

Die Schweiz will für ihr Klimaziel im Rahmen des Pariser Klimaabkommens bis 2030 ca. 59 Millionen Emissionszertifikate im Ausland erwerben. Das ist weit mehr als die 30 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, die im Inland eingespart werden sollen. Doch der Einkauf von Auslandszertifikaten ist aus ökonomischen und ökologischen Gründen problematisch. Dies zeigt eine neue Studie von Anja Kollmuss, Klimapolitikberaterin und Research Associate des Stockholm Environment Institute, welche swisscleantech in Auftrag gegeben hat.

Für swisscleantech ist klar, dass Emissionszertifikate «mit Augenmass» eingesetzt werden müssen. Qualitativ hochstehende Zertifikate könnten durchaus eine Rolle spielen. Deshalb setzt sich swisscleantech für ein Inlandsreduktionsziel von -40% anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen -30% ein. Klare, ambitionierte Ziele fördert inländische Innovation und bestimmen, ob die Schweizer Wirtschaft selber Klimalösungen entwickeln und Marktchancen nutzen kann, oder ob sie diese einkaufen muss.

Kollmuss hat ausserdem berechnet, wie viele Tonnen CO2 die Schweiz mit den 16.5 Mio. Zertifikaten, die sie für ihr Kyotoziel von 2008-2012 benutzte, tatsächlich im Ausland reduziert hat.

Die Studie wurde im Rahmen eines Berichtes des Tages-Anzeigers vom 6. Dezember 2017 erstmals veröffentlicht.

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CO2-Gesetz: Richtige Anreize setzen

Dieses Ziel entscheidet, ob künftig in der Schweiz investiert oder auf den Einkauf von Lösungen und Zertifikaten im Ausland gesetzt wird.„Die Ausgestaltung des CO2-Gesetzes bestimmt, ob die Schweizer Wirtschaft selber innovative Klimalösungen entwickeln und Marktchancen nutzen kann, oder ob sie diese einkaufen muss. Ein klares Ziel fördert inländische Innovation“, sagt Christian Zeyer, Geschäftsführer von swisscleantech.

Das Ziel muss von ambitionierten, ausgewogenen Massnahmen begleitet sein – dann gelingt auch die Umsetzung. Im Zentrum stehen Massnahmen im Bereich des Verkehrs und der Gebäude. „In beiden Bereichen sind unsere pro-Kopf-Emissionen auch im Vergleich zu anderen Ländern hoch – die Reduktionspotenziale aber ebenso“, erklärt Zeyer. Sich weitgehend auf Zertifikaten abzustützen und die Emissionsreduktionen im Ausland zu bescheinigen, ist ökonomisch und ökologisch mit Risiken verbunden, denn:

  • Es ist unklar, ob und wie der Zertifikatehandel ab 2020 ausgestaltet sein wird. Neben der Schweiz setzen nur eine Handvoll weitere Länder auf dieses Instrument.
  • In Zukunft werden Zertifikate knapp und teuer: Laut Pariser Klimaabkommen streben alle Vertragsstaaten ein Emissionsniveau von netto-null an. Verlässliche Zertifikate werden knapp. Wer bis dann seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, zahlt.
  • Auslandzertifikate bieten keinen Anreiz für Innovationen im Inland.

Eine wirkungsvolle Klimapolitik mit ambitionierten Zielen und Massnahmen im Inland lohnt sich auch aus Risiko- und Kostenüberlegungen. „Gerade im Infrastrukturbereich mit langen Investitionszyklen ist langfristiges Denken wichtig“, sagt Zeyer.

Klimaschutz ist kluge Wirtschaftspolitik

Für Bertrand Piccard ist der Fall klar: Die sauberen Technologien sind kein Ding der Zukunft, sondern Gegenwart. „Für Solarimpulse haben wir die Technologie der Gegenwart verwendet, und trotzdem konnten wir ohne Emissionen, ohne Lärm fast unendlich lange fliegen“, sagte der Flugpionier, Gründer der Stiftung Solarimpulse und Ehrenpräsident von swisscleantech in einer Videobotschaft zur Veranstaltung „2 Jahre nach Paris – Entwicklungen, Strategien und Lösungsansätze für die Klimapolitik“ am 29. November in Bern. Saubere Technologien seien nicht ökologisch, sondern schlicht logisch. Sie helfen Jobs zu schaffen, Gewinne zu sichern und Wachstum zu schaffen, so Piccard. „Aber ich bin pessimistisch, wenn ich sehe, wie lange die Technologien zu ihrer Umsetzung brauchen.“ Das habe auch mit den politischen Vorgaben zu tun. „Es braucht einen ehrgeizigen rechtlichen Rahmen, um die Innovationen umzusetzen.“

Kleine Fortschritte am Klimagipfel

Die Schaffung eines solchen rechtlichen Rahmens für die Welt braucht Zeit, Ausdauer und Verhandlungsgeschick, wie das Referat von Dina Spörri zeigte. Die stellvertretende Leiterin der Schweizer Delegation bei den Klimaverhandlungen ging auf den Stand, die Herausforderungen und Ziele der internationalen Klimapolitik zwei Jahre nach Paris ein. Der Pariser Klimagipfel 2015 sei ein Erfolg gewesen, weil es die Teilung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer aufgebrochen und ein umfassendes, dauerhaftes, robustes und rechtlich verbindliches Abkommen hervorgebracht habe. Nun gehe es darum, das Abkommen auch in verbindliche Regeln für alle Länder umzusetzen. Der Klimagipfel in Bonn im November habe dabei einige Fortschritte gebracht. So konnte man sich auf den Umfang und den wesentlichen Inhalt der künftigen Regeln einigen sowie die Modalitäten des sogenannten Talanoa-Dialogs festlegen. Dieser Dialog war bereits auf dem Pariser Klimagipfel für 2018 als erste Bestandsaufnahme der klimapolitischen Massnahmen der Vertragspartner vereinbart worden.

