Nationalrat stärkt Schweizer Stromversorgung mit erneuerbaren Energien

Der Krieg in der Ukraine hat viel Bewegung in die Energiepolitik gebracht. Das zeigte sich zuletzt bei den dringlichen Beschlüssen des Parlaments zugunsten eines beschleunigten Ausbaus der Solar- und Windenergie. Diese Dynamik war in den letzten Tagen auch im Nationalrat spürbar. Co-Geschäftsführer Michael Mandl sagt dazu: «Dank der speditiven Arbeit des Nationalrates können wir hoffentlich noch vor dem Ende dieser Legislatur einen wichtigen Schritt zur Sicherung unserer Stromversorgung mit erneuerbaren Energien machen. Wir ziehen eine positive Bilanz und sind sehr erfreut, dass wir uns in den Beratungen erfolgreich für diverse Anliegen unserer Mitglieder einsetzen konnten – dazu gehört mitunter mehr Innovation im Verteilnetz.» Es besteht aber weiterhin Korrekturbedarf. Darum wird sich swisscleantech auch in der weiteren Beratung im Ständerat einbringen.

Ausbau von erneuerbaren Energien

Die erneuerbaren Energien müssen massiv ausgebaut werden – aber nicht auf Kosten der Biodiversität. Hier ging der Ständerat in seiner Erstberatung zu weit, was nun vom Nationalrat korrigiert wurde. Der gefundene Kompromiss zwischen Schutz der Biodiversität und der Energieerzeugung festigt den Biotopschutz, ermöglicht aber gleichzeitig den Bau von Wasserkraftanlagen in Gletschervorfeldern. Bedauerlich war hingegen der Beschluss zur Sistierung des Gewässerschutzes bei Erneuerungen und Erweiterungen von Wasserkraftwerken. Der dadurch mögliche Produktionsgewinn in den kritischen Wintermonaten steht in keinem Verhältnis zur Einschränkung des Gewässerschutzes. Darum ist für swisscleantech klar, dass der Ständerat hier korrigierend eingreifen muss.

Trotzdem ist swisscleantech erfreut, dass der Nationalrat wichtige Beschlüsse zugunsten der Erhöhung von Ausbauzielen sowie den konkreten Fördermassnahmen für erneuerbare Energien gefällt hat. Nur so kommen wir der Dekarbonisierung der Schweiz näher.

Förderung der Energieeffizienz

In vielen Fällen ist die eingesparte Energie nach wie vor die günstigste Energie. Mit dem Beschluss des Nationalrates zugunsten von Zielvorgaben für Elektrizitätslieferanten wird ein sinnvolles Instrument eingeführt, um einen Dienstleistungsmarkt für Effizienzmassnahmen zu schaffen. Besonders wichtig: Mit der Lösung des Nationalrates wird die notwendige Elektrifizierung von Verkehr und Wärmeversorgung nicht gefährdet, weil der Energieverbrauch nicht reduziert werden muss.

Innovation im Verteilnetz

Das Stromsystem der Zukunft ist erneuerbar, dezentral und digital. Damit der Umbau möglichst rasch und kostengünstig vorangeht, brauchen wir mehr Innovation. Der grösste Innovationstreiber wäre eine vollständige Marktöffnung. Da diese in der gegenwärtigen Lage stark umstritten ist, verstehen wir, dass sich der Nationalrat dagegen entschieden hat.

Damit unser Stromsystem trotzdem zukunftsweisend gestaltet werden kann, braucht es einen flexiblen Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene, smarte Netze und einen gezielten Netzausbau. Dafür benötigt es passende regulatorische Rahmenbedingungen, die nun zumindest teilweise vom Nationalrat geschaffen wurden:

  • Erfreulich ist der Beschluss zugunsten des diskriminierungsfreien und fairen Zugangs zu den Messdaten. Dies ist eine Grundvoraussetzung für innovative Geschäftsmodelle und für grössere Transparenz im Stromnetz und ein grosser Erfolg zugunsten jener Mitglieder von swisscleantech, die sich beispielsweise für flexible Ladelösungen oder netzdienliche Speicher engagieren.

  • swisscleantech begrüsst, dass der Nationalrat das Netzentgelt für dezentrale Stromspeicher wie stationäre Batteriespeicher und Fahrzeugbatterien neu regelt und damit deren netz- und systemdienliche Benutzung attraktiver macht.

  • swisscleantech konnte sich erfolgreich dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für lokale Elektrizitätsgemeinschaften optimiert wurden. Damit wird der Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene gefördert, was wiederum die Kosten für den Netzausbau senken kann.

Klimaschutzprojekte als Königsweg?

Diese scheinbar widersprüchliche Aussage als CEO von myclimate mag zunächst irritieren. Warum ein Mythos? Weil die Idee, dies als Lösung anzubieten, um Zeit bis zur Dekarbonisierung der Gesellschaft zu gewinnen, schon immer das Herzstück unseres Handelns als myclimate war. Die Kompensation, um den alten und nun zu vermeidenden Begriff zu verwenden, war nie als Königsweg zum Erreichen des 1,5°C-Ziels gedacht. Er ist nicht mehr als ein weiterer, sehr wichtiger Teil des Lösungsansatzes; vorausgesetzt, die Qualität und Integrität ist gegeben.

