Grüne Wirtschaft: Nichtstun ist keine Option

Damit wurde eine Chance verpasst, die wichtige Diskussion um eine bessere Ressourceneffizienz anzustossen. Nichtstun ist keine Option – deshalb unterstützt swisscleantech nun die Volksinitiative «Grüne Wirtschaft», die im 2016 zur Abstimmung kommen wird.

Der Gegenvorschlag zur Initiative «Grüne Wirtschaft» hätte es ermöglicht, die berechtigten Interessen der Initiative in massvoller Form ins Umweltschutzgesetz aufzunehmen. Leider wurde die Vorlage im Rat stark verwässert. An einigen Stellen ging das Parlament gar hinter das heutige Gesetz zurück. Es ist aus dieser Perspektive verständlich, dass der Ständerat das Projekt heute versenkt hat.
Gleichzeitig besteht aber Handlungsbedarf. Denn das bisherige, auf den reinen Schutzgedanken reduzierte Umweltschutzgesetz, ist veraltet. «Es ist im Sinne der Wirtschaft, die Umweltschutzgesetzgebung um die Bereiche Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft zu erweitern», sagt Nick Beglinger, Präsident von swisscleantech. Die Fähigkeit, intelligent mit natürlichen Ressourcen umzugehen, wird zukünftig einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor darstellen. Freiwillige Massnahmen, Branchenvereinbarungen und gesetzliche Vorgaben müssen sich dabei ergänzen – genau wie im Gegenvorschlag ursprünglich vorgesehen. Freiwilligkeit alleine reicht jedoch nicht.
swisscleantech unterstützt deshalb nun die Volksinitiative «Grüne Wirtschaft». «Wir können das Thema nicht links-grün überlassen, sondern wollen uns als Wirtschaftsstimme konstruktiv an der Debatte beteiligen» sagt Nick Beglinger. Mit der Cleantech Ressourcenstrategie hat swisscleantech dargelegt, dass eine bessere Ressourceneffizienz wirtschaftsfreundlich umgesetzt werden kann. Genau wie bei den Themen Klima und Energie gilt auch bei den natürlichen Ressourcen, dass es kein Dilemma zwischen Ökologie und Ökonomie gibt. «Ohne eine verbesserte Ressourceneffizienz ist Wachstum langfristig nicht möglich» sagt Beglinger dazu.

Wichtig ist, dass von der Politik eine langfristige Zielsetzung festgelegt wird. Das in der Initiative festgesetzte Ziel eines «ökologischen Fussabdrucks von eins» ist offen zu interpretieren. Dabei ist für swisscleantech klar, dass bei der Umsetzung marktwirtschaftliche Instrumente im Vordergrund stehen müssen. Mit den Schweizer Klimazielen, der Umsetzung der Energiestrategie 2050 und einigen ergänzenden Massnahmen kann das Ziel eines nachhaltigen Schweizer Ressourcenverbrauchs durchaus erreicht werden.

swisscleantech ist der Meinung, dass die Initiative in der Bevölkerung auf Sympathie stossen wird. Wir haben nur einen Planeten und sollten uns auch entsprechend verhalten – das scheint aus ökonomischer und ökologischer Sicht logisch.

Mehr Resilienz dank dezentraler Produktion

Das european network of transmission system operators for electricity (entsoe), welches die relevante Institution für ganz Europa ist, gibt bezüglich der Schweiz in ihrem Outlook für den Winter 2015/2016 zwar Entwarnung. Die Schweiz sollte laut dieser Prognose auch in diesem Winter nicht auf Importe in grösserem Ausmass angewiesen sein. Trotzdem muss die Warnung von swissgrid ernst genommen werden.
Die aktuelle Situation zeigt explizit, dass dezentrale und vielfältige Produktion geringere Ausfallrisiken erzeugt, als die einseitige Konzentration auf wenige Anlagen, die auf identische Energieträger abstützen. Mehr Sonnenenergie in diesem Sommer hätte es erlaubt, die Stauseen besser zu füllen, das schöne Herbstwetter hätte gute Produktion ermöglicht – auch in den weniger sonnigen Jahreszeiten – und inländische Windkraft, die ihre Energie zu zwei Drittel im Winter zur Verfügung stellt, könnte die Produktion aus Wasserkraft optimal ergänzen. Durch dezentrale Produktion und auch Zwischenspeicherung ist es möglich, weitgehend auf Importe zu verzichten und diese – falls doch nötig – durch Europäische Windkraft sicherzustellen.
Darum: wer ein stabiles und klimafreundliches Energiesystem will, setzt auf die Energiestrategie 2050 und nicht auf Importe im grossen Stil.