Zu den Knacknüssen der Klimaverhandlungen gehört laut Spörri derzeit die unklare Rolle der USA nach der Ankündigung von Präsident Donald Trump, sein Land aus dem Klimaabkommen zurückziehen zu wollen. Aber auch die alte Trennung in Industrie- und Entwicklungsländer komme immer wieder in verschiedenen Formen auf den Verhandlungstisch. Nun sollen am nächsten Klimagipfel im polnischen Kattowitz 2018 die Umsetzungsrichtlinien des Klimaabkommens endgültig verabschiedet werden.

Verbindliche Inlandziele treiben Innovation

Aber auch in der nationalen Klimapolitik wird noch kräftig gebremst, wie eine Diskussion von swisscleantech-Geschäftsführer Christian Zeyer und Beat Ruff, stellvertretendem Leiter Infrastruktur, Energie und Umwelt der economiesuisse, gezeigt hat. Ruff bestand darauf, dass bei der bevorstehenden Revision des CO2-Gesetzes keine verbindlichen Inlandziele für die CO2-Reduktion verabschiedet werden sollen. economiesuisse stehe hinter dem Ziel der Schweiz, den CO2-Ausstoss bis 2030 um 50 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Aber der grössere Wirtschaftsdachverband lehne eine verbindliche Unterteilung in einen Inland- und einen Auslandsteil ab. Die Emissionen sollten dort reduziert werden, wo es am günstigsten sei, so Ruff. Und das sei oft im Ausland. Man solle die „niedrig hängenden Früchte“ zuerst pflücken.
Christian Zeyer widersprach. Heute ständen der Gebäudebereich und der Verkehr für einen wesentlichen Teil des CO2-Ausstosses. Doch gerade in diesen Bereichen seien die Erneuerungszyklen lang und zudem würden die Kosten oft falsch berechnet. „Deshalb braucht es verbindliche Vorgaben jetzt.“ Er verwies auch darauf, dass anspruchsvolle aber realistische Inlandziele die Innovation fördern und eine wirtschaftsfördernde Wirkung haben. Für die Firmen der Effizienzwirtschaft sei diese eine grosse Chance. Ausserdem kann sichergestellt werden, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben erledigt. „Die Unternehmen sagen uns, dass sie einen Schweizer Heimmarkt brauchen, um im Ausland agieren zu können.“

Die Klugen gehen voran

Wie sehr klare Vorgaben helfen können, den CO2-Ausstoss zu verringern, zeigte Stefan Vannoni. Der Direktor von Cemsuisse verwies darauf, dass sein Verband 2003 als erster eine Zielvereinbarung mit dem Bund abgeschlossen habe. Seither hätten die Schweizer Zementhersteller ihren CO2-Ausstoss um 62 Prozent gesenkt. „Und es gibt noch Luft nach unten.“ Auch Wolfgang Schwarzenbacher sprach sich für klare Vorgaben aus. „Die Technologie geht in Richtung Effizienz“, sagte der Chef von ENGIE Schweiz und Vorstandsmitglied von swisscleantech. „Erneuerbare Lösungen müssen heute keinen Vergleich mehr scheuen.“ Aber es gebe noch einiges zu tun. So nutzten viele Industrieunternehmen noch nicht das Potential von Abwärme. „Es braucht Inlandziele“, so seine Schlussfolgerung. Auch aus der Sicht der Architektin Tanja Rösner von aardeplan in Baar braucht es staatliche Vorgaben. Das Bewusstsein des Sinns und der Notwendigkeit von Nachhaltigkeit sei noch nicht bei allen Bauherrschaften angekommen. „Daher braucht es Gesetze.“

Vorausschauende Unternehmen gehen voran. So bezieht die AXA Winterthur einen Teil ihres Strombedarfs vom Windpark auf dem Mont Crosin. Die Versicherung ist an diesem grössten Windpark in der Schweiz beteiligt. AXA habe sich auch von Anfang an für die Energiestrategie 2050 ausgesprochen, wie Thomas Hügli sagte, der Chief Sustainability Officer der Versicherung. Und die Schweizer Postboten tragen die Post seit Anfang 2017 nur noch mit Elektrorollern aus, wie Anne Wolf sagte, die Leiterin Corporate Sustainability. Mehr noch: Alte Batterien der Elektroroller erhalten bei der Post ein zweites Leben. Sie speichern nun im umgebauten Postgebäude von Neuenburg den Sonnenstrom vom Dach.

Viele Unternehmen haben verstanden, was Bertrand Piccard sagt: „Es geht nicht darum, dass die Schweiz die Welt retten soll“, so der Flugpionier in seiner Botschaft. „Sondern es geht darum, ob die Schweiz ihre eigene Wirtschaft und ihre eigene Industrie retten kann.“

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