Am wichtigsten ist, dass wir die Freisetzung von Treibhausgasen als Unternehmen und als Privatpersonen vermeiden. Wenn der CO2-Geist aus der Flasche ist, müssen wir grosse Anstrengungen unternehmen, um ihn wieder in die Flasche zu kommen. Es muss jedem vernünftig denkenden Menschen klar sein, dass dies der erste und wichtigste Schritt ist. An zweiter Stelle steht die Reduzierung des CO2-Fussabdrucks, wo immer dies möglich ist. Hier hat die Wirtschaft in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht (z.B. SBTi, Entwicklung einer Klimastrategie), die kein Greenwashing sind, sondern wirklich beeindruckende Anstrengungen. Greenwashers werden früher oder später zur Rechenschaft gezogen oder auf den Märkten abgestraft.

Was ist mit den sogenannten unvermeidbaren Emissionen, die ein Land durch seine Einwohner, Unternehmen, Industrien und ihr internationales Mobilitätsverhalten verursacht?

Hier können hochwertige Klimaschutzprojekte eine wichtige Rolle spielen. Zum Beispiel Negativ-Emissions-Technologien, egal ob sie naturbasiert oder technologiebasiert sind. Aber auch Projekte zur Emissionsvermeidung spielen eine wichtige Rolle.

Wir müssen uns von der historischen (vor Paris-) Denkweise verabschieden, dass wir das 1,5°C-Ziel erreichen können, indem wir nur «ausgleichen» und so auf magische Weise ein klimaneutrales Produkt, Unternehmen, eine Fabrik oder einen Flug kreieren.

 

«Tu dein Bestes und finanziere den Rest» ist der richtige Weg in einer Welt nach dem Pariser Abkommen. Diese Klimafinanzierung geht über die Mentalität «eine kompensierte Tonne für eine emitierte Tonne» hinaus. Deshalb sind qualitativ hochwertige Klimaschutzprojekte so wichtig. Diese Projekte dürfen nicht nur eine spekulative Geschäftsmöglichkeit sein, sondern müssen im Zusammenhang mit der Förderung von Klimagerechtigkeit und -finanzierung betrachtet werden.

Zudem haben sich auch die globalen Rahmenbedingungen für die freiwilligen und verpflichtenden CO₂-Märkte verändert und müssen bei der Behauptung, klimaneutral zu sein, berücksichtigt werden. Im Zentrum der regulatorischen Änderungen stehen die sogenannten Corresponding Adjustments (CAs). Diese sorgen für mehr internationale Transparenz beim Klimaschutz. Damit soll ausgeschlossen werden, dass sowohl ein Unternehmen, das ein Klimaschutzprojekt finanziert, als auch das Gastland des betreffenden Projekts sich die Klimaschutzleistung anrechnen. Aktuell hat allerdings kein Staat CAs ausgestellt. Wir rechnen nicht damit, dass die CAs so schnell wie erhofft zur Verfügung stehen werden. 

Dies ist für die Kunden wichtig, weil CAs zukünftig eine Grundvoraussetzung sind, wenn Unternehmen, Produkte und Events als «klimaneutral» ausgezeichnet werden sollen.

Klimaschutzprojekte sind weiterhin ein Schlüssel, um das globale Klimaziel zu erreichen

Geändert haben sich zwar elementare Rahmenbedingungen des freiwilligen CO₂-Marktes, nicht jedoch die Bedeutung – und die Wirkung (Impact) – von Klimaschutzprojekten und deren Finanzierung mithilfe des privaten Sektors. Ganz egal, ob lokal, regional oder international: Klimaschutzprojekte sind ein unverzichtbarer Bestandteil des globalen Klimaschutzes. Sie tragen messbar zur nachhaltigen lokalen Entwicklung und somit zum Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen bei.

Als erste Klimaschutzorganisation führt myclimate deshalb ein Label ein, das der neuen Klimaschutzrealität entspricht. Das myclimate Impact-Label «Wirkt. Nachhaltig» wird Unternehmen oder Organisationen verliehen, die gemessen an ihrer – von myclimate plausibilisierten – CO₂-Bilanz, Klimaschutzprojekte finanziell unterstützen, die sonst nicht stattfinden würden. 

Stephen Neff

CEO Stiftung myclimate
Mitglied der Geschäftsleitung

stephen.neff@myclimate.org

Über myclimate

myclimate ist Partner für wirksamen Klimaschutz – global und lokal. Gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft sowie Privatpersonen will myclimate durch Beratungs- und Bildungsangebote sowie eigene Projekte die Zukunft der Welt gestalten. Dies verfolgt myclimate als gemeinnützige Organisation marktorientiert und kundenfokussiert.  

Die internationale Initiative mit Schweizer Wurzeln gehört weltweit zu den Qualitätsführern für umfassende Klimaschutzlösungen. Zum Kundenkreis zählen grosse, mittlere und kleine Unternehmen, die öffentliche Verwaltung, Non-Profit Organisationen, Veranstalter sowie Privatpersonen. Über Partnerorganisationen ist myclimate in weiteren Ländern wie Deutschland, Österreich, Schweden oder Norwegen vertreten. Gleichzeitig betreut myclimate von Zürich aus Geschäfts- und Privatkunden weltweit.