Links zu weiteren Informationen:
Winter Outlook 2015/2016 der entsoe

Attentes de swisscleantech sur la COP21

On n’attend pas de Paris une solution toute faite, la COP21 sera au contraire le lancement d’un nouveau processus. Pour que celui-ci mène en temps voulu à des mesures qui permettront de limiter le réchauffement global à moins de deux degrés, les éléments suivants sont impératifs:

  • A Paris, un nouvel accord contraignant doit être adopté qui regroupe tous les pays. Il doit obliger les pays à déterminer régulièrement des objectifs de réduction.
  • Les Etats signataires doivent reconnaître que les efforts actuels de réduction des gaz à effet de serre ne suffiront pas. Les contributions prévues déterminées au niveau national (INDC) auraient pour conséquence un réchauffement de 2,7 degrés en 2100. Pour atteindre l’objectif des 2 degrés, le globe ne devrait plus émettre de CO2 dès 2036.
  • Pour que les INDC actuels ne soient pas gravés dans le marbre, un mécanisme de révision doit être adopté à Paris qui permette d’augmenter périodiquement les objectifs des pays. swisscleantech est favorable à la proposition prévoyant des révisions tous les 5 ans avec une première révision en 2018. Dans ce cadre, les objectifs suisses pourront aussi être ajustés.
  • Il faut définir des règles communes pour déterminer les objectifs et les calculs des émissions. Les objectifs doivent reposer sur des connaissances scientifiques, ceci est une règle essentielle.
  • De la part des Etats signataires, il faut une adhésion claire à un Price on Carbon pour que le débat sur la concrétisation de cet instrument puisse démarrer au niveau officiel.
  • Un signal clair doit être adressé à l’économie et en particulier aux investisseurs, un objectif de long terme, la sortie des énergies fossiles («décarbonisation»). Les synergies entre politique climatique et politique énergétique doivent être exploitées plus activement.
  • Concernant le financement climatique, il faut créer la transparence. Il faut aussi réfléchir ici à un lien avec la mise en place d’un prix pour le CO2. Une partie des recettes de cette taxe pourrait être investie dans des mesures de protection du climat dans les pays en voie de développement par l’intermédiaire du Green Climate Fund.
  • Il faut enfin garantir que les mesures nationales de protection du climat seront aussi renforcées avant 2020, c’est-à-dire avant l’entrée en vigueur de l’Accord de Paris.

Attentes de swisscleantech sur le mandat suisse

  • La Suisse devrait utiliser ses capacités diplomatiques et contribuer activement à ce que la Conférence sur le climat de Paris soit un succès.
  • Cela implique qu’elle s’engage en faveur des éléments mentionnés ci-dessus.
  • swisscleantech appelle en particulier le Conseil fédéral à défendre au niveau international l’idée d’un prix du CO2.

COP21 in Paris: Wirtschaft richtet sich mit «Call for Action» an den Bundesrat

Das Resultat ist ein öffentlicher «Call for Action» der heute an die Regierung überbracht wird. Die Wirtschaftsführer machen dem Bundesrat Mut, die wirtschaftlichen Chancen einer ambitionierten Schweizer Klimapolitik zu erkennen. Sie rufen die Politik auf, langfristige und glaubwürdige Rahmenbedingungen festzulegen – allen voran einen Preis für CO2.

In Ihrem «Call for Action» formulieren die Wirtschaftsvertreter drei Hauptbotschaften:

1. Es gibt kein Dilemma zwischen Wachstum und Klimaschutz
Die Welt muss nicht wählen zwischen Wirtschaftswachstum und Klimaschutz. Beides ist möglich. Eine konsequente Klimapolitik beschleunigt Innovationen und Investitionen in emissionsarme und effiziente Technologien und Infrastrukturen. Dies eröffnet der Schweizer Wirtschaft neue Geschäftsfelder und Märkte. Auf Firmenebene können operationelle Kosten gespart und Arbeitsplätze gesichert werden. Wer hingegen halbherzig Klimapolitik betreibt, schadet der Wirtschaft. Denn langfristig ist Wachstum nur mit einer klimaschonenden Wirtschaft möglich. Dürre in Kalifornien, tauender Permafrost und Erdrutsche in der Schweiz, Stürme in Deutschland und weitere, gehäufte Extremereignisse rund um den Globus betreffen Unternehmen und ihre Wertschöpfungsketten im Hier und Jetzt. Je länger wir mit Massnahmen zuwarten, desto teurer wird es.

2. Es braucht klare Rahmenbedingungen – insbesondere einen «Price on Carbon»
Damit von der Wirtschaft die richtigen Investitionen und Innovationen getätigt werden, braucht es klare Signale aus der Politik. Das wichtigste Signal ist ein Bekenntnis zu einem Price on Carbon. In Wirtschaftskreisen herrscht Einigkeit, dass die einzelnen Länder als Teil ihrer klimapolitischen Rahmenbedingungen einen Preis für CO2 festgelegen sollen. Dieser ist das liberalste und administrativ effizienteste Instrument zur notwendigen Erreichung des Zwei-Grad-Ziels.

3. Die Schweiz soll sich als Klima-Vorreiterin positionieren
Es ist eine grosse Chance für die Schweiz, aber auch die Verantwortung eines wohlhabenden und innovativen Landes, sich als Klima-Vorreiterin zu positionieren. Die Schweiz sollte alles daran setzen, dass diese wichtige Klimakonferenz zu einem Erfolg wird. Dazu gehört, dass sie als weit entwickeltes Land mit ambitionierten Klimazielen voran geht. Es ist im Sinne unserer Wettbewerbsfähigkeit, endlich aus dem Schatten der EU zu treten und ein Inlandreduktionsziel von mindestens 40% bis 2030 festzulegen. Für Nick Beglinger, Präsident von swisscleantech ist klar: «Punkto Klima muss die Schweiz Leadership an den Tag legen, alles andere wäre eine verpasste Chance und moralisch nur schwer tragbar».

Links zu weiteren Informationen
Call for Action, mit Statements von Paul Polman (CEO Unilever), Caio Koch-Weser (Vice Chairman Deutsche Bank Group), Matthias Bölke (CEO Schneider Electric Schweiz), Simona Scarpaleggia (CEO Ikea Schweiz) und Nick Beglinger (Präsident swisscleantech)

Report «Better Growth, better Climate», New Climate Economy (2014)
Video Geneva-Event, swisscleantech in Cooperation with the New Climate Economy
Video Zurich-Event, swisscleantech in Cooperation with the New Climate Economy

Hinweise
Die Erwartungen von swisscleantech an die COP21 und das Verhandlungsmandat der Schweizer Delegation (dieses wird voraussichtlich morgen Mittwoch vom Bundesrat verabschiedet) finden Sie hier: LINK

Vor und während der Klimakonferenz in Paris stehen wir Ihnen für Gespräche jederzeit zur Verfügung. swisscleantech wird in Paris vor Ort sein:
Kontakt: Nick Beglinger, +41 79 421 5077.

Ebenso ist die Kampagne #futureisclean als Teil des Schweizer Pavillons im Grand Palais präsent:
Kontakt: Anna Stünzi, +41 78 847 9317

Am 14.12.2015 dreht sich beim swisscleantech Quartalsanlass im Hotel Bellevue Palace in Bern alles um die Klimakonferenz und deren Folgen für die Schweiz. Sie sind herzlich eingeladen.

Erwartungen von swisscleantech an die COP21

Von Paris wird keine pfannenfertige Lösung erwartet, vielmehr ist die COP21 der Startpunkt für einen neuen Prozess. Damit dieser rechtzeitig zu Massnahmen führt um die globale Erderwärmung auf weniger als zwei Grad zu beschränken, sind folgende Elemente gefordert:

  • In Paris muss ein neues, verbindliches Abkommen verabschiedet werden das alle Länder umfasst. Dieses muss die Länder verpflichten, regelmässig Reduktionsziele einzugeben.
  • Die Vertragsstaaten müssen anerkennen, dass die aktuellen Bemühungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht ausreichen. Die von den Ländern eingegebenen Reduktionsziele (INDCs) hätten eine Erwärmung von 2.7 Grad im Jahr 2100 zur Folge. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen dürfte die Welt bereits ab 2036 kein CO2 mehr ausstossen.
  • Damit die bisherigen INDCs nicht in Stein gemeisselt sind, soll in Paris ein Überprüfungs-Mechanismus beschlossen werden, nach dem die Ziele der Länder periodisch erhöht werden können. swisscleantech befürwortet hier den Vorschlag eines 5-Jahres-Rhythmus mit erstmaliger Überprüfung 2018. In diesem Rahmen können auch die CH-Ziele angepasst werden.
  • Es sollen gemeinsame Regeln zur Festlegung der Ziele und der Emissionsberechnungen festgelegt werden. Eine zentrale Regel ist, dass die Ziele auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen müssen.
  • Es braucht ein klares Bekenntnis der Vertragsstaaten zu einem Price on Carbon, damit der Diskurs zu Konkretisierung dieses Instruments auf offizieller Ebene gestartet werden kann.
  • Als klares Signal an die Wirtschaft und insbesondere an Investoren soll als Langfristziel der Ausstieg aus fossilen Energien («Dekarbonisierung») festlegt werden. Die Synergien zwischen Klima- und Energiepolitik sollen verstärkt genutzt werden.
  • Bezüglich Klimafinanzierung muss Klarheit geschaffen werden. Zudem soll über eine Verknüpfung mit dem Price on Carbon nachgedacht werden. Ein Teil der Einnahmen, die mit einem Preis für CO2 generiert werden, könnte über den Green Climate Fund in Klimaschutzmassnahmen in Entwicklungsländern investiert werden.
  • Schliesslich muss sicher gestellt werden, dass auch in der Zeit vor 2020, also vor Inkrafttreten des Pariser Abkommens, die nationalen Klimaschutz-Massnahmen verschärft werden.

Erwartungen von swisscleantech an das Schweizer Mandat

  • Die Schweiz sollte ihre diplomatischen Fähigkeiten nutzen und aktiv mithelfen, dass die Klimakonferenz in Paris zu einem Erfolg wird.
  • Dazu gehört, dass sie sich für die oben genannten Elemente einsetzt.
  • Insbesondere ruft swisscleantech den Bundesrat auf, die Idee eines Price on Carbon auf internationaler Ebene einzubringen.

Die Energiewende nach der Wendewahl

Niemand wird es bestreiten können: Politisch stellt die Wahl vom 17. Oktober eine Zäsur in der Energiepolitik dar. Die knappe, jedoch stabile Mitte-links-Mehrheit für energiepoltische Vorlagen ist wie Schnee an der Sonne geschmolzen und hat einer wackeligen Pattsituation platz gemacht, die jede Abstimmung zu einer Zitterpartie macht. Aus einer breiteren Perspektive betrachtet, zeigt diese Wahl jedoch nur das, was man schon lange hätte wissen müssen: Die Schweiz ist in ihrer Mehrheit bürgerlich dominiert, die Städte sind eher Mitte-links orientiert, das Umland und die Landschaft wählt eher Mitte-rechts. In einem Konkordanzsystem führt dies zu einer Pattsituation, wo schon Verschiebungen um wenige Prozente als Richtungswahl bezeichnet werden. Wer jeweils oben aus schwingt – das bestimmt die Grosswetterlage. Vor vier Jahren war die «Fukushima Wahl», heuer ist die «Asyl Wahl».

Energiewende: Zeithorizont 40 J

Man könnte nun argumentieren, dass das Bündnis aus Links-Grün und Mitte-Parteien die Gunst der Stunde besser hätte nutzen sollen. Diese Analyse greift aber zu kurz. Schon der Titel der aktuellen Debatte weist den Weg. Die Energiestrategie 2050, um die sich die aktuelle Diskussion dreht, ist ein Grossprojekt mit einem Zeitrahmen von über 40 Jahren. Denn eigentlich wurde die Basis dazu nicht nach dem Kernkraftunfall in Fukushima gelegt. Die ersten Analysen welche das Beratungsbüro Prognos im Auftrag des Bundes durchführten, sollten die Frage beantworten, wie die Schweiz den Klimawandel bekämpfen könnte. Diese Untersuchungen wurden in den Nullerjahren durchgeführt und prägen die Energiepolitik der Schweiz bis heute.