Mit Projekten höchster Qualität treibt myclimate weltweit messbaren Klimaschutz und eine nachhaltige Entwicklung voran. Seit der Gründung im Jahre 2002 hat myclimate 174 Klimaschutzprojekte in 45 Ländern der Welt entwickelt und unterstützt. Dort werden Emissionen reduziert, indem fossile Energiequellen durch erneuerbare Energien ersetzt, CO2 in natürlichen Senken (alternativ: in naturbasierten Projekten) gespeichert (z.B. lokale Aufforstungsmassnahmen) sowie energieeffiziente Technologien implementiert werden. myclimate-Klimaschutzprojekte erfüllen höchste Standards. Internationale Projekte können nach Gold Standard, Plan Vivo oder VCS (inkl. CCB und/oder SD-VISta) zertifiziert werden, Schweizer Projekte nach den Richtlinien des Bundesamtes für Umwelt (BAFU)/Bundesamt für Energie (BFE) oder den myclimate CH VER-Guidelines. Sie leisten neben der Reduktion von Treibhausgasen nachweislich lokal und regional einen positiven Beitrag zu den Zielen nachhaltiger Entwicklung (SDGs) der UN.

myclimate ermutigt mit handlungsorientierten und interaktiven Bildungsangeboten jede und jeden, einen Beitrag für unsere Zukunft zu leisten. Mit diesem Ziel wurden bereits in der Schweiz, Deutschland und Liechtenstein rund 65'000 Schüler*innen und 11'000 Lernende erreicht, sowie ein weltweites Netzwerk von 1‘400 Studierenden und Young Professionals etabliert. Darüber hinaus berät die Stiftung zu integriertem Klimaschutz mit greifbarem Mehrwert. Im Geschäftsfeld CO2- und Ressourcen Management unterstützt myclimate Firmen mit Beratung, Analysen, IT-Tools und Labels. Angebote reichen von einfachen Carbon Footprints (Emissionsberechnungen) auf Unternehmensebene bis zu ausführlichen Ökobilanzierungen von Produkten. Erfahrene Berater*innen helfen beim Identifizieren und Erschliessen von Potentialen in den Bereichen Energie- und Ressourceneffizienz.

Die myclimate-Klimaschutzprojekte haben seit Bestehen der Stiftung Tausende von Jobs geschaffen, die Biodiversität geschützt und die allgemeinen Lebensumstände Hunderttausender Menschen verbessert. Nicht zuletzt deswegen hebt das deutsche Umweltbundesamt myclimate als Anbieter für Klimaschutzinvestitionen explizit hervor. Sowohl 2015 als auch 2012 wurden je zwei myclimate-Projekte vom Sekretariat der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) zu sogenannten «Game Changing Climate Lighthouse Activities» ernannt und an den UN-Klimakonferenzen in Paris und Doha von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon persönlich geehrt. Weiter gewann das myclimate-Bildungsprojekt «Klimalokal» 2012 den Milestone-Preis, die höchste Auszeichnung im Schweizer Tourismus. Im Mai 2016 wurde myclimate mit dem Schweizer Nachhaltigkeitspreis «PrixEco» ausgezeichnet.

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Energiekommission des Nationalrats stellt Weichen für mehr Innovation im Verteilnetz

Für swisscleantech ist klar: Das Stromsystem der Zukuft ist erneuerbar, dezentral und digital. Dabei darf nicht vergessen werden, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zahlreiche Herausforderungen für das Verteilnetz mit sich bringt. Zukunftsweisend sind deshalb der flexible Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene, smarte Netze und ein effizienter Netzausbau. Dafür braucht es passende regulatorische Rahmenbedingungen, die lange Zeit nicht gegeben waren. Die Energiekommission des Nationalrats hat nun im « Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» wichtige Weichen dafür gestellt.

Liberalisierung des Messwesens als Voraussetzung für mehr Innovation

swisscleantech begrüsst insbesondere den Entscheid der Kommission, das Messwesen für grosse Verbraucher und weitere Akteure zu liberalisieren. Der diskriminierungsfreie und faire Zugang zu den Messdaten ist unabdingbar, um die Digitalisierung der Stromnetze voranzutreiben und führt zu mehr Innovation und Transparenz im Stromnetz. Die Liberalisierung des Messwesens ist denn auch eine Grundvoraussetzung für viele innovative Geschäftsmodelle, welche für die sichere und effiziente Stromversorgung der Zukunft notwendig sind. swisscleantech hat sich deshalb intensiv für diesen Schritt eingesetzt.

Potential der Fahrzeugbatterien nutzen

Entscheidend ist ausserdem die Anerkennung von dezentralen Stromspeichern wie stationären Batteriespeichern und Fahrzeugbatterien als wichtige Stützen für die Stabilisierung der Stromnetze und für die Integration der erneuerbaren Energien. Heute sind dezentrale Speicher gegenüber anderen Speicherformen benachteiligt, da sie nicht vom Netzentgelt ausgenommen sind. Die Energiekommission hat diese Ungleichbehandlung korrigiert und entschieden, dezentrale Speicher für denjenigen Anteil des gespeicherten Stroms vom Netzentgelt zu befreien, welcher wieder an das Netz zurückgegeben wird. Gerade im Zusammenspiel mit der Elektromobilität ist dieser Entscheid sehr zu begrüssen. Eine kürzlich publizierte Studie der ETH Zürich zeigt auf, dass es möglich ist, die Systemkosten im Strombereich dank der intelligenten Integration von Fahrzeugbatterien um bis zu 6.5 Milliarden Franken zu senken.

Lokale Elektrizitätsgemeinschaften ermöglichen

swisscleantech unterstützt weiter die durch die Energiekommission verbesserten Rahmenbedingungen für lokale Elektrizitätsgemeinschaften.  Zusätzlich zu den Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV) können diese den Ausgleich von Produktion und Verbrauch auf lokaler Ebene fördern und damit auch die Kosten für den Netzausbau senken. Insbesondere die intelligente Kombination von Fahrzeugbatterien und Photovoltaikanlagen bietet dafür ein enormes Potenzial.