Der Einfluss des Unfalls in Fukushima

Der Unfall in Fukushima veränderte die Ausgangslage nur insofern, als plötzlich vielen klar wurde, dass die Kernkraftwerke in Zukunft wohl keinen Beitrag zu diesem Kampf mehr leisten würden. Dieses Thema – obwohl in der Diskussion immer im Vordergrund – betont die Bedeutung der Kernkraftwerke viel zu stark. Vergessen wir nicht: rund 80 Prozent unseres Energieverbrauchs decken wir fossil und nur etwa 10 Prozent mit Kernenergie. Die Energiewende war deshalb schon immer ein Projekt, bei dem es um den Ausstieg aus dem Verbrauch der fossilen Energien UND aus der Kernenergie geht.

Konsens als Basis

Aus dieser Perspektive betrachtet stellt sich die Frage ganz anders: Kann man eine so langfristige Strategie umsetzen ohne sich auf einen gesamtgesellschaftlichen Konsens ab zu stützen? Ein Blick in andere Länder zeigt es sehr deutlich: Eine nachhaltige Energiepolitik kommt in denjenigen Ländern voran, in denen es gelungen ist das Thema über die rechts–links Grenzen hinaus zu verankern. Nehmen wir Dänemark, das seit Jahren einen klaren Energiewendekurs fährt, obwohl die Regierungen wie Windfahnen von rechts nach links und zurück nach rechts schwenken. Oder blicken wir nach Deutschland wo die CDU die Gegner der Energiewende praktisch marginalisiert hat und wo im Moment die SPD, die klar hinter der Energiewende steht, händeringend nach Lösungen sucht, wie man die Interessen der Kumpel im Braunkohleabbau mit den Klimazielen unter einen Hut bringen kann.

Uneinige Gegner

So gesehen liegt die Problemlage in der Schweiz ganz anders. Genau wie vor Fukushima stellt sich in der Schweiz auch heute die Frage, was getan werden muss, um die Energiewende aus dem links-rechts Schema herauszulösen. Hilfreich könnte dabei sein, dass auch die beiden Gegner der Energiewende in der Schweiz sich nicht einig sind, wohin die Reise gehen soll. Während die SVP nach wie vor auf Kernkraftwerke setzt, setzen gewichtige Vertreter der FDP auf eine Importstrategie. Ein Lösungsorientierter Konsens, der über die Ablehnung der Energiewende hinaus geht, zeichnet sich jedoch nicht ab.

Wahlen als Chance begreifen

Vielleicht besteht eine Chance darin, dass die Energiewendegegner beginnen, die Vorurteile gegen die erneuerbaren Energien abzubauen. Dann würde man merken, dass die erneuerbaren Energien die berechtigten Interessen der SVP nach einer hohen Eigenversorgung genau so befriedigen können wie die Interessen der FDP, für welche Versorgungssicherheit und Kostenvorteile im Vordergrund stehen. Beide Interessen können jedoch nur durch eine kluge Energiepolitik unter einen Hut gebracht werden. Eine «laissez–faire Politik» hilft weder den einen, noch den andern.

Erst wenn es gelingt, die Energiewende aus dem links-rechts Schema zu befreien, entsteht eine Basis, die breit genug ist, damit die Energiewende erfolgreich umgesetzt werden kann. Damit kann man die Wendewahl vom Oktober auch als Chance begreifen. Denn eine Energiewende ohne überzeugende Basis ist zum Scheitern verurteilt.

Erneuerbar Energien weltweit auf dem Vormarsch: DIE FAKTEN

Nach wie vor ist die wichtigste erneuerbare Energie die Wasserkraft. 2013 wurden 16.6% der Elektrizität durch Wasserkraftanlagen hergestellt (Quelle: IEA Electricity Information 2015). Die IEA (International Energy Agency) erwartet, dass sich die Produktionskapazität der Wasserkraft bis 2050 verdoppeln wird (Quelle: IEA Technology Roadmap: Hydropower).

PV-Anlagen: von 1 auf 200 in 13 Jahren

Noch hat Solarstrom nicht die gleiche Bedeutung wie Wasserkraft. Dafür wächst die Solarstrom Produktion rasend schnell. Noch um die Jahrtausendwende spielte Solarstrom nur eine untergeordnete Rolle. 2001 waren nur gerade Solaranlagen von 1.1 GW Leistung weltweit am Netz. Dies entsprach ungefähr der Leistung eines Kernkraftwerkes. Im Jahr 2014 war diese Leistung bereits auf 200 GW angewachsen.