Ein Wermutstropfen bleibt der Entscheid,  dass die Netzbetreiber grundsätzlich das Recht haben sollen, Flexibilitäten zu nutzen, so lange die Inhaber*innen der Flexibilität dies nicht ausdrücklich untersagen. Damit werden die bestehenden Monopole gefestigt und lokale Flexibilitätsmärkten behindert.

Insgesamt positive Bilanz

Insgesamt zieht swisscleantech ein sehr positives Fazit und würdigt die speditive Arbeit der Kommission. Co-Geschäftsführer Christian Zeyer sagt dazu: «Für eine klimataugliche Wirtschaft braucht es mehr Innovation. Mit ihren Entscheiden hat die Energiekommission des Nationalrats dafür gesorgt, dass diese Innovation vermehrt auch im Verteilnetz stattfinden kann, was einer langjährigen Forderung von swisscleantech entspricht.»

Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wird in der Frühjahrssession vom Nationalrat behandelt und soll bis im Sommer vom Parlament verabschiedet werden.

Stellungnahme zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport

Für den Schienengüterverkehr und damit auch den Güterverkehr in der Schweiz ist die Vorlage von grosser Bedeutung. Mit einer ambitionierten Verlagerungspolitik im Güterverkehr in der Fläche könnten volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile realisiert, die Energieeffizienz und -unabhängigkeit gesteigert und die Umwelt und das Klima geschützt werden. Die Vorlage bietet die Chance, diese Vorteile des Schienengüterverkehrs zu nutzen. Wir unterstützen die in Variante 1 vorgeschlagenen Massnahmen (vor allem bezüglich EWLV, DAK und Rheinschifffahrt) klar.

Frischer Wind in der Schweizer Energieversorgung

Aus der Perspektive des Rechtsstaates ist es bedauerlich, dass es eine globale Krise und ein Dringlichkeitsgesetz braucht, um die Windenergie auch in der Schweiz aus den Startlöchern zu bringen – sie ist eine wichtige Technologie für die sichere und erneuerbare Stromversorgung . Schuld sind wie so oft alle, an erster Stelle die Verfasser*innen von Einsprachen: Mit stellenweise irrwitzigen Argumenten versuchen sie, jedes Projekt Bewilligungsschritt für Bewilligungsschritt zu blockieren. Die Komplexität der Bewilligungsverfahren spielt ihnen dabei in die Hände: Zu viele Fälle überfordern die zuständigen Gerichte. Und auch die Förder*innen der Windenergie suchen zu spät das Gespräch mit der betroffenen Bevölkerung.

Das Bekenntnis zur Windenergie ist für swisscleantech bereits seit der ersten 2012 veröffentlichten Energiestrategie stark: Windturbinen produzieren zwei Drittel ihrer Produktion im Winter und das zu geringen Umweltkosten. Nach sauberer Analyse kann man sehr gut unterscheiden, welche Windturbinen auch aus der Perspektive der Biodiversität sinnvoll sind und welche nicht.

Dennoch blieb der Bau von Windenergieanlagen dermassen blockiert, dass in den letzten zehn Jahren nur rund 35 Megawatt an Leistung zugebaut wurde, was insgesamt etwa zehn modernen Windturbinen entspricht. Mit dieser Geschwindigkeit wird die Windenergie keinen substanziellen Anteil der Stromversorgung sicherstellen. Trotzdem zeigen auch unsere neuen Berechnungsmodelle: Windenergie ist für eine stabile Stromversorgung wichtig.

Wir begrüssen es daher sehr, dass das Parlament nun auch für die Windenergie ein dringliches Beschleunigungsgesetz auf den Weg bringt. Mit diesem Gesetz kann es gelingen, dass zahlreiche Projekte – die in der Abklärung bereits weit fortgeschritten sind und bei denen die grundsätzliche Abwägung zwischen Schutz und Nutzen bereits erfolgt ist – nun zügig realisiert werden können. Es ist auch erfreulich, dass das Gesetz in der nun vorliegenden Version deutlich verbessert wurde. So soll die dritte Stufe des Bewilligungsprozesses – die konkrete Baubewilligung – nicht mehr komplett gestrichen, sondern so eingeschränkt werden, dass nur noch Fragen von grundsätzlicher Natur an das Bundesgericht weitergezogen werden können. Dies wird die Prozesse erheblich beschleunigen.

Das vorliegende Beschleunigungsgesetz darf jedoch nicht zur Standardvorlage diverser Bewilligungsprozesse werden. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es eine saubere Auslegerordnung für jeden Bauentscheid braucht: Rechtsstaatlichkeit ist ein wichtiges Gut und die Interessenabwägung zwischen den in der Verfassung festgehaltenen Güter Biodiversität, Energiegewinnung und Landschaftsschutz ist ein ernst zu nehmendes Anliegen.

Es ist gleichzeitig nicht nachvollziehbar, weshalb Bewilligungsprozesse für Windturbinen zum Teil 20 Jahre dauern müssen. Nach einer sauberen Grundlagenanalyse und mit genügend grossen Kapazitäten bei den Gerichten ist es möglich, Windturbinen innerhalb einer deutlich kürzeren Frist zu bewilligen. Dies sollte auch die Anzahl der Einsprachen dramatisch reduzieren. Viele Einsprachen verfolgen in erster Linie einen Zweck: Den Bau der Anlagen so lange wie möglich zu verhindern. Werden die Prozesse beschleunigt, verliert dieses Spiel deutlich Anreiz, die Projekte werden schneller realisiert.