Längst findet der Zubau von Solarenergie nicht mehr nur in Deutschland statt. Zwar ist die installierte Leistung in Deutschland mit 38.2 GW nach wie vor am grössten (Quelle: Statista).  Heute gehen jedoch mehr Anlagen in China, Japan und in den USA ans Netz. Im Jahr 2013 allein entsprach der weltweite Zubau der Leistung über 30 Kernkraftwerken (Quelle: Earth Policy Institute).

Sinkender Preis senkt Vergütung dramatisch

Parallel dazu sind die Herstellungspreise der Anlagen gesunken. Am besten kann man das an der Reduktion der Einspeisevergütung in Deutschland sehen. Diese stellt sicher, dass die Anlagenbetreiber ihre Anlage ohne Verlust betreiben können. Sie ist also ein gutes Mass für Produktionskosten. In der Zeit zwischen 2004 und 2014 wurde diese Vergütung für grosse Anlagen (grösser als 1 MW Leistung) von 0.55 Euro pro kWh auf unter 0.10 Euro pro kWh gesenkt (Quelle: JM ProjektInvest). Strom von PV-Anlagen ist damit heute etwa gleich teuer wie Strom aus einem Gaskraftwerk. In diesen Kosten sind die Klimakosten des Stroms aus Gaskraftwerken allerdings noch nicht einberechnet.

Kontinuierliches Wachstum bei Windkraft

Etwas weniger stürmisch, dafür sehr kontinuierlich und auf höherem Niveau verlief die Entwicklung bei der Windkraft. Trotzdem sind die Zahlen eindrücklich, hat doch die installierte weltweite Kapazität in den letzten 10 Jahren um das Achtfache zugenommen. 2014 waren Windenergieanlagen von 380 GW am Netz. Dies entspricht annähernd der Leistung aller Kernkraftwerke weltweit.

Stromproduktion aus Windkraft

Auch die Menge des inzwischen mit Windenergie hergestellten Stroms ist beeindruckend. In den europäischen OECD-Ländern alleine wurden 2014 mit Windturbinen 250 TWh Strom erzeugt (Quelle: IEA „Renewable electricity generation climbs to second place after coal“). Dies entspricht dem vierfachen Stromverbrauch der Schweiz. In Europa stammen bereits 7% des Stroms aus Windkraftwerken. Im Jahr 2000 lag der Anteil erst bei 0.7%. Nach wie vor sind die Windenergiepotentiale in Europa bei weitem nicht ausgeschöpft. Auch bezüglich der Kosten hat die Windenergie die Nase vorn. Die Produktionskosten einer Kilowattstunde Strom liegen in Dänemark heute bei etwa 0.05 Euro pro kWh.

Weltweiter Aufbruch

Der schnelle Ausbau der Solarenergie- und Windkraftkapazitäten ist kein Europäisches Phänomen. Sowohl in Indien wie auch in China ist die Stromproduktion aus Sonnenenergie und Windkraft heute grösser als die Produktion aus Kernkraftwerken (Quelle: EPI).

China und Indien: mehr Wind- und Sonnenstrom als KKW-Strom

In China nahm die Stromproduktion aus Solarenergieanlagen zwischen 2003 und 2013 um den Faktor 333 zu, diejenige aus Windkraftanlagen um den Faktor 161. In Indien sind die Zahlen etwas weniger extrem – zumindest was die bisher dominierende Windenergie anbelangt. Hier stieg die Produktion im gleichen Zeitraum „nur“ um das Neunfache. Enorm ist jedoch das Wachstum der Solarenergie: diese nahm im gleichen Zeitraum um den Faktor 382 zu.

Gemessen am immensen Potential ist jedoch die aktuelle weltweite Produktion immer noch klein. Das Wachstum ist noch lange nicht vorbei, auch wenn im nächsten Jahrzehnt kaum mehr eine Steigerung der Produktion um das Hundertfache erwartet werden kann.

Lichttechnik zeigt was mit Innovation möglich ist

Noch nicht allzu lange ist es her, da konnte man nur zwischen dem kalten Licht einer Neonröhre und dem angenehmen Licht der Glühlampe wählen. Entschied man sich für die Glühbirne, bedeutete dies gleichzeitig, 90% des eingesetzten Stroms in der Glühbirne in Wärme umzuwandeln.