Mit Sicherheit gelingt es aber auch, den Bewilligungsprozess zu beschleunigen, wenn frühzeitig das Gespräch mit den Betroffenen gesucht wird. Hier besteht auf jeden Fall Verbesserungspotential. Sehr oft, so zeigen Erfahrungen im Ausland, wird die Realisierung erleichtert, wenn sich die Anrainer*innen in einem sogenannten Bürgerwindprojekt an der geplanten Anlage beteiligen können. 

Damit wir den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern rechtzeitig schaffen, braucht es aber auch ein gesellschaftliches Umdenken: Nichts wird unsere Lebensweise und auch unsere Landschaft so verändern wie der Klimawandel. Kompromisse im Landschaftsschutz sind notwendig, wenn wir die notwendigen Massnahmen rechtzeitig umsetzen wollen. Gleichzeitig war die Wahrnehmung der Landschaft immer einer kulturellen Wertung unterworfen. Wir sind zuversichtlich, dass in Zukunft die Windturbinen genau so positiv bewertet werden und zum Landschaftsbild gehören wie unsere Speicherseen – und als Zeichen des Fortschritts und der Unabhängigkeit gedeutet werden.

Michael Mandl wird neuer Co-Geschäftsführer von swisscleantech

swisscleantech hat sich in den letzten Jahren als die ambitionierte, branchenübergreifende Stimme der Wirtschaft mit Fokus auf Energie & Klima etabliert. Rund 600 Unternehmen und Verbände aus allen Branchen sind mittlerweile Teil der klimatauglichen Wirtschaft, was einer Verdreifachung der Mitglieder seit 2019 gleichkommt. Neben zahlreichen Startups und KMU sind auch rund 50% der SMI-Firmen bei swisscleantech engagiert. Mit der wachsenden Mitgliederbasis wächst auch das Potenzial, die anstehenden energie- und klimapolitischen Entscheide mitzuprägen und die Unternehmen bei der Erreichung ihrer eigenen Klimaziele zu unterstützen – deshalb hat swisscleantech das Geschäftsstellen-Team für 2023 verstärkt.

Co-Präsident Fabian Etter sagt dazu: «Es freut mich sehr, dass wir nach den positiven Entwicklungen der letzten Jahre nun unser Team ausbauen können. Mit Michael Mandl haben wir einen ausgewiesenen Polit-Experten mit viel Know-how in Energie- und Klimafragen gewinnen können. Er ist eine ideale Ergänzung und wird uns helfen, unsere Anliegen in den zahlreichen anstehenden Geschäften in der Energie- und Klimapolitik wie etwa dem neuen CO2-Gesetz oder dem Mantelerlass wirkungsvoll einzubringen.» Michael Mandl war über sieben Jahre in verschiedenen Funktionen für die FDP Schweiz tätig und erarbeitete sich dabei ein breites Netzwerk in Politik, Verbänden und Verwaltung. Er sagt zu seiner Ernennung: «Ich freue mich sehr, mein Wissen und meine Erfahrung in der Schweizer Politik zugunsten von swisscleantech einzusetzen. Die Positionierung des Verbandes überzeugt mich sehr und seine Forderungen in der Klima- und Energiepolitik sind aktueller denn je.»

Um dem steigenden Anliegen der swisscleantech Mitglieder nach Vernetzung und Wissensvermittlung gerecht zu werden, ist zum Jahresbeginn weiter Madeleine Guyer zum Team gestossen. Sie wird die swisscleantech Community weiterentwickeln und Mitgliederbeziehungen pflegen. Sie war vorher während rund 15 Jahren für das Forschungs- und Beratungsunternehmen INFRAS tätig.

Christian Zeyer, der bisher alleinige Geschäftsführer, sieht diese Zugänge als grosse Chance: «Diese Verstärkung unseres Teams macht uns im Dialog mit unseren politischen Stakeholdern und im immer wichtiger werdenden Community Management schlagkräftiger. Sie ermöglicht es mir zudem, mich vermehrt um Strategie und Inhalte zu kümmern, was angesichts der zahlreichen aktuellen Dossiers zentral ist.»

Michael Mandl

Co-Geschäftsleiter

Madeleine Guyer

Head of Community & Membership Relations

Diese klimapolitischen Massnahmen wünscht sich die Schweizer Bevölkerung

Die wichtigste Erkenntnis der Befragung ist, dass Lenkungsabgaben in der Bevölkerung breit akzeptiert sind. Nur 17% der Befragten haben sich kritisch zu Lenkungsabgaben im neuen CO2-Gesetz geäussert. 47% der Befragten waren sogar der Meinung, dass in der Klimapolitik Lenkungsabgaben im Vordergrund stehen sollten. Ebenfalls interessant ist, dass Subventionen von einem Viertel der befragten kritisch betrachtet werden und gleichzeitig «nur» von 38% der Befragten vorwiegend begrüsst werden. Verbote fallen mit nur 16% Zustimmung deutlich ab.

Bei der Art der Mittelverwendung befürworteten die Befragten eine Zweckbindung gegenüber der Rückverteilung – dies entgegen dem weitgehenden Konsens der Wirtschaftswissenschaften, dass Lenkung und Subvention nicht gekoppelt werden sollten. Auch eine Rückverteilung findet mehr Befürworter*innen als Gegner*innen. Die heutige Lösung mit Zweckbindung und Rückverteilung scheint gut akzeptiert zu sein, wird doch beides von einer Mehrheit angenommen.

Das Wissen über die Funktionsweise der bestehenden Lenkungsabgabe im CO2-Gesetz ist nach wie vor zu gering. Rund 60% der Befragten waren nicht in der Lage, zu beantworten, wie die Einnahmen verwendet werden und wie gross der rückverteilte Betrag ist. Gegenüber der Umfrage im Jahr 2019 nahm das Wissen sogar ab. Da ist es nicht weiter erstaunlich, dass nur 23% der Befragten die Höhe der Rückerverteilungen korrekt angeben konnten.

Diese Resultate decken sich mit den Untersuchungen der Universität St. Gallen, welche in einer Befragung ebenfalls feststellte, dass über 70% der Befragten nicht wusste, dass sie im Vorjahr eine Rückverteilung via Krankenkassenrechnung erhielt.

Es ist davon auszugehen, dass die Akzeptanz von Lenkungsabgaben sogar höher wäre, wenn die Funktionsweise besser verstanden würde. Umso wichtiger ist es, dass allgemein und im Hinblick auf mögliche weitere Volksabstimmungen mehr dafür getan wird, um die Funktion und die Vorteile von Lenkungsabgaben besser zu erklären. swisscleantech wird sich auch in Zukunft für ein besseres Verständnis in der Bevölkerung einsetzen und fordert alle anderen Akteure dazu auf, ebenfalls ihren Beitrag zu leisten.

Abschliessend wurden die Proband*innen danach befragt, wie sie die Auswirkungen von Lenkungsabgaben bezüglich sozialer Gerechtigkeit einschätzen würden. Es herrscht die Meinung vor, dass Lenkungsabgaben sozial Schwächere mehr belasten würden. Auch hier zeigt sich Klärungsbedarf. Bereits 2019 wies swisscleantech mit einer Studie nach, dass Lenkungsabgaben mit Rückverteilungen sozial Schwächere eher entlastet.

Einordnung der Resultate durch swisscleantech

swisscleantech setzt sich konsequent für eine Stärkung von Lenkungsabgaben in der Klimapolitik ein. Lenkungsabgaben setzen die richtigen Anreize für die Entscheide von Unternehmen wie Privatpersonen in Richtung von mehr Klimaschutz – ohne grosse Mitnahmeeffekte und ohne Belastung der Staatsrechnung. Für swisscleantech sind sie das Mittel der Wahl, sollen jedoch in geeigneter Form ergänzt werden, um die Wirkung oder Akzeptanz von Massnahmen zu erhöhen.

Die Ergebnisse der Umfrage stützen die Position von swisscleantech und zeigen auf, dass die Ablehnung der Totalrevision des CO2-Gesetzes in der Volksabstimmung vom Juni 2021 differenziert interpretiert werden soll: Lenkungsabgaben werden von einer klaren Mehrheit positiv beurteilt und sollen deshalb auch in der Neuauflage der Revision des CO2-Gesetzes entsprechend berücksichtigt werden.

Zur Position von swisscleantech zur neuen Revision des CO2-Gesetzes

Insgesamt befürwortet swisscleantech die aktuelle Vorlage zur Revision des CO2-Gesetzes. Zur Erreichung der Schweizer Klimaziele bis 2030 ist es zentral, dass sich eine breite Mehrheit der Politik und Bevölkerung rasch auf ein Massnahmenpaket einigt, um ein Stehenbleiben in der Klimapolitik zu verhindern. Darüber hinaus fordern wir Verbesserungen in folgenden vier Kernbereichen des CO2-Gesetzes:

  1. Die Reduktionsmassnahmen sollen prioritär in der Schweiz erfolgen. Um sicherzustellen, dass dieses Zeil auch erreicht wird, empfehlen wir die Verankerung eines Inlandziels. Ausserdem sollte das Reduktionsziel auf Grund der klimawissenschaftlichen Fakten auf 60% bis 2030 erhöht werden.

  2. Wir empfehlen, das heute etablierte System von Lenkungsabgaben bei den Brennstoffen in seiner Wirkung weiter zu stärken, indem die Obergrenze für den CO2-Preis auf 200 Franken pro Tonne CO2 erhöht wird. Auf eine Erhöhung der Zweckbindung soll jedoch verzichtet werden.

  3. Bürgschaften sind ein probates Mittel, um langfristige Investitionen zu ermöglichen und zu vergünstigen. Als Beispiel mag der Bau von Fernwärmversorgungen oder die energetische Modernisierung des Gebäudebestandes gelten. Letzterer bildet einen besonders wichtigen Pfeiler des Klimaschutzes. Viele Private bekunden jedoch Mühe, eine energetische Modernisierung zu finanzieren. Wir empfehlen daher, Bürgschaften in Art 4 des CO2-Gesetzes Bürgschaften als neues «Mittel» zum Schutz des Klimas zu etablieren.

  4. Die Dekarbonisierung des Verkehrs muss zwingend über die Elektrifizierung führen. Der Engpass ist heute die Basisinfrastruktur zum Laden der Fahrzeuge. Hier ist eine aktive Rolle des Staates gefordert. Neben Anschubfinanzierungen könnten auch hier Bürgschaften kostengünstig Abhilfe schaffen.