Effizienzanforderungen als Geburtshelfer

Nicht zuletzt dank verschärften Effizienzanforderungen entwickelte sich die LED-Technik in rasendem Tempo von der exklusiven Spotbeleuchtung zum Massenprodukt. Die Vorteile der LED Lampen sind tatsächlich bestechend: LED-Lampen sind fünfmal effizienter als Glühlampen und sind in der Lage, Licht in verschiedenen Farben zu produzieren – auch Licht, das sehr ähnlich ist wie Sonnenlicht.

Potential der Leuchtdiode massiv unterschätzt

Gerade die Tatsache, dass LED heute in allen Faben zur Verfügung stehen zeigt, wie dynamisch Innovation sein kann. Noch 1992 waren Leuchtdioden, die auch auf LED-Technik beruhten, nur in roter Farbe zu haben. Das Effizienzpotential liess sich schon damals erahnen, jedoch wurde in der Literatur festgehalten, dass es wohl bedauerlicherweise kaum möglich sei, Dioden mit weissem Licht herzustellen. Und wenn es denn überhaupt möglich würde, weisse Dioden in genügender Qualität und Grösse herzustellen, würde der Stückpreis so hoch sein, dass es unwahrscheinlich sei, daraus Lampen herzustellen. Wie sich die Autoren täuschten! Heute ist die LED-Lampe allgegenwärtig.

Bereits neue Technologien erhältlich

Doch bereits drängen neue Technologien auf den Markt. Da wäre einerseits die OLED-Beleuchtung, die organische Schwester der LED. Mit OLED-Beleuchtung wird es erstmals möglich sein, grosse Leuchtflächen in verschiedenen Farben aus einem Stück herzustellen. Andererseits macht sich seit einem halben Jahr ein Leuchtmittel mit dem Namen LCC (Laser Crystal Ceramics) auf den Weg, den Markt zu erobern. LCC–Lampen sind noch effizienter als LED-Lampen und haben ein grosses Potential, die Glühlampe endgültig zu verdrängen. Sie leuchten in einem angenehm warmem Licht , können gedimmt werden und benötigen keine komplizierte Elektronik.

Die intelligente Lampe

Doch damit nicht genug: Lampen werden nicht nur immer effzienter, sie werden auch intelligenter. Dass es heute Glühlampen gibt, die einen integrierten Lautsprecher haben, mag eine Spielerei sein. Doch wenn Lampen heutzutage in der Lage sind, die Musik von dem Smartphone wiederzugeben, welches sich im selben Raum befindet, was wird dann in Zukunft noch möglich sein? Werden wir in ein paar Jahren uns daran gewöhnt haben, dass man Lampen nur noch ausschalten muss, wenn man schlafen geht? Was, wenn Lampen sich den Rest des Tages an der Anwesenheit und an der benötigten Lichtstärke orientieren, sogar untereinander kommunizieren, sodass das Licht uns begleitet? Und was, wenn weitere Sensoren für Temperatur, Feuchtigkeit und Luftqualität in der Lampe integriert sind und diese Informationen dazu verwendet werden, Komfort und Sicherheit im Haus zu erhöhen und den Energieverbrauch zu senken?

Sparpotential dank Bewegungsmelder

Keine Idee, die so weit hergeholt ist. Bereits heute gibt es Strassenlampen, die über Sensoren wahrnehmen, ob Fussgänger unterwegs sind und in welche Richtung sie sich bewegen, um so das Licht entsprechend anzupassen. Das Einsparpotential solcher Lampensysteme liegt bei 70%. Ein Potential, das man nicht vernachlässigen sollte, wenn man bedenkt, dass die die Beleuchtung einer 200m langen Strasse pro Jahr einen gleich grossen Stromverbrauch haben kann wie ein Haushalt.

Sicherlich darf man solchen Neuerungen nicht unkritisch gegenüberstehen. Es werden sich damit neue Herausforderungen für die Datensicherheit stellen. Diese Frage muss man ernst nehmen. Aber dennoch: wenn eine simple Lampe eine solche schwindelerregende Entwicklung durchlaufen kann, was ist dann in Zukunft noch alles möglich?

Ständerat verpasst Chancen bei der Energie-Effizienz

Von den drei Pfeilern der Energiestrategie 2050 – Erneuerbare, Effizienz und geordneter Ausstieg aus der Kernenergie – hat der Ständerat alleine bei den Erneuerbaren ein klares Zeichen gesetzt.