 

Zu den vollständigen Umfrageresultaten

Zwei Organisationen, ein Ziel: Grüne Logistik

Um die Schweizer Logistik mit neuem Schwung auf Netto-Null-Kurs zu bringen, gehen Lean & Green und swisscleantech eine Partnerschaft ein. Trotz aller Bemühungen ist der Güterverkehr für 6 Prozent der Treibhausgase in der Schweiz verantwortlich. Leider kommt die Dekarbonisierung des Güterverkehrs nur schleppend voran, die Emissionswerte sind in den letzten 10 Jahren auf hohem Niveau stabil geblieben.

Im laufenden Jahr sind von den 3’045 neu zugelassenen schweren Fahrzeugen (ab 3.5 Tonnen) lediglich 94 Fahrzeuge elektrisch und 2 Fahrzeuge mit Wasserstoff betrieben (Stand 1.11.2022). Damit werden lediglich 3 Prozent dieser neu zugelassenen Fahrzeuge mit nicht-fossiler Energie betrieben. Für beide Organisationen ist das Grund genug, die Kräfte zu bündeln und die grüne Logistik voranzutreiben.

Mit Lean & Green die Emissionen reduzieren

In der Schweiz wird die Lean & Green Initiative von GS1 Switzerland getragen. 2008 in Holland gegründet und mittlerweile in über 16 Ländern etabliert, unterstützt die Kampagne Unternehmen in Transport und Logistik dabei, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren. Unternehmen werden für ihre Verpflichtung und deren Zielerreichung, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, mit dem Lean & Green Award und den Lean & Green Sternen ausgezeichnet. Den Award erhält ein Unternehmen für die Kalkulation und Eingabe eines Aktionsplans zur Reduktion der CO2-Emissionen und die Sterne werden für das Erreichen bestimmter Reduktionsziele vergeben.

Die Lean & Green Initiative ermöglicht einen strukturierten Ansatz, senkt CO2-Emissionen sowie unternehmerische Kosten und trägt so zum Klimaschutz wie auch zum unternehmerischen Erfolg bei. Darüber hinaus ermöglicht die Lean & Green Community den Erfahrungsaustausch an öffentlichen oder Community-Events unter gleichgesinnten Unternehmen.

Mit swisscleantech zu neuen Lösungen

Auch swisscleantech sieht in der Branche eine hohe Notwendigkeit, aber auch viele Chancen, um die Logistik klimatauglich zu gestalten. Für den Wirtschaftsverband liegt der aktuelle politische Fokus zur Dekarbonisierung des Verkehrs zu stark auf dem motorisierten Individualverkehr. So sind beispielsweise beim CO2-Gesetz, das sich aktuell in der Revision befindet, lediglich Fördergelder für den Privatverkehr vorgesehen. Darüber hinaus verlangt nachhaltige Mobilität mehr als effiziente Fahrzeuge: Auch der Verkehr selber muss besser organisiert werden.

Um hierzu Lösungen zu entwerfen, hat swisscleantech die «Arbeitsgruppe Grüne Logistik» ins Leben gerufen. Dank der branchenübergreifenden Ausrichtung von swisscleantech sind Mitglieder entlang der ganzen Wertschöpfungskette vertreten: Hersteller und Importeure von Fahrzeugen, Transport- und Logistikunternehmen sowie Dienstleistungsempfänger.

Neben dem Erfahrungsaustausch sollen in erster Linie neue Ansätze zur Dekarbonisierung der Logistik erarbeitet werden, um beispielsweise die Finanzierung der Ladeinfrastruktur für E-LKW sicherzustellen.

Lean & Green und swisscleantech Doppelmitglieder

Aktuell sind mit Lidl Schweiz, Krummen Kerzers AG und der Schweizerischen Post mehrere Unternehmen sowohl bei der Lean & Green Initiative als auch bei swisscleantech Mitglied. Sie alle profitieren bereits heute von den Vorteilen der Doppelmitgliedschaft.

Zum einen werden sie mit der Lean & Green Initiative bei konkreten Massnahmen zur Emissionsminderung unterstützt und für ihre Fortschritte ausgezeichnet. Zum anderen bringen sie bei swisscleantech ihre Erfahrungen und Problemstellungen ein, um zusammen mit anderen Unternehmen, aber auch mit Politik und Verwaltung, die Dekarbonisierung voranzutreiben. So können zukünftig die Aktivitäten besser aufeinander abgestimmt und Anliegen gemeinsam eingebracht werden.

 

Gregory Germann, Verantwortlicher Projekte, zur Partnerschaft

«Fit for 55»-Klimapaket: Die EU macht im Emissionshandel und mit Grenzausgleich vorwärts 

Drei Punkte sind dabei besonders wichtig:

1. Schaffung eines neuen Zertifikathandelssystems für die Beheizung von Gebäuden und für den Verkehr bis 2027

In diesen Sektoren wurde bisher in der EU kein CO2-Preis erhoben. Die Kosten, welche durch diesen neuen Zertifikathandel für die Bevölkerung anfallen, sollen durch einen Klimasozialfonds abgefedert werden. Insgesamt sollen so von 2026 bis 2032 85 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, die vor allem dazu verwendet werden sollen, einkommensschwache Haushalte bei Effizienzmassnahmen zu unterstützen. Bezüglich der Bepreisung von Brennstoffen zieht die EU damit mit der Schweiz gleich und hängt die Schweiz im Bereich Verkehr ab – aktuell sind in der Schweiz keine Bestrebungen für eine Lenkung auf Treibstoffen absehbar.