«Die Ständeratsdebatte hat gezeigt, dass neue Kernkraftwerke definitiv kein Thema mehr sind. Dies bestätigt unsere langjährige Position», sagt Nick Beglinger, Präsident von swisscleantech. Erfreulich ist auch, dass die Erhöhung des maximalen KEV-Zuschlags vom Ständerat deutlich angenommen wurde. Er votiert damit gegen eine reine Importstrategie und für mehr Wertschöpfung in der Schweiz.

Im Widerspruch zur positiven Grundhaltung wurde leider die Chance verpasst, klare Leitplanken für den geordneten Ausstieg aus der Kernenergie zu setzen. Die Energiewirtschaft hat so keine Planungsperspektiven erhalten.

Bedauerlich ist zudem, dass bei der Energie-Effizienz, als wichtigstes Element der Energie-strategie, die Chance verpasst wurde, klare Richtlinien zu setzen. Energiesparen befürworten alle, vor konkreten Massnahmen drücken sich die Ständeräte jedoch. So hat der Ständerat heute leider konkrete Vorgaben zugunsten der Energieeffizienz bei der Gebäudetechnik und bei den kleinen Stromverbrauchern aus der Vorlage gestrichen. Wie das verabschiedete Effizienzziel erreicht werden soll, wenn keine Massnahmen zur Förderung der Effizienz im Gesetz verankert sind, beantwortet der Ständerat dabei unzureichend.

Der Flugpionier Bertrand Piccard, Patronatsmitglied von swisscleantech, äusserte sich anlässlich eines Besuches im Parlament ganz klar: «Solar Impulse könnte nie Tag und Nacht nur anhand Solarenergie fliegen, wäre das Flugzeug nicht extrem energieeffizient». Genauso ist es mit der Energiestrategie des Bundes. «Nur wenn Effizienz und die Produktion von Erneuerbarer Energie gemeinsam angegangen werden, kann die Energiestrategie 2050 zum Erfolg werden», unterstreicht Beglinger.

swisscleantech appelliert an den Nationalrat, bei der Differenzbereinigung korrigierend einzugreifen. Andernfalls ist zu befürchten, dass aus der Energiewende eine Anbauschlacht für Erneuerbare Energien wird. Das entspricht nicht einer nachhaltigen Entwicklung.

 

Licht und Schatten in der Ständeratsdebatte zur Energiestrategie 2050

Erfreulich ist, dass kaum jemand bezweifelt, dass die Energiewende bereits im Gang ist. Positiv ist auch, dass die Erhöhung des maximalen KEV-Zuschlags vom Ständerat deutlich angenommen wurde. Dies war nicht zuletzt möglich, weil der Ständerat im gleichen Zug beschloss, eine Unterstützung für bestehende Wasserkraftwerke in Notlage einzuführen. swisscleantech erachtet diese Förderung als sinnvoll. Allerdings darf die damit einhergehende Einzelfallprüfung der betroffenen Kraftwerke nicht zu unnötigem, bürokratischem Aufwand führen.
Gleiches gilt auch für die beschlossene Direktvermarktung von Erneuerbaren Energien. Zwar bringt dieses System die KEV sinnvollerweise näher an den Markt. Gleichzeitig steigt aber, vor allem für kleine Produzenten, der Aufwand für den Energieverkauf massiv. Hier ist eine Korrektur des Systems angebracht, welche vom Ständerat im Rahmen der Debatte auch so festgehalten wurde.

Gleichzeitig schwächt der Ständerat die Energiewende, indem er an einigen Orten hinter die Vorlage des Nationalrates zurückgekrebst. So ist es nicht nachvollziehbar, dass er das Ausbauziel für Erneuerbare Energien um 30% reduziert hat. Mit dem vom Ständerat festgelegten Ziel kann gerade knapp die Hälfte der Produktion der Kernkraftwerke durch den Neubau von Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Wind- und Solarenergie ersetzt werden – der Rest muss wohl importiert werden.

Bei der morgigen Debatte steht für swisscleantech die Energie-Effizienz im Zentrum. Während die Industrie bereits einiges unternimmt und Programme zur Gebäudesanierung heute schon existieren, gilt es nun auch in den Bereichen Verkehr, Gebäudetechnik und kleinen Stromkonsumenten Massnahmen zu beschliessen.