2. Neue Grundsätze für den Emissionshandel

Einerseits soll die Menge an zur Verfügung stehenden Zertifikaten schneller gekürzt werden. Anderseits wird die bisherige Praxis der Vergabe geändert: Bisher erhielten Unternehmen den Grossteil ihrer Emissionszertifikate kostenlos zur Verfügung gestellt. Neu soll die Menge der freien Zertifikate, welche die besonders energieintensiven Industriesektoren mit Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Düngemittel und Wasserstoff erhalten, schrittweise auf Null reduziert werden. Dadurch werden sich diese Produkte auf dem Markt verteuern.

3. Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)

Um sicherzustellen, dass diese Industriesektoren in der EU wettbewerbsfähig bleiben, wird gleichzeitig mit «Grenzausgleichsmassnahmen» ein neues Instrument geschaffen: Wird beispielsweise Stahl oder Aluminium aus einem Land importiert, welches weniger strenge Klimagesetze hat als die EU hat, so wird dieses Produkt mit einer Grenzsteuer belegt und dadurch verteuert.

Aus der Sicht der Klimapolitik sind diese Schritte sehr erfreulich. Dass die Bereiche «Verkehr» und «Gebäudebeheizung» neu ebenfalls in ein Preislenkungssystem einbezogen werden sollen, ist deshalb wichtig, weil 35 % aller Emissionen aus diesen beiden Sektoren stammen. Das Auslaufen der freien Vergabe von Zertifikaten für energieintensive Bereiche kann dazu beitragen, dass weniger klimaschädliche Alternativen und bessere Prozesse den Vorrang erhalten.

Mit der Einführung von Grenzausgleichsmassnahmen begeht die EU interessantes Neuland: Diese Art der Grenzbesteuerung könnte dazu beitragen, engagierte Klimapolitik möglichst wirtschaftstauglich zu gestalten. Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass die Entwicklung dieses neuen Werkzeugs für den Klimaschutz einige Herausforderungen mit sich bringt: Einerseits muss es gelingen, das Instrument so auszugestalten, dass es sich mit den Regeln des Welthandels vereinbaren lässt. Anderseits muss sichergestellt werden, dass diese Art der Grenzbesteuerung nicht dazu führt, dass die eigene, verarbeitende Industrie im Export beeinträchtigt wird. Korrekterweise müssten nämlich wieder ausgeführte Produkte, welche – wie im obigen Beispiel – Stahl oder Aluminium enthalten, bei der Ausfuhr wieder um den Aufschlag entlastet werden. Geschieht dies nicht, hätten die Verarbeiter der Rohmaterialien einen komparativen Kostennachteil auf dem Markt. Aus Sicht der Wirtschaftsverbände wird es deshalb notwendig sein, bei der Umsetzung genau hinzuschauen.

In der Schweizer Wirtschaft werden diese Veränderungen vor allem Grossemittenten betreffen, die dem europäischen Emissionshandelsystem angeschlossen sind. Die dort angewandten Regeln gelten also auch für Schweizer Produzenten in emissionsintensiven Branchen. Dies wird ihre Produkte in vergleichbarer Weise verteuern, gleichzeitig würde aber die EU auch beim Import darauf verzichten, Grenzausgleichsmassnahmen anzuwenden. Während die neuen Regeln des Handelssystems automatisch auf die Produkte angewendet würde, könnte die Schweiz frei entscheiden, ob sie auch Grenzausgleichsmassnahmen einführen möchte. Würde die Schweiz darauf verzichten, hätte beispielsweise Schweizer Zement auf dem heimischen Markt gegenüber Zement aus dem EU-Ausland einen komparativen Nachteil. Es ist daher davon auszugehen, dass die Schweiz auch bei den Grenzausgleichsmassnahmen nachziehen würde.

Dies sind nur einige der offenen Fragen, die sich bei der Umsetzung stellen werden. swisscleantech unterstützt jedoch diese Entwicklung und wird sie inhaltlich eng verfolgen.

Stellungnahme zur Verordnungsänderung im Bereich des BFE

Verordnung des UVEK über den Herkunftsnachweis und die Stromkennzeichnung HKSV

swisscleantech begrüsste es, dass der zeitliche Nutzen von Zertifikaten eingeschränkt wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass hinter den Zertifikaten auch effektive ökologische Leistungen hinterlegt werden. Längerfristig sollte es jedoch möglich werden, Stromlieferungen eins zu eins mit der Herkunft zu koppeln, sodass sichergestellt werden kann, dass der beschaffte HKN auch tatsächlich geliefert werden konnte (zeitliche und physische Kopplung).

Energieförderungsverordnung EnFV

Wir sind uns im Klaren, dass es eine herausfordernde Aufgabe ist, sicherzustellen, dass die Entschädigungen für Anlagen zur Produktion von erneuerbaren Energien so ausgestaltet sind, dass keine unnötigen Windfallprofits anfallen. Im Lichte der hohen Zubauziele und der daraus entstehenden Kosten muss sichergestellt werden, dass nicht nur für jede Anlage eine adäquate Förderung zur Verfügung steht, sondern, dass in der Tendenz auch diejenigen Anlagen realisiert werden, bei denen Kosten und Nutzen in einem guten Verhältnis stehen. Wir sind deshalb überzeugt, dass es sinnvoll ist, in ein Monitoring des effizienten Mitteleinsatzes zu investieren. swisscleantech wird entsprechende Vorschläge im Rahmen der Behandlung des Mantelerlasses einbringen.